Vietnam-Krieg / Vietnamkrieg

Vorgeschichte: Indochina-Krieg

Nach dem Indochina-Krieg der Franzosen konsolidierte sich die kommunistische Republik Vietnam, die Hilfsabkommen mit China und der UdSSR schloss und einen Guerillakrieg im Süden förderte, wo der antikommunistische Katholik Ngo Dinh Diem 1954 die Regierung übernommen hatte. Die amerikanische Regierung wollte in Südvietnam eine Wohlstandsgesellschaft wie in Südkorea etablieren und damit auch die Bevölkerung im Norden ködern. Doch gegen das repressive Regime Diems protestierten Buddhisten mit Selbstverbrennungen, und 1960 bildete sich die „Front National de Libération“ (Vietcong). Diem wurde 1963 gestürzt. Zwei Jahre später übernahm General Nguyen Van Thieu die Macht in Südvietnam.

Die US-Regierung unter Präsident Lyndon B. Johnson, die befürchtete, nach dem Sieg der Kommunisten im chinesischen Bürgerkrieg (1949) und der Teilung Koreas in einen prowestlichen und einen kommunistischen Staat (1953) könne in Asien ein Staat nach dem anderen kommunistisch werden (Domino-Theorie), nahm einen angeblichen Angriff von drei nordvietnamesischen Patrouillenbooten am 2. August 1964 auf einen US-Zerstörer im Golf von Tonking („Tonking-Zwischenfall“) zum Anlass, um direkt in die militärischen Auseinandersetzungen zwischen Vietminh und Vietcong auf der einen und der südvietnamesischen Republik auf der anderen Seite einzugreifen. Gegen Guerillas, die in kleinen Gruppen kämpften, Nachschub auf Dschungel-Pfaden transportierten (Ho-Chi-Minh-Pfad), Tunnelsysteme anlegten, sich im Dschungel versteckten und sich auch inmitten der Zivilbevölkerung bewegten, nutzte die materielle und technische Überlegenheit der US-Army nicht viel. Am Wirkungsvollsten waren noch die Hubschrauber, mit denen in dem unwegsamen Gelände rasch Infanteristen abgesetzt und wieder aufgenommen werden konnten. Sobald sie Guerillaeinheiten entdeckten, riefen sie Bomber herbei. Dabei setzten die Amerikaner auch Napalm ein. Außerdem versprühten sie Entlaubungsmittel (Agent Orange), um die Guerillas besser ausmachen zu können. Da in einem Guerillakrieg kaum Frontlinien verschoben werden, nannte die US-Army in ihren Erfolgsmeldungen statt territorialer Gewinne die Zahl der getöteten Feinde (body count). Der Vietnam-Krieg eskalierte. Bis Ende 1968 erhöhte sich die Truppenstärke der US-Army in Vietnam auf über 536 000 Mann.

Ende Januar 1968 wurden die USA von einem offenen Angriff mit über 80 000 Soldaten überrascht (Tet-Offensive). Damit hatte die amerikanische Regierung nicht gerechnet. Zwar verloren die Vietnamesen bei der Tet-Offensive 50 000 Kämpfer, aber die USA waren danach militärisch und moralisch so geschwächt, dass sie am 13. Mai 1968 in Paris Friedensgespräche mit den Kommunisten aufnahmen. US-Präsident Richard M. Nixon teilte der Öffentlichkeit am 8. Juni 1969 den Beginn des Truppenabzugs aus Vietnam mit.

Ein halbes Jahr später wurde bekannt, dass amerikanische Infanteristen unter dem Kommando des fünfundzwanzigjährigen Leutnants William L. Calley jr. am 16. März 1968 die 500 Bewohner des südvietnamesischen Dorfes My Lai erschossen hatten, darunter 182 Frauen und 172 Kinder. Durch die Berichte über das Massaker verstärkte sich die weltweite Kritik am Vorgehen der amerikanischen Regierung. Der Protest fiel in den USA mit der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung und in Deutschland mit der APO zusammen.

Am 27. Januar 1973 einigten sich die Chefunterhändler Henry Kissinger und Lé Duc Tho – die dafür beide mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurden – in Paris auf ein Friedensabkommen, dem die südvietnamesische Regierung widerwillig zustimmte. Faktisch beendete der Vertrag allerdings nur das militärische Engagement der USA in Vietnam (Schlagwort: „Vietnamisierung“); der Bürgerkrieg ging weiter, bis das Regime Thieu am April 1975 zusammenbrach und der Vietcong am 1. Mai Saigon besetzte.

Schätzungsweise 5 Millionen Menschen – davon 80 Prozent Zivilisten – waren im Vietnam-Krieg ums Leben gekommen. Die US-Army hatte mehr als 58 000 Tote zu beklagen; dazu kamen zahlreiche Verwundete und durch den Krieg traumatisierte Veteranen.

1976 wurde Vietnam unter der Führung von Hanoi wieder vereinigt, und es bildete sich die „Sozialistische Republik Vietnam“ (2. Juli 1976). Saigon wurde in Thanh Pho Ho Chi Minh (Ho-Chi-Minh-Stadt) umbenannt.

Literatur über den Vietnam-Krieg

  • Marc Frey: Geschichte des Vietnamkriegs (1998)
  • Bernd Greiner: Krieg ohne Fronten. Die USA in Vietnam (2007)
  • Robert S. McNamara und Brian VanDeMark: Vietnam. Das Trauma einer Weltmacht (1995)
  • Jonathan Neale: Vietnam. Der amerikanische Krieg 1960 – 1975 (2004)
  • Peter Scholl-Latour: Der Tod im Reisfeld (1981)
  • Rolf Steininger: Der Vietnamkrieg (2004)

© Dieter Wunderlich 2006/2008

Indochina-Krieg

Bücher und Filme zum Thema Vietnam-Krieg:

Francis Ford Coppola: Apocalypse Now
Barry Levinson: Good Morning, Vietnam
Adrian Lyne: Jacob’s Ladder. In der Gewalt des Jenseits
Phillip Noyce: Der stille Amerikaner
Alan Parker: Birdy
Philipp Roth: Der menschliche Makel

Daniela Krien - Die Liebe im Ernstfall
Daniela Krien entwickelt das Geschehen mit großem Einfühlungsvermögen nacheinander aus den Perspektiven der fünf Romanfiguren. Dabei spielt sie nicht nur virtuos mit Überschneidungen der Biografien, sondern auch mit Verflechtungen zwischen den Zeitebenen. Trotz ernster und tiefgreifender Themen ist die Lektüre des Romans "Die Liebe im Ernstfall" leicht und unterhaltsam. Ihre Sprache wirkt unangestrengt und geschliffen zugleich.
Die Liebe im Ernstfall