Der Knochenmann

Der Knochenmann

Der Knochenmann

Originaltitel: Der Knochenmann – Regie: Wolfgang Murnberger – Drehbuch: Wolf Haas, Josef Hader und Wolfgang Murnberger, nach dem Roman "Der Knochenmann" von Wolf Haas – Kamera: Peter von Haller – Schnitt: Evi Romen – Musik: Sofa Surfers – Darsteller: Josef Hader, Josef Bierbichler, Birgit Minichmayr, Christoph Luser, Pia Hierzegger, Simon Schwarz, Dorka Gryllus, Stipe Erceg, Ivan Shvedoff, Edita Malovcic u.a. – 2009; 115 Minuten

Inhaltsangabe

Im Auftrag des mit ihm befreundeten Wiener Autoverleihers Berti fährt Brenner in die Steiermark, um von einem Künstler namens Horvath eine überfällige Leasing-Rate einzutreiben. Der Wagen steht zwar vor dem Wirtshaus "Löschenkohl", aber niemand beantwortet Brenners Frage nach Horvath. Er nimmt sich ein Zimmer und gerät nach kurzer Zeit in den Konflikt des Wirts mit seinem aufbegehrenden erwachsenen Sohn hinein ...
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Kritik

Viel schwarzer Humor, Situationskomik und originelle Einfälle sorgen in der aberwitzigen Thriller-Groteske "Der Knochenmann" von Wolf Haas, Josef Hader und Wolfgang Murnberger für gute Unterhaltung.
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Simon Brenner (Josef Hader) treibt für den mit ihm befreundeten Wiener Autoverleiher Berti (Simon Schwarz) überfällige Leasing-Raten ein. Nachdem er einer allein erziehenden Mutter (Gerti Drassl), die mit den Raten in Verzug geraten ist, den Wagen weggenommen hat, will Brenner damit aufhören, aber Berti überredet ihn, noch einen Auftrag zu übernehmen.

Dazu fährt Brenner in die Steiermark. Als er während der Fahrt das Verdeck zu öffnen versucht, reißt es ihm ab, und so kommt er in dem verschneiten Bad Gleichenberg unfreiwillig in einem Cabriolet an. Der gesuchte zitronengelbe Beetle des Künstlers Horvath steht vor dem Gasthof „Löschenkohl“. Brenner fragt nach Horvath, aber niemand will ihn hier kennen, und der Wirt (Josef Bierbichler) erklärt seine Unfreundlichkeit mit dem Unterschied zwischen einem Gast- und einem Wirtshaus. Als Brenner wieder vor die Tür schaut, ist das gelbe Fahrzeug verschwunden. Löschenkohl meint spöttisch, es gehöre möglicherweise zu den Auswirkungen des Klimawandels, dass man sich gelbe Autos einbilde.

Am Abend, als Brathendl serviert werden, fordert die Kellnerin Alex (Pia Hierzegger) Brenner überraschend auf, ihr die Höhe des ausstehenden Betrags zu nennen. Dann werde er das Geld bekommen, sagt sie. Aber seine Fragen über Horvath beantwortet sie nicht. Brenner hat die Unterlagen im Auto. Als er sie holt, spricht ihn Löschenkohls Sohn Paul (Christoph Luser) an. Der hält ihn für einen Privatdetektiv und möchte ihn mit der Observierung seines Vaters beauftragen. Brenner sagt, er werde es sich überlegen und übernachtet erst einmal im Wirtshaus „Löschenkohl“.

Am nächsten Morgen ruft Brenner Paul an, um den Auftrag anzunehmen, aber Paul beschattet seinen Vater jetzt selbst. Der hat offenbar gerade zum wiederholten Mal Geld abgehoben und steigt vor der Bank in seinen Geländewagen. Paul folgt ihm im Porsche. Der alte Löschenkohl sieht ihn im Rückspiegel, gibt Gas, hält unbemerkt auf einem Waldweg und fährt dann seinerseits hinter seinem Sohn her. Der gerät mit dem Sportwagen auf der schneeglatten Fahrbahn rasch ins Schlingern, und als sein Vater ihn von hinten touchiert, kommt er von der Straße ab und bleibt ihm Schnee stecken.

Pauls Ehefrau Birgit (Birgit Minichmayr), die beim Betrieb des Wirtshauses mithilft, zeigt Brenner im Keller die Maschine, mit der die Knochen der verspeisten Backhendl zermahlen werden. Das Knochenmehl liefert Löschenkohl dem Mastbetrieb, von dem er die Hähnchen bezieht. Dort wird es ins Futter gemischt.

Löschenkohl muss immer wieder zur Bank, weil er von einem Russen erpresst wird. Evgenjev (Stipe Erceg), der damit prahlt, bereits fünf Menschen ermordet zu haben und noch immer gut zu schlafen, verlangt den Porsche, als Löschenkohl sagt, er habe kein Geld mehr. Dass der Wagen dem Sohn gehört, interessiert Evgenjev nicht.

Als der Russe am Abend kommt, um den Porsche abzuholen und damit droht, der Frau etwas anzutun, von der er weiß, dass Löschenkohl sie liebt, tötet dieser ihn mit einem zerbrochenen Glas. Die Leiche zerrt er in den Keller.

Inzwischen verliert Evgenjevs im Wagen wartende Begleiterin Ana (Edita Malovcic) die Geduld. Sie geht ins Wirtshaus, um nachzusehen – und entdeckt Löschenkohl mit der Leiche im Keller. Sie flüchtet. Er rennt ihr nach, holt sie jedoch nicht mehr ein, bevor sie ins Auto springt und losfährt. Löschenkohl folgt ihr mit dem Geländewagen und bedrängt sie, bis sie ins Schleudern gerät und sich mit dem Fahrzeug überschlägt. Löschenkohl hält an. Als er sieht, dass sie zwar eingeklemmt und schwer verletzt ist, aber noch atmet, steigt er wieder in seinen Geländewagen und schiebt das Wrack mit ihr in den nahen Bach.

In dieser Nacht kann Brenner kaum schlafen, weil der Fleischwolf im Keller so viel Krach macht.

Zufällig findet Paul die Handtasche der Toten und darin eine Videokassette. Die nimmt er mit. Zu Hause legt er sie ein und sieht, wie eine Prostituierte vergewaltigt wird. Dann betritt sein Vater das Zimmer. Er prügelt sich mit einem Mann und wirft ihn aus dem Fenster im zweiten Stock.

Löschenkohl überredet Brenner, mit ihm nach Bratislava zu fahren. Dort sucht er mit ihm die Prostituierte auf, die er vor der Vergewaltigung rettete. Sie heißt Valeria (Dorka Gryllus). Löschenkohl hat sich in sie verliebt und drängt sie, mit nach Österreich zu kommen. Weil sie zögert, erklärt er ihr, Brenner sei 19 Jahre lang Polizist gewesen und werde sie beschützen.

In Bad Gleichenberg stellt Löschenkohl der jungen Frau seine Wohnung zur Verfügung und zieht in eines der Gästezimmer. Als sein Sohn Valeria beleidigt, ohrfeigt er ihn. Wütend läuft Paul zu seinem Porsche und fährt weg.

Valerias Fehlen bleibt in Bratislava nicht lange unbemerkt. Ihr Zuhälter Igor (Ivan Shvedoff), der Mann, der von Löschenkohl aus dem Fenster geworfen wurde und sich dabei das linke Bein brach, ist zwar auf einen Rollstuhl angewiesen, fährt jedoch nach Österreich, um nach Valeria, Ana und Evgenjev zu suchen. Kurz vor Bad Gleichenberg rutschen seine abgefahrenen Sommerreifen auf der verschneiten Straße durch. Da fährt er mit dem Rollstuhl weiter und bleibt schließlich mitten auf der Straße stehen. Die Polizei entdeckt ihn und nimmt ihn mit.

Währenddessen führt Paul seinem Vater das Video vor. Er fordert ihn auf, ihm das Wirtshaus zu überschreiben, aber der alte Löschenkohl, der ihn für unfähig hält, so einen Betrieb zu führen, bietet ihm stattdessen das restliche Geld an, das er noch hat. Paul will sich jedoch von seinem Vater nichts mehr sagen lassen. Aufgebracht fährt er zur Polizei und zeigt seinen Vater wegen Mordes an. Der Polizeikommandant (Oliver Stern) geht allerdings von einem bösen Scherz aus, denn der angeblich Tote sitzt nebenan im Rollstuhl.

Igor und Paul tun sich zusammen.

Im Wirtshaus „Löschenkohl“ wird währenddessen der für diesen Abend geplante Maskenball vorbereitet.


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Berti, der mehrmals anrief und nach dem ausstehenden Geldbetrag fragte, platzt schließlich der Kragen: Er macht sich auf den Weg nach Bad Gleichenberg, um persönlich nach dem Rechten zu sehen. Vor dem Wirtshaus „Löschenkohl“ sieht er den Wagen, den er Brenner für die Fahrt lieh, mit abgerissenem Verdeck stehen. Aufgebracht geht er hinein, um Brenner zur Rede zu stellen. Der Maskenball ist bereits in vollem Gang, und Brenner hilft Birgit hinter dem Tresen. Als Berti begreift, dass Brenner deren Herz gewonnen hat, vergisst er das Geschäft und versucht, die Kellnerin Alex anzumachen, obwohl er in Wien seit kurzem eine neue Freundin (Martina Zinner) hat.

Zwischendurch nimmt Birgit ihren neuen Verehrer Brenner mit auf ihr Zimmer. Sie fallen übereinander her, aber bevor es richtig losgeht, kommt Brenner bereits. Und Birgit geht wieder an die Arbeit.

Inzwischen hat Paul Igor und den Rollstuhl unbemerkt in den Keller gebracht. Er ruft seinen Vater an und fordert ihn auf, herunterzukommen, aber Löschenkohl hat wegen des Balls zu viel zu tun. Da bleibt Paul nichts anderes übrig, als mit einer Maske über dem Kopf nach oben zu gehen. Während er nach seinem Vater sucht, geht dieser mit zwei Abfalleimern in den Keller – und stößt dort auf den Mann, den er aus dem Fenster warf und für tot hielt. Bevor Igor nach seiner Pistole greifen kann, stößt Löschenkohl den Rollstuhl um und überwältigt ihn. Kurz darauf kommt Paul zurück. Sein Vater, der ihn zunächst wegen der Maske nicht erkennt, schlägt ihn nieder und fesselt ihn.

Als Löschenkohl wieder nach oben kommt, sieht er, wie Valeria vom Sänger der „Play Boys“ (Christian Pogats) auf die Bühne geholt wird. Die junge Frau, die sich auf dem Ball endlich wieder einmal amüsiert, merkt wegen ihrer mangelhaften Sprachkenntnisse nicht, dass es sich bei dem gerade gesungenen Lied um „Skandal im Sperrbezirk“ handelt. Vergnügt tanzt sie mit dem Musiker, ohne zu merken, dass dieser sie verhöhnt. Löschenkohl, der sich in die junge Frau verliebt hat und hoffte, sie als Lebensgefährtin gewinnen zu können, geht enttäuscht nach draußen.

Brenner setzt sich zu ihm und sagt ihm, er habe am Nachmittag im Keller einen menschlichen Finger gefunden. Löschenkohl meint darauf nur: „Was man nicht alles findet.“ Eine Erklärung bleibt er Brenner schuldig.

Als Berti wieder einfällt, warum er nach Bad Gleichenberg fuhr, fragt er Alex nach Horvath. Da nimmt sie ihn und Brenner mit in ihr Zimmer. Dort hebt sie den Rock, streift den Slip hinunter und zeigt ihr Gemächt. Er bzw. sie ist Alex Horvath und gerade dabei, eine Geschlechtsumwandlung zu machen. Als Nächstes wird sie sich Penis und Hoden entfernen lassen. Löschenkohl ist bereit, die Hälfte der Operation zu bezahlen, denn sie hat ihm die Schwellkörper versprochen, die bei ihm seit einer Krebsoperation nicht mehr funktionieren. Berti findet das alles sehr interessant, lässt sich alles genau erklären, und schließlich küssen er und Alex sich.

Brenner hört jemanden im Keller schreien. Er schaut nach. Igor hängt nackt und verkehrt herum an einem Fleischerhaken. Paul liegt gefesselt und geknebelt am Boden. Brenner versucht, ihn zu befreien, aber bevor er die Fesseln ganz durchgeschnitten hat, taucht der alte Löschenkohl auf und verfolgt Brenner mit einem Fleischerbeil. In der Küche hackt er nach seiner Hand und trennt ihm einen Finger ab, der in die Suppe fällt. Brenner schreit vor Schmerz auf. Löschenkohl ringt ihn nieder und droht ihn zu erwürgen. Da taucht sein Sohn hinter ihm auf und rammt ihm ein Messer in den Rücken. Die Verletzung ist tödlich.

Birgit sucht mit Brenner nach dessen Finger. Sie finden ihn, packen ihn in einen Gefrierbeutel und legen diesen in einen größeren, den sie mit Eiswürfeln füllen. Als Berti hört, dass die Sanitäter Brenner ins nächste Bezirkskrankenhaus bringen wollen, schlägt er vor, ihn lieber selbst in eine Spezialklinik nach Weidling zu fahren. In zwei Stunden würden sie dort sein, meint er. Kurz vor dem Ziel bleiben sie jedoch mit einer Panne liegen. Brenner hält sich den Beutel mit den fast aufgetauten Eiswürfeln an die glühende Stirn. Das solle er nicht tun, meint Berti, denn davon würde das Eis noch schneller schmelzen. Er wählt den Notruf, und man verspricht, einen Rettungshubschrauber zu schicken.

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„Der Knochenmann“ beginnt mit einem Prolog, dessen Bedeutung wir erst in der zweiten Hälfte des Films verstehen: Igor und Evgenjev stehen vor dem geöffneten Motorraum eines Autos, das vor dem Eingang eines Bordells in Bratislava geparkt ist, und beratschlagen über das richtige Mischungverhältnis von Wasser und Frostschutzmittel. Das erinnert an die Diskussion, die Jules Winnfield und Vincent Vega in „Pulp Fiction“ über Hamburger führen. Sie begrüßen jemand, der das Bordell betritt. Kurz darauf sind Schreie einer Prostituierten zu hören. Während Igor ins Gebäude geht, um nachzuschauen, taucht Ana bei Evgenjev auf. Da wird Igor aus einem Fenster im zweiten Stock gestoßen. Evgenjev erblickt einen Fremden am Fenster. Der verlässt eilig das Bordell und fährt mit seinem Geländewagen los, aber Evgenjev stellt sich ihm mit vorgehaltener Pistole in den Weg und lässt ihn erst passieren, nachdem er das Nummernschild fotografiert hat.

„Alles wäre nicht passiert, wenn es die Liebe nicht gäbe“, heißt zu Beginn. Quell der Handlung ist denn auch, dass Löschenkohl sich in eine Prostituierte verliebt, sie vor einer Vergewaltigung rettet und schließlich mit in die Steiermark nimmt. Daraus haben Wolf Haas, Josef Hader und Wolfgang Murnberger keine Romanze gemacht, sondern eine aberwitzige Thriller-Groteske. Obwohl Wolf Haas am Drehbuch mitarbeitete, ähnelt der Plot des Films seiner Romanvorlage „Der Knochenmann“ nur in ein paar Grundzügen.

Es geht um Abhängigkeiten, Machtspiele und vergebliche Hoffnungen. Während sich der seit einer Operation impotente Löschenkohl-Wirt trotz seiner Raubeinigkeit nach Liebe sehnt, geht es seinem Sohn darum, sich von der erdrückenden Dominanz des Vaters zu befreien.

Eine schräge Erzählweise, viel schwarzer Humor, aber auch Klamauk, Situationskomik und originelle Einfälle machen „Der Knochenmann“ zu einem besonderen Vergnügen. Die Filmsprache ist bewusst schlicht. Von den Darstellern seien Josef Bierbichler, Josef Hader und Birgit Minichmayr hervorgehoben.

Für die dritte Verfilmung eines Romans über Simon Brenner wurde der zweite Titel aus der Krimi-Reihe von Wolf Haas (* 1960) gewählt. Die Titel der Brenner-Krimis: „Auferstehung der Toten (1996), „Der Knochenmann“ (1997), „Komm, süßer Tod“ (1998), „Silentium!“ (1999), „Wie die Tiere“ (2001), „Das ewige Leben“ (2003), „Der Brenner und der liebe Gott“ (2009).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012

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Wieland Schmied - Hundertwasser
"Hundertwasser war in der zeitgenössischen Kunst- und Architekturszene eine singuläre Figur. Er gehörte nirgendwohin und ist darum nicht leicht einzuordnen. Das macht es so schwierig, ihm gerecht zu werden."
(Wieland Schmied, S. 384)
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