Am grünen Rand der Welt

Am grünen Rand der Welt

Am grünen Rand der Welt

Am grünen Rand der Welt – Originaltitel: Far from the Madding Crowd – Regie: Thomas Vinterberg – Drehbuch: David Nicholls, nach dem Roman "Am grünen Rand der Welt" von Thomas Hardy – Kamera: Charlotte Bruus Christensen – Schnitt: Claire Simpson – Musik: Craig Armstrong – Darsteller: Carey Mulligan, Matthias Schoenaerts, Michael Sheen, Tom Sturridge, Juno Temple u.a. – 2015; 120 Minuten

Inhaltsangabe

Als Bathsheba Everdene 1870 die Farm ihres Onkels erbt, entlässt sie den Verwalter und übernimmt selbst die Führung, obwohl eine solche Aufgabe eigentlich Männern vorbehalten ist. Die Heiratsanträge des Schäfers Gabriel Oak und ihres reichen Nachbarn William Boldwood lehnt sie ab, denn sie möchte ihre Unabhängigkeit nicht durch eine Eheschließung aufgeben. Aber dann lässt sie sich von dem spielsüchtigen Offizier Francis Troy zur Hochzeit überreden ...
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Kritik

Die Verfilmung des Romans "Am grünen Rand der Welt" von Thomas Hardy hält sich eng an die literarische Vorlage. Der episch-opulente Kostümfilm von Thomas Vinterberg kommt zwar nicht ohne Kitsch aus, ist aber großes Kino in prächtigen Bildern.
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Bathsheba Everdene (Carey Mulligan), die ihre Eltern früh verloren hat, zieht 1870 zu ihrer Tante Mrs Hurst (Tilly Vosburgh) nach Dorset. Die benachbarte Schaffarm hat der junge Schäfer Gabriel Oak (Matthias Schoenaerts) gepachtet, der dafür allerdings einen Kredit aufnehmen musste. Bathsheba mag ihn, aber als er ihr einen Heiratsantrag macht, weist sie diesen zurück, denn sie möchte ihre Unabhängigkeit nicht durch eine Eheschließung aufgeben.

Eines Nachts treibt Gabriels neuer Hund die Schafherde über die Klippen. Während Gabriel dadurch verarmt, erbt Bathsheba die Farm ihres Onkels in Weatherbury und wird dadurch reich.

Als eine ihrer Scheunen brennt, kommt Gabriel auf der Suche nach Arbeit zufällig vorbei und hilft tatkräftig bei den Löscharbeiten. Erst danach erfährt er, wem das Anwesen gehört. Bathsheba stellt ihn als Schäfer ein. Den langjährigen Verwalter Bailiff Pennyways (Victor McGuire) entlässt sie, weil er die Farm verkommen ließ. Die führt sie von nun an selbst, obwohl dies eigentlich Männern vorbehalten ist. Bei der Getreidebörse wird sie denn auch zunächst ausgegrenzt, aber sie setzt sich geschickt durch.

Im Übermut und von ihrer lebensfreudigen Dienerin Liddy (Jessica Barden) dazu angestiftet, schickt Bathsheba ihrem Nachbarn eine Valentinskarte. Der deutlich ältere, sehr vermögende Junggeselle William Boldwood (Michael Sheen) fühlt sich dadurch ermutigt, ihr einen Heiratsantrag zu machen. Er weist sie darauf hin, wie vernünftig es wäre, die beiden erfolgreichen Farmen zusammenzulegen. Aber Bathsheba will weder ihn noch einen anderen Mann heiraten.

Gabriel erfährt davon und kritisiert Bathsheba wegen der Gedankenlosigkeit, mit der sie William Boldwood falsche Hoffnungen machte. Erzürnt wirft sie ihn hinaus.

Er ist noch nicht weit gekommen, als Bathshebas Schafherde zu verenden droht. Die aus der Koppel ausgebrochenen Tiere fraßen nassen Klee und liegen nun mit lebensbedrohlich aufgeblähten Verdauungsorganen am Boden. Einer der Farmarbeiter weiß zwar, dass die Tiere mit gezielten Messerstichen gerettet werden könnten, aber niemand traut es sich zu, den dringend erforderlichen Eingriff durchzuführen. In ihrer Not schickt Bathsheba dem entlassenen Schäfer einen Reiter nach, aber der kommt mit der Botschaft zurück, dass Gabriel zur Umkehr nur bereit ist, wenn die Farmerin persönlich ihn darum bittet. Bathsheba bleibt nichts anderes übrig, als selbst loszureiten.

Fanny Robbin (Juno Temple), eine der Arbeiterinnen, verließ die Farm bei Bathshebas Ankunft und brannte mit dem schneidigen Sergeant Francis Troy (Tom Sturridge) durch. Nun wartet Troy jedoch vergeblich mit seinem Trauzeugen und dem Geistlichen vor dem Altar auf seine Braut. Die Hochzeit scheitert, weil Fanny sich in der Kirche geirrt hat.

Bald darauf fängt Troy auf Bathshebas Farm zu arbeiten an. Er umwirbt die Besitzerin. Gabriel warnt sie vergeblich vor ihm. Bathsheba heiratet den aufregenden Unteroffizier, der ihr im Wald seine Fechtkünste vorgeführt hat. Während der Hochzeitsfeier zieht ein Unwetter auf, und Gabriel hält es für erforderlich, die aufgetürmten Strohballen gegen die Nässe abzudecken. Troy tanzt jedoch lieber und meint, es werde schon nicht regnen. Gabriel klettert allein auf das meterhohe Stroh und befestigt die Planen. Bathsheba hilft ihm bei der anstrengenden Arbeit, bei der sie Gefahr laufen, vom Sturm umgerissen und in die Tiefe geschleudert zu werden. Noch in der Hochzeitsnacht begreift Bathsheba, dass es ein Fehler war, Troy zu heiraten.

Am nächsten Morgen schaut William Boldwood besorgt nach, ob die Heuernte seiner Nachbarin unbeschadet ist und lobt Gabriel für dessen Einsatz.

Es stellt sich heraus, dass Troy sich zwar für das Geld seiner Frau, aber nicht für die Farm interessiert und Spielschulden hat. In Casterbridge trifft er zufällig auf Fanny, die von ihm schwanger ist und auf der Straße bettelt. Er schickt sie ins Armenhaus und verabredet sich mit ihr für den nächsten Tag. Dann will er ihr Geld mitbringen, damit sie nicht länger betteln muss. Aber bevor sie sich wiedersehen, stirbt Fanny. Das Armenhaus lässt den Sarg mit den Leichen der Frau und ihres tot geborenen Kindes zu der Farm bringen, auf der sie früher beschäftigt war. Bathsheba stellt ihren Ehemann zur Rede. Er küsst die Tote und erklärt seiner Frau: „Diese Tote bedeutet mir mehr, als du mir jemals bedeuten kannst!“ Dann verlässt er die Farm.

Seine Uniform wird am Strand gefunden, und es sieht so aus, als habe Troy sich im Meer ertränkt.

William Boldwood bietet seiner Nachbarin an, die Gläubiger ihres toten Mannes auszubezahlen, führt ihr noch einmal die Vorteile einer gemeinsamen Wirtschaft vor Augen und erneuert seinen Heiratsantrag. Bathsheba erbittet sich Bedenkzeit bis Weihnachten.


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Voller Zuversicht, eine positive Antwort von Batheseba zu bekommen, lädt William Boldwood das ganze Dorf zu einer Weihnachtsfeier ein. Gabriel, der eigentlich bereits gehen wollte, tanzt noch auf ausdrücklichen Wunsch des Gastgebers mit Bathsheba. Als sie danach ins Freie geht, trifft sie auf Francis Troy. Er wurde von Fischern gerettet, und als er erfuhr, dass man ihn für tot hielt, gefiel ihm das schon allein wegen seiner Gläubiger. Weil er inzwischen neue Spielschulden angehäuft hat, fordert er Bathsheba auf, die Farm zu verkaufen. Als sie sich sträubt, mit ihm nach Hause zu gehen, wird er gewalttätig, aber William Boldwood, der die beiden durchs Fenster sah, kommt aus der Tür und erschießt ihn.

Weil der Richter von einem „Verbrechen aus Leidenschaft“ ausgeht, verurteilt er William Boldwood nicht zum Tod, sondern zu lebenslanger Haft.

Einige Zeit später kündigt Gabriel Bathsheba an, dass er am nächsten Morgen aufbrechen werde, um ein in vier Tagen von Bristol nach Nordamerika auslaufendes Schiff zu erreichen. Nun, wo die Farm gesichert sei, halte er es für besser, ein neues Leben in Übersee zu beginnen.

Lange zögert Bathsheba am nächsten Morgen, bis sie ihren Stolz überwindet, ihm endlich nachreitet, sich zunächst für seine treuen Dienste bedankt, ihn dann drängt, seinen Heiratsantrag zu wiederholen und mit ihm als Bräutigam zur Farm zurückkehrt.

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Mit „Far from the Madding Crowd“ / „Am grünen Rand der Welt“, seinem vierten Roman, gelang Thomas Hardy (1840 – 1928) der Durchbruch. Er veröffentlichte ihn 1874 erst einmal als Fortsetzungsroman im Cornhill Magazine. Für die Buchausgabe im Jahr darauf erweiterte Thomas Hardy den Text, und 1901 überarbeitete er ihn noch einmal für eine Neuausgabe. Die Handlung spielt in Wessex, einer fiktiven Landschaft, die allerdings in etwa Thomas Hardys Heimat Dorset entspricht.

Bei der selbstbewussten und Freiheit beanspruchenden englischen Farmerin Bathsheba Everdene handelt es sich um eine bemerkenswerte Figur der Literaturgeschichte. Es ist kein Zufall, dass die Protagonistin in „Die Tribute von Panem“ Katniss Everdene heißt.

John Schlesinger verfilmte „Am grünen Rand der Welt“ 1967: „Die Herrin von Thornhill“.

Die Herrin von Thornhill – Originaltitel: Far from the Madding Crowd – Regie: John Schlesinger – Drehbuch: Frederic Raphael nach dem Roman „Am Rand der grünen Welt“ von Thomas Hardy – Kamera: Nicolas Roeg – Schnitt: Malcolm Cooke – Musik: Richard Rodney Bennett – Darsteller: Julie Christie, Terence Stamp, Peter Finch, Alan Bates, Fiona Walker, Prunella Ransome u.a. – 1967; 165 Minuten

Stephen Frears machte aus Grundzügen des Plots, der Posy Simmonds zu einer Graphic Novel inspiriert hatte, 2010 die Komödie „Immer Drama um Tamara“. Im Gegensatz dazu nahm der dänische Regisseur Thomas Vinterberg die Vorlage 2015 mit dem episch-opulenten Kostümfilm „Far from the Madding Crowd“ / „Am grünen Rand der Welt“ wieder ernst, ebenso wie Roman Polanski und Michael Winterbottom, die Thomas Hardys Romane „Tess von den d’Urbervilles“ und „Jude the Obscure“ – deutsch: „Juda, der Unberühmte“ (1901), „Herzen in Aufruhr“ (1956), „Im Dunkeln“ (1988) – verfilmt haben: „Tess“ (1979) und „Herzen in Aufruhr“ (1996). „Am grünen Rand der Welt“ erinnert auch an Verfilmungen von Jane-Austen-Romanen wie „Sinn und Sinnlichkeit“ (1995), „Verführung“ (1995), „Emma“ (1996), „Mansfield Park“ (1999) und „Stolz und Vorurteil (2005). Dass der Dogma-95-Regisseur Thomas Vinterberg einen Film wie „Am grünen Rand der Welt“ gedreht hat, ist so überraschend wie die Verfilmung des Fontane-Romans „Effi Briest“ durch Rainer Werner Fassbinder: „Fontane Effi Briest“ (1974).

David Nicholls (Drehbuch) und Thomas Vinterberg (Regie) bleiben bei der Adaptation von „Am grünen Rand der Welt“ dicht an der literarischen Vorlage von Thomas Hardy.

Der Film beginnt mit einer Szene, in der Gabriel Oak beobachtet, wie die neue Nachbarin Bathsheba Everdene sich beim Reiten im Herrensitz nach hinten lehnt, bis sie mit dem Oberkörper waagrecht auf dem Pferderücken liegt. Zweige streifen sie, und sie verliert ihr rotes Tuch. Erotisch aufgeladen ist auch die Szene, in der Francis Troy die Umworbene im Wald zum Schein mit seinem Degen bedroht.

Carey Mulligan beeindruckt als Hauptdarstellerin in „Am grünen Rand der Welt“ mit einer facettenreichen Mimik.

„Am grünen Rand der Welt“ ist gewiss großes Kino in prächtigen Bildern, kommt aber nicht ganz ohne Kitsch aus.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2015

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Schonungslos zeigt uns Martin Mosebach das moralisch verkommene Bildungsbürgertum und die feudale Haltung Neureicher gegenüber Bediensteten. "Taube und Wildente" ist ein literarisches Gemälde in geschliffener Sprache und ein subtiles ästhetisches Erlebnis.
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