Arizona Junior

Arizona Junior

Arizona Junior

Arizona Junior – Originaltitel: Arizona Junior – Regie: Joel Coen – Drehbuch: Ethan Coen, Joel Coen – Kamera: Barry Sonnenfeld – Schnitt: Michael R. Miller – Musik: Carter Burwell – Darsteller: Nicolas Cage, Holly Hunter, Trey Wilson, John Goodman, William Forsythe u.a. – 1987; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Der Kleinkriminelle Herbert I. ("HI") McDunnough und die Polizistin Edwina heiraten. Sie richten sich in einem Wohnwagen ein, und HI beginnt in einer Werkstatt zu arbeiten. Nun fehlt nur noch ein Kind. Aber es stellt sich heraus, dass Edwina nicht schwanger werden kann, und eine Adoption ist wegen HIs Vorstrafen unmöglich. Kurzerhand rauben sie einen der Fünflinge des Möbelhausbesitzers Nathan Arizona und seiner Frau ...
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Kritik

"Arizona Junior" ist eine überdrehte Mischung aus Märchen, Satire, Komödie und Groteske, Comic und Western. Es gibt viel Klamauk in "Arizona Junior", aber Joel Coen und Ethan Coen haben ihren verspielten Film auch mit originellen Einfällen vollgepackt.
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Der Kleinkriminelle Herbert I. („HI“) McDunnough (Nicolas Cage) wird in Arizona des Öfteren zu kurzen Haftstrafen verurteilt. Nach jeder Ankunft im Gefängnis in Florence/Arizona fotografiert die Polizistin Edwina (Holly Hunter) den Rückfalltäter für die Kartei. Sie verlieben sich, und als HI wieder einmal entlassen wird, macht er Edwina noch in der Haftanstalt einen Heiratsantrag.

Das frisch getraute Paar richtet sich in einem von Edwinas Vater zur Verfügung gestellten Wohnwagen ein, und HI fängt in einer Werkstatt zu arbeiten an. Nun fehlt nur noch ein Kind. Als sich bei einer gynäkologischen Untersuchung herausstellt, dass Edwina nicht schwanger werden kann, versuchen die McDunnoughs es mit einer Adoption, aber die Behörde verweigert wegen HIs Vorstrafen die Genehmigung. Edwina ist untröstlich. Sie wird apathisch, vernachlässigt ihren Job, die Hausarbeit und sich selbst.

Dann erfährt sie durchs Fernsehen, dass Nathan Arizona (Trey Wilson), der Besitzer einer Möbelhauskette, und seine Frau Florence (Lynne Dumin Kitei) Fünflinge bekommen haben. Das findet sie ungerecht. Sie überredet HI, eines der fünf Babys zu rauben, und er klettert über eine Leiter in das Kinderzimmer.

Endlich sind auch die McDunnoughs eine Familie.

Nathan Arizona meldet die Entführung eines seiner fünf Kinder, während seine Frau mit den vier anderen Sprösslingen erst einmal das Haus verlässt. Welches der Kinder entführt wurde, kann Nathan Arizona nicht genau sagen; er vermutet, dass es Nathan junior ist.

Zur gleichen Zeit fliehen die Brüder Gale und Evelle Snoats (John Goodman, William Forsythe) durch einen Tunnel und die Kanalisation aus dem Gefängnis. Übel riechend pochen sie um 2 Uhr nachts bei ihrem früheren Mithäftling an der Tür. HI hält es für seine Pflicht, den beiden Unterschlupf zu bieten, aber Edwina ist entsetzt, und zwar als Polizistin, Ehefrau und Mutter zugleich, denn sie befürchtet, dass die beiden Ausbrecher einen unguten Einfluss auf HI und Nathan junior haben könnten. Gale lässt sich jedoch nicht so leicht abweisen, und er hänselt HI mit der Bemerkung, er stehe wohl unter der Fuchtel seiner Frau.

Edwina gibt den beiden Galgenvögeln zwei Tage und will sie auch an dem Nachmittag nicht da haben, an dem HIs Vorarbeiter Glen (Sam McMurray) und dessen Frau Dot (Frances McDormand) mit ihren adoptierten Kindern zu Besuch kommen, um das angeblich ebenfalls adoptierte Baby der McDunnoughs anzuschauen. Während die unerzogenen Rangen mit allen möglichen Gegenständen auf dem Auto der McDunnoughs herumklopfen und die Einrichtung des Wohnwagens demolieren, outet Glen sich als Swinger und schlägt einen Partnertausch zwischen den beiden Ehepaaren vor. Zornentbrannt bricht HI ihm mit einem Faustschlag die Nase, und auf der Flucht vor dem wutschnaubenden Mitarbeiter rennt Glen dann auch noch gegen einen zwei Meter hohen Kaktus.

Als die McDunnoughs während einer Autofahrt feststellen, dass die Windeln ausgegangen sind, halten sie an einer Tankstelle. Nach einer Weile hört Edwina, die mit Nathan junior im Auto sitzen geblieben ist, die Sirene eines sich nähernden Streifenwagens. Sie blickt auf und sieht, dass HI die Besorgung nicht als Einkauf, sondern als Ladendiebstahl abwickelt. Offenbar hat der Inhaber einen Alarm ausgelöst. Empört fährt sie los. Als HI mit dem Paket Windeln aus der Tür kommt, ist das Auto fort. Es kommt zu einer wilden Verfolgungsjagd zwischen HI, der Polizei und einer Hundemeute. Am Ende rettet Edwina ihren Mann dann doch mit dem Wagen.

Gale und Evelle Snoats erfahren im Fernsehen von der Entführung eines der fünf Babys des Möbelkönigs Nathan Arizona und gehen davon aus, dass der oder die Täter Lösegeld erpressen wollen. Das spornt sie an, ebenfalls einen ehrgeizigen Coup durchzuführen, und sie überreden HI, bei einem Banküberfall mitzumachen. Nachts schreibt er seiner Frau einen Abschiedsbrief.

Aber bevor die drei Männer ihren Plan in die Tat umsetzen können, taucht Glen vor dem Wohnwagen auf. Er überbringt HI nicht nur die Kündigung, sondern verlangt auch das Baby. Inzwischen fand er nämlich heraus, dass es sich um das entführte Kind von Nathan und Florence Arizona handelt. Er könnte nun zur Polizei gehen und die ausgesetzte Belohnung in Höhe von 25 000 Dollar abholen, aber er zieht es vor, Dot noch ein weiteres Kind zu verschaffen und kündigt an, dass sie den Säugling am nächsten Tag abholen werde.

Gale und Evelle erfahren durch die lautstarke Auseinandersetzung, dass HI und Edwina das Kind der Familie Arizona entführt haben. Sie überwältigen HI, fesseln ihn auf einen Stuhl und fahren mit dem Kind im Auto los, um die Belohnung zu kassieren.

Weil es ihnen an Babysachen fehlt, überfallen sie einen Laden. Sie sind schon ein gutes Stück weitergefahren, als sie das Fehlen des Säuglings bemerken: sie haben den Kindersitz mit Nathan junior vor dem Laden mitten auf der Straße stehen lassen! Aber bevor der Kleine zu Schaden kommt, sind die Ganoven zurück und holen ihn wieder in den Wagen.

Inzwischen kommt Edwina vom Dienst nach Hause. Sie befreit ihren Mann in dem verwüsteten Wohnwagen von den Fesseln und nimmt mit ihm auf dem Beifahrersitz die Verfolgung der Brüder auf.

Weder die McDunnoughs noch die Snoats‘ ahnen, dass noch jemand hinter Nathan junior her ist: Der schwerkriminelle Kopfgeldjäger Leonard Smalls (Randall „Tex“ Cobb), der sich „Mama didn’t love me“ auf den Arm tätowieren ließ, will sich eine stattliche Summe Geld verdienen. Nachdem er sich dem Möbelhausbesitzer vorgestellt hat („Meine Freunde nennen mich Lennie. Aber ich habe keine Freunde.“), bietet er ihm an, den Kleinen für die doppelte Belohnung zurückzubringen. Nathan Arizona argwöhnt, dass der Biker das Kind selbst entführt habe. Smalls bleibt ruhig. Er werde den Kleinen finden und 50 000 Dollar verdienen, sagt er. Entweder gebe Arizona ihm die Summe, oder er bekomme sie auf dem Schwarzmarkt für das Kind.

Als Gale und Evelle an der Bank vorbeikommen, die sie mit HI zusammen überfallen wollten, können sie der Versuchung nicht widerstehen. Sie nehmen Nathan junior mit hinein, bedrohen die Anwesenden mit ihren Waffen und lassen sich das Geld einpacken. Dann fahren sie weiter.

In dem Augenblick, in dem ihnen Edwina und HI entgegenkommen, explodiert die Farbbombe, die ein Bankangestellter unbemerkt mit in den Geldsack gepackt hat. Gale, der hinter dem Lenkrad sitzt, sieht durch die plötzlich mit blauer Farbe bedeckte Windschutzscheibe nichts mehr. Sie kommen ins Schleudern und müssen anhalten. Die McDunnoughs glauben schon, das Kind wiedergefunden zu haben, aber es ist nicht im Auto. Gale und Evelle haben es vor der Bank vergessen.

Edwina und HI rasen los. Sie sehen gerade noch, wie der Biker Leonard Smalls das Baby im Kindersitz von der Straße aufhebt. Furchtlos stellt Edwina ihn, entreißt ihm Nathan junior und rennt weg. Smalls verfolgt sie, bis HI ihn mit einem quer über den Weg gehaltenen Brett vom Motorrad schlägt. Im Kampf gegen den bulligen Biker hat HI keine Chance. Smalls droht ihn zu zerquetschen. Aber zufällig reißt HI den Sicherungsbügel einer der Handgranaten ab, die der Biker an der Lederjacke hängen hat. Smalls wundert sich über das, was sein Gegner da in der Hand hält und setzt ihn ab. Im nächsten Augenblick zerfetzt ihn die Explosion.

HI und Edwina beschließen, Nathan junior der Familie Arizona zurückzubringen. Über eine Leiter klettern sie zum Kinderzimmer hinauf und legen den Kleinen in die Wiege. Dabei werden sie von Nathan Arizona ertappt. Mit vorgehaltener Pistole verlangt er Rede und Antwort von ihnen. Als Edwina sagt, sie wolle die ausgesetzte Belohnung nicht, begreift er, dass es sich bei den beiden Eindringlingen um die Entführer handelt. Er lässt sich ihre Beweggründe erklären, zeigt Verständnis und verzichtet darauf, die Polizei zu rufen.

In dieser Nacht träumt HI, dass Gale und Evelle Snoats freiwillig ins Gefängnis zurückkehren, Nathan junior sich zum Rugby-Star entwickelt und er und Edwina im hohen Alter von ihren Kindern und Enkeln besucht werden. Doch selbst im Traum bezweifelt HI, dass dies real sein könnte. In diesem Land wohl kaum, denkt er, aber vielleicht in einem anderen – beispielsweise in Utah.

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„Arizona Junior“ dreht sich um Mutterschaft und Familie. Wie sich die ausgebrochenen Häftlinge Gale und Evelle Snoats durch den Schlamm aus der Kanalisation ans Tageslicht arbeiten, assoziieren wir mit einem Geburtsakt. Später raten die beiden Ganoven der Polizistin Edwina McDunnough, ihr Baby zu stillen, statt es mit der Flasche zu ernähren, damit daraus ein ordentlicher Junge wird. Sie glauben nämlich, dass fehlende Mutterliebe Söhne zu Verbrechern werden lässt. Die Klage „Mama didn’t love me“ hat der wilde Biker Leonard Smalls sich nicht zufällig auf den Arm tätowieren lassen.

„Arizona Junior“ ist eine überdrehte Mischung aus Märchen, Satire, Komödie und Groteske mit comicartigen Action-Szenen und Einsprengseln aus dem Western-Genre. Es gibt viel Klamauk in „Arizona Junior“, aber Joel Coen und Ethan Coen haben ihren verspielten Film auch mit originellen Einfällen vollgepackt.

Die beiden jungen Cineasten aus Minneapolis, die 1984 mit dem Film „Blood Simple“, einer brillanten Hitchcockiade, debütierten, ziehen alle Register. Raffiniert ausgeklügelte Kamerabewegungen, rasante Montagen mit einfallsreichen Abkürzungen und der virtuose Umgang mit Musik und Geräuschen veredeln „Arizona Junior“ zur glänzenden Amerika-Satire.
(Arnd Schirmer, „Der Spiegel“ 23/1987)

Die Außenaufnahmen wurden in Scottsdale, Phoenix, Tempe und an anderen Orten in Arizona gedreht, die Innenaufnahmen entstanden in den Southwestern Studios in Carefree/Arizona.

Frances McDormand, die in „Arizona Junior“ nur eine Nebenrolle spielt, ist seit 1984 mit Joel Coen verheiratet. Die beiden adoptierten 1994 einen Jungen aus Paraguay: Pedro McDormand Coen.

Synchronstimmen in „Arizona Junior“: Rolf Zacher (Herbert I. McDunnough), Dagmar Biener (Edwina), Klaus Sonnenschein (Gale Snoats), Joachim Tennstedt (Evelle Snoats), Ivar Combrinck (Glen), Marianne Lutz (Dot), Helmut Krauss (Leonard Smalls), Joachim Kerzel (Nathan Arizona) u.a.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013

Joel und Ethan Coen (Kurzbiografie / Filmografie)

Ethan und Joel Coen: Blood Simple. Eine mörderische Nacht
Ethan und Joel Coen: Miller’s Crossing
Ethan und Joel Coen: Barton Fink
Ethan und Joel Coen: Hudsucker. Der große Sprung
Ethan und Joel Coen: Fargo
Ethan und Joel Coen: The Big Lebowski
Ethan und Joel Coen: O Brother, Where Art Thou? Eine Mississippi Odyssee
Ethan und Joel Coen: Der unauffällige Mr Crane. The Man Who Wasn’t There
Ethan und Joel Coen: Ein (un)möglicher Härtefall
Ethan und Joel Coen: Ladykillers
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Ethan und Joel Coen: Burn After Reading
Ethan und Joel Coen: A Serious Man
Ethan und Joel Coen: True Grit. Vergeltung
Ethan und Joel Coen: Inside Llewyn Davis

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