Stille Wasser

Stille Wasser

Stille Wasser

Stille Wasser - Originaltitel: Eaux profondes - Regie: Michel Deville - Buch: Christopher Frank, Florence Delay und Michel Deville, nach dem Roman "Tiefe Wasser" von Patricia Highsmith - Kamera: Claude Lecomte - Musik: Manuel De Falla - Darsteller: Isabelle Huppert, Jean-Louis Trintignant, Sandrine Kljajic, Eric Frey, Christian Benedetti, Bruce Myers, Bertrand Bonvoisin, Jean-Luc Moreau, Robin Renucci, Philippe Clévenot u.a. - 1981; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Vics Freunde wundern sich, dass er die fortwährenden Seitensprünge seiner jungen Ehefrau Melanie so gleichmütig erträgt und augenscheinlich nichts dagegen unternimmt. Als er zwei Verehrern Melanies unaufgeregt erzählt, er habe bereits einen Liebhaber seiner Frau erschlagen und kurz darauf der tatsächliche Mörder in dem von Vic erwähnten Fall gefasst wird, hält man seine Drohung für einen Bluff ...
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Kritik

Bei seiner Verfilmung des Romans "Tiefe Wasser" von Patricia Highsmith konzentriert Michel Deville sich auf den Ehekrieg der beiden Hauptfiguren, die von Isabelle Huppert und Jean-Louis Trintignant hervorragend gespielt werden: "Stille Wasser".
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Victor („Vic“) van Allen (Jean-Louis Trintignant) lebt mit seiner Ehefrau Melanie (Isabelle Huppert) und ihrer gemeinsamen Tochter Marion (Sandrine Kljajic) auf der Insel Jersey. Das geerbte Vermögen würde es ihm erlauben, gar nichts zu tun, aber er kreiert Parfums und betreibt ein kleines Unternehmen für die Herstellung. Außerdem züchtet er in seiner Garage Weinbergschnecken, aber nicht zum Essen, sondern nur zum Vergnügen. Die Liebe zwischen ihm und Melanie ist im achten Ehejahr längst abgestorben. Die junge, sinnliche Frau langweilt sich an der Seite ihres kultivierten, höflichen und gefühlskalten Mannes.

Auf einer Party tanzt Melanie in einem zinnoberroten, aufregenden Kleid den ganzen Abend lasziv mit einem Mann namens Joël (Jean-Luc Moreau). Alle wundern sich, dass Vic das toleriert. Zwischendurch setzt Joël sich einmal zu ihm. „Ich bewundere Sie, dass Sie mir erlauben, mit ihrer Frau so zu flirten“, sagt er. „Ein anderer Mann hätte mir schon aus geringfügigeren Gründen die Zähne eingeschlagen.“ Ungerührt entgegnet Vic, er werde niemandem die Zähne einschlagen, aber seine Rivalen pflege er zu töten. Das hält Joël zunächst für einen schlechten Scherz, aber Vic fragt ihn, ob er sich an den unaufgeklärten Mordfall Malcolm McRae erinnere. Das sei ein Liebhaber Melanies gewesen. Den habe er umgebracht, eigentlich weniger, weil er es mit Melanie getrieben hatte, sondern weil er vulgär gewesen sei. Daraufhin ist Joël doch etwas beunruhigt und reist vorzeitig nach Paris zurück.

An einem der nächsten Abende bringt Melanie einen Seemann mit nach Hause. Er heißt Ralph (Robin Renucci). Während Vic scheinbar ungerührt mit seinem Schachautomaten spielt und später ein Buch zu lesen vorgibt, tanzen und flirten die beiden, bis Marion aus ihrem Zimmer kommt und sich darüber beschwert, dass sie bei der lauten Musik nicht schlafen kann. Daraufhin bringt Vic seine Tochter zurück ins Bett, erzählt ihr eine Gute-Nacht-Geschichte und zieht sich auch selbst ins Schlafzimmer zurück.

Am anderen Morgen findet er Ralph und Melanie im Wohnzimmer auf der Couch vor, wo sie ihren Rausch ausschlafen. Er macht das Frühstück, achtet darauf, dass Melanie ein wenig isst und trinkt, bevor sie ins Schlafzimmer hinaufgeht. Sobald er mit Ralph allein ist, erzählt er ihm, er habe einen früheren Liebhaber seiner Frau mit einem Hammer erschlagen. Da torkelt der noch immer betrunkene Seemann aus dem Haus und fährt mit seinem Auto los, ohne sich von Melanie zu verabschieden.

Ralph erzählt im Hafen, Vic van Allen habe ihm den Mord an Malcolm McRae gestanden, und Denis Miller (Éric Frey), ein missgünstiger Bekannter Vics, sorgt für die Verbreitung des Gerüchts. Melanie wird wütend, als sie es hört und begreift, auf welche Weise Vic ihre Bewunderer vertreibt.

Ein paar Tage später steht in der Zeitung, der Mordfall Malcolm McRae sei aufgeklärt worden und der Täter habe ein umfassendes Geständnis abgelegt. Also hat Vic doch nur geblufft.

Bei Melanies nächster Eroberung handelt es sich um den Pianisten Carlo Canelli (Christian Benedetti). Sie lässt sich von ihm unterrichten und sorgt dafür, dass er bei einer Abendgesellschaft im Hotel auftritt. Danach vergnügen sich die Gäste im Swimmingpool, bevor sie zum Buffet gehen. Vic und Carlo bleiben als letzte zurück. Plötzlich drückt Vic den Musiker unter Wasser, bis dieser sich nicht mehr wehrt. Als sei nichts gewesen, zieht er sich an und gesellt sich zu den anderen. Auf der Suche nach Carlo findet Melanie seine im Wasser treibende Leiche. Sofort beschuldigt sie Vic vor allen Leuten des Mordes. Aber der Arzt Dr. Franklin (Maurice Jacquemont) stellt keine Spuren einer Gewalttat fest; nur die geröteten Schultern fallen ihm auf, aber die können auch von der Bergung des Toten aus dem Wasser stammen. Vor dem Untersuchungsrichter (Pierre Vial) wiederholt Melanie ihre Anschuldigung, aber sie kann keine Beweise vorbringen und Vics Freunde sagen aus, er könne keiner Fliege etwas zuleide tun. Deshalb erklärt der Richter offiziell, Carlo Canelli sei bei einem Badeunfall ums Leben gekommen.

Vics Freunde wundern sich, dass er die Seitensprünge und Anschuldigungen seiner Frau so gleichmütig erträgt und augenscheinlich nichts dagegen unternimmt.

Unter vier Augen erklärt Melanie ihrem Mann den offenen Krieg.

Wieder bringt Melanie einen Mann mit. Diesmal heißt er Robert Carpentier (Bertrand Bonvoisin). Angeblich beschäftigt er sich mit Victor Hugo, aber Vic findet rasch heraus, dass er kaum etwas über den französischen Schriftsteller weiß. Er durchschaut, dass es sich bei Robert um einen Privatdetektiv handelt, der ihn zu einem Mordanschlag provozieren soll, damit man ihn auch des Mordes an Carlo überführen kann. Durch ein fingiertes Telefongespräch lässt er erkennen, dass er das Manöver durchschaut hat, und daraufhin verschwindet Robert.

Vic bietet seiner Frau die Scheidung an, aber darauf geht sie nicht ein.

Sie verführt seinen aus Kanada angereisten Geschäftspartner Anthony („Tony“) Cameron (Bruce Myers) und beabsichtigt nun doch, sich scheiden zu lassen und Tony nach Kanada zu begleiten. Am Tag vor der geplanten Abreise bringt Vic seine Tochter zu ihrem ersten öffentlichen Auftritt als Klavierschülerin. Dann fährt er noch einmal los und richtet es so ein, dass er Tony trifft, als dieser gerade aus dem Reisebüro kommt. Er fordert ihn auf, einzusteigen und fährt mit ihm zu seiner Fabrik, angeblich um mit ihm zu reden; tatsächlich aber erschlägt er ihn mit einer Eisenstange und wirft die Leiche von den Klippen ins Meer. Pünktlich zum Beginn der Veranstaltung in der Musikschule ist er wieder zurück und hat inzwischen auch einen Hund für Marion gekauft, der den Namen Parsifal erhält.

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Als Tony nicht mehr auftaucht, zeigt Melanie ihren Mann bei der Polizei an. Ein Angestellter des Reisebüros hat den Gesuchten in Vics Auto steigen stehen. Danach fehlt jede Spur von dem kanadischen Geschäftsmann. Im Verhör gibt Vic zu, Tony mitgenommen zu haben, behauptet aber, es habe sich nur um ein kurzes Wegstück gehandelt. Danach sei er allein weitergefahren, um den Hund für seine Tochter zu besorgen. Geschickt lenkt er die Aufmerksamkeit des Polizeibeamten darauf, dass Melanie sich wegen eines Mannes, den sie erst seit fünf Tagen kannte, von ihm scheiden lassen wollte. Möglicherweise sei Tony doch noch vor dem unüberlegten Schritt zurückgezuckt und allein nach Kanada zurückgereist, gibt er zu Bedenken.

Im Schlafzimmer zeigt Melanie sich ihrem Mann nackt, aber er lässt sich nicht verführen, denn er wittert eine Falle.

Am nächsten Tag lockt sie ihn zu den Klippen. Dort hat sie mit Marion ein Picknick vorbereitet, um Vics Geburtstag zu feiern. Zwischendurch schaut Vic ins Meer und glaubt, Tonys Leiche werde angeschwemmt. Er läuft hinunter; Melanie folgt ihm. Aber es ist nur eine zwei Meter lange Plastiktonne. „Ich bin schon erschrocken“, sagt er. „Ich auch“, erwidert Melanie.

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Bei seiner Verfilmung des Romans „Tiefe Wasser“ („Deep Water“, 1957) von Patricia Highsmith hat Michel Deville die Handlung von der Ostküste der Vereinigten Staaten auf die Insel Jersey verlegt, aus dem Verleger von Liebhaberausgaben einen Parfümeur gemacht, und er konzentriert sich auf den Ehekrieg der beiden Hauptfiguren. „Stille Wasser“ („Eaux profondes“) ist eine spannende psychologische Studie. Wie der Mörder Tom Ripley wirkt auch Victor van Allen nicht abstoßend, weil man seine Motive versteht und sich von seinem – mit Ausnahme der Morde – kultivierten Verhalten blenden lässt. Weder in Patricia Highsmiths Roman noch in Michel Devilles Film gibt es eine gerichtliche oder moralische Verurteilung des Mörders. Im Gegenteil: Am Ende hat Vic sich gegenüber Melanie durchgesetzt.

Bis auf die mitunter sehr akzentuierte und deshalb etwas aufdringlich wirkende Musikuntermalung ist alles in „Stille Wasser“ vom Feinsten: das intelligente Drehbuch, die raffinierte Kameraführung, die durchdachten Schnitte und die beiden Hauptdarsteller Isabelle Huppert und Jean-Louis Trintignant.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005

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