Homo faber

Homo faber
Originaltitel: Homo faber - Regie: Volker Schlöndorff - Drehbuch: Volker Schlöndorff, nach dem Roman "Homo faber" von Max Frisch - Kamera: Yorgos Arvanitis und Pierre L'Homme - Darsteller: Sam Shepard, Julie Delpy, Barbara Sukowa, August Zirner - 1990; 110 Minuten

Inhaltsangabe

Der fünfzigjährige Staudamm-Ingenieur Walter Faber glaubt nicht an das Schicksal; er hält alles für berechenbar und meint, selbst Gefühle kontrollieren zu können. An Bord eines Dampfers verliebt er sich in die 20-jährige Sabeth. Er ahnt zunächst nicht, dass sie seine Tochter ist ...
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Kritik

Volker Schlöndorff hat den Roman "Homo faber" von Max Frisch werkgetreu verfilmt.
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Der 50-jährige Staudamm-Ingenieur Walter Faber (Sam Shepard) glaubt nicht an das Schicksal; er hält alles für berechenbar und meint, selbst Gefühle kontrollieren zu können.

1957. Walter Faber lernt während eines Fluges von New York nach Mexiko Herbert Hencke kennen, einen Deutschen, der auf dem Weg zu seinem Bruder Joachim ist. Bei Joachim Hencke (August Zirner) handelt es sich um einen Mediziner, der in seiner Studentenzeit mit Walter Faber befreundet war.

Von 1933 bis 1935 arbeitete Walter Faber als Assistent an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich an seiner Dissertation über die Bedeutung des sogenannten Maxwell’schen Dämons. Damals war er mit der Kunststudentin Hanna Landsberg (Barbara Sukowa) zusammen. „Ich nannte sie eine Schwärmerin und Kunstfee. Dafür nannte sie mich: Homo Faber.“ Um ans Heiraten denken zu können, verdiente zu wenig Geld, und er fühlte sich auch noch zu jung dafür. Seine Eltern waren ohnehin dagegen, weil sie sich für den Fall seiner Eheschließung mit einer Halbjüdin Sorgen um seine Karriere machten. Dann wurde ihm eine viel versprechende Stelle in Bagdad angeboten. Zur gleichen Zeit eröffnete ihm Hanna, sie sei schwanger. Als sie begriff, dass er das Kind nicht wollte, zog sie unvermittelt nach München.

Faber trat die Stelle in Bagdad an. Von Hanna hörte er nichts mehr. Auch nicht von Joachim. Nun erfährt er von dessen Bruder, dass Hanna und Joachim damals heirateten. Auch eine Tochter sollen sie gehabt haben. 1938 sei es Hanna gelungen, nach Paris zu emigrieren. Dort lebte sie zwei Jahre mit einem französischen Schriftsteller zusammen.

Das Flugzeug, in dem Walter Faber und Herbert Hencke sitzen, muss in der Wüste von Mexiko notlanden. Niemand wird ernsthaft verletzt. Nachdem sie endlich in Mexiko-Stadt eingetroffen sind, beschließt Walter Faber, Herbert Hencke bei der Suche nach Joachim zu begleiten. Als sie endlich in Guatemala seinen Aufenthaltsort finden, erfahren sie von einheimischen Mitarbeitern der Hencke-Bosch GmbH, er sei tot. Die Tür der von ihm bewohnten amerikanischen Wellblechbaracke ist verriegelt. Sie sprengen die Tür auf. Er hat sich erhängt.

In New York wird Faber von seiner Geliebten vom Flughafen abgeholt. Ivy freut sich auf gemeinsame Tage mit ihm. Erst in einer Woche hat er in Paris zu tun. Plötzlich greift Faber zum Telefon und bucht statt des Fluges eine Schiffsreise. Am nächsten Vormittag muss er los.

An Bord des Dampfers verliebt er sich in die 20-jährige Sabeth (Julie Delpy), die ihn an Hanna erinnert. Sie möchte einige Tage in Paris verbringen und dann nach Rom trampen. Nach der Ankunft in Le Havre trennen sich ihre Wege.

Da sie vom Louvre sprach, streift Faber dort tagelang herum, und tatsächlich trifft er sie wieder. Er bietet ihr an, sie in seinem Leihwagen nach Rom zu fahren. Sie nehmen getrennte Zimmer, aber in einer Nacht mit einer Mondfinsternis kommt sie dann doch mit in sein Zimmer.

Während der Reise erfährt Faber, dass Sabeths Mutter im Archäologischen Institut in Athen arbeitet („Götter gehören zu ihrem Job“).

Sie war mit einem Mann namens Piper verheiratet, aber die Ehe scheiterte. Sabeth stamme aber nicht aus dieser Verbindung, sondern aus der ersten Ehe ihrer Mutter. Sabeths Erzählungen weisen immer deutlicher darauf hin, dass Hanna ihre Mutter ist. Aber selbst als das geklärt ist, verdrängt Faber den Gedanken, Sabeth könne seine Tochter sein. Er hält Joachim für den Vater und zweifelt nicht daran, dass Hanna das von ihm gezeugte Kind abgetrieben hat.

Auch auf dem Weg von Italien nach Griechenland weicht Faber nicht von Sabeths Seite. Weil in Korinth alle Hotels belegt sind, wandern sie die ganze Nacht im Freien und schlafen am Vormittag am Strand. Faber schwimmt nackt im Meer, als er ihren Schrei hört. Er weiß noch nicht, dass sie von einer Schlange gebissen wurde. Er rennt zu ihr. Sie weicht zurück und fällt rücklings mit dem Kopf auf einen Felsen. Faber trägt die Bewusstlose zur Straße hinauf, hält einen Karren an und bringt sie nach Athen ins Krankenhaus.

Dort begegnet er auch Hanna wieder. Er will ein Hotelzimmer nehmen, aber sie besteht darauf, dass er bei ihr wohnt.

Sabeth stirbt, nicht am Schlangenbiss, sondern an einer Schädelbasisfraktur, die von den Ärzten übersehen wurde.

Einige Wochen später erliegt Faber einem Magenkrebsleiden, das er nicht wahrhaben wollte.

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Max Frisch konterkariert in dem nur scheinbar sachlich geschriebenen „Bericht“ Techniker, die nicht an den Zufall glauben und überzeugt sind, dass es für alles eine Ursache gibt. An diesem Beispiel zeigt er, dass dieses Denken nicht nur falsch ist, sondern auch verantwortungslos sein kann.

Das Geschehen ist ereignisreich genug. Entscheidend aber ist die Entwicklung Fabers. Allmählich gelingt es ihm nicht mehr, zu verdrängen, dass Sabeth seine Tochter sein könnte. Aber bis ans Ende klammert er sich immer verzweifelter an sein Weltbild, in dem es zwar Zufälle, aber keine schicksalshafte Fügung gibt. Und natürlich geht es um seine Schuld. Sabeth stirbt nicht am Schlangenbiss, sondern weil sie vor ihrem nackten Vater zurückweicht [Inzest].

In Volker Schlöndorffs werkgetreuer Verfilmung des Romans „Homo faber“ von Max Frisch beeindruckt vor allem der Theaterautor und Schauspieler Sam Shepard in der Titelrolle.

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Inhaltsangabe und Kommentar: © Dieter Wunderlich 2002

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