Ein Leben für ein Leben. Adam Hundesohn

Ein Leben für ein Leben. Adam Hundesohn

Ein Leben für ein Leben. Adam Hundesohn

Ein Leben für ein Leben. Adam Hundesohn – Originaltitel: Adam Resurrected – Regie: Paul Schrader – Drehbuch: Noah Stollman, nach dem Roman "Adam Hundesohn" von Yoram Kaniuk – Kamera: Sebastian Edschmid – Schnitt: Sandy Saffeels – Musik: Gabriel Yared – Darsteller: Jeff Goldblum, Willem Dafoe, Derek Jacobi, Ayelet Zurer, Hana Laszlo, Joachim Król, Evgenia Dodina, Tudor Rapiteanu, Idan Alterman, Juliane Köhler, Moritz Bleibtreu, Veronica Ferres u.a. – 2008; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Der jüdische Zirkusartist Adam Stein überlebt den Holocaust. Allerdings muss er während seiner Gefangenschaft den Hund des Lagerkommandanten Klein imitieren und Geige spielen, während seine Frau und seine kleine Tochter vergast werden. Seine nach Israel ausgewanderte ältere Tochter nimmt sich das Leben, als sie das erfährt. Auf der Suche nach ihr kommt Adam nach Israel – und wird dort in eine auf Holocaust-Überlebende spezialisierte psychiatrische Anstalt eingewiesen ...
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Kritik

"Ein Leben für ein Leben" – die Kinoadaptation des Romans "Adam Hundesohn" von Yoram Kaniuk – ist ein poetischer, surrealer, tragikkomischer und erschütternder Film von Paul Schrader.
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Tel Aviv, 1961. Adam Stein (Jeff Goldblum) wohnt in der Pension von Ruth Edelson (Juliane Köhler). Die beiden haben sich auf ein Liebesverhältnis eingelassen. An diesem Morgen trägt Ruth ein Halstuch, und als Adam sehen möchte, was sie darunter verbirgt, sträubt sie sich. Es sind Hämatome. Offenbar würgte er sie am Vorabend. Zwei Pfleger kommen die Treppe herauf und nehmen Adam mit. Ruth bittet ihn zum Abschied um Verzeihung, weil sie in ihrer Verzweiflung nach seinem Angriff das Seizling-Institut anrief, eine auf Holocaust-Überlebende spezialisierte psychiatrische Anstalt, aus der er ausgebrochen war.

Adam Stein hatte in Heidelberg Philosophie studiert. In der Weimarer Republik trat er mit verschiedenen Zirkusnummern in Berliner Kabaretts auf, zum Beispiel als Clown und Magier, Messerwerfer und Hellseher. 1930 wandte er sich bei einer seiner Veranstaltungen als Gedankenleser an einen Mann im Publikum und nahm ihm die Tabletten ab, mit denen dieser sich umbringen wollte. Auf diese Weise rettete er ihm das Leben.

1936 wird er von der Bühne weg verhaftet und zusammen mit seiner Frau Gretchen (Evgenia Dodina) und den beiden fünf bzw. zwei Jahre alten Töchtern Ruth (Amina Abu Shanab, Ana Geoanna, Berivan Laura Haj Abdo) und Lotte (Mihaela Denisa Mallat, Hanelore Bauer) in ein Vernichtungslager deportiert. Nach der Ankunft trennt man ihn von seinen Angehörigen. Beim Lagerleiter Klein (Willem Dafoe) handelt es sich zufällig um den Mann, dem Adam sechs Jahre zuvor das Leben rettete. Der SS-Offizier Klein fordert den Zirkusartisten noch an der Bahnrampe auf, einen Hund zu imitieren und befiehlt ihm, auf allen Vieren in einen Hundezwinger zu kriechen.

Klein lässt Adam am Leben, aber der Künstler muss sich zum Gaudium des Lagerkommandanten wie ein Hund verhalten und mit dem Schäferhund Rex ums Fressen raufen. Aufstehen darf er nur, um Geige zu spielen, während Häftlinge in die Gaskammern getrieben wurden. Frau Fogel (Veronica Ferres), eine frühere Nachbarin, raunt ihm auf dem Weg in die Gaskammer zu, seine Tochter Ruth sei am Leben und nach Deutschland zurückgekehrt. Eines Tages sind auch Gretchen und Lotte unter den Todgeweihten. Adam will zu ihnen, aber ein SS-Offizier packt ihn und fordert ihn auf, weiterzuspielen. Anschließend beobachtet er vom Hundezwinger aus den Rauch, der aus dem Schornstein des Krematoriums quillt.

Adam überlebt den Holocaust. Nach dem Zweiten Weltkrieg haust er in einer Villa in Berlin, die ihm Klein zuschanzte. Vier Jahre lang sucht er vergeblich nach Ruth, dann gibt er auf. Rabbi Lichtenstein (Benjamin Jagendorf) berichtet ihm in den Fünfzigerjahren, dass seine inzwischen fünfundzwanzig Jahre alte Tochter als Christin in Haifa lebt, mit einem Italiener namens Joseph Gracci (Moritz Bleibtreu) verheiratet ist und ein Kind erwartet.

Daraufhin reist Adam nach Haifa. Doch er kommt zu spät: Ruth nahm sich das Leben und tötete damit auch das ungeborene Kind. Zornig erklärt Joseph Gracci dem ungebetenen Besucher, Ruth habe kurz vor ihrem Tod erfahren, dass ihr Vater den Holocaust als Hund des Lagerkommandanten überlebte und Geige spielte, während ihre Mutter und ihre jüngere Schwester vergast wurden.

Da bricht Adam zusammen. Rebecca Seizling bringt ihn in die von ihr mitten in der Wüste gegründete psychiatrische Anstalt.

Dr. Nathan Gross (Derek Jacobi), der Leiter des Seizling Instituts, setzt darauf, dass die Patienten sich gegenseitig helfen, ihre Traumata zu überwinden und den Weg zurück in die Normalität zu finden. Er hält Adam Stein für hochintelligent und lässt ihm größtmögliche (Narren-)Freiheit, obwohl Pfleger ihn warnen, der Mann habe auch eine gefährliche Seite. Aufgrund seines Charismas sehen andere Patienten wie Rachel Shwester (Hana Laszlo) und Abe Wolfowitz (Joachim Król) in Adam eine Art Messias. Nur Arthur (Idan Alterman) misstraut ihm. Die Oberschwester Gina Grey (Ayelet Zurer) fühlt sich zu ihm hingezogen und schläft mit ihm, obwohl sie sich auf den Rücken legen und wie ein Hund jaulen muss, um ihn sexuell zu erregen.

Eines Tages wittert Adam im Institut einen Hund. Er sucht nach ihm und findet einen zwölfjährigen Jungen, der ein Hundehalsband mit einer Kette trägt und sich auch für einen Hund hält. Adam nennt ihn David (Tudor Rapiteanu). Mit viel Geduld bringt er dem Jungen bei, aufrecht zu gehen und überzeugt ihn, dass er ein Mensch ist.

Wieder einmal läuft Adam davon. In der Wüste wird er von einem Feuer angelockt. Aus den Flammen tritt Klein hervor und weist ihn darauf hin, dass er immer bei ihm sei. Klein will ihn zum Suizid anstiften, aber Adam wirft die Pistole ins Feuer. In diesem Augenblick erlöscht es, und Klein verschwindet. Auf noch unsicheren Beinen kommt David seinem Erlöser nach.

Nach seiner Entlassung kehrt Adam Stein zu Ruth Edelson in Tel Aviv zurück. Er hat zwar sein Trauma überwunden, aber die Normalität kennt weder Freude noch Kummer.

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Der erschütternde Film „Ein Leben für ein Leben“ von Noah Stollman (Drehbuch) und Paul Schrader (Regie) basiert auf dem Roman „Adam Hundesohn“, den der israelische Schriftsteller, Journalist und Maler Yoram Kaniuk (* 1930) 1969 veröffentlichte (Übersetzung: Ruth Achlama, List Taschenbuch, Berlin 2006, 416 Seiten, ISBN: 978-3548606255).

„Ein Leben für ein Leben. Adam Hundesohn“ beginnt, wo die meisten Filme über den Holocaust enden und zeigt die psychische Zerrüttung eines Mannes, der im Vernichtungslager einen Hund des Kommandanten hatte spielen müssen, um den Genozid zu überleben. Er gesundet erst in den Sechzigerjahren durch die Konfrontation mit einem zwölfjährigen Jungen, der sich für einen Hund hält. Die beiden erlösen sich gegenseitig.

Im Mittelpunkt der surrealen Handlung steht der von Jeff Goldblum facettenreich und überzeugend gespielte Protagonist Adam Stein. Alle anderen Figuren bleiben schemenhaft, obwohl einige der Rollen mit hochkarätigen Schauspielern wie Willem Dafoe, Joachim Król, Juliane Köhler, Moritz Bleibtreu, Veronica Ferres besetzt sind.

Wie „Der große Diktator“, „Das Leben ist schön“ und „Zug des Lebens“ weist „Ein Leben für ein Leben. Adam Hundesohn“ tragikomische Züge auf, und bei einigen Episoden im Seizling-Institut reibt man sich die Augen, weil man glaubt, mit Randall Patrick McMurphy und Schwester Ratched in der Psychiatrie zu sein („Einer flog über das Kuckucksnest“), aber das Komische verschwindet hier beinahe hinter dem Tragischen. Wenn es sich um einen Roman handeln würde, könnte man „Ein Leben für ein Leben. Adam Hundesohn“ dem Magischen Realismus zuordnen.

Noah Stollman und Paul Schrader haben in „Ein Leben für ein Leben. Adam Hundesohn“ weniger auf eine actionreiche Handlung als auf ein poetisches Fließen gesetzt, bei dem sich Episoden in der Gegenwart mit Rückblenden ablösen. Bei den Szenen im Seizling-Institut überwiegen die kalten Farben Weiß und Blau. Die Kamera zoomt des Öfteren von oben herab, als ob ein Forscher die Szenerie betrachten würde und ahmt damit Dr. Nathan Gross nach. Die Rückblenden in Schwarz-Weiß wirken im Gegensatz dazu sehr viel „farbiger“. Dieser Kontrast ist ein eindrucksvolles Stilmittel.

Produziert wurde „Ein Leben für ein Leben. Adam Hundesohn“ von dem Israeli Ehud Bleiberg und dem Deutschen Werner Wirsing.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010

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