Der Mieter

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Der Mieter - Originaltitel: Le locataire - Regie: Roman Polanski - Drehbuch: Gérard Brach und Roman Polanski, nach einem Roman von Roland Topor - Kamera: Sven Nykvist - Schnitt: Françoise Bonnot - Musik: Philippe Sarde - Darsteller: Roman Polanski, Isabelle Adjani, Shelley Winters, Melvyn Douglas, Jo Van Fleet, Bernard Fresson, Lila Kedrova, Claude Dauphin, Claude Piéplu, Romain Bouteille, Jacques Monod, Patrice Alexsandre, Jean-Pierre Bagot, Josiane Balasko - 1976; 125 Minuten

Inhaltsangabe

Schüchtern und überaus höflich fragt der Bankangestellte Trelkovsky die Concierge eines Mietshauses in Paris nach einer frei gewordenen Wohnung. Widerwillig geht sie mit ihm in den 3. Stock und schließt auf. Simone Choule, die hier wohnte, sprang aus dem Fenster und liegt jetzt im Krankenhaus. Die Concierge zeigt Trelkovsky das vom Körper der Selbstmörderin durchschlagene Glasvordach und versichert ihm, die Frau werde sich von ihren Verletzungen nicht mehr erholen ...
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Kritik

"Der Mieter" ist nicht nur eine Gesellschaftssatire, sondern zugleich eine spannende und mit Slapstick-Szenen gespickte Persiflage auf Horrorfilme und Psycho-Thriller.


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Schüchtern und überaus höflich fragt der Bankangestellte Trelkovsky (Roman Polanski) die Concierge eines Mietshauses in Paris (Shelley Winters) nach einer frei gewordenen Wohnung. Widerwillig geht sie mit ihm in den 3. Stock und schließt auf. Simone Choule, die hier wohnte, sprang aus dem Fenster und liegt jetzt im Krankenhaus. Die Concierge zeigt Trelkovsky das vom Körper der Selbstmörderin durchschlagene Glasvordach und versichert ihm, die Frau werde sich von ihren Verletzungen nicht mehr erholen.

Der Vermieter wohnt eine Etage tiefer. Trelkovsky bewirbt sich bei dem mürrischen alten Mann um die frei werdende Wohnung und kann ihn überzeugen, dass er ein ruhiger, allein lebender Mann sei, der nur selten Besuch bekomme.

Um sich über den Zustand der Vormieterin zu erkundigen, geht Trelkovsky ins Hospital. Am Krankenbett lernt er Simone Choules Freundin Stella (Isabelle Adjani) kennen. Als die von Kopf bis Fuß verbundene Patientin furchtbar zu schreien beginnt, werden sie von der Oberschwester fortgeschickt. Trelkovsky lädt Stella zu einem Glas Rotwein in einer Bar ein. „Selbstmord werde ich nie verstehen“, meint er kopfschüttelnd. Anschließend gehen sie ins Kino. Dort greift Stella ihrem neuen Bekannten in den Schritt, und sie küssen sich.

Einige Tage später ruft Trelkovsky vom Büro aus im Krankenhaus an und erfährt, dass Simone Choule gestorben ist. Endlich kann er in die Wohnung einziehen, in der noch die Kleider der Toten hängen.

Beim Frühstück in der Bar gegenüber berichtet ihm der Wirt, Fräulein Choule habe jeden Morgen eine Tasse Schokolade getrunken und dazu zwei Brötchen gegessen. Ungefragt serviert er Trelkovsky Schokolade. Der wehrt sich nicht und probiert interessiert, wie das Getränk schmeckt, aber als ihm der Wirt statt Gauloises die von Fräulein Choule bevorzugte Marke Marlboro geben will, lehnt er ab.

Bei der Leichenfeier in der Kirche sehen sich Stella und Trelkovsky wieder. Während der Predigt packt ihn Panik. Er stürmt nach hinten, rüttelt aber zunächst an der falschen Tür und findet dann erst den Ausgang.

Am Wochenende feiert Trelkovsky mit Kollegen seinen Einstand in der neuen Wohnung. Um 1 Uhr nachts beschwert sich ein Nachbar über den Lärm. Trelkovsky wirft seine Gäste hinaus, denn er will keinen Ärger im Haus. Am nächsten Morgen schleppt er den Müll hinunter. Dabei begegnet er dem Vermieter, entschuldigt sich auch bei ihm für den Lärm und versichert ihm, das komme nie wieder vor. Beim Weitergehen platzen die Mülltüten auf. Unrat purzelt über die Stufen. Doch als Trelkovsky von der Mülltonne im Hof zurückkommt und die Sachen aufheben möchte, ist die Treppe bereits sauber.

Am Montag lesen ihm die Kollegen aus der Zeitung vor: Da habe jemand nachts um 3 Uhr eine Arie aus „Tosca“ gesungen und sei deshalb von einem Nachbarn, der sich in seiner Ruhe gestört gefühlt habe, erschossen worden.

Als Trelkovsky einen Schrank verrückt, klopfen erboste Nachbarn an Wände und Zimmerdecken. Dass aber die Wasserleitung laut rattert, sobald er den Hahn aufdreht, scheint niemand zu stören. Vorsichtig schleicht Trelkovsky auf den knarrenden Bodenbrettern der düsteren, muffigen Wohnung herum. In der Wand entdeckt er ein mit Watte ausgestopftes Loch. Er nimmt die Watte heraus und findet einen Zahn. Auf der anderen Seite des Innenhofs befinden sich die Toiletten. Dort sieht Trelkovsky immer wieder andere Mieter stundenlang regungslos herumstehen.

Eines Tages läutet jemand, stellt sich als Georges Badar vor und möchte zu Simone Choule. Erst von Trelkovsky erfährt er, dass sie tot ist. Damit sich die Nachbarn nicht durch das Schluchzen des Besuchers gestört fühlen, lädt ihn Trelkovsky in die Bar gegenüber ein. Seit zehn Jahren liebte er die Frau, jammert Badar, aber er hatte nie den Mut, es ihr zu gestehen. Heute wollte er es ihr sagen. Ohne auf das Wehklagen des verzweifelten Gastes zu achten, zählt der Wirt das Geld in der Kasse und schließt dann das Lokal.

In Trelkovskys Wohnung wurde eingebrochen. Wütend wirft er einen Schuh gegen die Wand. Sofort protestieren die Nachbarn durch ärgerliches Klopfen, und am nächsten Morgen beschwert sich der Vermieter über den Lärm. Das seien Einbrecher gewesen, beteuert Trelkovsky. Er sei gerade auf dem Weg zur Polizei. Davon rät ihm der Vermieter ab. Darunter könnte das Ansehen der Hausbewohner leiden, und wegen seines polnischen Namens müsse er ohnehin vorsichtig sein, auch wenn er französischer Staatsbürger sei.

Zufällig trifft Trelkovsky in einer Kneipe Stella mit ein paar Freunden. Er verhindert dann zwar mit mehreren Ausreden, dass Stella mit zu ihm in die Wohnung kommt, geht aber mit zu ihr. Während sie ihm die Hose auszieht, erzählt er ihr traurig von dem Zahn, den er in dem Wandloch fand und stellt folgende Überlegung an: Schnitte man ihm einen Arm ab, würde er sagen: „Ich und mein Arm.“ Was aber, wenn man ihm den Kopf abtrennen würde? Mit welchem Recht könnte der Kopf dann von „ich“ sprechen? Mitten in der Nacht, während Stella schläft, schleicht er ins Bad, übergibt sich und verlässt dann die Wohnung.

Als er heimkommt, erschrickt er im Treppenhaus und glaubt, man wolle ihn überfallen. Doch bei der Polizei klagt der Beamte nur über die viele Arbeit und warnt ihn, es lägen Anzeigen wegen Ruhestörung gegen ihn vor. „Trelkovsky. Ist das ein russischer Name?“, fragt er. Trelkovsky versichert, er sei französischer Staatsbürger, aber der Polizeibeamte überprüft seinen Ausweis und entgegnet: „Bei uns kann nicht jeder Hergelaufene die Ruhe stören!“

Das Glasvordach, das zerbrach, als Simone Choule aus dem Fenster sprang, wird repariert.

Eine Mieterin läutet bei Trelkovsky, um sich bei ihm zu bedanken. Als Einziger habe er sich nicht an einer Unterschriftenaktion gegen sie beteiligt. Man wolle sie aus ihrer Wohnung verdrängen, weil ihre behinderte Tochter angeblich zu viel Lärm mache. Tatsächlich weigerte sich Trelkovsky, das Schreiben zu unterzeichnen, weil er sich nicht gestört fühlte und nicht einmal weiß, wo die Frau wohnt. Diese hat jetzt — durch eine Kolik dazu befähigt — vor jede Wohnungstür gekackt und nur Trelkovsky verschont. Der fürchtet aber, dadurch den Zorn der Anderen auf sich zu lenken und platziert deshalb einen der Haufen vor seiner Tür.

Er lackiert sich die Fingernägel, kauft eine Frauenperücke und zieht ein Kleid der Toten an. Am nächsten Morgen beschwert sich der Vermieter über den Besuch eines „Flittchens“ bei Trelkovsky.

In der Bar weist Trelkovsky die Tasse Schokolade zurück, die ihm der Kellner wie immer serviert, und besteht auf Kaffee. Aber die Maschine ist kaputt. Gauloises gibt es auch nicht. „Ihr seid eine Mörderbande“, schimpft Trelkovsky.

Nur Stella vertraut er noch. Er flüchtet zu ihr und klagt: „Sie versuchen mich umzubringen!“ Auch Simone habe sich nicht freiwillig aus dem Fenster gestürzt, sondern sei das Opfer einer Verschwörung. Jetzt wollten „sie“ ihn in Simone verwandeln. Stella lässt Trelkovsky bei sich übernachten. Am nächsten Morgen muss sie zwar zur Arbeit, aber er darf in ihrer Wohnung bleiben und sie verspricht ihm sogar, Schlüssel für ihn nachmachen zu lassen.

Während ihrer Abwesenheit blättert Trelkovsky in ihren Fotoalben. Es klingelt. Im Türspion glaubt er seinen Vermieter zu erkennen.

Also gehört auch Stella zu den Verschwörern! Er verwüstet ihre Wohnung, nimmt ihr Geld und fährt mit einem Taxi in ein schäbiges Hotel. Vergeblich versucht er, eine Pistole zu kaufen. In seiner Aufregung läuft er einem alten Ehepaar vors Auto. Wieder glaubt er, seine Vermieter vor sich zu haben. „Die wollen mich umbringen!“, schreit er und würgt die Frau. Ein Arzt injiziert ihm ein Beruhigungsmittel, und das Ehepaar fährt ihn nach Hause. Die Concierge und der Vermieter entrüsten sich darüber, dass schon wieder etwas mit dem neuen Mieter nicht in Ordnung sei. „Es ist immer er.“

Nach einer Weile zieht sich Trelkovsky wieder Fauenkleider an und klettert auf die Fensterbank. Die Fenster zum Innenhof gehen auf, verwandeln sich in Theaterlogen, und die anderen Hausbewohner klatschen begeistert Beifall. Trelkovsky springt und durchschlägt das reparierte Glasvordach. „Kann man denn keine Nacht ruhig schlafen in diesem Haus!“, schimpft die Concierge. Die Hausbewohner laufen zusammen. Trelkovsky liegt mit gebrochenen Beinen am Boden, gerät in Panik, schreit „Mörderbande“ und zieht sich am Treppengeländer hinauf, um noch einmal zu springen.

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Die Hausgemeinschaft in „Der Mieter“ ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft: Wer „anders“ ist, sich nicht anpasst und aus der Reihe tanzt, hat keine Chance. „Der Mieter“ ist jedoch nicht nur eine Gesellschaftssatire, sondern zugleich eine spannende und mit Slapstick-Szenen gespickte Persiflage auf Horrorfilme und Psycho-Thriller.

Roman Polanski besticht in „Der Mieter“ nicht nur als ideenreicher, treffsicherer Regisseur und witziger Drehbuchautor, sondern auch als nuancenreicher Hauptdarsteller.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002

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Das Geisterhaus

 

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.