Moby Dick

Moby Dick

Moby Dick

Originaltitel: Moby Dick - Regie: Regie: John Huston - Drehbuch: John Huston und Ray Bradbury, nach einem Roman von Herman Melville - Kamera: Oswald Morris - Schnitt: Russell Lloyd - Musik: Philip Stainton - Darsteller: Gregory Peck, Richard Basehart, Orson Welles, Leo Genn, James Robertson Justice, Harry Andrews, Bernard Miles, Seamus Kelly, Tamba Alleney, Edric Connor, Mervyn Johns, Friedrich Ledebur u.a. - 1956; 110 Minuten

Inhaltsangabe

Ein riesiger weißer Wal – Moby Dick – hat den Walfänger-Kapitän Ahab zum Krüppel gemacht. Das Tier wird für Ahab zur Verkörperung des Bösen schlechthin, und er kennt nur noch eines: Er will es zur Strecke bringen und schwört seine Mannschaft darauf ein, ihm in den Kampf zu folgen.
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Kritik

Klassische Verfilmung des 1851 veröffentlichten Romans "Moby Dick" von Herman Melville. 40 Jahre nach der Entstehung wirkt der Film eher langatmig und pathetisch.
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Der Matrose Ishmael (Richard Basehart) folgt 1841 wieder einmal den Wasserläufen und wandert aus den Bergen hinunter zur Küste von Neu England, um in der kleinen Hafenstadt New Betford auf einem Walfänger anzuheuern. Im Gasthaus muss er sich ein Zimmer mit dem am ganzen Körper tätowierten Polynesier Queequeg teilen, den er zunächst für einen Kannibalen hält, weil er Schrumpfköpfe verkauft. Doch rasch befreundet Ishmael sich mit dem selbstlosen, „edlen Wilden“. Ungeachtet der schlimmen Prophezeiung eines offenbar Geistesgestörten, der sich Elias nennt, heuern sie gemeinsam auf der „Pequod“ an, einem Walfänger, der den Namen eines ausgestorbenen Indianerstamms trägt.

Zur Mannschaft gehören auch ein Indianer namens Tashtego, der Schwarze Daggoo und überhaupt alle Rassen und Charaktertypen. Den sagenumwobenen Kapitän Ahab (Gregory Peck) bekommen Ishmael und Queequeg während der ersten Tage nicht zu sehen, aber sie hören ihn nachts mit seinem künstlichen Bein stundenlang an Deck herumwandern. Ihre Befehle erhalten sie von den Schiffsoffizieren, Starbuck, Stubb und Flask.

Die „Pequod“ nimmt zuerst Kurs auf die Azoren, segelt dann um das Kap der Guten Hoffnung herum und im Indischen Ozean wieder nach Norden.

Endlich zeigt Kapitän Ahab sich. Sein linkes Bein wurde durch eine weiße Prothese aus dem Kieferknochen eines Pottwals ersetzt. Ein riesiger weißer Wal – Moby Dick – hat ihn körperlich und psychisch zum Krüppel gemacht. Ihn kümmert es nicht, dass die Schiffseigner auf ertragreiche Fänge hoffen; er wird nur noch von seinem Hass getrieben und interessiert sich für nichts anderes mehr als die Jagd auf Moby Dick. Das Riesentier stellt für ihn die Verkörperung des Bösen schlechthin dar und muss daher unter allen Umständen vernichtet werden.

Der monomanische Kapitän nagelt eine Golddublone an einen Mast und verspricht sie demjenigen, der Moby Dick als Erster erspäht. Er lässt die Mannschaft schwören, ihm bedingungslos in den Kampf gegen Moby Dick zu folgen und verspricht, seinen Anteil am Gewinn aus dem Walfang unter den Matrosen zu verteilen.

Nur einer stellt sich offen gegen den Tyrannen: Der ernste und aufrichtige Steuermann Starbuck. Er weist darauf hin, dass sie im Auftrag der Schiffseigner unterwegs sind und die Aufgabe haben, möglichst viel Tran nach Hause zu bringen. Doch Kapitän Ahab hört nicht auf ihn.

Sie stoßen auf eine große Herde von Walen und harpunieren von ihren Booten aus eine größere Zahl von ihnen. Während die Männer damit beginnen, die erlegten Tiere zur „Pequod“ zu schleppen, erfährt Ahab vom Kapitän eines passierenden Schiffes, dass der weiße Wal vor vier Wochen in der Nähe gesichtet wurde. Da befiehlt er seiner Mannschaft, die Taue zu den harpunierten Walen zu kappen und unverzüglich ohne Beute an Bord des Mutterschiffs zurückzukehren: Er will keine Zeit verlieren und Moby Dick nachjagen.

Vergeblich versucht Starbuck, Stubb und Flask davon zu überzeugen, dass der Kapitän gegen seinen Auftrag verstoße und seines Amtes enthoben werden müsse. Sie lehnen eine Meuterei ab und halten ihm entgegen: „Der Kapitän ist das Gesetz.“

Im April 1842 stoßen sie auf Moby Dick, können ihm jedoch wegen einer Flaute nicht folgen. Kapitän Ahab befiehlt seinen Männern, den Dreimaster mit ihren Ruderbooten zu ziehen, bis sie wieder in ein windiges Gebiet kommen.

Queequeg sieht plötzlich seinen Tod voraus, beauftragt den Bordzimmermann, einen Sarg zu schreinern und schenkt Ishmael sein restliches Geld. Der redet auf ihn ein und versucht, ihn von seinen düsteren Gedanken abzulenken, doch Queequeg bleibt stumm.

Als endlich wieder genügend Wind aufkommt, nähert sich die „Rachel“, die ebenfalls aus New Betford stammt. Kapitän Gardiners Mannschaft hatte den weißen Wal aufgespürt und harpuniert, aber das gigantische Tier schleppte eines der Ruderboote fort, bevor noch das Tau gekappt werden konnte. Auf dem Boot befand sich auch Gardiners Sohn, und er bittet Ahab, ihm bei der Suche nach den Schiffsbrüchigen zu helfen. Starbuck beschwört seinen Kapitän, die Bitte zu erfüllen, sonst würde man sie nach der Rückkehr wie Outlaws behandeln. Doch Ahab will sich bei der Jagd auf Moby Dick nicht aufhalten lassen.

Entschlossen, die Mannschaft von dem Tyrannen zu befreien und vor dem Verderben zu bewahren, nimmt Starbuck eine Pistole aus dem Waffenschrank. Aber er bringt es nicht fertig, auf Ahab zu schießen.

Kapitän Ahab gelingt es, die „Pequod“ durch ein Unwetter zu steuern. Elmsfeuer läuft grünlich schimmernd über die Harpune, die er hochhält. Das sei ein gutes Omen, erklärt er der Mannschaft und bringt die Männer dazu, frisch geschmiedete Harpunenspitzen in einem Eimer ihres eigenen Blutes zu härten.

Da taucht Moby Dick wieder auf. Mit ihren Ruderbooten verfolgen Ahab und seine Männer das riesige Tier, dessen Rücken von früheren Begegnungen mit Walfängern bereits mit Harpunen gespickt ist. Sobald sie ihre Harpunen geschleudert haben, greift der weiße Wal an und zertrümmert ein Boot nach dem anderen. Ahab klammert sich an den Tauen der Harpunen fest und sticht besessen auf das Tier ein. Moby Dick reißt ihn mit ihn die Tiefe. Als der Wal wieder auftaucht, sehen die Schiffbrüchigen ihren Kapitän tot in den Tauen hängen. Er scheint ihnen mit einem Arm zuzuwinken, bevor Moby Dick wieder abtaucht und anfängt, auch die „Pequod“ zu zertrümmern, bis das Wrack in den Fluten versinkt.

Ishmael klammert sich an den für seinen Freund Queequeg gezimmerten Sarg und wird nach einigen Tagen von der „Rachel“ gefunden. Als Einziger hat er die Katastrophe überlebt.

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Der Roman „Moby Dick“ von Herman Melville wurde 1851 veröffentlicht. Er besteht nicht nur aus der von John Huston verfilmten Handlung, sondern stellt geradezu ein Lehrbuch über den Walfang dar und enthält eine Fülle von zoologischen, technischen, historischen und biblischen Einzelheiten. „Moby Dick“ ist nicht zuletzt eine Parabel auf einen Machthaber, der fanatisch daran festhält, seine persönliche Rache auszuleben und seine Mannschaft – stellvertretend für die Gesellschaft – mit ins Verderben reißt.

Ahabs Rachsucht ist zugleich das unausgesprochene Eingeständnis, dass er den Wal als ebenbürtig akzeptiert […] Moby Dick ist nicht länger eine Ressource, er wird zu Ahabs persönlichem Gegner.
(Frank Schätzing: Nachrichten aus einem unbekannten Universum, Seite 300)

Dieser Roman ist ein Ungeheuer, eine Bedrohung. Er hat Untiefen wie der Ozean […] In dem gewaltigen aus- und abschweifenden Text erörtert Melville schlichtweg alles am Beispiel des Walfangs: die Welt- und Naturgeschichte, die Kunstkritik anhand von Walbildern, Philosophisches, die Psychologie eines protofaschistischen Fanatismus […], die Ethik des Tyrannenmords. „Moby Dick“ zeigt die Welt im Spiegel der Waljagd, das ist absurd, wahnwitzig, funktioniert aber wunderbar, weil es auf einer genialen, seit der Höhlenmalerei geläufigen Uformel der Kunst fußt: dass dem Menschen gegenüber dem Tier, dem Nichtmensch, dem unfassbar Anderen, sämtliche Fragen seiner Existenz dräuen. Davon kann Melville blutig realistisch und spannend erzählen, weil er 1840 selbst auf einem Walfänger fuhr. Ungeheuer aber ist der Gesamtbau: Wie sich in den ruhigen lexikalischen Exkursen zur Walkunde alle Kraft der Vernunft sammelt – um sich dann im nächsten Kapitel, im Schlachten und im Zorn sinnlos zu entladen. (Wilhelm Trapp, Süddeutsche Zeitung, 17. August 2006)

Natürlich könnte man „Moby-Dick“ als Metapher auf unser eigenes wackeliges Staatsschiff begreifen. […] Melville sagt dann auch das Massensterben der Arten und den Zusammenbruch des Klimas voraus, und in ihrer Jagd auf eine begrenzte Ressource ist die Walfangindustrie eine Miniatur der Globalisierung. […] Der Roman ist Metapher für eine junge Republik im Zustand ihres Zerfalls. Man kann in Ahabs Wunsch nach Rache an dem Wal auch eine Anklage gegen den Imperialismus sehen. (Philip Hoare, zit. Süddeutsche Zeitung, 1. Juli 2019)

Dem Buch von Herman Melville liegt eine wahre Begebenheit zugrunde: Der Untergang der „Essex“ im Jahr 1820.

Neuübersetzungen des Romans gibt es von Matthias Jendis (2001) und Friedhelm Rathjen (2004). Eine hervorragende 30-stündige Lesung der Fassung von Friedhelm Rathjen gibt es von Christian Brückner (Zweitausendeins, Frankfurt/M 2006, 2 MP3-CDs).

John Huston drehte fast zwei Jahre lang vor den Küsten von Wales, auf den Kanarischen Inseln und auf Sets in Irland. Trotz hervorragender Kritiken erwies sich sein Film an den Kinokassen als Misserfolg. Das führten manche darauf zurück, dass Gregory Peck (1916 – 2003) in der Rolle des monomanen, hasserfüllten Kapitäns gegen sein Image besetzt worden war. John Huston war sehr stolz auf seine Verfilmung des Romans von Herman Melville, und seine Version von „Moby Dick“ gilt längst als Klassiker, doch der Film wirkt vierzig Jahre nach der Entstehung eher langatmig und pathetisch.

Eine weitere Verfilmung von Herman Melvilles Roman stammt von Franc Roddam.

Moby Dick (1997) – Regie: Franc Roddam – Drehbuch: Franc Roddam und Anton Diether – Kamera: David Connell – Musik: Christopher Gordon – Darsteller: Patrick Stewart (Kapitän Ahab), Henry Thomas (Ishmael), Piripi Waretini (Queequeg), Ted Levine (Starbuck) u. a.

Im Carl Hanser Verlag erschien 2007 die deutsche Übersetzung einer Melville-Biografie von Andrew Delbanco (Übersetzung: Werner Schmitz, 470 Seiten, 34.90 €).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002 / 2008

Der Untergang der „Essex“

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