Hans Fallada : Jeder stirbt für sich allein

Jeder stirbt für sich allein
Jeder stirbt für sich allein Gekürzte Originalausgabe: Paul Wiegler (Hg.) Aufbau Verlag, Berlin 1947 539 Seiten Ungekürzte Neuausgabe: Almut Giesecke (Hg.) Aufbau Verlag, Berlin 2011 ISBN: 978-3-351-03349-1, 704 Seiten Neuausgabe Nachwort: Michael Töteberg Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2018 ISBN 978-3-499-27375-9, 699 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Als der einzige Sohn des Berliner Ehepaars Quangel 1940 an der Front fällt, beschließt der Werkmeister Otto Quangel, etwas gegen das NS-Regime zu unternehmen. Mit Unterstützung seiner Frau Anna schreibt er Karten mit regimekritischen Aufrufen. Die legt er heimlich in Treppenhäusern ab. Während Quangel damit weitermacht, bis er nach zwei Jahren von der Gestapo verhaftet wird, schlagen sich andere Kleinbürger mit Lügen und Gaunereien durchs Leben. Und ein fanatischer Napola-Schüler nutzt jede Gelegenheit zum Diebstahl ...
mehr erfahren

Kritik

Unter literarischen Aspekten ist "Jeder stirbt für sich allein" kein Meisterwerk. Dem Text fehlt der letzte Schliff. Trotzdem lohnt sich die Lektüre, weil Hans Fallada ein Panorama vom kleinbürgerlichen Leben in Berlin zu Beginn der 40er-Jahre entfaltet und zeigt, dass auch "kleine Leute" im Widerstand waren.
mehr erfahren

1930 macht Otto Quangel mit seiner kleinen Tischlerwerkstatt in Berlin bankrott. Daraufhin zieht er mit seiner Ehefrau Anna in ein Mietshaus in der Jablonskistraße. Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit dauert es vier Jahre, bis er eine Anstellung als Werkmeister in der Möbelfabrik Krause & Co bekommt.

Die Briefträgerin Eva Kluge bringt dem Ehepaar Quangel 1940 einen Feldpostbrief mit der Mitteilung, dass ihr einziger Sohn Otto gefallen ist. Schweren Herzens überbringt Otto Quangel die Nachricht Gertrud („Trudel“) Baumann, die mit seinem Sohn so gut wie verlobt war. Dabei verrät ihm die junge Frau, dass sie in der Uniformfabrik, in der sie als Zuschneiderin beschäftigt ist, einer kommunistischen Zelle angehört.

Als Trudel wenig später ihren Mitverschworenen gesteht, über die Existenz der Zelle geplaudert zu haben, löst diese sich auf.

In der Etage über den Quangels wohnt die Jüdin Lore Rosenthal, deren Ehemann Siegfried vor zwei Wochen von der Gestapo abgeholt wurde. Während sie ebenso wie Trudel bei den Quangels übernachtet, brechen zwei Männer ihre Türe auf, um ihre Wohnung auszuräumen. Sie heißen Enno Kluge und Emil Barkhausen.

Enno Kluge wurde von seiner Ehefrau Eva hinausgeworfen, weil er herumhurt und bei Pferdewetten sein Glück versucht, statt zu arbeiten. Von den fünf Kindern des Paares waren drei Frühgeburten und starben noch im Krankenhaus. Die Söhne Karlemann und Max sind im Krieg.

Emil Barkhausen wohnt mit seiner Ehefrau Otti und seinem dreizehnjährigen Sohn Kuno-Dieter in der Nachbarschaft der Quangels und von Lore Rosenthal, allerdings im Keller des Hinterhauses. Dass Otti, die vor der Ehe als Straßenprostituierte angeschafft hatte, in der Wohnung Freier empfängt, ist Barkhausen ganz recht, denn der Kleinkriminelle könnte die Familie sonst nicht ernähren.

Kluge und Barkhausen wundern sich, dass Lore Rosenthal nicht zu Hause ist. Sie packen zusammen, was sie gebrauchen können. Zugleich machen sie sich über die Spirituosen her, die sie in der Wohnung gefunden haben. So kommt es, dass sie betrunken sind, als der sechzehnjährige Gymnasiast Baldur Persicke sie ertappt. Der fanatische HJ-Führer, der mit seiner Familie unter den Quangels wohnt, schlägt die beiden Einbrecher nieder. Bevor sie wieder zu sich kommen, holt er seinen Vater und schleppt mit ihm das Diebesgut nach unten.

Nach dem Einbruch wird Lore Rosenthal vom ebenfalls im Haus wohnenden Kammergerichtsrat a. D. Fromm aufgenommen. Er stellt ihr das Zimmer seiner 1933 gestorbenen Tochter zur Verfügung. Damit sie nicht entdeckt wird, darf sie es nicht verlassen und sich nicht am Fenster zeigen. Nach wenigen Tagen erträgt Lore Rosenthal das Eingesperrtsein nicht länger. Sie schluckt deshalb den Rest der Schlaftabletten, die Fromm ihr gab. Taumelig verlässt sie seine Wohnung. Auf dem Weg nach oben geht sie im Treppenhaus wie eine Schlafwandlerin an Baldur Persicke vorbei.

Der überzeugte Nationalsozialist alarmiert die Polizei. Nach wenigen Minuten treffen Kommissar Rusch und sein Mitarbeiter Friedrich ein. Rusch fallen sofort die sauberen Schuhe der Jüdin auf. Offenbar versteckte sie sich im Haus. Friedrich vernimmt die alte Frau. Plötzlich klettert sie aufs Fensterbrett und stürzt sich in den Hof hinunter. Sie ist sofort tot.

Otto und Anna Quangel waren nicht von Anfang an gegen Hitler. Im Gegenteil, sie reagierten dankbar auf den Abbau der Arbeitslosigkeit, der es Otto erleichterte, eine Stelle zu finden. Er bekleidet eine Funktion in der Arbeitsfront, und Anna engagiert sich in der Frauenschaft. Beide verlieren ihre Ämter jedoch, und das ist ihnen ganz recht, denn inzwischen stehen sie den Nationalsozialisten distanziert gegenüber. Der Tod des Sohnes an der Front bringt Otto Quangel zu der Überzeugung, etwas gegen das Regime unternehmen zu müssen.

Er besorgt sich Tinte, einen Federhalter und Postkarten. In mühevoller Arbeit schreibt er eines Sonntags in ungelenken Druckbuchstaben auf eine der Karten: „Mutter! Der Führer hat mir meinen Sohn ermordet. Mutter! Der Führer wird auch deine Söhne ermorden!“ Die Karte legt er auf ein Fensterbrett in einem Treppenhaus.

Gefunden wird sie von dem Schauspieler Max Harteisen. Der Sechsunddreißigjährige erhält keine Engagements mehr angeboten, weil er in pazifistischen Filmen mitspielte und Joseph Goebbels kritisierte. Er kommt gerade von dem mit ihm befreundeten Rechtsanwalt Erwin Toll, der in diesem Haus seine Kanzlei hat. Weil Max Harteisen befürchten muss, dass ihn jemand beim Aufnehmen der Karte beobachtete, eilt er ratlos zu Toll zurück. Der ruft den für das Gebäude zuständigen politischen Leiter an, sobald er sich von seinem Schrecken erholt hat, und übergibt dem Funktionär die Karte.

Ein Kommissar der Gestapo namens Escherich leitet die Ermittlungen. Nach einem halben Jahr markieren vierundvierzig Fähnchen auf einer Straßenkarte von Berlin die Stellen, an denen bereits Karten mit regimekritischen Aufrufen gefunden wurden.

Enno Kluge drückt sich weiterhin vor jeder Arbeit. Er geht er zu einem Arzt, von dem bekannt ist, dass er es mit den Krankschreibungen nicht so genau nimmt. Die Sprechstundenhilfe Kiesow ertappt Kluge zweimal beim Rauchen in der Toilette. Kurz nachdem sie ihn erneut herausgerufen hat, sieht sie auf dem Flur eine Karte liegen. Sie liest den Text, bringt die Karte aufgeregt ihrem Chef und behauptet, zu wissen, wer sie fallen ließ. Der Arzt ruft die Polizei und spritzt sich dann zur Beruhigung Morphium. Kommissar Escherich lässt sich von Fräulein Kiesow den Verdächtigen im Wartezimmer zeigen und verhaftet ihn.

Obwohl er rasch durchschaut, dass Kluge nichts mit den Karten zu tun hat, bringt er ihn dazu, ein Protokoll zu unterschreiben, in dem dieser gesteht, die Karte im Auftrag eines Unbekannten in der Arztpraxis abgelegt zu haben. Danach lässt er Kluge frei.

Enno Kluge, der unter dem falschen Namen Hans Enno die Witwe Hedwig („Hete“) Häberle umwirbt, jammert ihr vor, er werde von der Gestapo verfolgt. Damit weckt er ihr Mitleid, denn ihr Ehemann Walter war 1934 von der Gestapo festgenommen worden und starb im KZ Oranienburg angeblich an einer Lungenentzündung. Kluge zieht bei seiner Geliebten Lotte aus und richtet sich bei Hete ein.

Als er einmal auf Hetes Tierhandlung aufpassen soll und sie vorzeitig zurückkommt, findet sie das Geschäft geschlossen und die Ladenkasse geplündert vor. Eine Stunde später ist Kluge wieder da. Zum Glück gewann er dieses Mal bei einer Pferdewette. Nun liefert er den Gewinn ab und behauptet, er habe Hete eine Freude machen wollen. Sie begreift jedoch, dass er nichts taugt und beschließt, sich von ihm zu trennen.

Bevor sie das Vorhaben in die Tat umsetzt, taucht Emil Barkhausen bei ihr auf. Kommissar Escherich habe ihm 1000 Mark plus Spesen versprochen, wenn Enno Kluge durch seine Mithilfe verhaftet werden könne. (Tatsächlich stellte ihm Escherich nur 500 Mark in Aussicht.) Nachdem er Kluge nun gefunden hat, verlangt er von Hete Häberle für sein Schweigen das Doppelte. Hete argwöhnt, dass er ihr Geld einstecken und anschließend auch bei der Polizei kassieren möchte. Deshalb erklärt sie sich bereit, den geforderten Betrag postlagernd nach München zu schicken. Sie übernimmt auch die Reisekosten, obwohl sie das Ganze insgesamt 2500 Mark kostet. In den zwei Tagen, die Barkhausen unterwegs sein wird, so ihre Überlegung, kann sie Enno bei ihrer Freundin Anna Schönlein in der Ansbacher Straße unterbringen, bevor die Polizei die Wohnung durchsucht. Nachdem sie Barkhausen zum Bahnhof begleitet hat, geht sie mit Enno zu Anna, gibt ihm 300 Mark mit und verspricht ihm weiteres Geld. Durch die Aktion hat sie ihre Ersparnisse aus zwei Jahren aufgebraucht.

Barkhausen stieg bereits in Berlin-Lichterfelde wieder aus. Das Geld in München kann warten. Erst einmal will er sich die 500 Mark von der Polizei holen. Er kehrt zu dem Haus zurück, in dem Hete Häberle wohnt und ihre Tierhandlung betreibt. Dort sollte sein Sohn Kuno-Dieter aufpassen. Aber der ist nicht da. Stattdessen richtet ihm ein anderer Junge aus, er solle zu Hause warten. Ein paar Stunden später holt ihn dort ein weiterer Sendbote seines Sohnes ab und bringt ihn in die Ansbacher Straße, wo Kuno-Dieter erst einmal 50 Mark dafür verlangt, dass er Kluge auf den Fersen blieb. Es kommt zum Streit. Schließlich prügeln sich Barkhausen, sein Sohn und dessen Freunde. Als die Jugendlichen weggelaufen sind, merkt Barkhausen, dass sie sein Geld gestohlen haben. Er nimmt sich vor, seinen Sohn bei der nächsten Gelegenheit so zu züchtigen, dass ihm Hören und Sehen vergeht. (Dazu wird es nicht kommen, denn Kuno-Dieter reißt aus.)

Von einem nahen Café aus ruft Barkhausen den Kommissar an und gibt ihm die Adresse des Hauses durch, vor dem Kuno-Dieter Wache stand. In Anna Schönleins Wohnung riecht Escherich Zigarettenrauch. Das verrät ihm die Anwesenheit des Gesuchten. Er holt ihn aus einem Schrank. Aber was soll er mit dem Taugenichts anfangen, von dem er weiß, dass er die Karten weder geschrieben noch verteilt hat? Sein Vorgesetzter wird ihn persönlich vernehmen und dabei feststellen, dass es der Falsche ist. Um der Blamage zu entgehen, fährt der Kommissar mit Kluge zum Schlachtensee und erschießt ihn auf einem Bootssteg mit einer nicht registrierten Pistole.

Die Polizei, die den Todesfall untersucht, kommt zu dem Schluss, dass es sich um einen Selbstmord handelt.

Eva Kluge wird aufgrund ihres Antrags, aus der NSDAP auszutreten, vom Postdienst suspendiert. Statt in ihrer Wohnung auf weitere Anweisungen zu warten, fährt sie nach Ruppin zu ihrer Schwester. Dort erfährt sie, dass Enno tot ist. Ihr Sohn Max fällt in Russland. Einige Zeit später stellt sie sich in Berlin dem Parteigericht. Nachdem sie fünf Tage im Gefängnis verbracht hat, löst sie ihren Hausstand in der Hauptstadt auf, kehrt in das Dorf bei Ruppin zurück, in dem ihre Schwester lebt, und mietet ein möbliertes Zimmer, in das schließlich auch ihr neuer Freund zieht, der Aushilfslehrer Kienschäper. Eva Kluge arbeitet nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch als Krankenpflegerin, Näherin und Gärtnerin.

Bei der Arbeit auf dem Feld stiehlt ihr ein ausgehungerter Junge ihre mitgebrachten Brote. Er heißt Kuno-Dieter. Statt ihn anzuzeigen, nimmt sie ihn bei sich auf und überredet Kienschäper, ihn zu unterrichten.

Einige Zeit später heiraten Eva und Kienschäper.

Trudel Baumann verliebt sich in den Elektriker Karl Hergesell, der in derselben Uniformfabrik arbeitet. Die beiden werden ein Paar und heiraten. Sie ziehen nach Erkner, eine Kleinstadt südöstlich von Berlin.

1942 beobachtet die im fünften Monat schwangere Trudel zufällig, wie Otto Quangel in einem Berliner Treppenhaus eine Karte ablegt. Sie erschrickt, als sie liest, was darauf steht, steckt die Karte in ihre Handtasche und läuft ihm nach. Trudel teilt seine Meinung, dass man etwas gegen das verbrecherische NS-Regime tun müsse, aber sie warnt ihn: So wie sie ihn zufällig beim Ablegen einer Karte sah, könnte ihn auch jeder andere ertappen. Statt ihm die Karte zurückzugeben, legt Traudel sie selbst ab.

Escherichs Vorgesetzter, Obergruppenführer Prall, verliert die Geduld. Er lässt den erfolglosen Kommissar im Keller des Gestapo-Hauptquartiers einsperren und betraut Kriminalrat Zott mit dem Fall des Kartenschreibers.

Einige Zeit später wird Quangel beim Ablegen einer Karte in einem Treppenhaus vom Oberpostsekretär Millek gesehen. Der läuft ihm auf die Straße nach und ruft die Polizei. Anna, die vor dem Haus auf ihren Mann gewartet hat, wirft die andere Karte, die sie in der Tasche hat, geistesgegenwärtig in den nächsten Briefkasten, bevor sie zu Otto geht. Die Polizisten finden bei dem Ehepaar nichts Verdächtiges und kennen Millek als Querulanten, der jeden Tag jemanden anzeigt. Trotzdem telefonieren sie mit dem Kriminalrat. Der fragt nach dem Beruf des Verdächtigen, und als er hört, dass es sich um einen Tischler handelt, ordnet er Quangels Freilassung an, denn das Studium des Datenmaterials brachte ihn zu der Überzeugung, dass der Kartenschreiber bei der Straßenbahn beschäftigt ist und allein lebt. Nicht einmal die Personalien des Ehepaars werden festgehalten.

Zott setzt einen Schnüffler namens Klebs ein. Der soll allein lebende Männer in einem Stadtgebiet überprüfen, in dem der Kriminalrat die Wohnung des Kartenlegers vermutet, weil dort keine Karten abgelegt wurden.

So kommt Klebs zu dem alten Persicke. Dessen Sohn Baldur studiert inzwischen auf einer Napola, die anderen Söhne sind im Krieg. Seine Frau floh vor dem jähzornigen Alkoholiker zu Verwandten und überließ ihn der Tochter, die allerdings gleich darauf als Aufseherin im Frauen-KZ Ravensbrück anfing, um nicht weiter beim Vater wohnen zu müssen. Klebs nutzt die Gelegenheit, um den Betrunkenen zu bestehlen. Doch als er mit den vollen Koffern die Wohnung verlassen will, wird er von Emil Barkhausen erwischt.

Der musste auf die 2000 Mark in München verzichten, denn das Geld wurde von der Gestapo beschlagnahmt. Weil Kuno-Dieter nicht mehr nach Hause kam, verdächtigte ihn seine verzweifelte Frau, den Sohn ermordet zu haben und zeigte ihn an. Elf Wochen lang saß er in U-Haft. Danach verließ Otti ihn, und er blieb mit den restlichen vier Kindern in der Kellerwohnung zurück.

Barkhausen schlägt den Dieb nieder und nimmt dessen Beute mit, wird aber von zwei Polizisten verhaftet, die Kammergerichtsrat a. D. Fromm inzwischen herbeiholte. Ein Gericht verurteilt Klebs und Barkhausen zu Haftstrafen. Barkhausens Kinder kommen in ein Heim.

Als Quangel für den verunglückten Meister der Vorschicht einspringt, vergisst er die beiden Karten, die er in der Jacke hat. Wenig später sieht er sie auf dem Fußboden der Fabrikhalle liegen. Was soll er tun? Unbemerkt wegnehmen kann er sie nicht. Er ruft einen Arbeiter: „Du da! Heb das mal auf! Die Dinger muss einer verloren haben.“ Dann übergibt er die Karten dem Obmann von der Arbeitsfront und rät ihm, sie zur Direktion zu bringen. Bei Schichtende ordnet die Firmenleitung an, dass alle weiterarbeiten. Niemand darf die Halle verlassen.

Kommissar Escherich, der inzwischen aus dem Keller der Gestapo geholt wurde und die Ermittlungen neu aufnahm, nachdem Kriminalrat Zott bei Obergruppenführer Prall in Ungnade gefallen war, überprüft in den Personalakten der Anwesenden die Adressen. Nur eine Person wohnt in dem Gebiet, in dem der Gesuchte keine Karten ablegte: Otto Quangel. Escherich verhaftet ihn und führt eine Hausdurchsuchung bei dem Ehepaar durch. Dabei stellt er eine unfertige Karte sicher. Daraufhin wird Anna ebenfalls festgenommen.

Im Gestapo-Hauptquartier feiert man den Erfolg. Die Männer prosten sich mit Schnaps zu und zerschlagen ihre ausgetrunkenen Gläser auf Quangels Kopf. Escherich hält sich zurück, aber Prall befiehlt ihm, dem Beispiel zu folgen. Da kann der Kommissar nicht länger ignorieren, dass es hier wie in anderen Fällen nicht um Gerechtigkeit geht. Die Einsicht erträgt er nicht. Er erschießt sich in seinem Büro. Prall tobt, schreit „Fahnenflucht“ und lässt Quangel holen. Der Häftling muss saubermachen.

Es stellt sich heraus, dass von den 285 abgelegten Karten nur achtzehn nicht bei der Polizei abgegeben wurden.

Bei der Vernehmung durch Escherichs Nachfolger Laub erwähnt Anna Quangel, mit wem ihr Sohn so gut wie verlobt war. Dadurch erhalten auch Trudel Hergesell, die gerade eine Fehlgeburt hinter sich hat, und ihr Ehemann Besuch von der Gestapo. Während Trudel vernommen wird, versucht Karl, in der Küche den Gepäckaufbewahrungsschein für einen Koffer zu verbrennen, den ihm Grigoleit – eines der Mitglieder der inzwischen aufgelösten kommunistischen Betriebszelle – anvertraute. Ein Polizist verhindert die Vernichtung des Beweisstücks. In dem Koffer befindet sich eine Druckmaschine. Laub glaubt Hergesell nicht, dass dieser den Inhalt des Gepäckstücks nicht kannte und unterstellt Trudel, bei der Verteilung von Quangels Karten mitgeholfen zu haben. Den Eheleuten werden Handschellen angelegt. Als der Mitarbeiter des Kommissars Trudel mit der Faust ins Gesicht schlägt, stürzt Karl sich auf ihn. Daraufhin wird er von dem Beamten so schwer verletzt, dass er ein paar Tage später im Gefängnis stirbt. Als seine ebenfalls inhaftierte Frau von seinem Tod erfährt, klettert sie über ein Eisengitter und stürzt sich in die Tiefe.

Auch Annas Bruder Ulrich Heffke und dessen Ehefrau müssen ins Gefängnis. Heffke versucht zweimal, sich zu erhängen, wird aber jedes Mal gerettet. Man bringt den Suizidgefährdeten in die Psychiatrie in Berlin-Wittenau, wo er einige Zeit später im Rahmen des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten ermordet wird.

Auch den alten Persicke bringt man nach einem Delirium tremens in die Psychiatrie. Dr. Martens, der behandelnde Arzt, versucht dem Sohn Baldur Persicke Hoffnung auf eine baldige Heilung zu machen, aber der fanatische Nationalsozialist stellt klar, dass sein Vater auf Dauer eingesperrt bleiben soll.

Unter dem Präsidenten Feisler verurteilt der Volksgerichtshof in Berlin das Ehepaar Quangel wegen Landes- und Hochverrats zum Tod.

Otto Quangel weiß, dass er mit seinen Karten kaum etwas erreicht hat. Aber er ist stolz darauf, anständig geblieben zu sein.

Erwartungsgemäß werden die Gnadengesuche abgelehnt.

Kammergerichtsrat a. D. Fromm steckt zuerst Otto und dann auch Anna Quangel unbemerkt je eine Ampulle mit Zyankali zu. Anna wirft das Gift kurz darauf aus dem Fenster, denn sie will bis zum Ende ausharren. Otto Quangel ist dagegen froh über die Möglichkeit, jederzeit sein Leben selbst beenden zu können; dadurch fühlt er sich frei. Allerdings wartet er mit dem Zerbeißen der Ampulle, bis es zu spät ist und das Fallbeil seinen Kopf abtrennt.

Anna, der die Nachricht von der Hinrichtung ihres Mannes vorenthalten wird, lebt noch monatelang in der Hoffnung, mit ihm gemeinsam aufs Schafott geführt zu werden.

Im Frühsommer 1946 trifft Kuno Kienschäper zufällig auf der Straße seinen Vater Emil Barkhausen. Der Junge, der vom Ehepaar Kienschäper adoptiert wurde, will nichts mehr von ihm wissen. Er droht ihm mit der Polizei, um ihn aus der Gegend zu verscheuchen.

nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)

Der Handlung des Romans „Jeder stirbt für sich allein“ liegt ein authentischer Fall zugrunde. Vorbilder für Otto und Anna Quangel waren Otto und Elise Hampel. Allerdings weicht Hans Fallada in seinem Roman „Jeder stirbt für sich allein“ von den Tatsachen ab. Anders als Otto und Quangel im Roman beschuldigten sich Otto und Elise Hampel in ihren Gnadengesuchen gegenseitig, und sie wurden nicht in verschiedenen Monaten, sondern am selben Tag (8. April 1943) hingerichtet.

Der berüchtigte Präsident des Volksgerichtshofes hieß in Wirklichkeit nicht Feisler, sondern Roland Freisler.

Hans Fallada beendet seinen fulminanten Roman „Jeder stirbt für sich allein“ mit einem Happy End. Das wirkt allerdings als Abschluss einer düsteren Handlung aufgesetzt. Mehr als zehn Figuren sorgen zwar für Komplexität, aber sie werden nicht zu facettenreichen Charakteren und entwickeln sich auch kaum. Unter literarisch-ästhetischen Gesichtspunkten ist „Jeder stirbt für sich allein“ kein Meisterwerk, und dem Text fehlt der letzte Schliff. Trotzdem liest sich das Buch leicht, und die Lektüre lohnt sich, weil Hans Fallada ein Panorama vom Leben der Kleinbürger in Berlin zu Beginn der Vierzigerjahre entfaltet und veranschaulicht, dass auch „kleine Leute“ dem NS-Regime Widerstand leisteten.

Fallada entfaltet […] einen Berliner Hinterhofkosmos von ambivalenten bis abscheulichen Charakteren, Nazi-Rüpel, Räuber, Rumtreiber, Rumhurer. Er findet ein paar gute Menschen wie die Quangels und ihre Fast-Schwiegertochter Trudel, die er in ihren Widersprüchen zeigt, aber schließlich doch mit Wohlwollen beschenkt. Er erzählt alles schnell und effektiv und genau, er spannt einen soziologisch weiten Bogen bis zu den Polizisten und Gestapo-Männern und erreicht am Ende eine backsteinhafte Dicke, was nicht ganz unwichtig ist, weil der Umfang dem Roman ein physisches Gewicht gibt, das das moralische impliziert.
„Jeder stirbt für sich allein“ lebt dabei von der Authentizitätsverzückung, vom Ja-so-war-Es, vom Leiden der geschundenen Kreatur […]
Das Buch ist […] aus heutiger Sicht als Gegenstück zu Jonathan Littells Monsterbuch „Die Wohlgesinnten“ von 2006 zu sehen […]
Als psychopathologische Studie über Furcht und Verderbtheit in dieser Zeit entfaltet der Roman […] seine größte Wucht. Das Buch ist kein Meisterwerk, wie es manche gern hätten, aber das macht auch nichts.
(Georg Diez: Buch aus dem Nichts, „Der Spiegel“, 18. April 2011)

Nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reichs“ übergab Johannes R. Becher (1891 – 1958), eines der Gründungsmitglieder des Kulturbunds zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, Hans Fallada einen Teil der Prozess-Akten Otto und Elise Hampel. Nach anfänglichem Sträuben schloss dieser am 18. Oktober 1945 einen Vertrag mit dem Aufbau-Verlag. Im folgenden Frühjahr unterzog sich der drogensüchtige und alkoholkranke Schriftsteller einer Entziehungskur. Ein halbes Jahr später, im Herbst 1946, schrieb er innerhalb weniger Wochen den Roman „Jeder stirbt für sich allein“. Hans Fallada starb allerdings noch vor der Veröffentlichung im folgenden Jahr. Paul Wiegler (1878 – 1949) lektorierte das Typoskript. Ungekürzt erschien der Roman erstmals 2011 in der Bearbeitung von Almut Giesecke.

Der Roman „Jeder stirbt für sich allein“ wurde mehrmals verfilmt, so zum Beispiel von Falk Harnack mit Alfred Schieske und Edith Schultze-Westrum fürs Fernsehen und von Alfred Vohrer mit Hildegard Knef und Carl Raddatz fürs Kino.

Originaltitel: Jeder stirbt für sich allein – Regie: Falk Harnack – Drehbuch: Falk Harnack, Robert A. Stemmle, nach dem Roman „Jeder stirbt für sich allein“ von Hans Fallada – Kamera: Heinz Pehlke – Schnitt: – Musik: Peter Sandloff – Darsteller: Alfred Schieske, Edith Schultze-Westrum, Anneli Granget, Hartmut Reck, Friedrich Siemers, Harry Riebauer, Martin Hirthe, Werner Peters, Benno Hoffmann u.a. – 1962; 100 Minuten

Originaltitel: Jeder stirbt für sich allein – Regie: Alfred Vohrer – Drehbuch: Anton Cerwik, Miodrag Cubelic, nach dem Roman „Jeder stirbt für sich allein“ von Hans Fallada – Kamera: Heinz Hölscher – Schnitt: Jutta Hering – Musik: Gerhard Heinz – Darsteller: Hildegard Knef, Carl Raddatz, Martin Hirthe, Gerd Böckmann, Sylvia Manas, Peter Matic, Heinz Reincke, Beate Hasenau, Rudolf Fernau, Hans Korte, Heinz Ehrenfreund, Brigitte Mira u.a. – 1976; 100 Minuten

Den Roman „Jeder stirbt für sich allein“ von Hans Fallada gibt es auch in einer gekürzten Fassung als Hörbuch, gelesen von Ulrich Noethen (Hamburg 2011, 8 CDs, ISBN 978-3-86952-100-8), und als Hörspiel mit Gunter Schoß, Gudrun Ritter, Henry Hübchen, Hans-Peter Minetti u.a. (Berlin 2011, 2 CDs, ISBN 978-3862311019).

nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)

Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2011
Textauszüge: © Aufbau Verlag

Hans Fallada (Kurzbiografie)
Otto und Elise Hampel (Kurzbiografie)

Hans Fallada: Kleiner Mann – was nun?
Hans Fallada: Wolf unter Wölfen
Hans Fallada: Der Trinker

Angelika Waldis - Einer zu viel
Angelika Waldis arbeitet die unterschiedlichen Charaktere in "Einer zu viel" gut heraus und stellt nachvollziehbar dar, was die Figuren bewegt. Die Dramatik ergibt sich weniger aus der äußeren Handlung, als durch psychische Vorgänge.
Einer zu viel