Bridge of Spies. Der Unterhändler
Bridge of Spies. Der Unterhändler
Inhaltsangabe
Kritik
Der in Brooklyn lebende britische Staatsbürger Rudolf Abel (Mark Rylance) ist Kunstmaler und arbeitet als Spion für den KGB. 1957 verhaftet ihn das FBI, und er wird wegen Landesverrats angeklagt. Weil für ein rechtsstaatliches Gerichtsverfahren ein Verteidiger notwendig ist, wird der Rechtsanwalt James („Jim“) B. Donovan (Tom Hanks) von seinem Chef Thomas Watters jr. (Alan Alda) überredet, das Pflichtmandat zu übernehmen.
Der irisch-stämmige Jurist lebt mit seiner Ehefrau Mary (Amy Ryan) und den Kindern Peggy, Roger und Carol (Jillian Lebling, Noah Schnapp, Eve Hewson) in einem Vorstadthaus in Brooklyn. Dass er als Versicherungsanwalt angestellt ist und über keine Erfahrungen in Strafsachen verfügt, halten die Verantwortlichen für keinen Hinderungsgrund. Weil es ihnen nur um eine Formalie geht, missfällt ihnen, dass James Donovan die Angelegenheit ernst nimmt und gleich zu Beginn darauf hinweist, dass ein ausländischer Staatsbürger nicht wegen Landesverrats angeklagt werden könne. Außerdem moniert er die ohne richterliche Anordnung vorgenommene Durchsuchung von Rudolf Abels Wohnung. Aber der Richter Mortimer Byers (Dakin Matthews) hat sein Urteil ebenso wie der Staatsanwalt längst gefällt: Ein Ausländer habe keine Rechte und könne sich nicht auf die amerikanische Verfassung berufen, heißt es. Der russische Spion habe die Sicherheit der Vereinigten Staaten von Amerika gefährdet und es darüber hinaus abgelehnt, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten. Die patriotische Pflicht verlange es, ihn hart zu bestrafen. Die Geschworenen erklären Rudolf Abel denn auch in allen drei Anklagepunkten für schuldig.
Bevor der Richter das Strafmaß verkündet, sucht James Donovan ihn privat auf. Während Mortimer Byers und seine Ehefrau Millie (Le Clanché du Rand) sich zum Ausgehen fertigmachen, weist der Anwalt auf die Möglichkeit hin, dass ein Amerikaner in der UdSSR wegen Spionage vor Gericht gestellt wird. In diesem Fall wäre es vorteilhaft, Rudolf Abel für einen Austausch anbieten zu können. Offenbar überzeugt das den Richter, denn er verurteilt den Angeklagten zu 30 Jahren Haft. Die Zuschauer, die ein Todesurteil erwartet haben, protestieren, und im Gerichtssaal bricht ein Tumult aus.
Als James Donovan den Supreme Court anruft, um gegen Unrechtmäßigkeiten in dem Gerichtsverfahren anzugehen, stößt er in der Öffentlichkeit, bei Freunden und sogar in der eigenen Familie auf Unverständnis. Er wird angefeindet. Unbekannte schießen durch die Fenster seines Hauses, und einer der alarmierten Streifenpolizisten beschimpft James Donovan. Mit fünf zu vier Stimmen bestätigt der Supreme Court das Urteil des Richters Mortimer Byers.
Am 1. Mai 1960 startet Captain Francis Gary Powers (Austin Stowell) im Auftrag der CIA vom US-Stützpunkt bei Peschawar in Pakistan mit einer Lockheed U-2 zu einem Aufklärungsflug nach Bodø in Norwegen. In 20 000 Metern Höhe über Swerdlowsk in der Sowjetunion wird die Maschine von neuentwickelten S-75-Boden-Luft-Raketen getroffen. Die Fliehkräfte beim Absturz hindern ihn daran, den Selbstzerstörungsmechanismus der U-2 zu aktivieren. Francis Gary Powers rettet sich mit dem Fallschirm und benutzt auch nicht die in einer präparierten Dollarmünze versteckte Giftnadel zum Suizid. Ein sowjetisches Militärgericht verurteilt ihn am 19. August 1960 zu zehn Jahren Haft.
Damit ist die Situation eingetreten, über die James Donovan mit Richter Mortimer Byers sprach.
Der CIA-Direktor Allen Dulles (Peter McRobbie) fordert James Donovan auf, in der sowjetischen Botschaft in Ostberlin über einen Austausch Abel / Powers zu verhandeln, schärft dem Rechtsanwalt jedoch ein, dass er sich dabei nicht auf einen offiziellen Auftrag berufen könne. Er müsse unter strikter Geheimhaltung als Privatmann handeln.
Seiner Familie täuscht James Donovan eine mit einem Angelausflug verbundene Geschäftsreise nach Großbritannien vor.
Als er mit dem CIA-Agenten „Hoffman“ (Scott Shepherd) im August 1961 in Westberlin eintrifft, wird gerade die Mauer gebaut [Bau der Berliner Mauer]. Vor Ort erfährt James Donovan von dem soeben im Ostteil der Stadt verhafteten, seit 1959 an der Freien Universität Berlin immatrikulierten US-amerikanischen Studenten R. Frederic Pryor (Will Rogers). Während Hoffman lediglich an dem amerikanischen Piloten interessiert ist, nimmt Donovan sich vor, auch Pryor freizukriegen.
In der sowjetischen Botschaft in Ostberlin, wo er mit dem deutschen Rechtsanwalt Wolfgang Vogel (Sebastian Koch) verabredet ist, trifft er auf Rudolf Abels Ehefrau Helen, Tochter Lydia und einen Cousin des Spions (Petra Maria Cammin, Lucy Dreznin, Michael Schenk). Offenbar nehmen sie an, er habe Rudolf Abel bereits mitgebracht. Helen Abel, eine Harfenistin aus Moskau, bricht schluchzend zusammen, als sie begreift, dass dies nicht der Fall ist.
Statt Wolfgang Vogel spricht ein Russe namens Ivan Schischkin (Mikhail Gorevoy) mit James Donovan. Er stellt sich als Zweiter Sekretär der Botschaft vor, aber tatsächlich handelt es sich um den Chef der Osteuropa-Abteilung des KGB. Donovan schlägt ihm einen Austausch Abels gegen Pryor und Powers vor. Schischkin weist jedoch darauf hin, dass die Botschaft der UdSSR für den Häftling in Ostberlin nicht zuständig sei.
Also sucht James Donovan den vom DDR-Regime mit besonderen Vollmachten ausgestatteten Rechtsanwalt Wolfgang Vogel in dessen Kanzlei auf. Der will gerade nach Westberlin fahren. Kurzerhand steigt Donovan mit in den Volvo P1800. Der deutsche Anwalt fährt absichtlich zu schnell, bis ihn die Besatzung eines Streifenwagens stoppt. Während die Polizisten Wolfgang Vogel trotz des massiven Verstoßes gegen die Geschwindigkeitsbegrenzung hofieren und sofort weiterfahren lassen, nehmen sie den Amerikaner fest, und er muss die Nacht in einer Gefängniszelle verbringen.
Am nächsten Morgen beobachtet James Donovan durch ein Fenster der S-Bahn, wie zwei junge Männer, die versuchen, auf Ostberliner Seite über die Mauer zu klettern, erschossen werden.
Nach der Ankunft in Westberlin erfährt er, dass Generalstaatsanwalt Harald Ott (Burghart Klaußner) angerufen habe. Hoffman kann ihn nicht davon abhalten, nach Ostberlin zurückzukehren. Harald Ott will nichts mit Francis Gary Powers zu tun haben; ihm geht es ausschließlich um einen Austausch Rudolf Abels gegen Frederic Pryor und die Anerkennung der DDR durch die US-Regierung. James Donovan ignoriert die politische Forderung und erklärt, Rudolf Abel werde nur im Austausch gegen Pryor UND Powers freikommen.
Ott lässt sich zu einer anderen Besprechung rufen. Nachdem Donovan eine Stunde lang gewartet hat, teilt ihm ein Sekretär (Maximilian Mauff) mit, dass der Generalstaatsanwalt an diesem Tag nicht mehr zurückerwartet werde. James Donovan trägt dem jungen Mann auf, Harald Ott etwas auszurichten: Falls DDR-Behörden den vorgeschlagenen Austausch verhindern würden, müssten sie sich wohl gegenüber der UdSSR verantworten. Außerdem könnte Rudolf Abel dann den Eindruck bekommen, er sei von seinen Leuten im Stich gelassen worden und brauche deshalb nicht länger über seine Spionagetätigkeit zu schweigen.
Während sich James Donovan und seine sowjetischen Gesprächspartner auf einen Austausch Rudolf Abels gegen Francis Gary Powers am 10. Februar 1962 auf der Glienicker Brücke verständigen, lenkt die DDR-Führung ein, besteht aber darauf, Frederic Pryor nicht auf der Brücke, sondern am Checkpoint Charlie zu übergeben.
Am frühen Samstagmorgen fahren Amerikaner mit Rudolf Abel von Westberlin zur Glienicker Brücke, während Vertreter der UdSSR mit Francis Gary Powers aus Potsdam kommen. Alle stehen bereit. Aber vom Checkpoint Charlie kommt die telefonische Meldung, dass Frederic Pryor noch nicht da sei. Die Russen werden ungeduldig. Donovan will abwarten, denn er vermutet, dass es die DDR-Führung darauf anlegt, den Studenten nicht übergeben zu müssen. Rudolf Abel wird mehrmals aufgefordert, endlich über die Brücke zu gehen, aber er hält zu James Donovan und bleibt stehen, bis endlich die Nachricht eintrifft, dass Frederic Pryor von Wolfgang Vogel am Checkpoint Charlie freigelassen wurde. Nun überquert Rudolf Abel die Brücke, und von der westlichen Seite kommt Powers herüber.
Die Amerikaner starten in Tempelhof mit einem Truppentransporter. Alle bis auf James Donovan setzen sich möglichst weit weg von Francis Gary Powers. Weil er die U-2 nicht gesprengt und sich der Gefangennahme nicht durch Selbstmord entzogen hat, wird er gemieden.
James Donovan bringt seiner Frau von der angeblichen Reise nach Großbritannien ein Glas englischer Marmelade mit, aber kurz nach seiner Ankunft erfährt die Familie aus dem Fernsehen, dass er eine entscheidende Rolle bei dem Austausch von Powers und Pryor gegen Abel gespielt hat.
Vom Zug aus sieht James Donovan bald darauf eine Gruppe Jugendlicher, die ungehindert Grundstückszäune überklettert. Das erinnert ihn an die Flüchtlinge an der Berliner Mauer, die erschossen wurden.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)„Bridge of Spies. Der Unterhändler“ erinnert an einen älteren Film Steven Spielbergs, an „Schindlers Liste“: Ein mutiger, allein handelnder Mann setzt sich für andere Menschen ein. Beide zeitgeschichtliche Dramen basieren auf Tatsachen.
Der von Tom Hanks gespielte Rechtsanwalt James B. Donovan vertritt die Werte der amerikanischen Verfassung vom 17. September 1787 und übernimmt die Verteidigung eines mutmaßlichen Spions, obwohl ihn dafür alle anfeinden, die einem Ausländer, zumal einem gegnerischen Geheimagenten, zwar pro forma, aber nicht wirklich einen rechtsstaatlichen Gerichtsprozess zubilligen. Die Handlung von „Bridge of Spies. Der Unterhändler“ spielt Ende der Fünfziger- / Anfang der Sechzigerjahre, und Steven Spielberg beschwört mit viel Liebe zum Detail, enormem Aufwand und sehr überzeugend die Zeit des Kalten Krieges herauf. Die Diskrepanz zwischen den amerikanischen Werten und der Realität ist in den Jahrzehnten nicht kleiner geworden, schon gar nicht seit der Ergänzung der Guantanamo Bay Naval Base auf Kuba durch ein Gefangenenlager außerhalb des Rechtssystems im Jahr 2002 und andere Reaktionen der USA auf die Terroranschläge vom 11. September 2001.
Steven Spielberg hält sich in „Bridge of Spies. Der Unterhändler“ zurück, vermeidet Pathetik und schlägt einen nüchternen Ton an. Gerade deshalb ist „Bridge of Spies. Der Unterhändler“ ein grandioser Kinofilm.
Mark Rylance verkörpert den Spion Rudolf Abel nuancenreich und überzeugend. Dafür wurde er mit einem „Oscar“ ausgezeichnet. Nominiert hatte man „Bridge of Spies. Der Unterhändler“ auch in den Kategorien „Bester Film“, „Bestes Originaldrehbuch“ (Matt Charman, Ethan Coen, Joel Coen), Bestes Szenenbild (Adam Stockhausen, Rena DeAngelo, Bernhard Henrich), Beste Filmmusik (Thomas Newman) und Bester Ton (Andy Nelson, Gary Rydstrom, Drew Kunin).
Die Dreharbeiten fanden von Oktober bis Dezember 2014 in Berlin und Potsdam, Breslau und New York unter dem Arbeitstitel „St. James Place“ statt. Hunderte von Mitarbeitern des Studios Babelsberg bauten die Kulissen. Die für den Verkehr zwischen Berlin und Potsdam wichtige Glienicker Brücke wurde fünf Tage lang komplett gesperrt. Zu den Drehorten gehörten auch Schloss Marquardt in Potsdam und die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Die S-Bahnszenen entstanden mit Unterstützung des Vereins Historische S-Bahn im S-Bahn-Werk am Bahnhof Erkner. Bundeskanzlerin Angela Merkel traf sich am 28. November 2014 am Set mit Carl Woebcken, dem Geschäftsführer des Studios Babelsberg, dem Produzenten Henning Molfenter, dem Regisseur Steven Spielberg und dem Hauptdarsteller Tom Hanks.
Zum Cast gehörten auch deutsche Schauspieler wie Burghart Klaußner, Sebastian Koch, Maximilian Mauff und Michael Schenk.
Die FFS Film- & Fernseh-Synchron GmbH aus Berlin ist für die deutschsprachige Synchronisation von „Bridge of Spies. Der Unterhändler“ verantwortlich (Buch: Alexander Löwe, Regie: Dietmar Wunder). Sprecher: Joachim Tennstedt (James B. Donovan), Frank Röth (Rudolf Abel ), Sabine Arnhold (Mary Donovan), Frank-Otto Schenk (Mortimer Byers), Bodo Wolf (Thomas Watters jr.), Kaspar Eichel (Allen Dulles), Peter Flechtner (William Tompkins) u.a.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2016
James B. Donovan (kurze Biografie)
Rudolf Abel (kurze Biografie)
Francis Gary Powers (kurze Biografie)
Steven Spielberg (Kurzbiografie / Filmografie)
Steven Spielberg: Duell
Steven Spielberg: Jäger des verlorenen Schatzes
Steven Spielberg: E. T. Der Außerirdische
Steven Spielberg: Indiana Jones und der Tempel des Todes
Steven Spielberg: Die Farbe Lila
Steven Spielberg: Indiana Jones und der letzte Kreuzzug
Steven Spielberg: Schindlers Liste
Steven Spielberg: A. I. Künstliche Intelligenz
Steven Spielberg: Minority Report
Steven Spielberg: Catch Me If You Can
Steven Spielberg: Terminal
Steven Spielberg: Krieg der Welten
Steven Spielberg: München
Steven Spielberg: Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels
Steven Spielberg: Gefährten. War Horse
Steven Spielberg: Lincoln