T. C. Boyle : Hart auf hart

Hart auf hart
Originalausgabe: The Harder They Come Ecco, New York 2015 Hart auf hart Übersetzung: Dirk van Gunsteren Carl Hanser Verlag, München 2015 ISBN: 978-3-446-24737-6, 399 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Die 40-jährige Hufschmiedin Sara gehört zu den Wutbürgern, die ihre individuelle Freiheit verteidigen und einschränkende Gesetze nicht anerkennen, obwohl sie sich dadurch fortwährend in Schwierigkeiten bringen. Eines Tages nimmt sie den 15 Jahre jüngeren Sohn eines pensionierten Schuldirektors als Anhalter mit. Adam eifert dem legendären Trapper John Colter nach und fühlt sich sowohl von Aliens als auch Chinesen so bedroht, dass er zu seinem Schutz stets ein Gewehr bei sich hat. Die beiden Außenseiter schlafen miteinander, aber Adam verbringt die meiste Zeit allein im Wald ...
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Kritik

Vordergründig handelt es sich bei "Hart auf hart" um einen spannen­den Thriller. Aber es steckt sehr viel mehr dahinter, und der Roman ist meisterhaft aufgebaut. Temporeich und mit großer Fabulierlaune entwickelt T. C. Boyle die tragikomische Geschichte.
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Sten und Carolee Stensen sind in San Diego an Bord eines Kreuzfahrtschiffes gegangen. Sten war früher Lehrer und avancierte zum Direktor der Fort Bragg High School in Kalifornien. Inzwischen ist er pensioniert, und um sich fit zu halten, hat der 70-Jährige einen Teilzeitjob bei einer Holzgesellschaft in Fort Bragg angenommen, für die er durch die Wälder streift und Ausschau nach Schwarzbauten und versteckten Marihuana-Plantagen hält. Seine zehn Jahre jüngere Ehefrau Carolee hilft zweimal in der Woche Cindy und Gentian Burnside, die in Calpurnia ein Wildgehege unterhalten. Vor einigen Jahren kauften Sten und Carolee ein Haus in Mendocino, 12 Kilometer südlich von Fort Bragg, und zogen dorthin.

Das Kreuzfahrtschiff liegt inzwischen in Puerto Limón, dem Haupthafen von Puerto Rico. Dort sind Sten, Carolee und einige andere Touristen mit einem Bus zu einem Landausflug aufgebrochen. Kurz nachdem der Busfahrer die Gruppe mit ihren Rucksäcken, Wasserflaschen und Kameras für zwei Stunden in einem Naturschutzgebiet absetzte, wird sie von drei jungen „Ticos“ überfallen. Die Banditen fordern die Touristen auf, alles herausgeben: Brieftaschen, Schmuck, Handys … Zwei der Räuber bedrohen die Urlauber mit Messern, einer ist mit einer Pistole bewaffnet. Bei Sten funktionieren Reflexe, die er vor Jahrzehnten als Marine im Vietnamkrieg trainiert hatte: Ein Schlag in den Nacken, und der Mann mit der Schusswaffe hat nichts mehr in der Hand. Sten umklammert ihn von hinten und würgt ihn. Die beiden Komplizen flüchten.

Die Wiederbelebungsversuche des 62-jährigen Sanitäters Oscar Ruiz aus Oakland sind vergeblich: Der von Sten gewürgte Mann ist tot. Sie legen ihn im Bus auf den Mittelgang und fahren zurück zu einem Krankenhaus in Puerto Limón. Der Fahrer verständigt die Polizei. Die will zum Krankenhaus kommen, um die Leiche in Augenschein zu nehmen und Sten zu vernehmen. Alle anderen Touristen darf der Fahrer zum Schiff bringen; man werde sie dort befragen, heißt es. Als nach stundenlangem Warten noch immer kein Polizist auftaucht, nimmt Sten mit seiner Frau ein Taxi zum Hafen.

Carolee steht noch unter der Dusche, als die Vergnügungsdirektorin Kristi Breerling an die Kajütentür klopft. Sie stellt Sten den zweiten Schiffsoffizier sowie Leutnant Salas und Sergeant Araya von der örtlichen Polizei vor. Sten durchschaut rasch, dass die Direktorin der Kreuzfahrt-Gesellschaft, aber auch die Herren, die sie begleiten, alles vermeiden wollen, was geschäftsschädigende Medienberichte zur Folge haben könnte. Seine Position ausnutzend, weigert Sten sich, sofort mitzukommen und sagt stattdessen zu, seine Aussage in einer Stunde in der Bar zu machen.

Nachdem er Salas und Araya seine Version des Vorfalls geschildert hat, führen sie Sten tiefer in den Bauch des Schiffes zu einem festgenommenen Einheimischen und fragen ihn, ob das einer der beiden geflüchteten Räuber sei. Obwohl Sten den Mann noch nie gesehen hat, bestätigt er den Verdacht der Polizei.

Wegen der polizeilichen Ermittlungen kann das Kreuzfahrtschiff Puerto Limón erst mit 24 Stunden Verspätung verlassen.

Die kalifornischen Medien feiern den 70-jährigen Kriegsveteran, der einen Raubüberfall auf US-Amerikaner auf einer Karibikinsel beherzt abwehrte: „Der Held von Costa Rica“.

Hätte er nur einen Augenblick nachgedacht, dann hätte er sich geschämt – er wurde benutzt, oder schlimmer noch: er wurde verherrlicht, und zwar nicht wegen einer tugendhaften Handlung, sondern wegen eines einzigen Gewaltaktes, den er jedes Mal, wenn er die Augen schloss, aufs Neue erlebte –, aber er dachte nicht nach.

Sten lehnt Interview-Anfragen ab und geht auch nicht auf Anrufe aus Hollywood ein, kann jedoch nicht verhindern, dass ihm Fremde auf der Straße zu der Tat gratulieren und ihm in Lokalen Drinks ausgegeben werden.

– – –

Sara Hovarty Jennings wohnt in einem gemieteten Holzhaus in Willits, 50 Kilometer östlich von Fort Bragg. Ihren Lebensunterhalt verdient die 40-Jährige als Hufschmiedin. Als sie mit ihrem Hund Kutya zum Wildgehege in Calpurnia fährt – Cindy und Gentian Burnside gehören mit zu ihren wichtigsten Kunden – wird sie von der Besatzung eines Streifenwagens angehalten, weil sie den Gurt nicht angelegt hat. Sie weigert sich aus Prinzip, ihre Papiere vorzuweisen: „Ich habe keinen Vertrag mit diesem Staat!“ Die beiden Cops fordern Verstärkung an. Die aus dem zweiten Streifenwagen ausgestiegene Polizistin Joanie Jerpback klärt die Autofahrerin kurz über die Konsequenzen ihrer Weigerung auf und reißt dann die Wagentür auf, um Sara herauszuzerren. Kutya beißt sie in den Arm. Sara wird in einem der beiden Streifenwagen nach Ukiah gebracht. Christabel Walsh, ihre zwei Jahre ältere, ebenfalls geschiedene und kinderlose Freundin, die als Hilfslehrerin an der Brookside Elementary School in Willits arbeitet, zahlt die Kaution und holt sie aus dem Bezirksgefängnis in Ukiah. Sara schimpft:

„Diese Schweine!“ Sie spuckte die Worte aus, sie war so voll von Wut und Hass, dass sie ihr aus den Poren traten. „Herrgott! Ich bin bloß zur Arbeit gefahren. Das ist es doch, was man in dieser Betrügergesellschaft tun soll, oder? Man soll arbeiten und Geld verdienen, damit die es einem aus der Tasche ziehen können.“

Weil die Lizenz für das Fahrzeug abgelaufen ist, sind einige kostenpflichtige Behördengänge erforderlich, bis Sara ihr Auto zurückbekommt. Damit fährt sie dann unverzüglich zum Tierheim, um Kutya zu holen. Aber man klärt sie darüber auf, dass der Hund 30 Tage lang in Quarantäne bleiben müsse, weil er einen Menschen biss und ein Nachweis über eine Tollwutimpfung fehlt.

Frustriert fährt Sara weiter. Unterwegs nimmt sie einen Anhalter mit, der kaum ein Wort spricht. Sie kennt ihn. Es handelt sich um Adam, den 25-jährigen Sohn ihres früheren Lehrers Sten Stensen. Erst als Sara den jungen Mann bittet, ihr dabei zu helfen, ihren Hund aus dem Tierheim zu holen, zeigt Adam Regungen, denn so ein Abenteuer gefällt ihm. Er lenkt die Leute am Empfang ab, damit Sara sich unbemerkt zu den Zwingern schleichen und Kutya durch einen Nebenausgang zum Auto bringen kann.

Der Junge will nicht „Adam“ sondern „Colter“ genannt werden, wie der Trapper John Colter.

„Ich könnte dich vergewaltigen“, sagte er.
„Das kannst du ja mal versuchen.“

Sara nimmt ihn mit und schläft mit ihm. Als sie erfährt, dass er allein im Haus seiner vor einem halben Jahr verstorbenen Großmutter am Noyo bei Northspur wohnt, versucht sie ihn zu überreden, Kutya dort eine Weile zu verstecken, denn sie befürchtet, dass das Tierheim die Polizei alarmiert hat. Adam mag zwar nicht selbst auf den Hund aufpassen, hat aber nichts dagegen, dass Sara vorübergehend mit Kutya zu ihm zieht. Er hält sich ohnehin meistens im Wald auf. Als sie hinkommen, ist Adams Vater da. Der hat nach seiner Rückkehr von der Kreuzfahrt die von seinem Sohn um das Haus herum gebaute Mauer entdeckt und bereits eine Türöffnung herausgebrochen. Aufgebracht fragt er, was Adam sich dabei gedacht habe. Adam hält den Schutz für erforderlich und eine Türe für überflüssig, denn der gut trainierte junge Mann klettert einfach über die Mauer.

Sten wundert sich zwar, seinen Sohn in Begleitung einer 15 Jahre älteren, nicht besonders attraktiven Frau zu sehen, aber als seine frühere Schülerin Sara behauptet, wegen des Hundes Probleme mit ihrer Vermieterin zu haben, erklärt er sich damit einverstanden, dass sie für ein paar Tage in dem Haus wohnt. Dann fährt er zurück nach Mendocino.

Adam verlässt das Haus und geht in den Wald, wann immer ihm danach ist. Ebenso unerwartet taucht er wieder auf. Sara nimmt es hin und will weder wie eine besorgte Mutter noch wie eine nörgelnde Ehefrau wirken. Auch wenn Adam bei ihr ist, hört er ihr oft nicht zu.

[…] die ununterbrochen versuchte, ihn gegen die Regierung zu radikalisieren, wo er doch ohnehin tausendmal radikaler war als sie. Ihn regierte niemand. Sie waren sowieso alle Verbrecher, diese Politiker, jeder war von irgendeiner Interessengruppe gekauft, und die Bullen waren nichts weiter als ihre Privatarmee – das wusste er längst, das brauchte sie ihm nicht zu sagen.

Saras Handy klingelt. Sergeant Brawley vom Mendocino County Sheriff’s Department fordert sie auf, sich freiwillig mit ihrem Hund in Ukiah zu melden und teilt ihr mit, dass ein Haftbefehl gegen sie vorliegt. Sara zertrümmert ihr Handy, denn erst jetzt denkt sie daran, dass es geortet werden könnte.

Sie glaubt allerdings nicht, dass die Polizei ihr Haus in Willits observiert. Und weil sie ein paar Sachen zum Anziehen, vor allem aber ihr Adressbuch und den Terminkalender benötigt, um wieder arbeiten zu können, fährt sie nach Mitternacht mit Adam hin. Sie stellt den Wagen 100 Meter vom Haus entfernt ab. Adam soll sitzen bleiben und auf sie warten. Es wird nicht lange dauern. Während Sara im Haus ein paar Sachen packt, hört sie eine Gewehrsalve. Entsetzt rennt sie ins Freie. Adam glaubte, sich gegen versteckte Aliens oder Chinesen verteidigen zu müssen. In den umliegenden Häusern gehen Lichter an. Jack Rackstraw, einer der Nachbarn, ruft aus einem Fenster. Sara und Adam fahren los.

Christabel Walsh ist neugierig auf den jungen Liebhaber ihrer Freundin. Während sie zu Besuch ist, kommt Adam nach dem Duschen nur mit einem Handtuch um die Hüfte aus dem Bad, und bevor er sich zu den beiden Damen an den Tisch setzt, legt er auch das ab. Das finden sie lustig. Sie lachen auch noch, als Adam einen flotten Dreier vorschlägt. Aber als er mit stufenweise erigierendem Penis aufsteht, weist Sara ihn zurecht.

Sten hat gerade eingekauft, als sein früherer Kollege Carey Bachman ihn auf vier Mexikaner hinweist, die ihren Einkaufswagen mit Unmengen von Reis, Bohnen, Nudeln und Hackfleisch vollgepackt haben. Das kommt dem 50-jährigen Lehrer verdächtig vor, der sich ebenso wie der pensionierte Schuldirektor in der Initiative „Unser Wald gehört uns“ engagiert. Sten schlägt vor, den Sheriff anzurufen, aber dazu meint Carey:

„Sei nicht naiv. Einkaufen ist nicht verboten. Und selbst wenn sie Illegale sind – und du weißt ganz genau, dass es Illegale sind –, darf die Polizei das nicht überprüfen, sie darf sie nicht mal danach fragen, denn das könnte die kostbaren Rechte beschneiden, die jeder genießt, sobald er auch nur den Fuß in dieses Land gesetzt hat, ob er jetzt ein Drogendealer ist oder nicht.“

Weil Carey beim Joggen war und kein Fahrzeug dabei hat, überredet er Sten, die Mexikaner mit ihm gemeinsam zu verfolgen. Als diese schließlich anhalten, bringt Sten seinen Wagen ebenfalls zum Stehen. Einer der Männer nähert sich und fragt durchs Fahrerfenster, ob er helfen könne. Da stößt Sten die Tür auf und baut sich vor dem kleineren Latino auf. Dessen Mitfahrer steigen ebenfalls aus. Carey befürchtet einen Kampf und meint, Sten solle es gut sein lassen. Der sucht jedoch Streit. Glücklicherweise ist der Mexikaner vernünftiger: Er dreht sich um und kehrt zu den anderen zurück. Bis Sten nach Hause kommt, sind einige der Einkäufe wie Fleisch, Eier und Milch verdorben. Das ist der Preis für die Wachsamkeit gegenüber Hispanics.

Er war kein Rassist […] Aber wenn sie das Land zerstörten und die Menschen aus ihren Parks und Wäldern vertrieben, dann war das etwas anderes. Er hatte die aufgegebenen Lager tief im Wald gesehen, die Müllberge, die Tierkadaver, die Öl- und Pestizidlachen, die leeren Propangasflaschen und die schiefen, rasch zusammengenagelten Schuppen. Es war auch eine Frage der Ökologie. Rettet den Wald. Die Forellen. Die Lachse. Die Hirsche.

Als Adam wieder einmal aus dem Wald kommt, steht nicht nur der Wagen seiner Eltern vor dem Haus am Noyo, sondern auch ein Umzugwagen. Sten erklärt seinem Sohn, das Haus der Großmutter sei verkauft. Art Tolleson werde einziehen. Adam soll die Sachen heraussuchen, die er mitnehmen möchte. Sara bietet an, Adam vorübergehend bei sich aufzunehmen, aber der stößt seinen Vater zu Boden und rennt weg.

Nur Sara wartet auf ihn. Sie sitzt im Auto, als er spätabends kommt. Aber statt auf sie zu hören, zertrümmert er die Fensterscheiben des Hauses und verwüstet die Räume. Dann verschwindet er wieder.

Noch in derselben Nacht wird er auf dem gerade nicht benützten Gelände eines Pfadfinderlagers am Noyo ertappt. Ein Mann ruft ins Dunkle, er könne hier nicht campen. Adam hat, wie immer, das Norinco SKS Sporter Sturmgewehr seines verstorbenen Onkels Dave bei sich, das ihm seine Tante Marion zum 23. Geburtstag schenkte. Damit erschießt er den Mann, der ihn zum Verlassen des Grundstücks aufgefordert hat.

Am nächsten Tag treffen sich Sten und Art Tolleson an einer Tankstelle. Der neue Besitzer des Hauses am Noyo berichtet Sten, Carey Bachmann sei erschossen worden. Vermutlich von Mexikanern.

Wegen des Mordfalls wird eine Bürgerversammlung einberufen. Die Teilnehmer sind sich einig, dass etwas gegen die Latinos unternommen werden müsse.

Als Sten erfährt, dass Adam nicht, wie vermutet, bei Sara untergekommen ist, sondern seit der Verwüstung von Art Tollesons Haus auch von ihr nicht mehr gesehen wurde, macht er sich Sorgen.

Einen Monat später wird Sara erneut von der Besatzung eines Streifenwagens angehalten. Es kommt ihr vor wie ein Déjà-vu, zumal auch wieder die Polizistin Joanie Jerpback neben ihrem Seitenfenster steht. Diesmal wird Sara in eine Ausnüchterungszelle gebracht, denn sie hat zu viel getrunken. Und die zuständige Richterin setzt eine doppelt so hohe Kaution wie beim letzten Mal fest.

Als Sara wieder zu Hause ist, taucht unerwartet Adam auf.

„Ich hab die Scheißerei“, verkündete er.

Nach stundenlangem Warten in der Notaufnahme des Krankenhauses wird Adams Verdacht, sich mit Giardien infiziert zu haben, bestätigt, und er bekommt ein Rezept. Auf dem Parkplatz fällt Sara ein Streifenwagen mit laufendem Motor auf. Von der Besatzung ist nichts zu sehen. Da holt Sara die Kolibri-Tränke aus ihrem Auto, die sie als Geschenk für Christabel gekauft hat, und kippt das Zuckerwasser in den Tank des Polizeifahrzeugs.

Danach verbringt sie eine heiße Nacht mit Adam im Bett, aber als sie am Morgen aufwacht, ist er verschwunden.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Adam identifiziert sich mit John Colter. Er fühlt sich als Waldläufer, und der legendäre Trapper ist sein großes Vorbild. Als er nach seiner illegalen Mohnplantage schaut, tauchen zwei Männer auf. Adam springt aus der Deckung und schreit: „FBI, FBI, Sie sind verhaftet!“ Im nächsten Augenblick kommt er sich idiotisch vor. Einer der beiden Männer erkennt ihn offenbar, denn er fragt: „Was machst du –?“ Weiter kommt er nicht, denn Adam tötet ihn mit dem Norinco-Sturmgewehr. Der andere schießt mit einer halbautomatischen Pistole auf Adam, trifft ihn jedoch nicht.

Sowohl Carey Bachmann als auch Art Tolleson wurden mit einem chinesischen Sturmgewehr erschossen. Das beweisen die von der Polizei sichergestellten Patronenhülsen. Rob Rankin, der County Sheriff, und sein Deputy Jason Ringwald befragen Sten, denn sie wissen, dass dessen Sohn eine solche Waffe besitzt. Charles Moody, der die Mohnplantage fünf Kilometer nordöstlich des Hauses am Noyo entdeckte und Art Tolleson zeigen wollte, überlebte nur, weil er bewaffnet war.

Zwei Tage nachdem Sara mit Adam im Krankenhaus war, ist Christabel bei ihr zu Besuch. Plötzlich wird das Haus gestürmt. Polizisten durchsuchen jeden Raum. Sara denkt zunächst, es sei ihretwegen, weil sie den Hund aus dem Tierheim holte oder den Motor eines Streifenwagens zerstörte, aber dann begreift sie, dass die Männer nach Adam suchen und erfährt, dass er verdächtigt wird, Carey Bachmann und Art Tolleson erschossen zu haben.

Als Vater des Mordverdächtigen wird Sten erneut von der Medienmeute gehetzt.

Die Polizei setzt Hunde und Hubschrauber ein; Einsatzgruppen kommen aus Sacramento, Fresno und Alameda County. Weil Rob Rankin den Wald zum Sperrgebiet erklärt hat, kommt der Tourismus in der Gegend zum Erliegen. Die Eisenbahn, die früher Baumstämme transportierte und inzwischen nur noch von Ausflüglern benutzt wird, stellt vorübergehend den Betrieb ein. Auch Wirte und Hoteliers klagen über Umsatzeinbrüche.

Nach fünf Wochen taucht Adam trotz des vor Saras Haus stehenden Streifenwagens nachts bei ihr auf. Er will etwas essen. Anschließend schlafen sie miteinander. Bevor es hell wird, verschwindet er, ohne dass die Polizei etwas merkt.

Aber kurz darauf wird er von zwei in einer Baumkrone versteckten Polizeibeamten ohne Vorwarnung mit zwölf Schüssen getötet.

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Vordergründig handelt es sich bei dem Roman „Hart auf hart“ von Tom Coraghessan Boyle um einen spannenden Thriller. Aber es steckt sehr viel mehr dahinter. In der Tragödie geht es um den amerikanischen Freiheits-Mythos, den Konflikt zwischen der Freiheit des Einzelnen und staatlicher Ordnungsmacht, die Ausbeutung der Natur durch die Konsumgesellschaft und sensationsgierige Medien.

„Hart auf hart“ dreht sich um zwei Außenseiter. Die 40-jährige Hufschmiedin Sara Hovarty Jennings gehört zu den Wutbürgern der Sovereign Citizen-Bewegung, die ihre individuelle Freiheit verteidigen und einschränkende Gesetze nicht anerkennen, obwohl sie sich dadurch fortwährend in Schwierigkeiten bringen. Der 15 Jahre jüngere Adam Stensen, der Sohn eines pensionierten Schuldirektors, hält sich für einen Waldläufer, eifert dem legendären Trapper John Colter nach und fühlt sich sowohl von Aliens als auch Chinesen so bedroht, dass er zu seinem Schutz stets ein (paradoxerweise chinesisches) Gewehr bei sich hat.

T. C. Boyle stellt diese beiden Charaktere in „Hart auf hart“ lebendig und farbig dar. Dabei versetzt er sich auch in ihre skurrile Gedankenwelt und ermöglicht es den Leserinnen und Lesern, die Beweggründe der Protagonisten nachzuvollziehen.

Der Roman „Hart auf hart“ ist meisterhaft aufgebaut. T. Coraghessan Boyle hat die Erzählstränge, die sich um Sara, Adam, dessen Vater Sten Stensen und John Colter drehen, souverän verwoben und ausbalanciert. Erst in der zweiten Hälfte des Buches begreift man die Bedeutung des ersten Kapitels, in dem T. C. Boyle von einem Raubüberfall auf eine Touristengruppe in der Karibik erzählt: Sten Stensen, der nach der Tötung eines Menschen als Held gefeiert wird, ist gewissermaßen ein Spiegelbild seines Sohnes, dessen Wahn wiederum mit der Xenophobie des Vaters korrespondiert.

Temporeich und mit großer Fabulierlaune entwickelt T. Coraghessan Boyle die mitreißende Geschichte. Zwei Szenen wiederholt er aus anderen Perspektiven. „Hart auf Hart“ funkelt von unterschwelligem Humor, auch wenn einem das Lachen im Hals stecken bleibt.

Bemerkenswert ist, dass die deutsche Übertragung von „Hart auf hart“ bereits acht Wochen vor der amerikanischen Originalausgabe „The Harder They Come“ erschien.

Den Roman „Hart auf hart“ von T. Coraghessan Boyle gibt es auch in einer von Anke Albrecht gekürzten Fassung als Hörbuch, gelesen von August Diehl (Regie: Roman Neumann; ISBN 978-3-8445-1811-5).

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2015
Textauszüge: © Carl Hanser Verlag

John Colter (kurze Biografie)

Tom Coraghessan Boyle (kurze Biografie / Bibliografie)
Tom Coraghessan Boyle: Wassermusik
Tom Coraghessan Boyle: World’s End
Tom Coraghessan Boyle: Grün ist die Hoffnung
Tom Coraghessan Boyle: Willkommen in Wellville (Verfilmung)
Tom Coraghessan Boyle: América
Tom Coraghessan Boyle: Riven Rock
Tom Coraghessan Boyle: Schluss mit cool
Tom Coraghessan Boyle: Zähne und Klauen
Tom Coraghessan Boyle: Talk Talk
Tom Coraghessan Boyle: Die Frauen
Tom Coraghessan Boyle: Das wilde Kind
Tom Coraghessan Boyle: Wenn das Schlachten vorbei ist
Tom Coraghessan Boyle: San Miguel
Tom Coraghessan Boyle: Die Terranauten
Tom Coraghessan Boyle: Das Licht
Tom Coraghessan Boyle: Sprich mit mir
Tom Coraghessan Boyle: Blue Skies

John Irving - In einer Person
Die sexuelle Orientierung der bzw. des Einzelnen droht durch gesellschaftliche Normen und Konventionen geprägt zu werden. John Irving plädiert für Freiheit und Toleranz. Leider wälzt er das Thema in seinem Roman "In einer Person" auf 720 Seiten aus und wiederholt sich dabei viel zu häufig.
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