Eine Frauensache

Eine Frauensache

Eine Frauensache

Eine Frauensache - Originaltitel: Une affaire des femmes - Regie: Claude Chabrol - Drehbuch: Colo Tavernier O'Hagan und Claude Chabrol, frei nach dem Roman "Eine Frauensache" von Francis Szpiner - Kamera: Jean Rabier - Schnitt: Monique Fardoulis - Musik: Matthieu Chabrol - Darsteller: Isabelle Huppert, François Cluzet, Lolita Chammah, Nils Tavernier, Marie Trintignant u.a. - 1988; 110 Minuten

Inhaltsangabe

Vichy im Zweiten Weltkrieg. Während ihr Mann sich von seinen Kriegsverletzungen im Lazarett erholt, schlägt Marie sich mit ihren beiden kleinen Kindern durch. Es reicht kaum für das Notwendigste. Da kommt sie auf eine Idee, wie sie genügend Geld bekommen kann: durch illegale Abtreibungen und die Vermietung eines Zimmers an eine Hure. Als ihr Mann heimkehrt, zerbricht er neben seiner selbstbewusst gewordenen Frau und denunziert sie.
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Kritik

Claude Chabrol inszeniert in "Eine Frauensache" eine psychologische Studie über die tragische Entwicklung einer in den harten Kriegsjahren selbstbewusst gewordenen Frau. Zugleich prangert er die Doppelmoral der Gesellschaft und die von Männern bestimmte Justiz an.
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Marie Latour (Isabelle Huppert) haust mit ihren beiden kleinen Kindern in einer engen Mietwohnung in Vichy. Ihren Lebensunterhalt bestreitet sie durch Strickarbeiten. Aber es reicht kaum für das Notwendigste. Sie gibt einem Bauern 50 Francs, damit sie ein Stück Kartoffelacker abernten darf. Ihre Freundin Rachel, mit der sie in einer Kneipe herumalbert, wird von den Deutschen abgeholt, weil sie Jüdin ist. Eines Tages kommt ihr Mann Paul, mit dem sie seit zehn Jahren verheiratet ist, aus dem Kriegslazarett. Seine selbstbewusst und unabhängig gewordene Frau kennt er kaum noch wieder.

Zufällig kommt sie dazu, als ihre Nachbarin, deren Freund im Krieg ist, ein Senfbad nimmt, um ihre ungewollte Schwangerschaft zu beenden. Marie hat von einer besseren Methode gehört, bei der Seifenlauge eingeführt wird. Nach dem erfolgreichen Abgang schenkt ihr die dankbare Nachbarin ein Grammofon.

Beim Friseur lernt Marie die Prostituierte Lucy kennen und deutet an, sie mache auch etwas Illegales: Abtreibungen. Bald darauf schickt Lucy ihr eine Schwangere vorbei, deren Mann seit zwei Jahren in Gefangenschaft ist und die deshalb das von einem Freund gezeugte Kind abtreiben will. 1000 Francs bezahlt sie dafür. Marie kauft Kekse und Marmelade für die Kinder, Zigaretten für sich und Paul. Nun können sie sich auch eine größere, hellere Wohnung leisten. Marie hat eine Möglichkeit entdeckt, ausreichend Geld zu verdienen.

Als Lucy über die hohen Zimmerpreise klagt, vermietet sie ihr stundenweise einen Raum ihrer neuen Wohnung.

Während Paul seinen neuen Arbeitsplatz bald wieder verliert, weil er zu schwach ist, verdient seine Frau so viel Geld, dass die Familie gut davon leben kann. Verbittert bastelt er Klebebilder, um sich nicht nur wie eine Made im Speck vorzukommen.

Schließlich lässt Marie sich auf eine Affäre mit einem Kunden Lucys ein.

Eine junge Frau namens Jasmin, die in sieben Jahren sechs Kinder geboren hat, will sich lieber umbringen, als noch ein weiteres Kind auszutragen. Ihr Mann Robert schickt sie zu der Engelmacherin Marie. Einige Tage nach dem Eingriff taucht Jasmins Schwester bei Marie auf: Jasmin ist gestorben, und ihr Mann warf sich daraufhin vor den Zug. Um die sechs verwaisten Kinder kümmert sich nun deren Tante, die zwar nichts gegen Marie unternehmen will, aber kein Hehl aus ihrer Empörung gegen die Tötung ungeborenen Lebens macht.

Marie kann sich inzwischen sogar ein Dienstmädchen leisten, das ihr nicht nur im Haushalt zur Hand geht, sondern auch Abtreibungen für sie vornimmt, damit sie mit ihrem Liebhaber zusammen sein kann. Durch ihn verschafft sie Paul ein neuen Job: Er soll im Hafengebiet nach Saboteuren Ausschau halten.

Paul hält es neben der starken Frau, die ihn missachtet, nicht länger aus. Er klebt ausgeschnittene Buchstaben auf ein Blatt Papier und schickt der Polizei eine anonyme Denunziation. Marie kommt gerade fröhlich von einer Stunde Gesangsunterricht zurück und spielt mit ihren Kindern im Hof. Da wird sie von zwei Beamten festgenommen.

Der Richter hält es für zynisch, dass Marie Latour in ihrer Küche 26 Abtreibungen vornahm und gleichzeitig ein Zimmer für gewerbsmäßige Unzucht vermietete. Um ein Exempel zu statuieren, verurteilt er sie zum Tod. Am 30. Juli 1943 wird sie unter der Guillotine enthauptet.

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Dem Film „Eine Frauensache“ liegt eine wahre Biografie zugrunde: Im Juli 1943 wurde Marie-Louise Giraud als eine der letzten Frauen in Frankreich hingerichtet. Claude Chabrol macht daraus nicht nur eine psychologische Studie, sondern prangert zugleich die Doppelmoral der Gesellschaft und die von Männern bestimmte Justiz an.

Nüchtern, fast dokumentarisch und unvoreingenommen inszeniert Chabrol die tragische Entwicklung einer in den harten Kriegsjahren selbstbewusst gewordenen Frau, die von Isabelle Huppert großartig gespielt wird.

Claude Chabrol wurde am 24. Juni 1930 als Sohn eines Apothekers in Paris geboren. Er studierte Literaturwissenschaften, Jura und Pharmazie und arbeitete dann als Filmkritiker bei den „Cahiers du Cinema“. Sein eigenes Kinofilmdebüt wurde beim Filmfestival in Locarno im August 1958 vorgestellt: „Die Enttäuschten“. Immer wieder beschäftigte Claude Chabrol sich in seinen Filmen mit den Abgründen hinter den Fassaden gutbürgerlicher Familien. Heute gilt er als einer der wichtigsten Regisseure der nouvelle vague.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003

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