Stephen King : Doctor Sleep

Doctor Sleep
Manuskript: 1. Mai 2011 – 17. Juli 2012 Originalausgabe: Doctor Sleep Scribner, New York 2013 Doctor Sleep Übersetzung: Bernhard Kleinschmidt Wilhelm Heyne Verlag, München 2013 ISBN: 978-3-453-26855-5, 704 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Im Alter von 29 Jahren schafft Dan Torrance es mit Hilfe der Anonymen Alkoholiker, seine Sucht in den Griff zu bekommen. 2001 schreibt er "ABRA" in ein Notizbuch, ohne zu wissen, was es bedeutet. Erst später wird er erfahren, dass ein zwei Monate altes Mädchen namens Abra telepathisch Kontakt mit ihm aufnahm. Abra verfügt wie er über das "Shining", und als die Anführerin einer Gruppe Untoter das herausfindet, gerät Abra in Lebensgefahr. Dan steht ihr bei ...
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Kritik

Mit dem Horrorroman "Doctor Sleep" setzt Stephen King "Shining" fort, aber der Plot hat nur wenig mit "Shining" zu tun, und der platten Gespenster­geschichte fehlt alles, was "Shining" zu einem besonderen Lesevergnügen machte.
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Dans Vergangenheit und die Ereignisse im Overlook Hotel

Daniel („Dan“) Anthony Torrance wacht verkatert auf. Neben ihm im Bett liegt eine nackte schlafende Frau. Mühsam erinnert er sich an ihren Namen: Deenie. Eine Kneipenbekanntschaft. Das Kokain, das er ihr besorgte, liegt auf dem Tisch, und Deenies kleiner Sohn Tommy probiert davon, weil er es für Zucker hält. Dan legt das Kokain auf einen Schrank, zieht sich an, stiehlt Deenies Geld und verschwindet, bevor sie aufwacht.

Als Kind hat Dan Schreckliches erlebt und wäre bei der Explosion des Dampfkessels im Overlook Hotel im Jicarilla County/Colorado beinahe getötet worden wie sein Vater. Später kamen Gespenster aus dem Overlook Hotel wie Mrs Massey und Horace Derwent zu ihm, aber er lernte, sie in Schließfächern seines Gehirns wegzusperren.

Er ist 29 Jahre alt und schwer alkoholkrank, als er 1993 nach Frazier/New Hampshire kommt und den Stadtgärtner Billy Freeman kennenlernt. Der ruft seinen Chef Casey Kingsley an und vermittelt Dan einen Sommerjob als Hilfskraft. Dan hat dem Alkohol abgeschworen, aber als ihn die Gespenster erneut heimsuchen, kann er der Versuchung nicht länger widerstehen. Er bittet Casey um Hilfe. Der verlangt von ihm, dass er an den Treffen der Anonymen Alkoholiker teilnimmt und wird sein Sponsor.

Während einer der ersten AA-Veranstaltungen bemerkt Dan verwundert, wie er ABRA in das Notizbuch schreibt, das ihm Casey schenkte. Was bedeutet ABRA? Dan weiß, dass eine der Figuren in John Steinbecks Roman „Jenseits von Eden“ so heißt, aber die kann hier nicht gemeint sein.

Nach dem Aushilfsjob bei der Stadtgärtnerei beginnt Dan im Hospiz Rivington House zu arbeiten. Dort nennt man ihn bald hinter vorgehaltener Hand „Doctor Sleep“, denn er setzt sich zu Sterbenden, die ihn darum bitten, ans Bett und hilft ihnen in den letzten Minuten. Wer von den Gästen – im Rivington House wird nicht von Patienten gesprochen – als nächster stirbt, weiß man, weil sich der Kater Azreel in das jeweilige Zimmer legt.

Mit seinen präkognitiven Fähigkeiten ahnt Dan, dass Billy Freeman, mit dem er sich inzwischen angefreundet hat, krank ist, und er drängt ihn, sich untersuchen zu lassen. Dabei wird ein Aneurysma in der Bauchaorta diagnostiziert und am nächsten Tag operiert.

Dan weiß allerdings noch immer nicht, wer Abra ist.

Das Mädchen war zwei Monate alt, als es aus der Ferne Kontakt mit ihm aufnahm und ihn dazu brachte, den Namen in sein Notizbuch zu schreiben. Abra Rafaella Stone lebt mit ihren Eltern Lucia und David in Anniston/New Hampshire. David unterrichtet am College Geschichte. In der Nacht auf den 11. September 2001 hört das fünf Monate alte Kind nicht mehr zu schreien auf, bis am Morgen zwei Flugzeuge ins World Trade Center gerast sind. Hat Abra die Anschläge vorhergesehen? Das Mädchen scheint über außergewöhnliche Fähigkeiten zu verfügen. Beispielsweise öffnet Abra während eines Kindergeburtstags vom Garten aus durch Telekinese die Schubläden in der Küche und lässt alle Löffel an der Zimmerdecke kleben.

Im Sommer 2011, kurz nach ihrem zehnten Geburtstag, sieht Abra kurz, wie in der Ferne ein Junge gequält wird. Aber sie behält es für sich, denn sie will ihre Eltern nicht weiter mit ihren übersinnlichen Fähigkeiten beunruhigen.

Rose O’Hara, die wegen des Zylinders, den sie fast immer trägt, „Rose the Hat“ genannt wird, ist nicht entgangen, dass jemand mit dem Shining Zeuge wurde. Sie ist die Anführerin einer Gruppe Untoter, die sich der „Wahre Knoten“ nennt. Rose, ihr Liebhaber, der Jurist Henry Rothman alias „Crow Daddy“, und die anderen alle weit über 100 Jahre alten Mitglieder der Gruppe benötigen Steam, um weiterleben und sich verjüngen zu können. Steam gewinnen sie, indem sie Kinder, die das Shining haben, zu Tode quälen. Nicht einmal Crow Daddy ahnt, dass nur noch drei der Flaschen in Roses Safe mit Steam gefüllt sind. Durch die Entführung und Ermordung des Jungen in einer verlassenen Ethanolfabrik in Freeman/Iowa kann der Wahre Knoten die Steam-Vorräte wieder ein wenig vergrößern. Dazu musste der Junge leiden; er flehte seine Peiniger an, ihn zu töten, aber erst nach Stunden schlitzten sie ihn auf.

In einer Gratiszeitung sind Fotos vermisster Kinder abgebildet. Auf einem der Bilder erkennt Abra den Jungen, den sie sah, als er zu Tode gequält wurde: Bradley Trevor aus Bankerton/Iowa, geboren am 2. März 2000, vermisst seit 12. Juli 2011.

Concetta Reynolds, Lucias Großmutter, war im Alter von zwölf Jahren mit ihren Eltern in die USA gekommen. Sie studierte am Vassar College in Poughkeepsie, wurde Englisch-Professorin und schrieb Gedichte. Im August 2013 stürzt sie in ihrer Eigentumswohnung in Boston. Concetta kann noch selbst die Notrufnummer wählen, aber die Ärzte im Krankenhaus finden heraus, dass die gebrochene Hüfte das kleinere Übel ist: Concetta hat Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Rose the Hat kauft in einem Supermarkt der Tölpel (so nennt sie die Menschen) in Sidewinder/Colorado ein, als Abra kurz in ihrem Kopf auftaucht. Im nächsten Augenblick dringt sie in Abras Gedanken ein. Das Mädchen schreit:

„Nein! Geh raus aus meinem Kopf!“

Kurz darauf sieht Abra die Frau mit dem Hut am Fenster. Aber das kann nicht sein, denn sie befindet sich im Obergeschoss des Hauses. In ihrer Verzweiflung bittet Abra einen Jungen namens Tony zu Hilfe, der für Dan Torrance früher wie ein älterer Bruder war, obwohl er nur in seiner Vorstellung existierte. Abra weiß von Tony, dass Dan ebenso wie sie über das Shining verfügt. Und sie ahnt, dass sie allein keine Chance gegen die gefährliche Frau hat.

Dan glaubt, sein Kopf explodiere, als Abra mit ihm Kontakt aufnimmt. Billy befürchtet, dass er einen Schlaganfall erlitten habe, aber Dan erholt sich rasch wieder. Auf einer Wandtafel in seinem Zimmer im Hospiz erscheint eine E-Mail-Adresse. Dan schickt Abra eine Nachricht, obwohl Internet-Kontakte mit jungen Mädchen für einen Mann nicht ungefährlich sind. Er verabredet sich mit ihr vor der Stadtbücherei in Anniston. Abra berichtet ihm von Rose und Bradley. Er rechnet damit, dass Rose bald wieder versuchen wird, in sie einzudringen und rät Abra, so etwas wie einen Bewegungssensor in ihrem Kopf zu installieren.

Sie befolgt den Rat, und als Rose in die Träume der schlafenden Abra eindringt, klemmt diese ihr nicht nur den Arm in einer Schublade ein, sondern verwandelt sich selbst außerdem in die Kriegerin Daenerys aus Game of Thrones. Rose muss sich zurückziehen.

Dan redet mit Dr. John Dalton, dem Kinderarzt der Familie Stone, über Abra. Weil John ebenfalls Treffen der Anonymen Alkoholiker besucht, kennen sich die beiden Männer. John sind die außersinnlichen Fähigkeiten des Mädchens längst aufgefallen und er ist bereit, Abra gemeinsam mit Dan zu beschützen. Dan weiß, dass Rose mächtig ist und immer wieder versuchen wird, Abra zu töten, um an deren Steam zu kommen. Also muss Rose ausgeschaltet werden, bevor sie Abra etwas antun kann.

Tatsächlich beauftragt Rose ein aus vier Männern und einer Frau bestehendes Kommando, Abra aufzuspüren, zu betäuben und zu ihr zu bringen.

Währenddessen fliegen Dan und John Dalton von Boston über Memphis nach Des Moines/Iowa. In der von Abra beschriebenen aufgegebenen Ethanolfabrik in Freeman finden sie die vergrabene Leiche des Jungen. Aber nachdem sie dessen Baseball-Handschuh an sich genommen haben, der es Abra erleichtern soll, Mitglieder des Wahren Knoten zu beobachten, schütten sie das Grab wieder zu. Sie würden gern Bradley Trevors Angehörige anonym benachrichtigen, halten aber das Risiko, von der Polizei aufgespürt und als Mörder verdächtigt zu werden, für zu groß.

Während Dan und John in Iowa sind, vertraut Abra sich ihrem Vater an, wie Dan es ihr geraten hat. Lucy ist bei ihrer sterbenden Großmutter in Boston. David Stone kann kaum glauben, was seine Tochter ihm erzählt, aber Dr. Dalton bestätigt es, nachdem er zurückgekommen ist und ihm sowohl Dan Torrance als auch Billy Freeman vorgestellt hat. Der 73-jährige Stadtgärtner aus Frazier ist mit seinem Pick-up gekommen, um vor dem Haus Wache zu halten.

Das von Rose ausgeschickte Kommando wird von Dan, John und David nach Frazier gelockt. Allerdings steigt Crow Daddy in Anniston aus, denn Barry the Chink ahnte Abra dort, bevor er auskreiste. (Im Wahren Knoten spricht man von auskreisen statt von sterben. Von den Ausgekreisten bleibt nur die Kleidung übrig.) Barry hatte sich bei der Folterung Bradley Trevors mit Masern angesteckt.

Während Snakebite Andi und ihre beiden Begleiter von Dan, John und David in Frazier getötet werden, nähert Crow sich dem Haus der Stones. Abra sollte bei ihrer in der Nachbarschaft wohnenden Schulfreundin Emma Deane übernachten, aber Crow beobachtet, wie sie nach Hause geht und einem alten in einem geparkten Pick-up sitzenden Mann ein Zeichen gibt.

Er geht zu dem Fahrzeug, fragt nach dem Weg und betäubt Billy mit einer Injektion. Dann dringt er in das Haus ein, überrascht Abra und spritzt ihr ebenfalls ein Narkotikum. Mit seinen beiden Opfern im Pick-up macht er sich auf den Weg nach Sidewinder, wo Rose und die anderen auf ihn warten. Die Wohnmobile stehen auf dem geschlossenen Bluebell Campground genau an der Stelle, an der das Overlook Hotel abgebrannt war.

Während der Fahrt kommt Abra wieder zu sich und nimmt mental Kontakt zu Dan auf. Sie tauschen ihre Identitäten. In Abras Gestalt zwingt Dan Crow Daddy, sich selbst zu erschießen und fährt dann mit dem noch betäubten Billy zum Motel Crown in Crownville/New York.

Dan, nun wieder in seiner eigenen Gestalt, verschafft sich unter einem Vorwand Zugang zu Concetta Raynolds. Obwohl sie im Koma liegt, kann er Gedanken mit ihr austauschen, bevor er ihr Sterbehilfe leistet.

Unmittelbar nach dem Tod ihrer Großmutter erfährt auch Lucy, was inzwischen geschehen ist, und Dan erklärt ihr, dass ihr Vater auch der seine war. Lucys später bei einem Autounfall ums Leben gekommene Mutter Alessandra war von dem Schriftsteller John („Jack“) Edward Torrance geschwängert worden, als sie ein Praktikum an einer Privatschule absolvierte, an der Torrance unterrichtete.

Dan, Lucy, Dave und John fahren zu Abra und Billy. Danach kehren die Stones mit John nach Anniston zurück, während Dan und Billy nach Colorado fahren, um Rose zu töten. Eigentlich wollte Dan das Vorhaben allein durchziehen, aber er ist froh, dass Billy darauf bestand mitzukommen, denn er leidet unter fürchterlichen Magenschmerzen und wäre kaum in der Lage gewesen, die ganze Strecke selbst zu fahren.

Inzwischen verlassen einige Unzufriedene den Wahren Knoten.

Abra kündigt Rose ihr Kommen an.

Sie sitzt in Anniston. Als sie in Dans Kopf eindringt, wie abgesprochen, sinkt ihr Körper um. Lucy fällt es schwer, tatenlos zusehen, aber die Männer halten sie zurück. Sie wissen, dass jeder Eingriff Dan und Abra gefährden würde.

Rose bereitet sich auf den Showdown vor. Die restlichen Mitglieder des Wahren Knotens versammeln sich, denn als Gemeinschaft stärken sie sich gegenseitig und auch ihre Anführerin. Sicherheitshalber postiert Rose die stille Sarey in einem Schuppen. Sie ist zwar überzeugt, allein mit Abra fertigzuwerden, aber falls etwas schiefläuft, soll Sarey das Mädchen mit einer Sichel in den Hals hacken.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Von einem Podest aus beobachtet Rose einen sich nähernden Pick-up. Wie von Abra angekündigt, steigt ein Mann aus und schaut sich um. Allerdings hätte Rose sich einen Onkel des Mädchens jünger vorgestellt. Außerdem wundert sie sich über die Bewegungslosigkeit des Mädchens auf dem Beifahrersitz. Schließlich begreift sie, dass es sich nicht um Abra, sondern um eine Schaufensterpuppe handelt. Aber sie spürt, dass Abra in der Nähe ist.

Dan und Abra, beide im Kopf des Mannes vereint, überraschen die Versammelten.

Er stützte die Hände auf die Oberschenkel und beugte sich vor. Sein Magen brannte wie glühendes Metall, als er den letzten Hauch der alten Dichterin ausatmete, den sie ihm bereitwillig mit einem sterblichen Kuss geschenkt hatte. Aus seinem Mund kam eine lange Wolke aus rosafarbenem Dunst, der sich in der Luft zusehends rot färbte. Als die giftigen Überreste von Concetta Raynolds ihn verließen, nahm er zunächst nichts anderes mehr wahr als die wunderbare Erleichterung in seiner Körpermitte.

„Gut!“, rief Abra und schüttelte die geballten Fäuste. „Na, wie schmeckt es? Wie schmeckt meine Momo? Gut, ja? Saugt so viel von ihr ein, wie ihr wollt. SAUGT ALLES EIN!“

Obwohl Rose nicht sehen kann, wie die Gruppe auskreist, kriegt sie es mit:

Ihr Inneres war ein Leichentuch unerträglichen Leidens. Schreie schossen durch ihren Kopf wie Schrapnells.

Plötzlich glaubt Dan, wieder in Wilmington zu sein. Statt Deenie liegt Rose nackt neben ihm und behauptet, sie habe Abra vom Hals bis zum Bauch aufgeschlitzt. Zornig stürzt Dan sich auf sie und würgt sie, bis ihm klar wird, dass seine Hände nicht Roses, sondern Abras Hals umklammern. Nachdem er losgelassen hat, zieht Abra sich kurz zurück, um Atem zu schöpfen. Rose befiehlt Sarey, Dan mit der Sichel zu töten, aber bevor Sarey den Schuppen verlassen kann, wird sie von Horace Derwent getötet, den Dan vor dem Beginn des Kampfes aus einem Gehirnschließfach entließ.

Rose versucht, Dan mit ihrer Willenskraft dazu zu zwingen, sich selbst zu erwürgen, aber er wehrt sich, und Abra stürzt ihre Widersacherin vom Podest und tötet sie.

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1977 veröffentlichte Stephen King den Horrorroman „Shining“, der zwei Jahre später von Stanley Kubrick mit Jack Nicholson in der Hauptrolle eindrucksvoll verfilmt wurde: „Shining“. 2013 bringt Stephen King nun ein Sequel auf den Markt: „Doctor Sleep“. Aber man braucht Dan Torrances Vorgeschichte nicht zu kennen, um „Doctor Sleep“ zu verstehen, denn der Plot der Fortsetzung ist völlig eigenständig. Dass der Showdown in „Doctor Sleep“ ausgerechnet am Ort des niedergebrannten Hotels Overlook stattfindet und einer der Geister aus dem Hotel in den Kampf eingreift, wirkt aufgesetzt.

„Shining“ ist ein faszinierendes Buch, denn Stephen King lässt die Grenzen zwischen Realität, Wahn und Albträumen verschwimmen, evoziert eine bedrohliche Atmosphäre und entwickelt die Charaktere ideenreich, subtil und vielschichtig. „Doctor Sleep“ ist dagegen eine platte Horror- und Gespenstergeschichte. Außerdem fehlt es an der klaustrophoben Wirkung, die von dem eingeschneiten unheimlichen Berghotel in „Shining“ ausgeht.

Dan und Abra kommunizieren durch Gedankenübertragung, verfügen über telekinetische und präkognitive Fähigkeiten. Sie sind sogar in der Lage, über weite Entfernungen hinweg ihre Identitäten zu vertauschen und sich in einem Kopf zu vereinen. Wie das funktionieren soll, wird ebenso wenig erklärt wie die Wirkung des „Steam“ genannten Gases, das die Untoten durch die Folterung von Kindern mit übersinnlichen Fähigkeiten gewinnen und in Flaschen abfüllen. Diese für die Geschichte essentiellen Phänomene sind schon abstrus genug, und wenn es dann noch hakt, greift Stephen King zum Zufall. Überzeugend ist das nicht.

Wie in „Shining“ auch, wechselt Stephen King in „Doctor Sleep“ routiniert die Perspektive. Während weitschweifige Darstellungen und andere Redundanzen „Doctor Sleep“ in die Länge ziehen und dem Showdown noch ein 20 Seiten langer Epilog folgt, lässt Stephen King einige Handlungsstränge einfach fallen, so zum Beispiel die Frage, wie Bradley Trevors Angehörige über den Tod und das Grab des vermissten Jungen unterrichtet werden können.

Stephen King ist für die großen Schwächen des Horroromans verantwortlich. Sprachschnitzer gehen allerdings auf das Konto des Übersetzers Bernhard Kleinschmidt und des deutschen Lektorats. Grammatikfehler wie „trotz diesem Horror“ (S. 14) und „trotz diesem Handschuh“ (S. 451) hätten sich vielleicht durch die Lektüre des Buches „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ vermeiden lassen.

Den Roman „Doctor Sleep“ von Stephen King gibt es auch als Hörbuch, gelesen von David Nathan (Regie: Lars Reschke, Hamburg 2013, 1215 Minuten, ISBN 978-3-8371-1873-5).

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014
Textauszüge: © Wilhelm Heyne Verlag

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