Im Schatten des Zweifels

Im Schatten des Zweifels

Im Schatten des Zweifels

Im Schatten des Zweifels – Originaltitel: Shadow of a Doubt – Regie: Alfred Hitchcock – Drehbuch: Thornton Wilder, Sally Benson, Alma Reville nach einer Geschichte von Gordon McDonell – Kamera: Joseph A. Valentine – Schnitt: Milton Carruth – Musik: Dimitri Tiomkin – Darsteller: Teresa Wright, Joseph Cotten, Macdonald Carey, Henry Travers, Patricia Collinge, Hume Cronyn, Wallace Ford, Edna May Wonacott, Charles Bates u.a. – 1943; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Charlie Newton langweilt sich in der kalifornischen Kleinstadt Santa Rosa, in der ihr Vater als Bankangestellter arbeitet. Erst der Besuch ihres weltgewandten Onkels Charles bringt Abwechslung in ihr Leben. Am Morgen nach seiner Ankunft tauchen zwei Herren auf, die angeblich eine Umfrage machen. Es dauert nicht lang, bis Charlie durchschaut, dass es sich um Kriminalbeamte handelt. Sie fahnden nach einem mehrfachen Raubmörder. Charlie himmelt ihren Onkel an, aber nun beginnt sie an ihm zu zweifeln ...
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Kritik

"Im Schatten des Zweifels" ist mehr eine Familien-Tragikomödie als ein Thriller. In den 40er-Jahren spielte man noch sehr theatralisch, aber es ist Joseph Cotten gelungen, die Widersprüchlichkeit seiner Figur eindrucksvoll darzustellen.
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Als Charles Oakley (Joseph Cotten), der sich hier Mr Spencer nennt, von seiner Vermieterin in New York (Constance Purdy) erfährt, dass jemand sich nach ihm erkundigte und sieht, dass zwei Männer (John McGuire, Byron Shores), in denen er Kriminalbeamte in Zivil vermutet, den Hauseingang beobachten, schickt er seiner in Santa Rosa/Kalifornien lebenden Schwester Emma Newton (Patricia Collinge) ein Telegramm, in dem er seinen Besuch ankündigt.

Unter dem Namen Ottis reist er mit dem Zug nach Westen. Die anderen Fahrgäste bekommen ihn kaum zu Gesicht, denn er täuscht vor, schwer krank zu sein und verbringt den größten Teil der Reise im Liegen.

Emma und ihr bei einer Bank angestellter Ehemann Joseph (Henry Travers) haben eine fast erwachsene Tochter, die wie ihr Onkel Charlie heißt (Teresa Wright) und zwei kleinere Kinder: Ann und Roger (Edna May Wonacott, Charles Bates). Charlie findet den Alltag in der Kleinstadt unerträglich langweilig. Der Besuch ihres weltgewandten Onkels, mit dem sie sich schon aufgrund der Namensgleichheit eng verbunden fühlt, bringt endlich etwas Farbe in ihr Leben. Freudig räumt sie ihr Zimmer für ihn und richtet sich bei ihrer naseweisen, unentwegt Bücher lesenden Schwester ein.

Charles hat für alle Familienangehörigen ein Geschenk mitgebracht. Seine Nichte erhält einen Ring mit einem Smaragd. Dass eine Widmung mit ihr unbekannten Initialen eingraviert ist, irritiert Charlie allerdings ein wenig.

Bevor Joseph die Abendzeitung lesen kann, entfernt sein Schwager zwei Blätter. Als Charlie die fehlenden Zeitungsseiten entdeckt, packt ihr Onkel sie grob und entreißt sie ihr. Dann besinnt er sich und erklärt ihr scheinbar leichthin, es stehe etwas über einen früheren Freund in der Zeitung.

Am nächsten Tag wacht Charles erst gegen 11 Uhr auf und lässt sich das Frühstück von seiner Schwester ans Bett bringen. Sie erzählt ihm, dass bereits ein Meinungsforscher mit einem Fotografen dagewesen sei. Die Herren Jack Graham und Fred Saunders (Macdonald Carey, Wallace Ford) wollen wiederkommen, um die Newtons und ihren Gast zu befragen und zu fotografieren. Emma vermutet, dass sie im Auftrag der Regierung unterwegs sind und sich für das Leben einer typischen amerikanischen Familie interessieren. Unwillig erklärt Charles, er habe keine Lust, sich interviewen oder gar fotografieren zu lassen.

Nachdem er sich angekleidet hat, geht er erst einmal mit seiner Nichte zu der Bank, in der Joseph beschäftigt ist, zieht im Büro des Bankdirektors Mr Green (Edwin Stanley) ein Bündel Banknoten aus der Hosentasche, zählt 40 000 Dollar ab und eröffnet damit ein Konto.

Als Charles und Charlie zurückkommen, warten Jack Graham und Fred Saunders bereits vor der Haustür. Saunders fotografiert Charles. Daraufhin nimmt dieser ihm den Film ab. Fragen beantwortet er keine.

Jack bittet Emma Newton, dass Charlie ihm die Stadt zeigen darf. Bei einem Restaurant-Essen stellen die beiden fest, dass sie sich viel zu sagen haben und gegenseitig mögen. Aber dann durchschaut Charlie, dass es sich bei ihrem Begleiter nicht um einen Meinungsforscher, sondern um einen Kriminalbeamten handelt. Statt zu leugnen, vertraut Jack ihr an, dass die Polizei nach einem Verbrecher fahndet, der drei reiche Witwen ermordete und ausraubte. Verdächtig sind Charlies Onkel und ein Mann in Maine.

Verunsichert läuft Charlie noch am selben Abend zur öffentlichen Bibliothek und sucht in der Zeitung vom Vortag nach den Seiten, die ihr Onkel herausnahm. Wie befürchtet, geht es in einem Artikel um den „merry widow murderer“. Und die Initialen eines der Opfer stimmen mit denen im Smaragdring überein.

Beim Abendessen schimpft Charles über Witwen, die das von ihren Ehemännern in mühevoller Arbeit zusammengetragene Vermögen verprassen. Die Welt sei zur Hölle verkommen, meint er. Entferne man die Fassaden, kämen überall nur Schweine zum Vorschein. Charlie erträgt das nicht. Sie springt auf und läuft aus dem Haus. Ihr Onkel folgt ihr und zieht sie in die nächste Kneipe, obwohl sie anrüchig ist. Louise Finch (Janet Shaw), die hier seit kurzem bedient, wundert sich darüber. Charles leugnet nicht, der gesuchte Mörder zu sein. Er gibt Charlie zu bedenken, dass er auf dem elektrischen Stuhl enden würde, falls ihm die Polizei etwas nachweisen könnte und behauptet, er habe in New York bereits an Selbstmord gedacht. Sie und ihre Familie seien seine letzte Zuflucht. Charlie hat nicht vor, ihren Onkel zu verraten, verlangt aber von ihm, dass er abreist. Er verspricht es und bittet zugleich um ein paar Tage Aufschub. Den Ring, den er einer der Ermordeten raubte, nimmt er wieder an sich.

Beim Kirchgang am nächsten Tag unterrichtet Jack Charlie darüber, dass sein Kollege ihrem Onkel den falschen Film aushändigte. Den aus der Kamera ließ er inzwischen entwickeln, und Charles Oakleys Foto schickte er Kollegen in New York. Dort gibt es einen Zeugen, der den mehrfachen Mörder gesehen haben will. Weil Jack damit rechnet, dass Charles Oakley durch das Foto überführt wird, drängt er Charlie, ihren Onkel zur baldigen Abreise zu drängen, denn er will ihr eine Verhaftung im Haus ihrer Eltern ersparen.

Bevor Charlie etwas unternehmen kann, berichtet der mit Joseph befreundete Nachbar Herbie Hawkins (Hume Cronyn), dass der merry widow murderer in Maine festgenommen werden sollte und auf der Flucht in den Propeller eines Flugzeugs geriet. Mit dem Tod des Verdächtigen ist der Fall für die Polizei gelöst.

Charlie weiß jedoch durch das Geständnis ihres Onkel, dass der Mann in Maine nicht der Mörder war. Sie besteht darauf, dass Charles die Stadt verlässt. Angesichts der neuen Lage fühlt er sich jedoch so sicher, dass er bleiben will. Mit seinem Geld könne er viel für sie und ihre Familie tun, sagt er.

Kurz darauf stürzt Charlie auf der Außentreppe. Hat Charles die Stufen präpariert?


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Emma hat inzwischen veranlasst, dass ihr Bruder in dem Hausfrauenbund, in dem sie sich engagiert, eine Rede halten soll. Alle Newtons wollen dabei sein. Charles fordert Charlie auf, den Wagen aus der Garage zu holen. Einige Minuten zuvor ließ er den Motor an. Als Charlie den Qualm in der Garage bemerkt, will sie den Zündschlüssel abziehen, aber der steckt nicht, und bevor sie wieder ins Freie gelangt, fällt das Garagentor zu. Sie droht zu ersticken. Nur weil Herbie Hawkins zufällig vorbeikommt und ihr Klopfen hört, wird sie gerettet.

Sie bleibt aber zu Hause, während die anderen zur Veranstaltung des Hausfrauenbundes fahren.

Als ihre Eltern, Geschwister und der Onkel wieder da sind, kommt Charlie die Treppe herunter und lässt dabei die rechte Hand übers Geländer gleiten. Deutlich sichtbar trägt sie den Smaragd-Ring, den ihr der Onkel zuerst schenkte und dann abnahm. Charles versteht sofort, dass sie ihm damit nach dem missglückten Mordversuch droht, das Beweisstück zur Polizei zu bringen: Unverzüglich überrascht er seine Schwester und ihre Angehörigen mit der Ankündigung seiner Abreise am nächsten Morgen.

Um sich zu verabschieden, begleiten der Neffe und die Nichten ihren Onkel bis in den Zug. Während Ann und Roger rechtzeitig aussteigen, hält Charles Charlie fest, bis der Zug losfährt. Schließlich öffnet er eine Tür. Weil ihm die Geschwindigkeit noch nicht hoch genug erscheint, will er noch kurz warten und seine Nichte dann erst hinausstoßen. Aber es kommt zu einem Handgemenge, bei dem er selbst aus der Türöffnung stürzt und von einem Gegenzug erfasst wird.

Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wird Charles Oakley in Santa Rosa zu Grabe getragen, denn aufgrund einer großzügigen Stiftung gilt er als Wohltäter. Man glaubt, bei seinem Tod habe es sich um einen Unfall gehandelt, und außer Charlie und Jack weiß niemand von den Trauergästen, dass er ein Mörder war.

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„Im Schatten des Zweifels“ ist mehr eine Familien-Tragikomödie als ein Thriller, denn es geht weniger um die Aufklärung eines Mordfalls als um die mit dem Erwachsenwerden verbundene Desillusionierung einer jungen Kleinstadt-Amerikanerin, die mit einem Verbrechen konfrontiert wird. In seinem Film „Im Schatten des Zweifels“ lässt Alfred Hitchcock eine Reihe von Gegensätzen aufeinander prallen: einen Mann aus der Großstadt und biedere Kleinstädter, einen Einzelgänger und eine Familie, Abenteuer und Alltag, Verbrechen und Lauterkeit.

Im Vergleich zum modernen Kino spielte man in den Vierzigerjahren – kurz nach der Stummfilmzeit – noch sehr theatralisch. Und die Musikuntermalung schmerzt heute in den Ohren. Dennoch ist „Im Schatten des Zweifels“ noch immer sehenswert, nicht zuletzt, weil es Joseph Cotten gelungen ist, die Widersprüchlichkeit des charmanten aber auch kriminellen und misanthropischen Protagonisten eindrucksvoll darzustellen.

Das Drehbuch schrieben Alfred Hitchcocks Ehefrau Alma Reville, der Dramatiker Thornton Wilder und die Autorin Sally Benson. Während der Dreharbeiten soll auch Patricia Collinge, die Darstellerin der Emma Newton, maßgeblich an Änderungen mitgewirkt haben.

Bei dem Walzer, der Charlie Newton anfangs nicht aus dem Kopf geht, handelt es sich übrigens um „Lippen schweigen“ aus der Operette „Die lustige Witwe“ von Franz Lehár.

Wie in fast allen seinen Filmen ist Alfred Hitchock in einem Cameo-Auftritt zu sehen: Er sitzt im Zug nach Kalifornien und spielt Karten.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.