Der große Gatsby

Der große Gatsby

Der große Gatsby

Der große Gatsby – Originaltitel: The Great Gatsby – Regie: Baz Luhrmann – Drehbuch: Baz Luhrmann und Craig Pearce, nach dem Roman "Der große Gatsby" von F. Scott Fitzgerald – Kamera: Simon Duggan – Schnitt: Jason Ballantine, Jonathan Redmond, Matt Villa – Musik: Craig Armstrong – Darsteller: Leonardo DiCaprio, Isla Fisher, Carey Mulligan, Tobey Maguire, Joel Edgerton, Jason Clarke, Adelaide Clemens, Callan McAuliffe, Elliott Collinson u.a. – 2013; 140 Minuten

Inhaltsangabe

James Gatz erkennt, dass Erfolg eine Frage der Selbstdarstellung ist und beginnt, den "großen Gatsby" zu spielen. Er arbeitet sich vom mittellosen Herumlungerer zum Multimillionär hoch und verwirklicht den amerikanischen Traum in der festen Überzeugung, dadurch seine aus einer besseren Familie stammende große Liebe, die inzwischen verheiratet ist, zurückgewinnen zu können ...
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Kritik

Baz Luhrmann hält sich eng an die literarische Vorlage. Dass er daraus ein mehr als zwei Stunden langes schrilles Ausstattungsspektakel macht, entspricht durchaus der Idee des Romans "Der große Gatsby" von F. Scott Fitzgerald.
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Der Yale-Absolvent Nick Carraway (Tobey Maguire) versucht sich 1922 an der Wall Street als Börsenmakler und mietet ein kleines Haus in West Egg auf Long Island.

Nebenan befindet sich ein weitläufiges Anwesen mit einer palastartigen Villa, in der ständig große Partys gefeiert werden. Eines Tages wird Nick zu einer dieser Gesellschaften eingeladen, und der Gastgeber, Jay Gatsby (Leonardo DiCaprio), bietet ihm auch noch an, ihn am nächsten Morgen bei einem Rundflug in seinem neuen Wasserflugzug über den Sund mitzunehmen. Es gibt Gerüchte, dass Gatsby seinen Reichtum durch Alkoholschmuggel, illegale Aktienspekulationen und andere kriminelle Machenschaften erwarb, aber niemand weiß Genaueres. Gatsby selbst behauptet, sein Vermögen von seinen Eltern und anderen Verwandten geerbt zu haben. Angeblich studierte er, wie alle seine Vorfahren, in Oxford. Im Weltkrieg, so wird behauptet, bekam er mehrere Tapferkeitsauszeichnungen.

Auf der Party bei Jay Gatsby lernt Nick Carraway die erfolgreiche Golferin Jordan Baker (Elizabeth Debicki) kennen, die mit seiner Cousine Daisy (Carey Mulligan) befreundet ist. Daisy und ihr Ehemann Tom Buchanan (Joel Edgerton) wohnen in einer Villa auf der anderen Seite der Bucht, in East Egg. Sie stammen beide aus Familien, die schon lange reich sind. Tom, ein kräftiger, sportlicher Typ und bekannter Polospieler, fühlt sich als Angehöriger der nordischen, herrschenden Rasse [Rassismus in den USA]. Afroamerikaner und Neureiche verachtet er gleichermaßen. Seit einiger Zeit hat er ein Verhältnis mit Myrtle (Isla Fisher), der Ehefrau von George B. Wilson (Jason Clarke), dem Besitzer einer Tankstelle in einem Elendsviertel an der Straße nach New York City.

Eines Tages bittet Jay Gatsby seinen Nachbarn Nick Carraway um einen Gefallen: Er soll Daisy und ihn zum Tee einzuladen.

Jay Gatsby heißt in Wirklichkeit James Gatz. Sein Vater Henry (Jack Thompson) war ein armer kleiner Farmer. Mit 17 lief Jay (Callan McAuliffe) von zu Hause fort, um etwas Besseres zu werden. Als er beobachtete, wie eine Yacht an eine heimtückisch flache Stelle des Lake Superior geriet, ruderte er hin und warnte den Besitzer, einen 50-Jährigen namens Dan Cody, vor der Gefahr. Als der Multimillionär ihn nach seinem Namen fragte, antwortete er spontan: Jay Gatsby. Er hatte begriffen, wie wichtig die Selbstdarstellung ist! Cody nahm ihn mit auf eine Weltumsegelung. Als Cody fünf Jahre später starb, sollte sein Schützling einen Teil seines Vermögens erben, aber die Familie verhinderte, dass Gatsby auch nur einen Dollar bekam.

Er war also mittellos, als er sich 1917 in die 16-jährige Daisy Fay verliebte. Weil er damals die Uniform eines Leutnants trug, erkannten weder Daisy noch ihre wohlsituierte Familie, dass er aus armen Verhältnissen stammte und nichts besaß. Im Weltkrieg musste Gatsby nach Europa. Danach kehrte er nicht sofort zurück, sondern bat Daisy in einem Brief, noch ein Jahr länger auf ihn zu warten. Die Zeit wollte er nutzen, um eine Karriere zu beginnen, denn anders hätte er nicht um ihre Hand anhalten können. Daisy heiratete jedoch in dieser Zeit Tom Buchanan.

Nur um Daisy zurückzugewinnen, brachte Gatsby es mit dunklen Machenschaften zu einem märchenhaften Vermögen und kaufte sich die Traumvilla in West Egg. Die Partys gab er in der Hoffnung, dass Daisy dort eines Tages auftauchen würde. Aber die Buchanans kamen nicht. Deshalb möchte Gatsby seine Angebetete nun im Haus seines Nachbarn wiedersehen.

Ahnungslos folgt Daisy der Einladung ihres Cousins – und wird von Jay Gatsbys Anwesenheit überrascht. Der ist zunächst verlegen wie ein liebeskranker Pennäler, aber allmählich bricht das Eis. Er führt Daisy durch seine schlossartige Villa, die er nur erwarb und mit allem erdenklichen Luxus ausstattete, um damit eines Tages die Liebe seines Lebens beeindrucken zu können.

Daisy nimmt die Beziehung wieder auf und besucht ihren Geliebten so oft wie möglich heimlich in dessen Villa. Gatsby ist überzeugt, dass sie ihren Ehemann nie geliebt habe und nur noch etwas Zeit brauche, um es Tom zu sagen und sich scheiden zu lassen. Dann werde sie mit ihm ein neues Leben beginnen. Gatsby möchte die letzten fünf Jahre ungeschehen machen.

Als er den Zeitpunkt für gekommen hält, dass Daisy sich von Tom trennt, lässt er sich von den Buchanans zusammen mit Nick und Jordan einladen. Die Stimmung ist von Anfang an gereizt. Tom beginnt zu durchschauen, dass Daisy und Gatsby ein Verhältnis haben. Nick drängt Daisy, Tom die Wahrheit zu sagen, aber stattdessen schlägt sie vor, wegen der Hitze nach New York City zu fahren und dort in ein Hotel zu gehen. Kurz darauf will sie zwar von ihrem Vorschlag nichts mehr wissen, aber nun besteht Tom darauf, mit zwei Autos in die Stadt zu fahren. Er nutzt die Gelegenheit, um Gatsbys neues gelbes Coupé auszuprobieren. Unterwegs schaut er kurz bei Myrtle vorbei und lässt den Wagen von George Wilson volltanken. Der hat inzwischen herausgefunden, dass Myrtle ihn betrügt, weiß aber noch nicht, dass es sich bei Tom Buchanan um den Liebhaber seiner Frau handelt.

In New York kommt es zwischen Jay Gatsby und Tom Buchanan zum offenen Streit. Gatsby behauptet, Daisy habe immer nur ihn geliebt. Sie will das jedoch nicht bestätigen, und Tom ist nicht bereit, sie freizugeben.

Sie beschließen zurückzukehren. Gatsby und Daisy brechen als erste auf. Sie nehmen Gatsbys Wagen, und er überlässt Daisy das Lenkrad.

Tom folgt ein paar Minuten später mit Jordan und Nick in seinem eigenen Auto. Vor Wilsons Tankstelle hat sich ein Verkehrsunfall ereignet. Sie halten an. Myrtle ist tot. Zeugen haben gesehen, wie die Frau nach einem Streit mit ihrem Ehemann auf die Straße rannte und von einem gelben Coupé überfahren wurde, das nur kurz anhielt und dann davonraste.

George Wilson ist verzweifelt. Tom spricht mit ihm und verrät ihm, dass das von Zeugen beschriebene Fahrzeug Jay Gatsby gehört.

Wilson glaubt deshalb, Gatsby sei der Liebhaber seiner Frau gewesen und habe sie getötet. Mit einem alten Revolver fährt er nach West Egg, erschießt Gatsby und dann sich selbst.

Statt an Gatsbys Beerdigung teilzunehmen, verreisen Tom und Daisy. Nick durchschaut nun, wie oberflächlich und verantwortungslos seine Cousine ist. Dass keiner der Partygäste dem Toten die letzte Ehre erweist, zeigt ihm die Verdorbenheit der Gesellschaft. Diese Erkenntnisse lassen ihn zum alkoholkranken Misanthrop werden.

Einige Jahre später fordert ihn ein Arzt in einer Entzugsklinik auf, über die Erlebnisse im Sommer 1922 zu schreiben, um sie zu verarbeiten.

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Der 1925 von Francis Scott Fitzgerald veröffentlichte Roman „Der große Gatsby“ wurde bereits mehrmals verfilmt, zum Beispiel von John Clayton („Der große Gatsby“). Eine Neuverfilmung gibt es nun von Baz Luhrmann.

In der literarischen Vorlage erzählt Nick Carraway die Geschichte. Baz Luhrmann folgt F. Scott Fitzgerald, baut diesen Teil aber zu einer Rahmenhandlung aus: Nick Carraway, der durch die Ereignisse im Sommer 1922 zum alkoholkranken Misanthrop wurde, berichtet einige Jahre später einem Arzt in einer Entzugsklinik, was damals geschah und schreibt es zu therapeutischen Zwecken auf. Ansonsten entspricht die Handlung genau der des Romans „Der große Gatsby“.

Allerdings macht Baz Luhrmann aus dem nicht allzu dicken Buch eine über zwei Stunden lange poppig bunte, schrille Oper, ein Ausstattungsspektakel, eine opulente Bilderorgie. Die entfesselte Kamera ist ständig in Bewegung, sie zoomt, rast durch und über die Szenerie, und das auch noch in 3D. Baz Luhrmann treibt die visuelle Reizüberflutung bis zum Exzess: „Bestes Boulevardtheater auf Ecstasy“ (David Kleingers). Jedes Bild ist perfekt komponiert und ausgeleuchtet. Allein schon wegen der atemraubenden Optik lohnt es sich, Baz Luhrmanns Film zu sehen. Aber es gibt noch weitere Gründe.

Das besinnungslose Feiern von glamourösen Partys war für das Jazz-Age charakteristisch. Zelda und Francis Scott Fitzgerald galten in dieser Zeit – Anfang der Zwanzigerjahre – in New York als Traumpaar. Baz Luhrmanns rauschhafte Inszenierung entspricht also dem Geist der Romanvorlage. Sie spiegelt zugleich die Dekadenz, Maßlosigkeit und Künstlichkeit dieser von einer vergnügungssüchtigen High Society geschaffenen Scheinwelt.

Als Kontrast zeigt Baz Luhrmann auch schuftende Arbeiter, aber diese kurzen Szenen wirken ebenfalls kulissenhaft, und in diesem Fall wäre Realismus erforderlich gewesen.

F. Scott Fitzgerald ahnte in seinem Roman „Der große Gatsby“ den Börsencrash von 1929 voraus. Diese Andeutung greift auch Baz Luhrmann auf und gibt dem Film dadurch einen Bezug zur aktuellen Diskussion über die Kasinomentalität der Spekulanten.

Im Zentrum der Romanverfilmung steht allerdings nicht die Gesellschaftskritik, sondern die tragische, märchenhafte Liebesgeschichte zwischen einer oberflächlichen jungen Frau aus einer wohlhabenden Familie und einem Parvenü, der daran glaubt, den amerikanischen Traum verwirklichen zu können. Leonardo DiCaprio verkörpert diesen Mann, bei dem es sich einerseits um einen optimistischen Romantiker handelt, andererseits um einen Blender und Kontrollfreak, der auch vor kriminellen Machenschaften nicht zurückschreckt, um seine Ziele zu erreichen, der einerseits schüchtern und verlegen ist, sich andererseits hasserfüllt auf seinen Rivalen stürzt. Anders als Robert Redford in John Claytons Verfilmung zeigt Leonardo DiCaprio auch die dunklen Seiten dieses Charakters.

Höhepunkt in „Der große Gatsby“ – im Film ebenso wie im Roman – ist die kammerspielartige Szene bei großer Hitze in einem Hotelzimmer. Die Konflikte brechen auf. Tom Buchanan, der von klein auf gewohnt ist, zu den Gewinnern zu gehören, spielt seine Überlegenheit aus, und Jay Gatsby steht zwar am Ende vor einem Scherbenhaufen, will das aber nicht wahrhaben.

Die Kostüme und das Szenenbild wurden von Catherine Martin (* 1965) entworfen. Sie ist seit 1997 mit Baz Luhrmann (* 1962) verheiratet. Die beiden arbeiteten auch bei „William Shakespeare’s Romeo und Julia“, „Moulin Rouge“ und „Australia“ zusammen. Dafür wurde Catherine Martin 1997 für einen „Oscar“ nominiert, 2002 mit zwei „Oscars“ (einen für die Kostüme, den anderen fürs Szenenbild) ausgezeichnet, und 2008 erhielt sie erneut eine „Oscar“-Nominierung.

Die Dreharbeiten für „Der große Gatsby“ begannen im September 2011 und fanden ausschließlich in Australien statt. Sogar die Kulissen von New York City entstanden dort.

Die Produktionskosten werden auf 125 bis 160 Millionen Dollar geschätzt.

Eine Single mit dem in „Der große Gatsby“ von der Indie-Pop-Sängerin Lana Del Rey zu hörenden Song „Young and Beautiful“ erschien am 6. Mai. Am Tag darauf kam der von dem Rapper Jay-Z produzierte offizielle Soundtrack heraus. Er enthält folgende Titel: „100 $ Bill“ (Jay Z), „Back to Black“ (Beyoncé & André 3000), „Bang Bang“ (Will.i.am), „A Little Party Never Killed Nobody“ (Fergie, Q-Tip, GoonRock), „Young and Beautiful“ (Lana Del Rey), „Love is the Drug“ (Bryan Ferry & the Bryan Ferry Orchestra), „Over the Love“ (Florence + the Machine), „Where the Wind Blows“ (Coco O. von Quadron), „Crazy in Love“ (Emeli Sandé, Bryan Ferry & the Bryan Ferry Orchestra), „Together“ (The xx), „Hearts a Mess“ (Gotye), „Love is Blindness“ (Jack White), „Into the Past“ (Nero), „Kill and Run“ (Sia).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013

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