Burn-out-Syndrom


Unter dem Begriff Burn-out-Syndrom (englisch: to burn out = ausbrennen) versteht man ein Gefühl der inneren Leere, einen Zustand der Erschöpfung und Unzufriedenheit, einen „Infarkt der Psyche“ aufgrund einer Überbeanspruchung. Ein Burn-out-Syndrom kann sowohl bei Männern als auch bei Frauen auftreten. Der Begriff geht auf einen Roman von Graham Greene aus dem Jahr 1960 zurück: „A Burnt-Out Case“ („Ein ausgebrannter Fall“).

In der Regel lässt sich das Burn-out-Syndrom nicht auf eine einzige Ursache zurückführen und es entwickelt sich über einen längeren Zeitraum. Häufig tritt es im Beruf auf. Auslöser können sein: zu hohe Arbeitsbelastung, Unklarheiten in der Zielsetzung, unüberschaubare Zusammenhänge, fehlende Selbstbestimmung, schlechtes Betriebsklima, Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Besonders gefährdet sind enthusiastische Idealisten mit hoher Leistungsbereitschaft, die im Lauf der Zeit merken, dass sie an der Realität scheitern und dies als persönliche Niederlage erleben. Die Überforderung kann jedoch auch außerhalb des Berufs entstehen, etwa durch ein stark ausgeprägtes Streben nach Selbstdarstellung und öffentlicher Anerkennung.

Das Burn-out-Syndrom entwickelt sich in verschiedenen Phasen: Anfangs sieht alles gut aus. Da gilt jemand als engagiert, verantwortungsvoll, dynamisch. Auffallend ist vielleicht nur, dass der Betroffene zu viel arbeitet (Workaholic) und für kaum etwas anderes Zeit zu haben scheint. Dann lässt die Erkenntnis, dass sich die idealistischen Vorstellungen nicht verwirklichen lassen, Versagensangst aufkommen und führt zur Steigerung des Einsatzes und zu einer verstärkten Vernachlässigung anderer Bedürfnisse (Tunnelblick).

Schließlich kann der von einem Burn-out-Syndrom Betroffene sich nicht länger über die Diskrepanz zwischen seinen Ansprüchen und der Machbarkeit hinwegtäuschen. Über die Frustration helfen unter Umständen erst einmal Sex, Süßigkeiten, Zigaretten, Alkohol oder Drogen hinweg. Außer den durch Ersatzbefriedigungen ausgelösten Veränderungen können körperliche Symptome auftreten, zum Beispiel: diffuse Kopfschmerzen, Muskelverspannungen im Nacken, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Kreislaufbeschwerden, Verdauungsprobleme oder eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen. Der unter einem Burn-out-Syndrom Leidende fühlt sich ausgebrannt, erschöpft, niedergeschlagen, innerlich leer. Sein Selbstwertgefühl ist beeinträchtigt, und er hält alles für sinnlos. Resignation und Fatalismus paaren sich mit Depression und Selbstmitleid, Bitterkeit, Widerwillen und Pessismismus. Zugleich kann eine erhöhte Reizbarkeit und Aggressivität auftreten, die sich nicht nur gegen andere, sondern vor allem gegen den Betroffenen selbst richtet (Selbsthass) und bis zur Suizidgefährdung gehen kann.

Es bringt nichts, einem Betroffenen gute Ratschläge zu geben („bleib locker“, „arbeite nicht so viel“). Grundsätzlich helfen zwar Ausgleichssport, Gymnastik, Schulter- und Nackenmassage, Entspannungstrainings (autogenes Training, Yoga, progressive Muskelentspannung), gesunde Ernährung und Verzicht auf Alkohol und Drogen, doch wegen der komplexen Ursachen und verschiedenen Verläufe gibt es für das Burn-out-Syndrom keine Standardtherapie. In jedem Einzelfall muss neu versucht werden, die Situation zu klären. Dafür eignen sich vor allem Psychotherapie und Verhaltenstherapie.

Manfred Lütz hält das Burn-out-Syndrom für nichts anderes als das, was man Ende des 19. Jahrhunderts als Neurasthenie und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als psychovegetatives Erschöpfungssyndrom bezeichnete.

Das Burnout-Syndrom ist ein Mischmasch an Beeinträchtigungen, die mehr oder weniger jeder mal hat. Das reicht von Schlaflosigkeit bis zur völligen Überforderung, von psychosomatischen Symptomen bis zur tiefen Niedergeschlagenheit. Die Beschreibung ist aber so schwammig, dass von vagen Befindlichkeitsstörungen bis zur schweren Depression alles darunter verstanden werden kann. (Manfred Lütz: Bluff! Die Fälschung der Welt, S. 71)

Literatur zum Thema Burn-out-Syndrom

  • Marco Caimi: Abenteuer Karriere? LebensPower statt Burn-out
  • Tom DeMarco: Spielräume.
    Projektmanagement jenseits von Burn-out, Stress und Effizienzwahn
  • Janine F.: Burn-out und ADHS. Ich will frei sein
  • Jörg Fengler: Helfen macht müde
  • Herbert Freudenberger und Gail North: Burn-out bei Frauen.
    Über das Gefühl des Ausgebranntseins
  • Wolfgang Hagemann: Burn-Out bei Lehrern
  • Thomas Knapp, Adrian Burki, Andreas Lüthi, und Daniel Zanetti: Burn-out.
    In den Krallen des Raubvogels
  • Hannelore Knauder: Burn-out im Lehrberuf.
    Verlorene Hoffnung und wiedergewonnener Mut
  • Klaus-Peter Kolbatz: Burn-out-Syndrom. Infarkt der Seele
  • Sven Litzcke und Horst Schuh: Stress, Mobbing und Burn-out am Arbeitsplatz
  • Vinzenz Mansmann: Total erschöpft. Mit Naturheilmitteln zu neuer Energie
  • Miriam Meckel: Brief an mein Leben. Erfahrungen mit einem Burnout
  • Eckhart H. Müller: Ausgebrannt. Wege aus der Burnout-Krise
  • Ina Rösing: Ist die Burnout-Forschung ausgebrannt? Analyse und Kritik der internationalen Burnout-Forschung
  • Dagmar Ruhwandl: Erfolgreich ohne auszubrennen. Das Burnout-Buch für Frauen
  • Margrit Sulzberger: Full Power statt Burn-out
  • Markus Treichler: Der überforderte Mensch
  • Stefanie Weimer, Maureen Pöll: Burnout. Ein Behandlungsmanual

Belletristik zum Thema Burn-out-Syndrom

  • Graham Greene: Ein ausgebrannter Fall (A Burnt-Out Case, 1960)

© Dieter Wunderlich 2006 / 2011 / 2013

Miriam Meckel: Brief an mein Leben. Erfahrungen mit einem Burnout

Hugo Claus - Der Schwertfisch
Aus dreizehn Szenen – Vor- und Rückblenden, inneren Monologen und Andeutungen – montiert Hugo Claus den Roman "Der Schwertfisch". Nicht mitfühlend, sondern sarkastisch wirkt die ebenso spannende wie bedrückende Darstellung.
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