Kap der Angst

Kap der Angst

Kap der Angst

Kap der Angst – Originaltitel: Cape Fear – Regie: Martin Scorsese – Drehbuch: Wesley Strick, nach dem Drehbuch "Ein Köder für die Bestie" von James R. Webb und dem Roman "Kap der Angst" von John D. MacDonald – Kamera: Freddie Francis – Schnitt: Thelma Schoonmaker – Musik: Bernard Herrmann, Elmer Bernstein – Darsteller: Robert De Niro, Nick Nolte, Jessica Lange, Juliette Lewis, Joe Don Baker, Robert Mitchum, Gregory Peck, Martin Balsam, Illeana Douglas u.a. – 1991; 125 Minuten

Inhaltsangabe

Als Max Cady nach 14 Jahren Haft frei­ge­lassen wird, weiß er, dass sein damaliger Verteidiger Sam Bowden Beweismittel unterschlug, die das Strafmaß gemildert hätten. Deshalb will er sich nun an dem Anwalt rächen. Nachdem er ihm gedroht und den Hund der Familie vergiftet hat, schlägt er Sams Geliebte krankenhausreif und vergewaltigt sie – wodurch Leigh Bowden von der Affäre ihres Mannes erfährt. Als Nächstes macht Cady sich an die 15-jährige Tochter der Bowdens heran ...
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Kritik

"Kap der Angst" ist ein Remake von "Ein Köder für die Bestie" bzw. eine Neuverfilmung des Romans "Kap der Angst" von John D. MacDonald. In Martin Scorseses Thrillerdrama geht es um Schuld und Sühne, Angst und Schrecken, aber auch um eine Gesell­schaft, in der Anspruch und Realität auseinanderklaffen.
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Weil er eine 16-Jährige brutal vergewaltigt hatte, verbüßte Maximilian („Max“) Cady (Robert De Niro) 14 Jahre Haft. Bei seiner Verurteilung im Jahr 1978 war er ein Analphabet, aber im Gefängnis lernte er nicht nur Lesen und Schreiben, sondern eignete sich auch autodidaktisch juristisches Fachwissen an. Inzwischen weiß er, dass sein damaliger Verteidiger Samuel („Sam“) Bowden (Nick Nolte) einen Bericht über die Promiskuität des Opfers unterschlug, der ihn entlastet und das Strafmaß reduziert hätte.

Der gutsituierte Rechtsanwalt Sam Bowden und seine Ehefrau Leigh (Jessica Lange) haben eine 15-jährige Tochter. Danielle („Danny“) Bowden (Juliette Lewis) ist gerade in dem Alter, in dem sie die Eltern kritischer sieht und sich von ihnen bevormundet fühlt. Nach außen wirkt die Familie wie ein Vorbild, aber Sam betrügt seine Frau mit Lori Davis (Illeana Douglas), einer sportlichen Protokollführerin am Gericht.

Als Max Cady aus der Haft entlassen wird, braucht er sich aufgrund einer Erbschaft keine finanziellen Sorgen zu machen. Das erleichtert seinen Plan, sich an seinem Anwalt zu rächen.

Er spricht ihn auf der Straße an, klagt über die schlimme Zeit im Gefängnis, droht Sam Bowden damit, dass dieser ebenfalls erfahren werde, was Verlust bedeutet und rät ihm, in der Bibel das Buch Hiob zu lesen. Der Anwalt bietet ihm Geld an, zunächst 10 000, dann 50 000 Dollar, aber das interessiert Max Cady nicht.

Zunächst wird der Hund der Bowdens getötet. Sam ist überzeugt, dass Cady das Tier vergiftet hat, aber dafür gibt es keine Beweise.

Max Cady ist so dreist, dass er Leigh Bowden ein paar Tage später die Hundeleine vorbeibringt. Die habe er gefunden, lügt er.

In einer Bar macht Cady sich an Lori Davis heran. Im angetrunkenen Zustand nimmt sie ihn mit nach Hause. Als er ihr im Bett Handschellen anlegt, erwartet sie noch ein sexuelles Abenteuer, aber er beißt ihr ein Stück aus der Wange, prügelt sie krankenhausreif und vergewaltigt sie. Entsetzt eilt Sam Bowden in die Klinik. Er drängt Lori, den Verbrecher anzuzeigen und vor Gericht gegen ihn auszusagen. Dabei geht es ihm nicht nur um Gerechtigkeit, sondern vor allem um die Chance, Max Cady wieder hinter Gitter zu bringen. Aber Lori weigert sich, etwas gegen den Vergewaltiger zu unternehmen, zum einen aus Furcht vor ihm, zum anderen, weil sie sich schämt.

Durch den Angriff auf Sams Geliebte erfährt Leigh Bowden von der Untreue ihres Mannes. Es kommt zu einem heftigen Streit zwischen den beiden. Darunter leidet auch Danielle.

Der Polizeioffizier Elgart (Robert Mitchum) rät dem verzweifelten Familienvater, die Bestie mit Frau und Tochter zu ködern und dann im richtigen Augenblick zu töten, sozusagen in Notwehr.

Stattdessen engagiert Sam den Privatdetektiv Claude Kersek (Joe Don Baker). Der glaubt, Cady unbemerkt beschatten zu können, aber das gelingt ihm nicht: Der Verbrecher macht sich in einer Kneipe einen Spaß daraus, ihm ein Bier auszugeben.

Als Nächstes ruft Cady die Schülerin Danielle Bowden an und gibt sich als ihr neuer Schauspiel­lehrer aus. Er wolle sie nur darüber informieren, dass der Kurs am nächsten Morgen in einen anderen Raum verlegt worden sei, sagt er. Als Danielle hingeht, ist sie mit dem angeblichen Lehrer allein. Er raucht einen Joint und überredet sie, auch ein paar Züge zu nehmen. Bald durchschaut sie, dass sie dem Mann gegenübersteht, der den Hund vergiftet und es auf ihren Vater abgesehen hat. Aber Max Cady versichert ihr, er werde ihr nichts tun. Mitfühlend und verständnisvoll geht er auf das Gefühlschaos der 15-Jährigen ein, die sich von ihren Eltern gegängelt und von ihm ernst genommen fühlt. Mit der höflichen Frage, ob er den Arm um sie legen dürfe, bringt er sie in Verlegenheit. Gerade das Verbotene reizt. Als Danielle es nach einer Weile erlaubt, küsst er sie und verschwindet dann wortlos in den Kulissen des Theaters.

Danielles Eltern finden Marihuana bei ihr, und zur Rede gestellt, erzählt sie von der Begegnung mit Max Cady.

Daraufhin geht ihr Vater auf den zunächst entrüstet zurückgewiesenen Vorschlag des Privatdetektivs ein, drei bezahlte Schläger auf Cady zu hetzen. Ohne es mit Claude Kersek abzusprechen, warnt Sam den Verbrecher, weil er hofft, ihn auf diese Weise einschüchtern und vertreiben zu können. Am Abend versteckt er sich hinter Mülltonnen und beobachtet, wie Cady von drei Männern mit Stahlrohren und Fahrradketten angegriffen wird (Gar Stephen, Billy D. Lucas, Ken Collins). Sie richten ihn schrecklich zu, aber er hat im Gefängnis nicht nur Lesen, sondern auch Kämpfen gelernt und überwältigt am Ende alle drei Gegner.

Am nächsten Tag ruft Sam den Kollegen Lee Heller (Gregory Peck) an. Er hofft, dass dieser eine gerichtliche Verfügung erwirken kann, die es Max Cady untersagt, sich Mitgliedern der Familie Bowden zu nähern. Aber Lee Heller erklärt ihm, er könne ihn nicht vertreten, denn seit ein paar Minuten sei Max Cady sein Mandant.

Weil Cady unbemerkt ein Band laufen ließ, als Sam Bowden ihm mit den bezahlten Schlägern drohte, ordnet der Richter (Martin Balsam) an, dass Sam Bowden sich zukünftig von Max Cady fernzuhalten habe. Und Lee Heller betreibt den Ausschluss seines Kollegen aus der Anwaltskammer.


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Claude Kersek hat noch eine Idee. Dem Plan folgend, verabschiedet sich Sam Bowden am Flughafen von Leigh und Danielle. Aber statt wegzufliegen, versteckt er sich im Auto und kehrt mit Frau und Tochter zurück. Im Haus legt sich der Privatdetektiv auf die Lauer, denn er geht davon aus, dass der Verbrecher Sams vermeintliche Abwesenheit nutzen werde, dessen Frau und Tochter zu überfallen.

Während die Familie nachts schläft, merkt Kersek, dass sich jemand im Haus bewegt. Er schleicht in die Küche. Im Dämmerlicht sieht er eine Person, die ihm den Rücken zukehrt. Anhand der Kleidung glaubt Kersek das Hausmädchen Graciella (Zully Montero) zu erkennen. Ob sie auch nicht schlafen könne, fragt er. Beruhigt setzt er sich. Aber Cady, der Graciella ermordete, um ihre Kleidung anziehen zu können, erdrosselt ihn mit einer Klaviersaite.

Sam flieht mit Leigh und Danielle aufs Hausboot. An Bord fühlen sie sich sicher, denn sie nehmen an, dass Cady sie nicht finden kann. Aber Cady band sich unter dem Auto fest und machte auf diese Weise die Fahrt mit. Er überfällt die Familie auf dem Boot. Zuerst würgt er Sam, bis dieser das Bewusstsein verliert. Dann schubst er Danielle in den Laderaum und wendet sich Leigh zu. Nach ein paar Minuten fällt ihm ein, dass ihm die Vergewaltigung mehr Spaß machen würde, wenn Ehemann und Tochter zusehen müssen. Also holt er Danielle herauf und zerrt Sam herein. Genüsslich will er sich erst einmal eine Zigarre anzünden. Danielle hat jedoch eine Sprühdose aus dem Laderaum mitgebracht und richtet den Sprühstrahl auf das Feuerzeug. Das Gas entzündet sich, und aus Cadys Kleidung schlagen Flammen. Er rettet sich durch einen Sprung ins Wasser.

Aber er lässt sich nicht abschütteln, sondern kehrt zurück. Das ungesteuerte Boot schlingert jetzt im Sturm durch die Stromschnellen am Cape Fear. Leigh und Danielle springen über Bord. Sam wird von Max Cady im letzten Augenblick zurückgehalten. Während des Kampfes gelingt es dem Anwalt, Cady mit einem Fußknöchel an den Mast zu ketten. Das Boot zerbirst an Felsen, und das Wrack treibt ans Ufer. Sam hebt einen Felsbrocken auf, um seinen Gegner damit zu erschlagen, aber der wird mit den Trümmern wieder auf den Fluss hinausgezogen.

Sam sieht zu, wie Max Cady ertrinkt.

Dann sucht er Leigh und Danielle, die sich ebenfalls retten konnten.

Aus dem Off hören wir Danielle:

Wir sprachen nie wieder über das, was geschah, zumindest nicht miteinander. Die Angst war wohl zu groß, dass alles zurückkommen könnte. Denn wenn man in der Vergangenheit verweilt, stirbt man jeden Tag ein kleines bißchen mehr. Das Leben wird aber nie wieder so sein, wie es war, bevor er kam.

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„Cape Fear“ / „Kap der Angst“ von Martin Scorsese ist ein Remake des Films „Cape Fear“ / „Ein Köder für die Bestie“ von J. Lee Thompson:

Ein Köder für die Bestie – Originaltitel: Cape Fear – Regie: J. Lee Thompson – Drehbuch: James R. Webb, nach dem Roman „Kap der Angst“ von John D. MacDonald – Kamera: Sam Leavitt – Schnitt: George Tomasini – Musik: Bernard Herrmann – Darsteller: Gregory Peck, Robert Mitchum, Polly Bergen, Lori Martin, Martin Balsam, Jack Kruschen, Telly Savalas, Barrie Chase u.a. – 1962; 105 Minuten

Beide Kinofilme basieren auf dem 1957 von John D. MacDonald veröffentlichten Roman „The Executioners“ („Kap der Angst“, Übersetzung: Charlotte Richter, Heyne Verlag, München 1992, 189 Seiten, ISBN 3-453-05550-0). Gregory Peck und Robert Mitchum, die in der ersten Verfilmung den Rechtsanwalt Sam Bowden und den entlassenen Strafgefangenen Max Cady spielen, sind im Remake in kleinen Nebenrollen zu sehen: Gregory Peck als Anwalt Lee Heller, Robert Mitchum als Lieutenant Elgart. Martin Balsam, der in J. Lee Thompsons Verfilmung den Polizeichef Mark Dutton verkörpert, tritt in „Kap der Angst“ als Richter auf.

„Kap der Angst“ ist sowohl ein Thriller als auch ein Rache- und Familiendrama. Der Plot dreht sich um Schuld und Sühne, Angst und Schrecken. Wesley Strick (Drehbuch) und Martin Scorsese (Regie) weichen in einem entscheidenden Punkt von den Vorlagen ab: In „Kap der Angst“ ist Sam Bowden kein rechtschaffener Familienvater, sondern ein selbstgerechter Anwalt, der als Verteidiger vor Gericht ein Beweismittel unterschlägt, weil er überzeugt ist, dass der Angeklagte keine Strafminderung verdient. Außerdem betrügt er seine Ehefrau mit einer Geliebten. In der gutbürgerlichen Vorzeigefamilie Bowden bröckelt es hinter der Fassade. Auch in dem Bild, das Wesley Strick und Martin Scorsese in „Kap der Angst“ von der Gesellschaft zeichnen, klaffen Anspruch und Realität auseinander: Da rät ein Gesetzeshüter Sam Bowden dazu, den Verbrecher mit Frau und Tochter zu ködern, um ihn dann sozusagen in Notwehr erschießen zu können, und der Rechtsanwalt heuert über einen Privatdetektiv drei Schläger an, die mit Stahlrohren und Fahrradketten auf seinen Gegner losgehen.

Während Robert Mitchum den freigelassenen Häftling scheinbar ruhig und vergleichsweise zurückgenommen spielt, mimt Robert De Niro auf exzessive Weise einen intelligenten Psychopathen und fanatischen Rächer. Max Cadys Bestialität steigert zwar den Schauwert des Kinospektakels, relativiert jedoch zugleich die Schuld des Anwalts, konterkariert also ausgerechnet die von Wesley Strick und Martin Scorsese eingeführte Bereicherung des Plots.

Als Max Cady aus dem Gefängnis kommt und beim Showdown zieht jeweils ein Unwetter auf, und das zwischen den Stromschnellen schlingernde Boot kann als Symbol sowohl für die bedrohliche Situation als auch für den Zustand der Familie Bowden verstanden werden.

Die Kamera rast wild herum, überschlägt sich, filmt manchmal von oben, und die dadurch erzeugte Hektik wird durch rasante Schnittfolgen noch gesteigert. Mehrmals sind die Bilder kräftig eingefärbt oder kippen ins Negativ eines Schwarz-Weiß-Films um.

Die Dreharbeiten in Florida und Georgia dauerten vom 19. November 1990 bis 17. März 1991.

Der Soundtrack des Remakes stammt großenteils aus der ersten Verfilmung. Elmer Bernstein arrangierte die von Bernard Herrmann für „Ein Köder für die Bestie“ komponierte Musik allerdings neu und ergänzte sie beispielsweise im Showdown um Passagen aus der von Bernard Herrmann für „Der zerrissene Vorhang“ geschriebene, von Alfred Hitchcock allerdings verworfene Filmmusik. Außerdem sind einige Takte aus der Oper „Lucia di Lammermoor“ von Gaetano Donizetti, aus „Patience“ von der Hard-Rock-Band Guns N‘ Roses, aus „The Creature From the Black Lagoon“ von The Cramps und „Do Right Woman. Do Right Man“ von der Soul-Sängerin Aretha Franklin zu hören.

Robert De Niro und Juliette Lewis wurden 1992 in den Kategorien „Bester Hauptdarsteller“ bzw. „Beste Nebendarstellerin“ für einen „Oscar“ nominiert.

Synchronstimmen in der deutschen Fassung von „Kap der Angst“: Christian Brückner (Max Cady), Thomas Danneberg (Sam Bowden), Karin Buchholz (Leigh Bowden), Dascha Lehmann (Danielle Bowden), Joachim Kerzel (Claude Kersek), Liane Rudolph (Lori Davis), Joachim Nottke (Lieutenant Elgart), Holger Hagen (Lee Heller), Wolfgang Völz (Richter) u.a.

In der fünften Staffel der Zeichentrickserie „Die Simpsons“ gibt es eine am 7. Oktober 1993 erstmals ausgestrahlte Folge mit dem Titel „Cape Feare“ / „Am Kap der Angst“, in der „Kap der Angst“ parodiert wird.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2016

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