Midnight Express

Midnight Express

Midnight Express

Originaltitel: Midnight Express - Regie: Alan Parker - Drehbuch: Oliver Stone, nach dem Roman "Nachtexpress" von Billy Hayes (William Hayes) - Kamera: Michael Seresin - Schnitt: Gerry Hambling - Musik: Giorgio Moroder - Darsteller: Brad Davis, Paolo Bonacelli, Paul L. Smith, Randy Quaid, John Hurt, Mike Kellin, Franco Diogene, Irene Miracle, Norbert Weisser, Michael Ensign, Kevork Malikyan u.a. - 1978; 115 Minuten

Inhaltsangabe

Der Amerikaner William Hayes wurde 1970 wegen versuchten Haschisch-Schmuggels in der Türkei festgenommen, zunächst zu vier Jahren und in einem später neu aufgerollten Gerichtsprozess zu dreißig Jahren Gefängnis verurteilt. Nach fünf Jahren in der Hölle gelang es ihm, auszubrechen und die Türkei zu verlassen.
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Kritik

In perfekt inszenierten Szenen und einprägsamen Bildern prangert Alan Parker in "Midnight Express" die Willkür der Justiz, die Verwahrlosung, die Korruption und die Übergriffe sadistischer Beamter in den Gefängnissen der Türkei an.
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Istanbul, 6. Oktober 1970: Der amerikanische Student William („Billy“) Hayes (Brad Davis) klebt sich am letzten Tag seines Türkei-Urlaubs im Hotelzimmer zehn Päckchen Haschisch – insgesamt zwei Kilogramm – mit Heftpflaster auf den Leib. Dann fährt er mit seiner Freundin Susan (Irene Miracle), die nichts davon ahnt, zum Flughafen. Vor Aufregung wird ihm übel, aber als er die Zollkontrolle hinter sich gebracht hat, fühlt er sich besonders gut – bis er vom Bus aus sieht, dass die Passagiere vor den Gangways noch einmal kontrolliert werden. Er bleibt zurück, sucht angeblich seinen Pass. Tatsächlich versteckt er sich zwischen den Sitzen im Bus und versucht, sich das Haschisch abzureißen, aber er wird aufgefordert, das Fahrzeug zu verlassen. Beim Abtasten spürt der türkische Beamte die Beutel unter Billys Hemd. Weil er zunächst für einen Terroristen gehalten wird, der Sprengstoff am Leib trägt, wird er beinahe erschossen.

Nach den ersten Verhören fordern Agenten einer Einheit der Geheimpolizei Billy auf, in einem Lokal den Taxifahrer zu identifizieren, von dem er angeblich das Haschisch für 200 Dollar gekauft hat. Er nutzt die Gelegenheit zur Flucht, wird jedoch gleich wieder festgenommen.

Als Billy im Gefängnis friert und sich ohne Erlaubnis eine Decke holt, wird er an den Füßen aufgehängt und von dem sadistischen Beamten Hamidou (Paul L. Smith) mit einem Knüppel geschlagen. Nach vier Tagen kommt er wieder zu sich. Die Mitgefangenen Jimmy (Randy Quaid) und Erich (Norbert Weisser) kümmern sich um ihn. Sie machen ihn mit Max (John Hurt) bekannt, einem früheren Anwalt, der wegen Drogendelikten zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Billys Vater (Mike Kellin) fliegt nach Istanbul, nimmt sich ein Hotelzimmer und besucht seinen Sohn zusammen mit dem US-Konsul Stanley Daniels (Michael Ensign) und dem türkischen Anwalt Yesil (Franco Diogene), den sie als Verteidiger engagiert haben.

Weil Billy nichts von der türkisch geführten Gerichtsverhandlung und dem sehr bedrohlich klingenden Plädoyer des Staatsanwalts (Kevork Malikyan) versteht, muss er wehrlos abwarten, was geschieht. Der Richter (Gigi Ballista) verurteilt ihn wegen Drogenbesitzes zu vier Jahren und zwei Monaten Gefängnis. Billy und sein im Publikum sitzender Vater sind am Boden zerstört, aber der Verteidiger gratuliert sich und seinem Mandaten zum Ausgang des Verfahrens, denn der Staatsanwalt hatte auf Drogenhandel plädiert und eine lebenslängliche Freiheitsstrafe verlangt. Bei guter Führung könne Billy in drei Jahren wieder frei kommen, meint Yesil.

Jimmy besorgt im April 1972 heimlich Blaupausen der Pläne des Gefängnisses und weiht Billy und Max in seinen Fluchtplan ein: Hinter der Wand im Waschraum vermutet er einen Schacht, durch den man in ausgedehnte Katakomben gelangt. Sie müssten nur versuchen, den von der Feuchtigkeit bröcklig gewordenen Mörtel zwischen den Steinen herauszukratzen. Max lacht Jimmy aus, und Billy will zwanzig Monate vor dem wegen guter Führung erhofften vorzeitigen Ende seiner Gefängnisstrafe nicht riskieren, bei einem Fluchtversuch erwischt und zu einer weiteren Freiheitsstrafe verurteilt zu werden. Jimmy versucht, allein zu fliehen, wird jedoch dabei festgenommen und so zusammengeschlagen, dass der monatelang im Krankenhaus liegt.

Im Juni 1974 erfährt Billy, dass sein Prozess noch einmal aufgerollt werden soll, weil der Staatsanwalt gegen das milde Urteil Einspruch eingelegt hatte. Jetzt soll ein Exempel statuiert werden. 53 Tage vor dem regulären Ende seiner Haftstrafe wird Billy in einer neuen Gerichtsverhandlung zu dreißig Jahren Gefängnis verurteilt.

Für Billy bricht eine Welt zusammen: Seine Hoffnung war umsonst. Jetzt will er mit Jimmy, Max und Erich versuchen, durch die Katakomben zu fliehen. Es gelingt ihnen, nachts mehrere Steine aus der Wand im Waschraum zu ziehen, aber bis zum frühen Morgen finden sie keinen Ausgang aus den unterirdischen Gängen. Deshalb kehren sie zurück, setzen die Steine wieder ein und wollen es in der nächsten Nacht noch einmal versuchen. Während des Tages bemerkt der ebenso korrupte wie verdreckte Aufseher Rifki (Paolo Bonacelli) das notdürftig verschlossene Loch in der Wand. Ohne weitere Nachforschungen nimmt Hamidou an, dass Jimmy ausbrechen wollte und lässt ihn zur Folterung abführen. Max beabsichtigt daraufhin, Rifki die Kehle durchzuschneiden, aber Billy hält ihn von dem Vorhaben ab und macht ihm klar, dass es viel wirkungsvoller sei, das Geld zu stehlen, das der raffgierige Aufseher bei seinen heimlichen Geschäften mit den Gefangenen eingenommen und in einem Radio versteckt hat.

Sobald Rifki das Fehlen der Banknoten bemerkt, lässt er seine Kollegen in die Zellen ausschwärmen. Auf der Suche nach dem Geld schlagen sie alles kaputt und werfen es in den Innenhof hinunter. Sie finden jedoch nichts. Billy und Max haben erreicht, was sie wollten: Ohne Geld hat Rifki keine Freunde mehr, aber viele Feinde. Er muss sich in acht nehmen.

Rifki findet jedoch noch eine Gelegenheit, sich an Max zu rächen: Als Hamidou bei dem Aufseher ein Päckchen Haschisch entdeckt, behauptet Rifki, er habe es von Max bekommen. Hamidou zerquetscht Max‘ Brille und lässt ihn zur Folterung bringen. Sobald Hamidou den Raum verlassen hat, stürzt Billy sich auf Rifki und schlägt ihn tot.

Daraufhin wird er in die Sektion für geisteskranke Verbrecher verlegt, wo auch Max ist, der nur noch apathisch vor sich hinstarrt. Auch Billy ist dem Wahnsinn nahe und dabei, sich aufzugeben.

Unvermittelt wird er in die Besucherzelle geführt. Susan ist nach Istanbul gekommen, um ihm Mut zu machen. Sie zeigt ihm durch die Trennscheibe das Fotoalbum, das sie als Geschenk mitgebracht hat, deutet auf die leere Innenseite des Einbands und sagt: „Du musst hier raus!“

Als Billy die angegebenen Stelle aufreißt, findet er Dollarnoten. Einen Teil davon bietet er Hamidou an und küsst ihm die Hand. Der Sadist reagiert freundlich und nimmt ihn mit – in den Folterraum. Als er sich mit eindeutiger Absicht die Hose aufknöpft, rammt Billy ihn mit dem Kopf in den Bauch. Hamidou prallt zurück, kracht mit dem Schädel gegen einen Wandhaken und sinkt sterbend zu Boden.

In der Uniform des Toten geht Billy Hayes am 4. Oktober 1975 an den Wachen vorbei auf die Straße hinaus. Drei Wochen später trifft er in New York ein.

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Unter dem Titel „Midnight Express“ – dem Knastwort für Ausbruch – verfilmte Alan Parker einen autobiografischen Roman des Amerikaners William („Billy“) Hayes, der tatsächlich wegen versuchten Haschisch-Schmuggels 1970 in Istanbul zu dreißig Jahren Gefängnis verurteilt worden war (deutscher Buchtitel: „Nachtexpress“). Nach seinem Ausbruch hatte Billy Hayes sich auf abenteuerliche Weise über die Grenze nach Griechenland durchgeschlagen und war von dort in die USA geflogen. (Der Film endet allerdings mit seiner erfolgreichen Flucht aus dem türkischen Gefängnis.)

In perfekt inszenierten Szenen und einprägsamen – zum Teil sehr brutalen – Bildern erzählen Oliver Stone und Alan Parker die schockierende Geschichte. Brad Davis spielt in „Midnight Express. 12 Uhr nachts“ die verschiedenen Stadien, die Billy Hayes während der Haft durchmacht – Hoffnung, Verzweiflung, Fluchtplan, Zorn, Resignation, neuer Mut –, außergewöhnlich glaubhaft und intensiv. Aber nicht nur der Hauptdarsteller ist großartig, sondern der Film ist auch in den kleinsten Nebenrollen mit markanten Gesichtern besetzt.

Weil die türkischen Behörden schon anhand des Drehbuchs erkannten, dass „Midnight Express“ die Willkür der Justiz, die Verwahrlosung, die Korruption und die Übergriffe sadistischer Beamter in den Gefängnissen der Türkei anprangern würde, erteilten sie Alan Parker keine Drehgenehmigung. Die Filmcrew musste nach Malta ausweichen. Nachdem Billy Hayes „Midnight Express“ gesehen hatte, entschuldigte er sich bei den Türken, weil der Film den Eindruck erweckt, als kämen sie „ausnahmslos als korrupte, unmenschliche Sadisten zur Welt“ (Kai Strittmatter, Süddeutsche Zeitung 27. Juni 2007).

Für das Drehbuch (Oliver Stone) und die Musik (Giorgio Moroder) von „Midnight Express“ gab es je einen „Oscar“.

Brad Davis wurde später heroinsüchtig und starb 1991 an Aids.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004/2007

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