Violette Nozière

Violette Nozière

Violette Nozière

Violette Nozière - Originaltitel: Violette Nozière - Regie: Claude Chabrol - Drehbuch: Odile Barski, Hervé Bromberger und Frédéric Grendel, nach dem Roman "Presses de la cité" von Jean-Marie Fritere - Kamera: Jean Rabier - Schnitt: Yves Langlois - Musik: Pierre Jansen - Darsteller: Isabelle Huppert, Jean Carmet, Stéphane Audran, Jean-François Garreaud, Bernadette Lafont, Lisa Langlois, Mario David, Dora Doll, Bernard La Jarrige, Henri-Jacques Huet u.a. - 1978; 120 Minuten

Inhaltsangabe

Violette Nozière wohnt mit ihren Eltern in einer schäbigen Zweizimmerwohnung in Paris. Weder ihr nachsichtiger Vater, der sein Geld als Lokomotivführer verdient, noch ihre ehrgeizige Mutter ahnen, dass die Siebzehnjährige jede Nacht fortschleicht, um Männerbekanntschaften zu machen. Selbst als sie sich mit Syphilis infiziert, kann sie ihre Eltern glauben machen, es handele sich um eine Erbkrankheit ...
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Kritik

Anhand eines authentischen Falls leuchtete Claude Chabrol in die Abgründe hinter den bürgerlichen Fassaden. Ohne über Violette Nozière zu urteilen, vertiefte er sich in den Charakter und die Motive einer jungen Mörderin. Für die nuancierte und ausdrucksstarke Darstellung wurde Isabelle Huppert ausgezeichnet.
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Baptiste Nozière (Jean Carmet) ist ein schwacher, nachsichtiger und friedfertiger Mann. Seine ehrgeizige Ehefrau Germaine (Stéphane Audran) ist nicht damit zufrieden, dass er sein Geld als Lokomotivführer verdient und sich nur eine enge Zweizimmerwohnung ohne eigenes Bad und WC in einem schäbigen Pariser Mietshaus leisten kann.

Damit ihre Tochter Violette (Isabelle Huppert) es einmal besser hat, versucht Germaine, das Mädchen zu einer „perfekten Dame“ zu erziehen. Sie ahnt nicht, dass die Siebzehnjährige jede Nacht, wenn die Eltern eingeschlafen sind, aus der Wohnung schleicht, sich im Etagenklo schminkt, in ein dort verstecktes schwarzes Kleid schlüpft und mit ihrer Freundin Maddy (Lisa Langlois) Bars besucht, um Männerbekanntschaften zu machen.

Eines Tages entdeckt Germaine einen Liebesbrief ihrer Tochter, aber Violette behauptet, es handele sich um den Entwurf eines Schulaufsatzes über die Liebe. Einmal vergisst sie, einen goldenen Ring abzuziehen, den sie von einem der Männer geschenkt bekam, und als ihre Mutter das Schmuckstück bemerkt, bleibt ihr nichts anderes übrig, als es ihr zu geben und zu behaupten, sie habe es auf der Straße gefunden. Als sie von Germaine mit Geldscheinen in der Hand überrascht wird, lügt sie, die seien aus der Brieftasche ihres Vaters herausgefallen und sie habe die Banknoten gerade aufgehoben. Violette bestiehlt ihre Eltern wie ihre wechselnden Liebhaber. Hin und wieder erpresst sie auch einen ihrer älteren Geliebten, die einen guten Ruf zu verlieren haben.

Bei einer Untersuchung Violettes diagnostiziert der Hausarzt Syphilis und unterrichtet auch ihre Eltern darüber. Violette redet ihnen ein, dass die Krankheit nicht nur durch Geschlechtsverkehr übertragbar, sondern auch vererbbar sei.

Der bei seinen Bekannten verschuldete Jurastudent Jean Dabin (Jean-François Garreaud) hält Violette für die Tochter reicher Eltern, und sie selbst gibt sich als Model für Haute Couture aus. Violette verliebt sich in den jungen Mann, überschüttet ihn mit Geld und Geschenken und träumt davon, ihm einen Bugatti zu kaufen. Jean will auf die Geldquelle nicht verzichten, schützt jedoch familiäre Verpflichtungen vor und verlässt für einige Tage Paris, um sich zeitweise von ihr zu befreien. Aus Sorge, ihn zu verlieren, verspricht Violette ihm vor seiner nächsten Reise, mit 10 000 Francs nachzukommen.

Baptiste und Germaine durchschauen schließlich, dass ihre Tochter ein Doppelleben führt. Es kommt zu einer heftigen Auseinandersetzung. Daraufhin fälscht die Achtzehnjährige ein Schreiben des Hausarztes an ihre Eltern, in dem er ihnen angeblich dazu rät, wegen der Syphiliserkrankung in der Familie Medikamente einzunehmen, die dem Brief beilegen. Tatsächlich handelt es sich um Gift. Violettes Vater beginnt als erster nach Luft zu ringen und bricht tot zusammen. Beim Versuch, ihm zu helfen, stürzt auch Germaine ohnmächtig zu Boden. Violette schlingt eine Scheibe Braten hinunter, dreht das Gas auf und verlässt die Wohnung. Zehn Minuten später klingelt sie bei den Nachbarn, tut so, als sei sie gerade nach Hause gekommen und habe Gas gerochen. Für Baptiste Nozière kommt jede Hilfe zu spät; Germaine Nozière wird gerettet und kommt im Krankenhaus wieder zu sich.

Violettes Versuch, einen Doppelselbstmord vorzutäuschen, misslingt: Die Zeitungen schreiben, sie habe ihre Eltern vergiftet. Im Park wird sie von einem Herrn angesprochen, dem ihre Ähnlichkeit mit dem Foto in der Zeitung auffällt, aber sie gibt rasch einen falschen Namen an und verabredet sich mit ihm für den Abend. Zur vereinbarten Zeit erscheint er mit zwei Polizisten, die Violette Nozière verhaften.

Beim Verhör gibt sie zu, ihre Eltern vergiftet zu haben. Der Anschlag habe sich gegen ihren autoritären und eifersüchtigen Vater gerichtet, weil sie von ihm seit ihrem dreizehnten Lebensjahr vergewaltigt worden sei.

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Der Fall „Violette Nozière“ sorgte 1934 in den französischen Medien für großes Aufsehen. Während einige Journalisten die Todesstrafe für sie forderten, um den moralischen Verfall aufzuhalten, betrachteten andere die Achtzehnjährige als Opfer ihres sozialen Umfelds.

Violette Nozière wurde am 13. Oktober 1934 zum Tod durch Enthauptung verurteilt, jedoch am 24. Dezember zu lebenslanger Zwangsarbeit begnadigt. Marschall Philippe Pétain, der während der deutschen Besatzung von Frankreich die Regierung in Vichy führte, verringerte die Strafe auf zwölf Jahre. Am 29. August 1945 wurde Violette Nozière befreit und drei Tage später von General Charles de Gaulle begnadigt. Sie heiratete den Sohn des Gefängnisdirektors, eröffnete mit ihm ein Geschäft und gebar fünf Kinder. 1963, kurz vor ihrem Tod, wurde sie vom Gerichtshof in Rouen rehabilitiert.

In seinem düsteren, epischen Kinofilm „Violette Nozière“ verwendet Claude Chabrol den authentischen Fall, um in die Abgründe hinter den bürgerlichen Fassaden zu leuchten. Ohne über Violette Nozière zu urteilen, vertiefte sich Claude Chabrol vor allem in den Charakter und die Motive der jungen Mörderin. Für die nuancierte und ausdrucksstarke Darstellung wurde Isabelle Huppert bei den Festspielen in Cannes ausgezeichnet. Bemerkenswert ist auch die ausgezeichnete Kameraführung von Jean Rabier.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004

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