Hair (Musical)


Als das Rock-Musical „Hair“ („Haare“) 1967/68 auf die Bühne kam, führten die USA den Vietnam-Krieg. Der Protest der Pazifisten gegen Krieg im Allgemeinen und diesen Krieg im Besonderen wurde in den USA und in Westeuropa von einer Studentenbewegung aufgenommen, die sich gegen die „herrschenden Verhältnisse“ richtete und sich auch durch sexuelle Freizügigkeit von der Welt der Erwachsenen abhob („sexuelle Revolution“). Studentenunruhen im Mai 1968 in Paris führten zu einer Krise des Regimes von Staatspräsident Charles de Gaulle. In der Bundesrepublik Deutschland mündeten die Studentenunruhen in der APO („außerparlamentarische Opposition“). In den USA fielen die Studentenunruhen mit der gegen die Rassendiskriminierung gerichteten Bürgerrechtsbewegung zusammen.

Vor diesem Hintergrund ist „Hair“ zu verstehen. Das Rock-Musical weist keine Handlung im eigentlichen Sinn auf, sondern besteht aus einem Kaleidoskop von Songs und Tänzen, in denen für die bunte, gewaltfreie Gegenkultur der Hippies („Flower-Power“, „Blumenkinder“) geworben wird. Es geht in „Hair“ um den Generationenkonflikt, den Protest der Jugend gegen die Erwachsenen, die Konsum- und Wohlstandsgesellschaft, die Ablehnung autoritärer und hierarchischer Strukturen, Toleranz, sexuelle Freizügigkeit, Drogen, Esoterik, Freundschaft und Solidarität, die Anprangerung des Krieges, die Frage nach dem Sinn des Daseins und die Sehnsucht nach einer neuen Ära (im Zeichen des „Wassermanns“) mit einem neuen Lebensgefühl.

Die beiden Broadway-Schauspieler Gerome Bernard Ragni (1942 – 1991) und James Rado (geboren in den Dreißigerjahren) schrieben die Texte für „Hair“, und Galt MacDermot (* 1928), ein kanadischer Organist und Kirchenmusiker, der sich zu Beginn der Sechzigerjahre in Südafrika weitergebildet hatte, komponierte die Musik. Bewusst kontrastierten sie provokante Songs („Sodomy“) mit zarter Lyrik („Frank Mills“, „Where Do I Go?“). Material, das am Ende doch nicht auf die Bühne kam, erschien separat unter dem Titel „DisinHAIRited“.

„Hair“ gilt als Meilenstein in der Entwicklung der Popkultur.

Die Uraufführung von „Hair“ fand am 17. Oktober 1967 im Shakespeare Public Theatre in New York statt (mit Gerome Ragni in der Rolle des Hippies Berger). Ab 2. Dezember 1967 stand „Hair“ im „The Cheetah“, einem Klub in New York, auf dem Programm.

Für die von Michael Butler produzierte Broadway-Premiere am 29. April 1968 im Biltmore Theatre überarbeitete Tom O’Horgan das Rock-Musical noch einmal und fügte beispielsweise die Aufsehen erregende Szene hinzu, in der sich alle auf der Bühne nackt auszogen. Die erste europäische Aufführung fand am 27. September 1968 im Shaftesbury Theater in London statt. In Deutschland wurde der Titel in „Haare“ übersetzt, und das Musical war hier am 24. Oktober 1968 im Theater in der Briennerstraße in München erstmals zu sehen.

Michael Weller (Drehbuch) und Miloš Forman (Regie) adaptierten „Hair“ fürs Kino: „Hair“.

© Dieter Wunderlich 2007

Milos Forman: Hair

Hippie-Bewegung

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