Stalking, Stalker
Bei einem Stalker handelt es sich um einen Menschen, der einen anderen mit unerwünschten Liebesschwüren verfolgt oder sich nach einer gescheiterten Beziehung immer wieder an die bisherige Partnerin bzw. den früheren Lebensgefährten wendet, entweder um sich zu rächen oder um sich zu versöhnen, wobei der Stalker nicht wahrhaben will, dass dieses Vorhaben aussichtslos ist. Der Stalker lauert dem Opfern bei jeder Gelegenheit auf, terrorisiert es durch häufige Telefonanrufe (Telefonterror), SMS
bzw. E-Mails oder bestellt in dessen Namen Waren. In manchen Fällen kommt es auch zu Einbrüchen und tätlichen Angriffen.
Die Begriffe Stalker und Stalking kamen Anfang der Neunzigerjahre auf. Das Wort Stalking stammt aus der Jägersprache, wo es auf die Pirsch gehen bedeutet. Studien ergaben, dass viele Menschen in ihrem Leben Opfer von Stalking werden, aber nur die wenigsten von ihnen Anzeige erstatten.
Die wenigsten Stalker werden gewalttätig, sagen die Statistiken. Nur dass man nicht über Statistiken nachdenkt, wenn man gestalkt wird. Stalking beginnt schleichend und leise. Man bemerkt es erst, wenn es schon zu spät ist. Jemand schreibt Mails. Oder ruft an. Oder begegnet einem zufällig. Erkundigt sich bei Freunden. Weiß, wo man wohnt, und steht auch mal auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Eines Tages ist die Grenze dann überschritten. […]
Die Angst wird zum ständigen Begleiter. […]
Manche Leute sagen: Geh hin und rede mit ihm. Das lässt sich doch klären.
Nichts lässt sich klären.
Diese Leute hatten noch nie Angst. Sie wurden noch nie gestalkt. Sie bekommen keine Magenschmerzen, wenn auf einem Briefumschlag kein Absender steht. Sie haben kein Herzrasen, sobald das Telefon klingelt und auf dem Display eine unbekannte Nummer angezeigt wird. Ihnen bricht bei dem Gedanken, die Mails zu checken und auf eine dieser Nachrichten zu treffen, nicht der Schweiß aus. (Zoë Beck: Brixton Hill, München 2013, Seite 83f)
Der Deutsche Bundestag nahm am 30. November 2006 eine gesetzliche Neuregelung ins Strafgesetzbuch auf, derzufolge Stalking einen Straftatbestand darstellt. Der Bundesrat stimmte dem Gesetz am 16. Februar 2007 zu. Stalker können nun unter bestimmten Umständen in „Deeskalationshaft“ – eine Art Vorbeugehaft – genommen werden, und ihnen droht eine Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren.
Wer einen anderen Menschen durch beharrliches und unbefugtes Nachstellen belästigt und die Lebensgestaltung seines Opfers dadurch schwerwiegend beeinträchtigt, wird künftig mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren, in schweren Fällen bis zu zehn Jahren bestraft. (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. Februar 2007)
Nachtrag: Durch eine im Juli 2016 von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzesänderung soll die Schwelle der Strafbarkeit gesenkt werden. Für die gerichtliche Verurteilung eines Stalkers soll es ausreichen, dass seine Aktionen geeignet sind, schwerwiegende Beeinträchtigungen zu erzeugen. Das Opfer braucht diese dann nicht mehr nachzuweisen.
Stalking ist beispielsweise Thema in dem Roman „Liebeswahn“ von Ian McEwan und in den Kinofilmen „Eine verhängnisvolle Affäre“ von Adrian Lyne und „Caché“ von Michael Haneke.
Literatur über Stalking
- Julia Bettermann und Moetje Feenders: Stalking (2004)
- Susanne Schumacher: Stalking (2004)
- Harald Dreßing und Peter Gass: Stalking! (2005)
Romane und Filme über Stalking
- Zoë Beck: Brixton Hill
- Clint Eastwood: Play Misty for Me / Sadistico. Wunschkonzert für einen Toten
- Daniel Glattauer: Ewig Dein
- Michael Haneke: Caché
- Markus Imboden: Am Hang
- Deborah Levy: Heim schwimmen
- Adrian Lyne: Eine verhängnisvolle Affäre
- Roger Michell: Liebeswahn. Enduring Love
- Patrick Modiano: Der Horizont
- Christian Petzold: Yella
© Dieter Wunderlich 2005 / 2014 / 2016