Der große Diktator

Der große Diktator

Der große Diktator

Originaltitel: The Great Dictator - Regie: Charlie Chaplin - Drehbuch: Charlie Chaplin, Dan James, Bob Meltzer und Wheeler Dryden - Kamera: Roland Totherod und Karl Struss - Schnitt: Willard Nico - Musik: Meredith Willson und Charlie Chaplin (Richard Wagner, Johannes Brahms) - Darsteller: Charlie Chaplin, Jack Oakie, Reginald Gardiner, Henry Daniell, Billy Gilbert, Grace Hayle, Carter DeHaven, Paulette Goddard, Maurice Moscovitch, Emma Dunn, Bernard Gorcey, Paul Weigel, Chester Conklin, Esther Michelson, Hank Mann u.a. - 1940; 120 Minuten (restaurierte Fassung: 2004)

Inhaltsangabe

Während Adenoid Hynkel, der größenwahnsinnige Diktator von Tomanien, seine Truppen gegen den Willen seines Verbündeten Benzino Napoloni, des Diktators von Bacteria, in das Nachbarland Osterlich einmarschieren lässt, entkommt ein jüdischer Friseur aus dem Konzentrationslager, der Hynkel zum Verwechseln ähnlich sieht und deshalb von den Militärs für den Diktator gehalten wird ...

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Kritik

"Der große Diktator" ist eine beißende, ideenreiche Groteske, mit der Charlie Chaplin Adolf Hitler lächerlich machen wollte. Ein Glanzstück der Kinogeschichte ist die sechs Minuten lange Rede des Diktators in einer zugleich böse und lächerlich klingenden Fantasiesprache.
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Obwohl die politische Führung Tomaniens 1918 den Krieg verloren gibt, kämpfen die Soldaten ahnungslos weiter. Darunter ist auch ein jüdischer Friseur (Charlie Chaplin), der ein riesiges Geschütz bedient: die „dicke Bertha“. Bei einem Sturmangriff verliert er im Pulverdampf den Kontakt zu seiner Einheit und gerät unversehens in eine Marschgruppe der Engländer, aber ebenso rasch verschwindet er wieder im Dunst.

Während er für einen Kameraden vorübergehend die MG-Stellung übernimmt, landet in unmittelbarer Nähe eine deutsche Militärmaschine. Weil der Pilot (Reginald Gardiner) aufgrund einer Schussverletzung nicht mehr in der Lage ist, die Maschine zu fliegen, bittet er den Artilleriesoldaten um Hilfe. Der klettert zu ihm ins Cockpit und folgt seinen Anweisungen. Während der Offizier das Bewusstsein verliert, gerät das Flugzeug in Rückenlage. Der Soldat wundert sich, wieso die Sonne von unten scheint und das Wasser aus der Feldflasche nach oben fließt. Plötzlich fällt er aus dem offenen Cockpit und kann sich gerade noch am Steuerknüppel festhalten. Die beiden Männer stürzen ab, überleben aber beide den Aufprall. Als deutsche Soldaten herbeigelaufen kommen, will der Offizier sofort zu General Schaumlöffel gebracht werden, denn er hat Geheimdokumente bei sich, von denen der Sieg Tomaniens abhängt. Erst jetzt erfährt er, dass er Krieg bereits zu Ende und verloren ist.

Der Artilleriesoldat, der im Zivilleben Friseur war, hat durch den Schock sein Gedächtnis verloren und wird jahrelang als „Nummer 33“ in einer psychiatrischen Anstalt festgehalten. Deshalb kriegt er nicht mit, wie ein Mann namens Adenoid Hynkel (Charlie Chaplin), der ihm zum Verwechseln ähnlich sieht, Diktator in Tomanien wird. „Unter meiner Führung wird Tomanien nicht aufhören, sich wieder zu erheben!“, verkündet der Diktator den Massen.

Eines Tages verschwindet der Patient „Nummer 33“ aus der Anstalt. In dem Glauben, nur kurz fort gewesen zu sein, sperrt er seinen Friseursalon im Ghetto auf – und wundert sich über die Spinnweben. Kurz darauf kommt ein uniformierter Stoßtrupp, und einer der Männer schreibt „Jude“ an die Schaufensterscheibe des Salons. Der Friseur versteht nicht, was das soll, geht hinaus und beginnt, die Buchstaben abzuwischen, aber da packen ihn zwei der uniformierten Männer und wollen ihn abführen. Als sie am Parterrefenster des Nachbarhauses vorbeikommen, beugt Hannah (Paulette Goddard) sich heraus und schlägt die Stoßtruppleute mit einer Pfanne bewusstlos. Leider erwischt sie versehentlich auch den Friseur, der daraufhin einen seltsamen Tanz an der Bordsteinkante aufführt. Hannah holt ihn herein. Sie ist eine Waise, die von dem jüdischen Ehepaar Jäckel (Maurice Moscovitch, Emma Dunn) aufgenommen wurde und für ihre Wohltäter putzt und wäscht.

Einige Zeit später, als der Friseur wieder in seinem Salon ist, wird er von den Männern zweier Stoßtrupps herausgezerrt und soll an der Straßenlaterne aufgeknüpft werden. In diesem Augenblick kommt Kommandeur Schultz vorbei und lässt sich berichten, was hier los ist. In dem Friseur mit dem Strick um den Hals erkennt er seinen Lebensretter aus dem letzten Kriegsjahr und wundert sich, denn er hielt ihn damals für einen Arier. Ahnungslos beteuert der Friseur, das sei schon richtig, er sei wirklich ein Vegetarier. Erst nach einiger Zeit kehrt sein Gedächtnis zurück und er erinnert sich an den aufregenden Flug im Jahr 1918. Aus Dankbarkeit stellt Kommandeur Schultz den Friseur und dessen Nachbarn unter seinen persönlichen Schutz.

In seiner gigantomanischen Residenz empfängt Diktator Hynkel den dicken und in schmucke, mit zahlreichen Orden dekorierte Uniformen vernarrten Kriegsminister Feldmarschall Hering (Billy Gilbert), der ihm kriegswichtige Erfindungen vorführen lässt. Zuerst erscheint ein Professor in einer kugelsicheren – „todsicheren“ – Uniform. Hynkel schießt auf den Mann und er fällt tot um. Dann tritt ein anderer Professor mit einer Fallschirmmütze ans Fenster und springt hinaus. Der Diktator blickt ihm nach, bis er aufschlägt und beschwert sich bei Hering, weil dieser ihm die Zeit stehle.

Propagandaminister Garbitsch (Henry Daniell) weist den Diktator darauf hin, dass das Volk murre und zum Beispiel mit der Qualität der Sägespäne im Brot unzufrieden sei. Da helfe nur ein außenpolitischer Erfolg wie der Anschluss des Nachbarlandes Osterlich. Aber dafür fehlt es in Tomanien am nötigen Geld. Weil nur der Jude Eppstein als Kreditgeber in Frage kommt, ordnet der Diktator an, die Juden im Ghetto bis auf weiteres nicht mehr zu schikanieren. Allerdings hält Hynkel an seiner Absicht fest, auf dem Weg zur Weltherrschaft alle Juden und Brünetten auszurotten.

Als Garbitsch ihn mit Gott vergleicht, fürchtet Hynkel sich vor sich selbst und klettert an einem der Vorhänge hinauf. Dann schickt er Garbitsch aus dem Raum und spielt selbstverliebt mit dem Globus – bis dieser platzt und er nur noch ein paar Fetzen in der Hand hält.

Die Juden im Ghetto wundern sich über die unübliche Freundlichkeit der Stoßtruppmänner. Unbehelligt rasiert der Friseur einen Kunden (Chester Conklin), während im Radio der Ungarische Tanz Nr. 5 von Johannes Brahms zu hören ist.

Einige Tage später überbringt Garbitsch dem Diktator die schlechte Nachricht, dass Eppstein den benötigten Kredit verweigert und der Einmarsch in Osterlich deshalb aufgeschoben werden muss. Zornig lässt Hynkel Kommandeur Schultz kommen und befiehlt ihm, die Schikanen gegen die Juden im Ghetto wieder aufzunehmen. Als Schultz dem Diktator davon abrät, lässt dieser ihn in ein Konzentrationslager sperren.

Ein Sturmtrupp dringt in den Innenhof zwischen dem Friseursalon und dem Haus der Jäckels ein. Aber jemand ruft die Männer zurück und erinnert sie daran, dass Kommandeur Schultz diese beiden Häuser unter seinen persönlichen Schutz gestellt hat. Im nächsten Augenblick ist der Zeitungsverkäufer eines Extrablatts zu hören, der die Schlagzeile ruft: „Schultz verhaftet!“ Nun will ein Sturmtrupp den Friseur abholen. Der wird von Jäckel zusammen mit Hannah aufs Dach geschickt. Von dort aus muss der Friseur zusehen, wie sein Haus angezündet wird und niederbrennt.

Schultz flieht aus dem Konzentrationslager und sucht Zuflucht in Jäckels Keller. Um Mitternacht lässt er alle verfügbaren jüdischen Männer zu einer Geheimbesprechung zusammenrufen. Er will den Palast des Diktators in die Luft sprengen und den Tyrannen töten. Weil er zu bekannt ist, soll einer der Juden die Aufgabe übernehmen. Er lässt jedem der Männer einen Pudding servieren und erklärt ihnen, in einen der Puddings befinde sich eine Münze. Wer sie findet, müsse sich für die große Sache opfern. Nach einigen heuchlerischen Sprüchen schieben sich die Männer gegenseitig die Puddings zu, bis sie alle einen Teller vor sich haben. Der Friseur beißt auf eine Münze und erstarrt vor Schreck. Dann schluckt er sie hinunter. Aber sein Tischnachbar hat auch eine Münze in seinem Pudding gefunden. Unbemerkt wandert auch diese Münze auf den Pudding des Friseurs. Der hat schließlich drei Münzen verschluckt, als Hannah verrät, dass sie in jeden eine Münze getan hat.

Am nächsten Morgen werden Schultz und der Friseur festgenommen und in ein Konzentrationslager gebracht.

Die Jäckels emigrieren mit Hannah nach Osterlich zu Verwandten, die dort einen Weinberg haben.

Diktator Hynkel will mit dem Einmarsch in Osterlich nicht länger warten. Da erreicht ihn die Nachricht, dass sein Verbündeter Benzino Napoloni (Jack Oakie), der Diktator von Bacteria, seine Truppen auf der anderen Seite von Osterlich aufmarschieren ließ. Wütend reißt Hynkel Feldmarschall Hering, den er soeben mit einem Orden auszeichnete, alle Orden von der Uniform und unterzeichnet eine Kriegserklärung an Bacteria. In diesem Augenblick ruft Napoloni an. Hynkel drückt sich davor, mit ihm zu sprechen und befiehlt Garbitsch, es für ihn zu übernehmen. Napoloni will über den Truppenaufmarsch verhandeln und ist bereit, nach Tomanien zu kommen. Also zerreißt Hynkel die Kriegserklärung und ordnet an, einen Empfang vorbereiten, der seinen Verbündeten von der Stärke Tomaniens überzeugen und einschüchtern soll. Garbitsch lässt eigens einen niedrigeren Sessel vor Hynkels Schreibtisch stellen und schärft dem Diktator ein, darauf zu achten, dass Napoloni stets zu ihm aufschauen müsse.

Napoloni kommt mit seiner Frau (Grace Hayle) im Sonderzug, aber der Lokführer verfehlt den roten Teppich. Eilig laufen Hynkels Männer, um den roten Teppich vor Napoloni auszurollen, aber da setzt der Zug zurück. Erst nach einigem Hin und Her kann Napoloni aussteigen und von Hynkel begrüßt werden.

Nach einer Militärparade und einem prunkvollen Ball beginnen Hynkel, Napoloni, Garbitsch und Napolonis Schwiegersohn, der Botschafter von Bacteria (Carter DeHaven), vor dem Büfett stehend mit den Verhandlungen. Napoloni ist bereit, seine Einheiten abzuziehen, wenn Hynkel sich zuvor vertraglich verpflichtet, nicht in Osterlich einzumarschieren. Hynkel besteht zunächst darauf, dass Napoloni den ersten Schritt macht und seine Truppen zurücknimmt, aber Garbitsch flüstert ihm zu, den Vertrag zu unterschreiben und trotzdem einzumarschieren.

Hynkel reist zur Entenjagd an die Grenze von Osterlich, um nach dem Einmarsch sofort zu den Massen in Osterlich sprechen und den Anschluss des Landes verkünden zu können. Dabei wird er jedoch von zwei unbedarften Gendarmen, die ihn nicht erkennen, verhaftet und eingesperrt.

Inzwischen sind Schultz und der Friseur in militärischen Uniformen aus dem Konzentratinslager geflohen. Zufällig geraten sie mitten in eine militärische Einheit, die auf den Befehl zum Einmarsch in Osterlich wartet. Die Offiziere halten den Juden in der Uniform für den Diktator und nehmen an, dass Kommandeur Schultz begnadigt wurde. Um nicht aufzufallen, bleibt dem Friseur nichts anderes übrig, als den Marschbefehl zu geben und die Truppen zu begleiten.

Er weiß gar nicht wie ihm ist, als Schultz ihn auf eine gigantische Rednertribüne in der eroberten Hauptstadt von Osterlich führt und ihn nach einer kurzen Eröffnungsrede von Garbitsch drängt, an die Mikrofone zu treten. Der Friseur, den alle für den Diktator halten, verkündet, dass er kein Weltherrscher werden möchte. Er plädiert für Völkerverständigung, gegen Sklaverei und Unterdrückung, für Freiheit, Toleranz und Humanität. Die Soldaten von Tomanien ruft er auf, nicht länger wie Roboter für Barbaren zu kämpfen. Da brandet Jubel auf.

Hannah hört die Übertragung der Rede auf dem Weingut und schöpft neue Hoffnung.

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Charlie Chaplin als Artilleriesoldat bei der Bedienung eines riesigen Geschützes und im offenen Cockpit einer auf dem Rücken fliegenden Militärmaschine, als jüdischer Friseur beim Tanz auf der Bordsteinkante und beim Rasieren eines Kunden im Takt der Musik, Charlie Chaplin, der in der Rolle des Diktators am Vorhang hinaufklettert und mit dem Globus spielt: Es gibt viele urkomische Szenen in „Der große Diktator“. Aber das Lachen bleibt den Zuschauern im Hals stecken, denn der große amerikanische Komiker inszenierte seinen gut zwei Stunden langen, einfallsreichen Film als groteske Satire auf Adolf Hitler. Ein Glanzstück der Kinogeschichte ist die sechs Minuten lange Rede des Diktators in einer zugleich böse und lächerlich klingenden Fantasiesprache.

Man hat Charlie Chaplin vorgeworfen, den Nationalsozialismus mit diesem Film verharmlost zu haben. Das mag sein. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass der Film 1939/40 entstanden ist, als sich die meisten Zeitgenossen noch über Hitlers wahre Absichten täuschten.

„Der große Diktator“ wurde am 15. Oktober 1940 in New York uraufgeführt und kam am 26. August 1958 erstmals auch in deutsche Kinos. Ab 30. Dezember 2004 wird eine aufwändig restaurierte Fassung von „Der große Diktator“ in deutschen Kinos zu sehen sein.

Charlie Chaplins Bruder Sydney hielt mit seiner Amateurfilmkamera einige Eindrücke von den Dreharbeiten zu „Der große Diktator“ in Farbe fest. Das Filmmaterial blieb glücklicherweise erhalten.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002/2004


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