A Serious Man

A Serious Man

A Serious Man

A Serious Man – Originaltitel: A Serious Man – Regie: Ethan Coen, Joel Coen – Drehbuch: Ethan Coen, Joel Coen – Kamera: Roger Deakins – Schnitt: Ethan und Joel Coen alias Roderick Jaynes – Musik: Carter Burwell – Darsteller: Michael Stuhlbarg, Richard Kind, Fred Melamed, Sari Lennick, Aaron Wolff, Jessica McManus, Peter Breitmayer, Brent Braunschweig, David Kang u.a. – 2009; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Bei Larry Gopnik handelt es sich um einen jüdischen Durchschnittsbürger, der mit seiner Frau und den beiden Kindern in einer amerikanischen Vorstadt wohnt. Das Leben des gläubigen Physik-Dozenten ist eintönig. Er ist zufrieden damit und strebt keine Veränderung an, aber eine Ereignisswelle reißt ihm den Boden unter den Füßen weg. Wie Hiob im Alten Testament wird er von Plagen heimgesucht ...
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Kritik

Ethan Coen und Joel Coen brennen in der sarkastischen Tragikomödie ein Feuerwerk witziger Einfälle ab. Die Bandbreite reicht von Albernheiten und Situationskomik über intelligenten Wortwitz bis zu geistreichen Gags.
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In einem polnischen Schtetl kommt der Ehemann (Allen Lewis Rickman) spätabends nach Hause und erzählt seiner Frau (Yelena Shmulenson), er habe Traitel Groschkower getroffen. Sie kann das nicht glauben, denn Traitel Groschkower starb vor drei Jahren an Typhus. Das findet ihr Mann nun unheimlich, denn er sprach mit ihm und lud ihn auf einen Teller Suppe ein. Kurz darauf pocht es an der Türe, und er lässt den vollbärtigen Greis herein, den er für Traitel Groschkower hielt (Fyvush Finkel). Der Besucher lacht, als er hört, dass die Frau überzeugt ist, er sei ein Dibbuk, also der böse Geist eines Toten. Plötzlich rammt sie ihm eine Ahle in die Brust. Der Greis lässt sie stecken, und nachdem er sich von seiner Verblüffung erholt hat, lacht er wieder. Aber er zieht es dann doch vor, zu gehen und auf den Teller Suppe zu verzichten. Die Frau nahm ohnehin nicht an, dass er etwas essen würde, denn ein Dibbuk benötigt keine Nahrung. Mit einem Gebet auf dem Lippen schließt sie die Haustüre.

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Wir schreiben das Jahr 1967. Laurence („Larry“) Gopnik (Michael Stuhlbarg) lehrt Quantenphysik an einem College in Minnesota und hat Aussichten auf eine Festanstellung. Er wohnt mit seiner Ehefrau Judith (Sari Lennick), der halbwüchsigen Tochter Sarah (Jessica McManus) und dem pubertierenden Sohn Danny (Aaron Wolff) in einem Haus in einer Vorortssiedlung. Sein Bruder Arthur (Richard Kind) hat sich bei ihnen eingenistet und belegt stundenlang das Badezimmer. Das findet besonders Sarah ärgerlich, denn bevor sie jeden Abend in die Diskothek „The Hole“ geht, will sie sich die Haare waschen.

Larry versucht den Studenten Heisenbergs Unschärferelation und das paradoxe Gedankenexperiment von Schrödingers Katze zu erklären. Im Grunde läuft es darauf hinaus, dass Dinge so aber auch anders sein können, dass wir nichts genau wissen und als Beobachter die Realität beeinflussen. Nach der Vorlesung kommt der südkoreanische Student Clive Park (David Kang) zu Larry ins Büro und beschwert sich über die schlechte Note. Die habe ihn beschämt, sagt er, und das sei ein Problem, das gelöst werden müsse. Larry versucht ihm zu erklären, dass es unmöglich sei, Physik ohne ein Minimum an mathematischen Kenntnissen zu verstehen, aber das will Clive nicht einsehen. Als Clive für eine bessere Note Geld anbietet, wehrt Larry erschrocken ab, doch nachdem der Student sein Büro verlassen hat, findet er auf seinem Schreibtisch ein Kuvert mit einem Bündel Banknoten. Er lässt Clive noch einmal ins Büro kommen, aber der Koreaner beteuert, ihm fehle nichts, auch kein Kuvert mit Geld, und er weigert sich, es zurückzunehmen.

Schließlich taucht Clives Vater (Steve Park) bei Larry auf. Als der Physikprofessor andeutet, sein Sohn habe ihn zu bestechen versucht, droht Mr Park mit einer Verleumdungsklage. Zugleich verlangt er, dass Larry seinem Sohn eine bessere Note gibt, immerhin habe er Geld dafür genommen.

Professor Arlen Finkle (Ari Hoptman), ein Mitglied der Kommission, die über Festeinstellungen am College entscheidet, gibt Larry inoffiziell zu verstehen, dass er von einem anonymen Briefeschreiber angeschwärzt wird. Die Kommission lasse sich nicht von anonymen Briefen beeinflussen, versichert er, lässt aber zugleich erkennen, dass sie Larrys Festeinstellung doch verhindern könnten.

Larrys Sohn Danny fällt in der Schule auf, weil er während des Hebräisch-Unterrichts zur Vorbereitung auf die Bar Mitzwa mit einem Walkman Musik der Gruppe „Jefferson Airplane“ hört. Der Lehrer (Ronald Schultz) konfisziert das Gerät samt dem 20-Dollar-Schein, den Danny in die Schutzhülle gesteckt hat, Geld, das er seiner Schwester Sarah stahl, die es wiederum aus der Brieftasche des Vaters genommen hatte, weil sie für eine Schönheitsoperation der Nase spart.

Zu Hause hat Larry Ärger mit einem Nachbarn, der seine Grundstücksgrenze ein Stück weit in den Garten der Gopnik verschoben hat. Mit dem Rednick Mr Brandt (Peter Breitmayer), der mit seinem Sohn Mitch (Brent Braunschweig) und einem kapitalen Hirsch auf dem Autodach von der Jagd zurückkommt, ist nicht gut Kirschen essen. Jedenfalls beauftragt Larry einen Anwalt mit der Prüfung der Angelegenheit.

Judith teilt Larry aus heiterem Himmel mit, dass sie ihn wegen des seit drei Jahren verwitweten Familienfreundes Sy Ableman (Fred Melamed) verlassen werde, beteuert aber auch, mit ihm noch kein „Whoopee-doopee“ gehabt zu haben. Weil sie Sy nach jüdischem Ritus heiraten möchte, benötigt sie nicht nur eine weltliche Scheidungsurkunde, sondern auch ein Get, einen jüdischen Scheidungsbrief.

Als Larry wieder einmal aufs Hausdach klettert, um die Ausrichtung der Antenne zu korrigieren, damit Danny seine Lieblingssendung „F-Troop“ sehen kann, fällt ihm auf, dass sich die attraktive Nachbarin Mrs Samsky (Amy Landecker) nackt hinter ihrem hohen Bretterzaun sonnt. Er geht noch ein Stück weiter auf die Seite des Dachs, von der aus er einen guten Blick hinüber ab und schaut sie eine Weile begehrlich an, so wie es König David tat, als Bathseba nebenan badete.

Sy und Judith beschwatzen Larry, es sei besser für die Kinder, wenn er ausziehe. Die Scheidung sei schon belastend genug für Sarah und Danny. Notgedrungen zieht er mit Arthur in das billige Motel „Jolly Rogers“.

Arthur, den eine Zyste im Genick plagt, kritzelt ein ganzes Notizbuch voll und behauptet, er arbeite mit Hilfe des Talmud an einem „Mentaculus“, einer Karte der Wahrscheinlichkeiten im Universum.

Im Büro erhält Larry einen Anruf des Columbia Record Clubs. Er wird ermahnt, seine ausstehenden Rechnungen zu bezahlen. Larry versichert dem Anrufer, er habe keine Platten bestellt, aber der Angestellte erklärt ihm, entsprechend der Regeln der Mitgliedschaft schicke man ihm jeweils den Vorschlagstitel des Monats, wenn er selbst nichts ausgesucht habe. Zuletzt habe man ihm „Abraxas“ von Santanas geschickt. Larry beteuert, die Platte nicht angehört zu haben. Und er werde sich „Abraxas“ auch nicht anhören, betont er. Erst nachdem er aufgelegt hat, begreift er, dass Danny in seinem Namen ein Platten-Abonnement abgeschlossen hat.

Dann stellt er fest, dass Judith vom gemeinsamen Konto alles abhob.

Von was soll er jetzt das Motel und die Honorare der Anwälte für die Scheidung und die Grundstücksstreitigkeit bezahlen?

Eine Bekannte (Katherine Borowitz) rät dem Verzweifelten, einen Rabbi um Rat zu fragen. Larry lässt sich also einen Termin bei Rabbi Nachtner geben. Als er hingeht, wird er allerdings nicht von dem erfahrenen Rabbi empfangen, sondern von einem jungen Rabbi namens Scott (Simon Helberg). Rabbi Nachtner habe zu tun und ihn gebeten, den Termin für ihn wahrzunehmen, sagt er. Larry schildert ihm, was in seinem Leben derzeit alles schief läuft. Rabbi Scott rät ihm, die Perspektive zu wechseln. Mehr kann er nicht für ihn tun.

Während einer Autofahrt entdeckt Larry Clive Park auf dem Gehsteig. Dadurch abgelenkt, verursacht er einen Auffahrunfall, bei dem zum Glück niemand verletzt wird. Allerdings ist das Auto ein Totalschaden. Sobald Larry im Büro eintrifft, erhält er einen Anruf seines Sohnes. Danny sagt, er müsse sofort kommen, denn die Mutter sei völlig durchgedreht. Sy Ableman ist tot. Er starb exakt zu der Zeit, als Larry seinen Wagen zu Schrott fuhr, bei einem Verkehrsunfall.

Judith, ihre Kinder, ihr Noch-Ehemann und ihr Schwager sitzen Shiva, als zwei Polizisten kommen und nach Arthur Gopnik fragen. Auf diese Weise erfährt Larry, wozu sein Bruder die Wahrscheinlichkeiten berechnen wollte: Arthur ist spielsüchtig und hat nun Schwierigkeiten wegen seiner Spielschulden.

Endlich trifft Larry Rabbi Nachtner (George Wyner) persönlich an. Der jüdische Gelehrte erzählt ihm eine Geschichte. Der Zahnarzt Dr. Sussmann (Michael Tezla) entdeckt auf dem Abdruck des Gebisses eines Goi hebräische Schriftzeichen, die auf der Rückseite der Zähne eingraviert sind. Da steht in hebräischer Sprache: „Hilf mir!“ Dr. Sussmann kann sich das nicht erklären. Larry fragt, was mit dem Goi passiert sei, aber darauf antwortet der Rabbi: „Wen interessiert das schon?“ Rabbi Nachtner meint: „Wir können nicht alles wissen.“ HaSchem schulde den Menschen keine Antworten. Er vergleicht die Fragen nach dem Sinn des Daseins mit Zahnschmerzen: „Sie tun eine Woche lang weh, dann gehen sie weg.“

Larry, der den Anblick der nackten Nachbarin nicht vergessen hat, besucht Mrs Samsky. Sie ist allein zu Hause. Ihr Mann sei viel auf Reisen, erklärt sie und raucht erst einmal einen Joint mit ihm. Während Larry noch bei Mrs Samsky zu Besuch ist, hören sie Lärm von nebenan, und als sie vor die Türe gehen, sehen sie, dass Arthur Gopnik abgeführt wird. Man verdächtigt ihn der Sodomie, begangen in North Dakota. Larry muss also jetzt auch noch einen teuren Strafverteidiger engagieren.

Nachdem die Rabbiner Scott und Nachtner ihm nicht helfen konnten, tut Larry alles, um einen Termin von dem weisen Rabbi Marshak (Alan Mandell) zu bekommen. Als er im Vorzimmer wartet, während die Sekretärin (Claudia Wilkens) den Gelehrten den Terminwunsch vorträgt, sieht er durch die offene Türe, dass dieser einfach nur dasitzt. Aber vorgelassen wird er nicht. Der Rabbi habe zu tun, erklärt die Sekretärin, er denke nach.

Zu seiner Bar Mitzwa erscheint Danny bekifft, aber er bringt die Zeremonie doch noch gut zu Ende. Zum Abschluss empfängt ihn Rabbi Marshak und gibt ihm den Walkman zurück, den der Hebräisch-Lehrer ihm abnahm. Auch der 20-Dollar-Schein ist noch da.

Von Professor Arlen Finkle erfährt Larry, dass seine Festanstellung so gut wie sicher sei.

Der Strafverteidiger schickt ihm eine Rechnung über 3000 Dollar. Da ändert Larry die Note des Studenten Clive Park von F nach C und begleicht mit dem Schmiergeld die Anwaltsrechnung.

Dr. Shapiro (Raye Birk), bei dem er sich unlängst einer medizinischen Jahresuntersuchung unterzog, ruft ihn an. Der Arzt möchte eine Röntgen-Aufnahme mit ihm besprechen und hält es für ratsam, dies nicht am Telefon zu tun. Larry soll besser sofort in die Praxis kommen.

Während des Hebräisch-Unterrichts gibt es eine Tornado-Warnung. Danny und die anderen Schüler sehen, wie sich der Wirbelsturm nähert.

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Bei Larry Gopnik, der Hauptfigur der Tragikomödie mit dem ironischen Titel „A Serious Man“, handelt es sich um einen jüdischen Durchschnittsbürger in einer amerikanischen Vorstadt. Sein Leben ist eintönig. Der gläubige Physik-Dozent ist zufrieden damit und strebt keine Veränderung an, aber ohne sein Zutun reißt ihm eine Welle von Ereignissen den Boden unter den Füßen weg. Wie Hiob im Alten Testament wird er von Plagen heimgesucht.

Larry Gopnik ist ein schrulliger Intellektueller, der wie die typischen Protagonisten in Woody Allens Filmen vergeblich Fragen nach dem Sinn des Daseins stellt, dabei streng logisch denkt und sich dennoch verheddert. Der Physik-Dozent erläutert den Studenten das Gedankenexperiment über Schrödingers Katze, die zugleich tot und lebendig ist. (Darauf spielt auch der Prolog an.) So wie Larry Gopnik eine riesige Wandtafel im College mit mathematischen Formeln zukritzelt, bedeckt der Hebräisch-Lehrer seines Sohnes die Schultafel mit hebräischen Schriftzügen. Weder die Wissenschaft noch der Glaube helfen wirklich weiter. Dazu singt die Gruppe „Jefferson Airplane“: „When the truth is found to be lies / And all the joy within you dies / You better find somebody to love.“

Für „A Serious Man“, heißt es, seien ausschließlich jüdische Darsteller unter Vertrag genommen worden. Auf jeden Fall spielt diese turbulente Tragikomödie mitten im amerikanischen Judentum.

Ethan Coen und Joel Coen brennen ein Feuerwerk witziger Einfälle ab. Die Bandbreite reicht von Albernheiten und Situationskomik über intelligenten Wortwitz bis zu geistreichen Gags. Es ist urkomisch, wenn der Arzt sich eine Zigarette anzündet, nachdem er Larrys Vorsorgeuntersuchung durchgeführt hat, und dem Patienten auch eine anbietet. Doppelbödig ist zum Beispiel die Szene, in der Larry beteuert, er habe sich die Platte „Abraxas“ von Santana nicht angehört und werde das auch nie tun, denn unter dem Namen Abraxas verehrten die Gnostiker das göttliche Wesen, das die fünf Urkräfte Geist, Wort, Vorsehung, Weisheit und Macht geschaffen hatte. Abraxas ist also für einen Juden so etwas wie der Antichrist für den Christen. Sardonisch (und in der deutschen Synchronisation fortgelassen) ist der Witz, den Ethan Coen und Joel Coen sich am Ende erlauben, wenn sie versichern: „No Jews were harmed in the making of this motion picture.“ Da bleibt einem das Lachen im Halse stecken.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013

Joel und Ethan Coen (Kurzbiografie / Filmografie)

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