Erbarmungslos

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Erbarmungslos

Erbarmungslos – Originaltitel: Unforgiven – Regie: Clint Eastwood – Drehbuch: David Webb Peoples – Kamera: Jack N. Green – Schnitt: Joel Cox – Musik: Lennie Niehaus – Darsteller: Clint Eastwood, Gene Hackman, Morgan Freeman, Richard Harris, Jaimz Woolvett, Saul Rubinek, Frances Fisher, Anna Levine alias Thomson, David Mucci, Rob Campbell, Anthony James, Tara Frederick, Beverley Elliott, Liisa Repo-Martell, Josie Smith u.a. – 1992; 130 Minuten

Inhaltsangabe

Nachdem ein Cowboy einer Hure das Gesicht zerschnitten hat, verurteilt der Sheriff ihn und seinen Begleiter nur dazu, dem Bordellbesitzer Schadenersetz zu leisten. Die aufgebrachten Prostituierten setzen dagegen eine Prämie für die Tötung der Cowboys aus. Die will sich ein junger, unerfahrener Kerl verdienen. Der arme, verwitwete Schweinefarmer Bill Munny reitet mit ihm. Er braucht das Geld für seine Kinder und will nur für dieses eine Mal wieder der Revolverheld werden, der er früher war ...
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Kritik

"Erbarmungslos" handelt weder von glorreichen Helden noch von Idealen wie andere Western. Der Film ist ein düsterer Abgesang auf das Genre. Bei der Zerstörung des Mythos geht Clint Eastwood über den Italo-Western hinaus.
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Big Whiskey, Wyoming, 1880. Die Cowboys Quick Mike (David Mucci) und Davey Bunting (Rob Campbell) suchen das Bordell über dem Saloon auf. Als die Prostituierte Delilah Fitzgerald (Anna Levine alias Anna Thomson) Quick Mike auslacht, schlägt er sie zusammen und zerschneidet ihr das Gesicht mit einem Messer. Skinny Dubois (Anthony James), der Besitzer des Etablissements, holt Sheriff Little Bill Daggett (Gene Hackman). Der will die beiden Cowboys auspeitschen lassen. Die Huren Strawberry Alice (Frances Fisher), Little Sue (Tara Frederick), Silky (Beverley Elliott), Faith (Liisa Repo-Martell) und Crow Creek Kate (Josie Smith) protestieren dagegen und verlangen die Todesstrafe. Skinny macht geltend, dass er die Verletzte nach ihrer Genesung allenfalls noch als Putzfrau beschäftigen könne. Daraufhin erlegt der Sheriff den Tätern auf, Skinny als Schadenersatz fünf Pferde zu übergeben und lässt sie laufen.

Die aufgebrachten Prostituierten legen ihre gesamten Ersparnisse zusammen und lassen durch ihre Freier verbreiten, dass sie bereit seien, für die Tötung von Quick Mike und Davey Bunting 1000 Dollar Belohnung zu bezahlen. Bald erzählt man sich nicht nur in Wyoming, sondern auch in anderen Bundesstaaten, dass zwei Cowboys eine Frau in Big Whiskey übel zurichteten. Sie sollen ihr nicht nur das Gesicht entstellt, sondern auch die Ohren und Brüste abgeschnitten haben.

In Texas hört Elroy Tate (Jaimz Woolvett) davon. Der junge Mann, der sich „Schofield Kid“ nennt und gern ein Revolverheld wäre, macht sich auf den Weg nach Wyoming, um sich die Belohnung zu verdienen. Weil er zwar damit prahlt, bereits fünf Männer erschossen zu haben, aber in Wirklichkeit völlig unerfahren ist, reitet er bei dem früheren Revolverhelden William („Bill“) Munny (Clint Eastwood) vorbei und bietet ihm an, die 1000 Dollar mit ihm zu teilen.

Bill, der mit seinen beiden Kindern Will und Penny (Shane Meier, Aline Levasseur) auf einer kleinen Schweinefarm lebt, hat jedoch seit zehn Jahren keinen Colt mehr in der Hand gehabt und auch dem Alkohol abgeschworen. Das verdankt er seiner Ehefrau Claudia, die allerdings vor knapp drei Jahren starb.

Nachdem Kid sich verabschiedet hat, denkt Bill darüber nach, dass er und die Kinder das Kopfgeld gut brauchen könnten, zumal sich unter den Schweinen gerade eine Seuche ausbreitet. Versuchsweise zielt er mit einem Revolver auf eine Konservenbüchse, aber er muss nah herangehen, bis er sie endlich trifft. Und es fällt ihm schwer, aufs Pferd zu kommen. Dennoch lässt er die Kinder allein auf der Farm zurück und folgt Kid.

Zunächst überredet er noch seinen Freund Ned Logan (Morgen Freeman), der früher ebenfalls ein Revolverheld war und seit längerer Zeit mit der Indianerin Sally Two Trees (Cherrilene Cardinal) in einer Hütte wohnt, ihn zu begleiten. Nicht aus Überzeugung, sondern aus Solidarität mit Bill sattelt Ned unter den missbilligenden Blicken seiner Lebensgefährtin das Pferd.

Nach ein paar Tagen holen sie Kid ein, der sich nur widerwillig bereit erklärt, die Belohnung durch drei zu teilen.

Während sie gemeinsam weiterreiten, findet Ned heraus, dass Kid kurzsichtig ist.

Inzwischen trifft in Big Whiskey der erste Revolverheld ein, der sich die Prämie verdienen will: English Bob (Richard Harris). Der Schriftsteller W. W. Beauchamp (Saul Rubinek) begleitet ihn, um Material für ein neues Buch zu sammeln. Obwohl es in Big Whiskey allen Männern außer dem Sheriff und seinen Deputys verboten ist, Waffen zu tragen, gibt Bob seine beiden unter dem Jackett verborgenen Revolver nicht ab. Daggett, der früher selbst ein Revolverheld war und Bob gut kennt, ruft ein halbes Dutzend Männer zusammen, entwaffnet den Engländer, schlägt ihn zusammen und tritt auf ihn ein, als er längst wehrlos auf der Straße liegt.

Die Prostituierten sind entsetzt, denn sie befürchten, dass nun niemand mehr es wagen wird, die Cowboys zu töten.

Nach dem Ausfall Bobs heftet Beauchamp sich an Daggetts Fersen und lässt sich dessen Heldengeschichten erzählen.

Bei der Ankunft in Big Whiskey hat Bill Fieber. Fröstelnd bleibt er im Saloon sitzen, als Kid und Ned ins Bordell hinaufgehen. Kurz darauf betritt der Sheriff die Gaststätte. Er nimmt Bill den Revolver ab und schlägt ihn so zusammen, dass er nur noch kriechen kann.

In einem Versteck kümmert sich Ned um die Wunden seines Freundes, und die Huren versorgen die drei Männer heimlich mit Nahrung und Getränken. Als Bill nach drei Tagen zu sich kommt, sitzt Delila an seiner Seite. Ned und Kid sind auf der Suche nach Quick Mike und Davey Bunting.

Sobald es Bill besser geht, schleichen er und seine beiden Kumpane sich an die Cowboys heran und schießen aus einem Hinterhalt auf sie. Mike treffen sie nicht, aber Davey stirbt qualvoll an einem Bauchschuss.

Der Anblick des Sterbenden ernüchtert Ned. Er will nicht länger mitmachen, sondern nach Hause reiten und verspricht Bill, bei dessen Kindern vorbeizuschauen. Unterwegs wird er jedoch von Daggetts Männern aufgegriffen. Um herauszufinden, wo Bill und Kid zu finden sind, peitscht der Sheriff den Häftling aus.

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Inzwischen lauern die beiden Kopfgeldjäger Quick Mike auf, und Kid erschießt ihn im Plumpsklo. Danach gibt er zu, zum ersten Mal einen Menschen getötet zu haben, betrinkt sich und schluchzt erschüttert. Er werde nie wieder schießen und verzichte auf seinen Anteil an der Belohnung, erklärt er.

Eine der Prostituierten bringt die versprochene Prämie. Sie berichtet, dass Ned vom Sheriff totgepeitscht wurde.

Entsetzt beschließt Bill, seinen Freund zu rächen. Er schickt Kid mit dem Geld nach Hause und bittet ihn, ein Drittel davon Sally Two Trees zu bringen. Dann reitet er nach Big Whiskey hinein.

Im Saloon steht Little Bill Daggett und erklärt den anwesenden Männern, wie sie mithelfen sollen, die beiden Revolverhelden aufzuspüren. Plötzlich steht Bill in der Tür. Ohne Vorwarnung erschießt er zunächst Skinny Dubois, weil dieser es zuließ, dass Neds Leiche vor dem Saloon in einem offenen Sarg liegt. Dann richtet er sein Gewehr auf den Sheriff. Aber die zweite Patrone verklemmt sich, und es klickt nur, als Bill abdrückt. Höhnisch lachend fordert Daggett die Männer auf, Bill zu töten. Der zieht seinen Revolver. Es kommt zu einer wilden Schießerei. Am Ende liegen fünf Männer auf dem Boden, unter ihnen der Sheriff. Bill blieb unverletzt. Die Überlebenden schickt er hinaus. Während er sich an der Theke einen Whiskey einschenkt und nach langer Zeit zum ersten Mal wieder Alkohol trinkt, greift Daggett, der zwar schwer verletzt, aber noch nicht tot ist, zu seiner Waffe. Bill hört ein Geräusch und schlägt ihm mit einem Gewehr den Colt weg. „Das verdiene ich nicht“, klagt Daggett, „so einen Tod. Ich baue mir gerade ein Haus.“ Bill richtet die Waffe auf den Kopf des Sheriffs und entgegnet ungerührt: „Was Sie verdienen, hat nichts damit zu tun.“ Dann drückt er ab.

Bevor Bill Big Whiskey verlässt und nach Hause reitet, verlangt er ein anständiges Begräbnis für Ned und fordert die Bewohner auf, die Huren von jetzt an mit Respekt zu behandeln.

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David Webb People (Drehbuch) und Clint Eastwood (Regie) nehmen sich in dem Spätwestern „Erbarmungslos“ – Originaltitel: „Unforgiven“ – sehr viel Zeit, eine düstere Geschichte von einem Mann zu erzählen, der gute Absichten mit falschen Mitteln zu verwirklichen versucht und von den tragischen Folgen, die das hat. Der arme, verwitwete Schweinefarmer Bill Munny braucht das von Prostituierten für den Tod von zwei Cowboys ausgesetzte Kopfgeld für seine Kinder und will nur für dieses eine Mal wieder der Revolverheld werden, der er früher war. Er tötet zunächst, um seinen Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen, dann aus Rache. Dass er darauf nicht stolz sein kann, weiß er. Mit ihm reitet ein junger, unerfahrener Kerl – Elroy Tate alias Schofield Kid –, der von einem Leben als Revolverheld träumt, dem es jedoch nach seinem ersten Mord vor seiner Tat graut. Ned Logan begleitet die beiden aus Solidarität mit seinem Freund Bill. Ihnen gegenüber steht ein Sheriff, der früher selbst ein Revolverheld war, nun jedoch glaubt, das Gesetz zu vertreten und sich ein Haus baut. Little Bill Daggett nutzt das Amt jedoch nur, um Macht ausüben und seinen Sadismus ungestraft ausleben zu können.

„Erbarmungslos“ handelt also weder von glorreichen Helden noch von Idealen wie andere Western. Der Film ist ein Abgesang auf das Genre und seine Mythen. Clint Eastwood war Hauptdarsteller in der „Dollar-Trilogie“ von Sergio Leone („Für eine Handvoll Dollar“, 1964; „Für ein paar Dollar mehr“, 1965; „Zwei glorreiche Halunken“, 1966). Sergio Leone ersetzte zum Beispiel in „Spiel mir das Lied vom Tod“ das Klischee vom freiheitsliebenden, tugendhaften Cowboy durch ein neues Bild: das des Outlaws, der in einer Welt korrupter Ordnungshüter auf seine Weise für Gerechtigkeit sorgt. In „Erbarmungslos“ entlarvt Clint Eastwood auch diese Vorstellung des Italo-Westerns als Illusion.

Dementsprechend stilisiert Clint Eastwood in „Erbarmungslos“ den Tod nicht mehr zur Banalität, wie es die klassischen Western-Regisseure taten, und er zeigt Gewalttaten in ihrer ganzen Grausamkeit, nicht aus Effekthascherei, sondern um den Mythos zu zerstören.

Clint Eastwood hat den Spätwestern „Sergio und Don“ gewidmet, Sergio Leone (1929 – 1989) und Donald Siegel (1912 – 1991).

Für „Erbarmungslos“ gab es vier „Oscars“, und zwar in den Kategorien Bester Film, Beste Regie (Clint Eastwood), Bester Nebendarsteller (Gene Hackman) und Bester Schnitt (Joel Cox). Nominiert hatte man auch Clint Eastwood als Hauptdarsteller, David Webb Peoples fürs Drehbuch, Jack N. Green für die Kameraführung, sowie Ton und Ausstattung.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2009

Clint Eastwood (kurze Biografie / Filmografie)

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"Lady Orakel" ist ganz witzig, locker und unterhaltsam, aber auch nicht mehr und in keiner Weise vergleichbar z. B. mit Margaret Atwoods Roman "Der blinde Mörder".

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