Opiate: Opium, Morphium, Heroin
Bei den Opiaten Opium, Morphium und Heroin handelt es sich um psychoaktive, aus dem Schlafmohn gewonnene Drogen.
Schlafmohn (Papaver somniferum) wird vor allem in Asien, Mittel- und Südamerika angebaut. Während aus den schwarzen Samen Mohnöl gepresst werden kann, dient der Milchsaft zur Gewinnung von Rohopium. Zu diesem Zweck werden die noch nicht ganz reifen Kapseln mit einem speziellen Messer mehrfach angeritzt. Am nächsten Tag ist die ausgetretene Milch eingetrocknet und kann abgeschabt werden. Dieses Rohopium enthält zwei Dutzend Alkaloide, darunter vor allem das schmerzlindernde und beruhigende Morphin.
Vor rund fünftausend Jahren verwendeten Sumerer und Ägypter den Schlafmohn bereits als Heilpflanze. Große Bedeutung erlangte das aus Schlafmohn gewonnene Opium (griechisch: opos = Saft) in China.
Dort verbreitete sich Mitte des 17. Jahrhunderts auch das Opiumrauchen. Am chinesischen Opiumimport aus Indien verdiente insbesondere die East India Company. 1839 wurden im Hafen von Kanton 1000 Tonnen illegal eingeführten Opiums vernichtet. Diesen Zwischenfall nahm die britische Regierung zum Anlass für einen Krieg gegen China (Opiumkrieg, 1839 – 1842), mit dem das fernöstliche Reich gezwungen wurde, sich stärker gegenüber dem Westen zu öffnen.
Dem deutschen Apotheker Friedrich Wilhelm Sertürner gelang es 1804/06, aus dem Rohopium den Wirkstoff Morphin (umgangssprachlich: Morphium, nach Morpheus, dem griechischen Gott des Schlafes) zu isolieren. Mit der fabrikmäßigen Herstellung von Morphin begann die Firma Merck 1828 in Darmstadt. Durch die Erfindung der medizinischen Spritze (1853) wurde es möglich, die Droge direkt in die Blutbahn zu injizieren. In größeren Mengen wurde Morphium zur Schmerzlinderung bei verletzten Soldaten im Krim-Krieg (1854 – 1856), im amerikanischen Bürgerkrieg (1861 – 1865) und im Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) eingesetzt. Morphinismus galt als „Soldatenkrankheit“.
Auf der Suche nach einem Schmerz- und Beruhigungsmittel, das zwar ebenso wirksam wie Morphium sein, aber nicht süchtig machen sollte, synthetisierte der Brite C. R. A. Wright 1874 das Morphin-Derivat Diacetylmorphin, das 1898 von dem deutschen Unternehmen Bayer in Elberfeld unter dem Handelsnamen Heroin auf dem Markt gebracht wurde. Es stellte sich allerdings heraus, dass Heroin nicht weniger abhängig macht als Morphium. Deshalb stellte Bayer die Heroin-Produktion 1931 ein.
Inzwischen wird Heroin in der Medizin nicht mehr verwendet; der Stoff kommt praktisch nur noch als illegale Droge vor (Jargon: „H“, „Dope“). Heroin weist von allen Rauschgiften das stärkste Suchtpotenzial auf: Einige wenige Heroin-Injektionen können einen Menschen bereits psychisch süchtig machen. Sobald der Morphinspiegel sinkt, endet der euphorische Rausch; der Abhängige („Fixer“, „Junkie“) wird depressiv und reizbar. Deshalb giert er nach einer weiteren Zufuhr der Droge. Wenn sich der Körper im Verlauf der Sucht an das Morphin gewöhnt, muss die Dosis erhöht werden, um die entsprechende Wirkung zu erzielen. Beim Entzug reagiert der Körper dann mit heftigen Krämpfen, krampfartigem Erbrechen, Schmerzen und Schweißausbrüchen.
Seit der Internationale Opium-Konferenz in Genf im Jahr 1925 ist die Verwendung von Opiaten deshalb in den meisten Ländern streng reguliert und ausschließlich für medizinische Zwecke erlaubt. Doch im illegalen Drogenhandel werden Milliarden verdient. „Drogenbarone“ beherrschen vor allem in Kolumbien und Afghanistan ganze Regionen. Inzwischen stammen 6900 Tonnen Opium, das sind 92 Prozent der Welterzeugung, aus Afghanistan, wo die Anbaugebiete massiv ausgeweitet wurden (Süddeutsche Zeitung, 23. Oktober 2009). Bauern, die vom Mohnanbau leben und auf den Schutz der Drogenbosse angewiesen sind, muss erst eine andere Möglichkeit geboten werden, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, bevor man ihre Unterstützung gewinnen kann.
Morphinähnliche Stoffe wie die vom Körper in bestimmten Situationen produzierten Endorphine („Glückshormone“) oder das vollsynthetische Methadon werden unter dem Oberbegriff Opioide zusammengefasst. (Strenggenommen handelt es sich auch bei Heroin nicht um ein Opiat, sondern ein Opioid, da es nicht im natürlichen Rohopium vorkommt.)
Methadon hat vor allem Bedeutung als oral verabreichte Ersatzdroge. Methadon beendet zwar nicht die Suchterkrankung, schwächt jedoch sowohl die Rauschzustände als auch die depressiven Phasen ab, ermöglicht es den Abhängigen, einer geregelten Beschäftigung nachzugehen und befreit sie unter Umständen von dem Zwang zur Beschaffungskriminalität. In Bonn, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Köln und München gibt es darüber hinaus Modellprojekte mit synthetischem Heroin (Diamorphin). Aufgrund der positiven Erfahrungen beschloss der Bundestag am 28. Mai 2009, Schwerstabhängige unter bestimmten Voraussetzungen mit Diamorphin zu versorgen.
Seit fünf Jahren dürfen sich im Rahmen eines Modellprojekts einige hundert Süchtige, bei denen zuvor alle Therapieversuche gescheitert waren, täglich Diamorphin spritzen. Laut Forschungsbericht sind die Patienten gesünder und sozial stabiler als andere Abhängige, die zum Vergleich mit dem Ersatzstoff Methadon behandelt wurden.
(Nadeschda Scharfenberg, Süddeutsche Zeitung, April 2007)
Literatur über Opium
- Matthias Seefelder: Opium. Eine Kulturgeschichte (Ecomed Verlag, Landsberg 1995)