Die Blume des Bösen

Die Blume des Bösen

Die Blume des Bösen

Die Blume des Bösen - Originaltitel: La fleur du mal - Regie: Claude Chabrol - Drehbuch: Caroline Eliacheff, Louise L. Lambrichs, Claude Chabrol - Kamera: Eduardo Serra - Schnitt: Monique Fardoulis - Musik: Matthieu Chabrol - Darsteller: Nathalie Baye, Mélanie Doutey, Benoît Magimel, Suzanne Flon, Bernard Le Coq u.a. - 2003; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Die großbürgerliche Familie Charpin-Vasseur lebt auf einem Landsitz bei einer Kleinstadt in der Nähe von Bordeaux. Als François, Gérard Vasseurs Sohn aus erster Ehe, nach drei Jahren aus den USA zurückkommt, kandidiert seine Stiefmutter Anne Charpin gerade für das Bürgermeister-Amt. Das hilft ihr, die Untreue ihres Mannes zu ertragen. Annes Tante Line, die mit ihm Haus wohnt, freut sich, dass François Vasseur und seine Stiefschwester Michèle Charpin mehr als geschwisterliche Liebe für einander empfinden ...
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Kritik

Claude Chabrol lässt die Abgründe hinter der großbürgerlichen Fassade eher beiläufig aufklaffen. "Die Blume des Bösen" besticht nicht nur durch ein überzeugendes Drehbuch und eine stilsichere Inszenierung, sondern vor allem auch durch die schauspielerische Leistung der Hauptdarsteller.
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Die großbürgerliche Familie Charpin-Vasseur wohnt in der dritten Generation auf einem Landsitz bei einer Kleinstadt in der Nähe von Bordeaux. Den Weinberg verkaufte Gérard Vasseur (Bernard Le Coq) an Japaner; stattdessen führt er nun eine Apotheke mit einem Labor. Seine erste Ehefrau kam 1981 bei einem Verkehrsunfall zusammen mit seinem Bruder ums Leben. Danach heiratete Gérard Vasseur seine verwitwete Schwägerin Anne Charpin (Nathalie Baye), die sich seit einiger Zeit als Parteilose im Stadtrat engagiert und als Nachfolgerin des amtierenden Bürgermeisters Montesquieu (Michel Herbault) kandidiert.

Während des Wahlkampfs kommt François (Benoît Magimel), Gérards Sohn aus erster Ehe, nach gut drei Jahren aus den USA zurück. Damit ist die Familie wieder vereint: Gérard und François Vasseur, Anne Charpin-Vasseur und ihre Tochter Michèle (Mélanie Doutey) sowie Tante Line (Suzanne Flon), die Schwester von Annes kurz nach dem Krieg verstorbener Mutter. Mit den Herrschaften im Haus wohnt das Dienstmädchen Marthe (Michèle Dascain).

Die politischen Ambitionen helfen Anne, die Untreue ihres Mannes zu ertragen, der jede Gelegenheit nutzt, um eine junge Frau ins Bett zu kriegen.

François erklärt seiner Stiefschwester Michèle, er sei damals fortgegangen, weil er die Enge nicht mehr ausgehalten habe. Vielleicht schreckte er auch vor seinen Gefühlen gegenüber Michèle zurück. Die attraktive junge Frau erwidert seine Liebe und schlägt vor, noch am Tag seiner Ankunft übers Wochenende zu einem Tante Line gehörenden Ferienhaus an der Dune de Pyla zu fahren. Dort schlafen sie zum ersten Mal miteinander.

Er könne seinen Vater nicht ausstehen, gesteht François, denn dieser sei heuchlerisch, verlogen und betrüge seine Frau. Michèle mag ihren Stiefvater ebenso wenig.

Obwohl es frustrierend und anstrengend ist, bleibt Anne nichts anderes übrig, als mit ihrem Assistenten Matthieu Lartigue (Thomas Chabrol) in einem Viertel mit Sozialwohnungen von Tür zu Tür zu ziehen und für ihre Kampagne zu werben. Heuchlerisch verspricht sie den Mietern, deren Wünsche nach ihrer Wahl zu erfüllen.

Ein böses Flugblatt gegen die Wahl von Anne Charpin taucht auf. Der anonyme Autor prangert ihre Eheschließung mit Gérard Vasseur an und deutet an, es könne sich bei dem Unfall ihrer vorherigen Ehepartner um Mord gehandelt haben. Noch deutlicher ist die Behauptung, Annes Großvater Pierre sei von seiner Tochter Micheline – Tante Line – umgebracht worden.

Wer verbreitet solchen Schmutz? François und Michèle verdächtigen Gérard, denn ihm gefällt es überhaupt nicht, dass seine Frau jetzt auch noch Bürgermeisterin werden möchte.

Am Wahlabend kommt Gérard vorzeitig nach Hause zurück. Tante Line ist noch im Garten. Michèle sitzt in Gérards Arbeitszimmer über einem Referat, das sie im Rahmen ihres Psychologie-Studiums halten soll. Sie möchte eigentlich nicht gestört werden, doch ihr Stiefvater drängt ihr ein Glas Whisky auf. Dann macht er sich an sie heran, und als sie sich wehrt, meint er, wenn sie schon mit ihrem Stiefbruder schlafe, könne sie auch mit ihm ins Bett gehen. Es kommt zu einem Gerangel. Michèle kriegt eine schwere Tischlampe zu fassen und schlägt sie ihrem Stiefvater auf den Kopf. Er ist auf der Stelle tot. Erschrocken läuft Michèle ins Freie und ruft Tante Line zu Hilfe.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Gemeinsam zerren die beiden Frauen die Leiche über die Treppe in die erste Etage hinauf.

Während sie am oberen Treppenabsatz rasten, weiht Tante Line Michèle in ihr Geheimnis ein: Ihr Vater, ein hoher französischer Verwaltungsbeamter, kollaborierte 1940 bis 1944 mit den Nationalsozialisten und stellte selbst Deportationslisten auf. Er ließ sogar seinen eigenen Sohn, der sich der Résistance angeschlossen hatte – und übrigens auch François hieß – liquidieren. Line, die François über alles – und nicht nur wie eine Schwester – liebte, tötete ihren Vater dafür. Nach dem Mord wurde sie zwar von der Polizei verhört, aber man konnte ihr nichts nachweisen. Die Mutter starb bald darauf vor Gram.

Die Tötung Gérards will Tante Line auf sich nehmen, und sie nötigt Michèle das Versprechen ab, die Wahrheit niemandem außer François zu sagen.

Anne kommt mit zahlreichen Anhängern nach Hause, um ihren Wahlsieg zu feiern. François, Michèle und Tante Line mischen sich unter die Gäste, als sei nichts geschehen. Gérards Leiche liegt derweil im Schlafzimmer.

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Die Kinderpsychologin Caroline Eliacheff, die bereits mit Claude Chabrol an den Drehbüchern für die Filme „Biester“ und „Süßes Gift“ gearbeitet hatte, wirkte auch bei „Die Blume des Bösen“ mit. Ein 1857 veröffentlichter Gedichtzyklus der décadence – „Die Blumen des Bösen“ („Les fleurs du mal“) von Charles Baudelaire – inspirierte die Filmemacher zu dem Titel „Die Blume des Bösen“ („La fleur du mal“).

Geschwisterliebe und Vatermord wiederholen sich in der Geschichte der Familie Charpin-Vasseur. Ohne die übliche dramaturgische Steigerung lässt Claude Chabrol die Abgründe hinter der großbürgerlichen Fassade eher beiläufig aufklaffen. Ohne Hektik, mit viel Ironie, Süffisanz und schwarzem Humor entwickelt er das Geschehen. „Die Blume des Bösen“ ist „eine Familientragödie ohne Drama, ein Thriller ohne Suspense, ein Horrorszenario ohne Dämonie“ (Rainer Gansera, Süddeutsche Zeitung, 24. Juli 2003).

Der Film besticht nicht nur durch ein überzeugendes Drehbuch und eine stilsichere Inszenierung, sondern vor allem auch durch die schauspielerische Leistung aller Hauptdarsteller, besonders der von Suzanne Flon.

Zwei Söhne von Claude Chabrol arbeiteten bei „Die Blume des Bösen“ mit: Matthieu Chabrol schrieb die Musik, Thomas Chabrol spielte die Rolle des Politikers Matthieu Lartigue.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006

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