No Country for Old Men

No Country for Old Men

No Country for Old Men

No Country for Old Men – Originaltitel: No Country for Old Men – Regie: Joel Coen und Ethan Coen – Drehbuch: Joel Coen und Ethan Coen, nach dem Roman "No Country for Old Men" von Cormac McCarthy – Kamera: Roger Deakins – Schnitt: Ethan Coen alias Roderick Jaynes, Joel Coen alias Roderick Jaynes – Musik: Carter Burwell – Darsteller: Tommy Lee Jones, Javier Bardem, Josh Brolin, Woody Harrelson, Kelly Macdonald, Garret Dillahunt, Tess Harper, Barry Corbin u.a. – 2007; 120 Minuten

Inhaltsangabe

Der Schweißer Llewelyn Moss stößt durch Zufall auf die Leichen von Gangstern, die sich bei einem missglückten Drogendeal gegenseitig erschossen. Den bei ihnen gefundenen Koffer voller Banknoten nimmt er mit – ohne zu ahnen, dass sich darin ein Peilsender befindet. Es dauert nicht lang, bis er von mexikanischen Verbrechern, einem Killer und einem Kopfgeldjäger verfolgt wird. Der alte Sheriff Ed Tom Bell versucht, das Schlimmste zu verhindern, kommt jedoch immer wieder zu spät ...
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Kritik

Mit "No Country for Old Men", der Verfilmung eines Romans von Cormac McCarthy, zeigen die Brüder Joel und Ethan Coen ein satirisch überspitzes Bild einer von Gewalt und vermeintlich männlichen Tugenden dominierten grausamen Gesellschaft.
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Texas, 1980. Der Schweißer Llewelyn Moss (Josh Brolin), der zwei Jahre lang im Vietnam-Krieg war und jetzt mit seiner Ehefrau Carla Jean (Kelly Macdonald) in einem Trailerpark wohnt, stößt bei der Antilopenjagd in der Prärie auf fünf zerschossene Geländewagen, ein halbes Dutzend Tote, herumliegende Schusswaffen und einen schwerverletzten, halb verdursteten Mexikaner (Eduardo Antonio Garcia). Auf der Ladefläche eines Pickups findet er Heroinpakete, und neben einem der Toten einen Pilotenkoffer voller Geld. Es sind 2 Millionen Dollar. Hier ging offenbar ein Drogendeal gehörig schief.

Moss nimmt den Geldkoffer und fährt damit zu seinem Wohnwagen.

Mitten in der Nacht bricht er noch einmal auf, um dem Verwundeten Wasser zu bringen. Kurz nachdem er ausgestiegen ist, taucht ein anderer Wagen auf: Gangster, die nachschauen, wo ihre Kumpane abgeblieben sind. Sie jagen ihn mit ihrem Geländewagen und hetzen einen Hund auf ihn. Moss erschießt das Tier und entkommt um Haaresbreite. Aber er musste sein Fahrzeug zurücklassen und rechnet deshalb damit, anhand des Kennzeichens identifiziert zu werden.

Aus diesem Grund schickt er Carla Jean mit dem Überlandbus zu ihrer Mutter (Beth Grant) nach Odessa, Texas.

Zwei Mafiosi (Myk Watford, Boots Southerland) beauftragen den Profikiller Anton Chigurh (Javier Bardem), ihnen die 2 Millionen Dollar wiederzubeschaffen und übergeben ihm den Empfänger, der zu einem im Geldkoffer versteckten Peilsender gehört. Chigurh erschießt die beiden, nachdem sie berichtet haben, was sie wissen.

Kurz zuvor wurde Chigurh von einem Deputy (Zach Hopkins) verhaftet, aber während dieser auf dem Revier telefonierte, um die Festnahme zu melden, schlich der Killer sich von hinten an ihn heran und erdrosselte ihn mit der Kette seiner Handschellen. Dann befreite er sich und fuhr mit dem Streifenwagen des toten Polizisten los. Unterwegs forderte er einen Autofahrer zum Anhalten auf, ließ ihn aussteigen und tötete ihn mit einem Bolzenschussgerät. Auf diese Weise verschaffte er sich einen unauffälligen Wagen.

Damit macht er sich an die Verfolgung des Geldkoffers.

Moss, der von dem Peilsender nichts ahnt, verlässt seinen Wohnwagen, weil er sich dort nicht mehr sicher fühlt und quartiert sich in einem Motel ein. Den Geldkoffer versteckt er in der Klimaanlage. Um etwaige Verfolger zu täuschen, nimmt er sich noch ein Zimmer. Mit aneinandergeschraubten Zeltstangen und zurechtgebogenen Kleiderbügeln will er den Geldkoffer herüberziehen. Während er damit noch zugange ist, sprengt Chigurh mit dem Bolzenschussgerät die Tür des von Moss zuerst gemieteten Zimmer auf – und stößt darin auf drei Mexikaner, die offenbar ebenfalls hinter dem Geld her sind. Nachdem er sie alle mit einer schallgedämpften Flinte getötet hat, durchsucht er den Raum. Schließlich schraubt er die Abdeckung der Klimaanlage ab – und entdeckt die Schleifspuren.

Moss ist zu diesem Zeitpunkt bereits mit dem Geldkoffer per Anhalter unterwegs.

Inzwischen finden der amtsmüde alte Sheriff Ed Tom Bell (Tommy Lee Jones) und sein Deputy Wendell (Garret Dillahunt) die Leichen in der Prärie und Moss‘ Wagen. Bell kennt Moss und, ahnt, dass dieser sich in Lebensgefahr befindet.

Bell ist in dritter Generation Sheriff. Sein Vater wurde von einem Verbrecher angeschossen und ist seither gelähmt.

Etwa zur gleichen Zeit setzt ein Mafiaboss (Stephen Root) den Kopfgeldjäger Carson Wells (Woody Harrelson) auf Chigurh an. Wells soll verhindern, dass der Psychopath mit den 2 Millionen Dollar verschwindet.

Im nächsten Hotel untersucht Moss den Koffer und entdeckt den Peilsender. Aber es ist zu spät: Vor der Türe hört er Geräusche. Moss schießt durch die geschlossene Türe und entkommt mit dem Geld durchs Fenster. Chigurh verletzt ihn mit einem Schuss an der Hüfte. Bei der nachfolgenden Schießerei auf der Straße wird der Killer ins Bein getroffen.

Moss fährt zur mexikanischen Grenze. Dort wirft er den Geldkoffer über den Grenzzaun ins Gebüsch und geht dann durch die Grenzstation. Auf mexikanischer Seite lässt er sich in ein Krankenhaus bringen.

Chigurh bringt ein geparktes Auto vor einer Apotheke zur Explosion und nutzt den Tumult, um unbemerkt Medikamente zu rauben. In einem Motelzimmer schneidet er sich die Hose auf, setzt sich Betäubungsspritzen und operiert das in seinem Bein steckende Projektil heraus.

Als Moss im Krankenhaus zu sich kommt, sitzt Carson Wells neben seinem Bett. Er will nur das Geld und versichert Moss, er könne sogar einen Teil davon behalten. Außerdem werde man ihm den Killer vom Hals schaffen. Mit dem sei nicht zu verhandeln. Wenn man ihn nicht aufhalte, werde er sich nicht nur das Geld beschaffen, sondern auch Moss und dessen Ehefrau in Odessa ermorden.

Moss behauptet, das Geld bereits ausgegeben zu haben, aber das glaubt ihm Wells nicht. Er ahnt, wo sich der Koffer befindet und geht die Grenze ab, bis er ihn durch den Zaun im Gebüsch liegen sieht.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Als er ins Hotel zurückkommt, folgt ihm Chigurh und geht mit ihm in sein Zimmer. Als das Telefon klingelt, erschießt Chigurh sein Gegenüber und hebt dann ab. Moss ist am Apparat: Er möchte nun doch mit Wells kooperieren, begreift aber rasch, was geschehen ist. Der Killer erklärt ihm, er werde ihn auf jeden Fall töten, aber Moss könne seine Frau retten, indem er ihm das Geld überlasse.

Stattdessen flieht Moss im Nachthemd aus dem Krankenhaus und telefoniert mit Carla Jean. Sie soll mit ihrer Mutter nach El Paso kommen und sich dort mit ihm treffen. Carla Jean’s Mutter erzählt dem Taxifahrer und einem mexikanischen Gangster, der ihr anbietet, den Koffer zu tragen, wohin sie unterwegs sind. Durch ihre Geschwätzigkeit verschuldet sie den Tod ihres Schwiegersohns: Der wird in El Paso von Mitgliedern der mexikanischen Verbrecherbande erschossen.

Sheriff Bell, der von Carla Jean erfuhr, dass sie sich mit ihrem Mann in El Paso treffen wollte, taucht auch dort auf, kommt jedoch zu spät, um Moss zu retten.

Vor Aufregung stirbt auch Carla Jean’s Mutter.

Als Carla Jean von der Beerdigung ins Haus ihrer toten Mutter zurückkommt, wartet dort Chigurh auf sie. Er müsse sie töten, erklärt er ruhig, weil ihr Mann versucht habe, das Geld zu behalten, statt sie zu retten. Aber er gibt ihr eine Chance: Ein Münzwurf soll über ihr Schicksal entscheiden. Carla Jean weigert sich, „Kopf“ oder „Zahl“ zu sagen und meint, er müsse die Entscheidung schon selbst treffen.

Kurz darauf sehen wir Chigurh aus dem Haus kommen. Er hebt einen Fuß an und schaut sich den Schuh an. Das könnte darauf hindeuten, dass er Carla Jean erschossen hat und überprüft, ob er Blut an den Sohlen hat.

Beim Wegfahren kollidiert Chigurh auf einer Straßenkreuzung mit einem anderen Wagen. Er kriecht aus dem Wrack. Zwei Jugendliche laufen zu ihm. Sein linker Arm ist gebrochen; ein Knochen ragt aus dem Fleisch. Chigurh lässt sich von einem der Jungen das Hemd geben, knüpft damit eine Armschlinge und geht fort, bevor die Polizei kommt.

Wo der Geldkoffer abgeblieben ist, bleibt offen.

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Erstmals verfilmten die Brüder Joel und Ethan Coen einen Roman. Dafür suchten sie sich das 2005 von Cormac McCarthy veröffentlichte Buch „No Country for Old Men“ aus („Kein Land für alte Männer“, Übersetzung: Nikolaus Stingl, Rowohlt Verlag, Reinbek 2008, 283 Seiten, ISBN 978-3-498-04502-9). Der Titel stammt aus der ersten Zeile des Gedichts „Sailing to Byzantium“ (1928) von William Butler Yeats. Joel und Ethan Coen, die selbst das Drehbuch schrieben, hielten sich eng an die literarische Vorlage.

Der Film „No Country for Old Men“ ist eine Mischung aus Neo-Noir-Western, Gangster-Ballade, Psychothriller und weist auch Elemente einer schwarzen Komödie auf. Es handelt sich um einen überaus blutigen Film. Damit zeigen die Coen-Brüder ein satirisch überspitzes Bild einer von Gewalt und vermeintlich männlichen Tugenden dominierten grausamen Gesellschaft. Eine moralische Botschaft lässt sich nicht erkennen.

Die Handlung von „No Country for Old Men“ ist zwar unrealistisch, teilweise auch grotesk, weist jedoch eine innere Logik auf. Joel und Ethan Coen erzählen präzise, schnörkellos, lakonisch und zynisch. Sie lassen sich Zeit und benötigen keine hastigen Schnittfolgen, um die Zuschauer zu fesseln. Die Atmosphäre ist düster-melancholisch. Die Dialoge sind knapp und pointiert. Auch die schauspielerischen Leistungen vor allem von Tommy Lee Jones, Javier Bardem, Josh Brolin und Woody Harrelson überzeugen.

Wenn es überhaupt eine Literaturverfilmung gibt, die ihre Vorlage durch Verdichtung noch verbessert, ist es wohl diese hier. (Tobias Kniebe, Süddeutsche Zeitung, 27. Februar 2008)

„No Country for Old Men“ wurde mit vier „Oscars“ ausgezeichnet: Film, Regie, Drehbuch, Nebendarsteller (Javier Bardem). Nominiert hatte man den Film auch in den Kategorien Beste Kamera, Bester Schnitt, Bester Ton und Bester Tonschnitt.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2011

Joel und Ethan Coen (Kurzbiografie / Filmografie)

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Franz Kafka - In der Strafkolonie
Ein deformiertes Justizwesen steht im Mittelpunkt der surrealen Erzählung "In der Strafkolonie". Franz Kafka beschreibt es im Stil eines sachlichen Reiseberichts: detailliert und ohne erkennbare Gefühlsregung.
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