In der Hitze der Nacht

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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht – Originaltitel: In the Heat of the Night – Regie: Norman Jewison – Drehbuch: Stirling Silliphat, nach dem Roman "In der Hitze der Nacht " von John Ball – Kamera: Haskell Wexler – Schnitt: Hal Ashby – Musik: Quincy Jones – Darsteller: Sidney Poitier, Rod Steiger, Warren Oates, Lee Grant, Larry Gates, Quentin Dean, James Patterson, Scott Wilson, Peter Whitney, Beah Richards u.a. – 105; 1967 Minuten

Inhaltsangabe

In der Kleinstadt Sparta, Mississippi, wird ein Unternehmer erschlagen. Die Polizei nimmt einen Afroamerikaner fest, der auf einen Zug wartete. Dass er schwarz ist, reicht aus, um ihn für den Mörder zu halten. Doch es handelt sich um einen Detective der Mordkommission von Philadelphia, Pennsylvania. Bill Gillespie, der Polizeichef von Sparta, fordert ihn auf, sich die Leiche anzusehen, doch als er einen anderen Tatverdächtigen verhaftet hat, zeigt er dem unerwünschten Kollegen wieder seine ganze Verachtung ...
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Kritik

Die Verfilmung des Romans "In der Hitze der Nacht" von John Ball ist eine packende Mischung aus Thriller, Drama und Milieustudie. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung der Beziehung zwischen einem kultivierten Afroamerikaner aus der Großstadt und dem ungehobelten Polizeichef einer rassistischen Kleinstadt.
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Bei einer nächtlichen Patrouille mit dem Streifenwagen in der Kleinstadt Sparta, Mississippi, stößt Sam Wood (Warren Oates) auf einen Toten, der mitten auf der Straße liegt. Es handelt sich um den Unternehmer Philip Colbert (Jack Teter), der in Sparta eine Fabrik bauen wollte. Jemand hat ihm den Schädel eingeschlagen.

Kurz darauf verhaftet Wood am Bahnhof einen elegant gekleideten Afroamerikaner, der dort im Morgengrauen auf einen Zug wartet. Dass er schwarz ist und trotzdem eine Menge Geld in der Brieftasche hat, genügt Wood, um ihn für den Mörder zu halten. Er bringt ihn zum Revier, wo William („Bill“) Gillespie (Rod Steiger), der schwitzende Polizeichef von Sparta, gerade an der Klimaanlage herumklopft, um sie ans Laufen zu bringen. Der Festgenommene behauptet, er habe in Sparta nur umsteigen wollen. Gillespie fragt ihn nach seinem Namen und amüsiert sich darüber, dass der Afroamerikaner Virgil Tibbs (Sidney Poitier) heißt: „Übrigens ist Virgil ein ziemlich ausgefallener Name für einen schwarzen Jungen wie Sie. Wie nennt man Sie denn zu Hause, wo Sie herkommen?“ – „Dort nennt man mich Mr Tibbs.“

Virgil Tibbs ist Detective bei der Polizei in Philadelphia, Pennsylvania. Sein Vorgesetzter, den Gillespie anruft, um die Identität des Fremden zu überprüfen, preist ihn als seinen besten Mann in der Mordkommission. Als er hört, dass es in Sparta einen Mord aufzuklären gibt, schlägt er Tibbs vor, der örtlichen Polizei, die keine Erfahrungen mit Kapitalverbrechen hat, dabei zu helfen.

Gillespie weigert sich zunächst, die Hilfe des Afroamerikaners anzunehmen, der offenbar weit mehr als er selbst verdient, und Tibbs, der dem Rassisten misstraut, will so schnell wie möglich fort. Doch bevor er abreist, überlegt Gillespie es sich anders und fordert Tibbs auf, sich die Leiche anzusehen. Der Detective aus Philadelphia geht dabei ebenso professionell wie routiniert vor, und es stellt sich heraus, dass der Leichenbeschauer Dr. Stuart (Fred Stewart) nicht einmal in der Lage ist, den Todeszeitpunkt korrekt zu bestimmen.

Während Tibbs die Leiche weiter untersucht, verfolgt die Polizei im Wald einen Flüchtigen und nimmt ihn nach einer Verfolgungsjagd fest. Weil bei Harvey Oberst (Scott Wilson) – so heißt er – die Brieftasche des Opfers gefunden wird, hält ihn die Polizei von Sparta für Colberts Mörder, obwohl er beteuert, nur die neben dem Toten auf dem Boden liegende Brieftasche gestohlen zu haben. Ein Geständnis sei nur eine Frage der Zeit, meint einer der Beamten. Weil Gillespie glaubt, der Mordfall sei so gut wie aufgeklärt, zeigt er dem unerwünschten Kollegen aus Philadelphia nun wieder seine ganze Verachtung.

Tibbs bezweifelt, dass es sich bei Harvey Oberst um den Mörder handelt. Das bekommt auch Leslie Colbert (Lee Grant) mit, die aufs Polizeirevier kam, um sich nach ihrem Mann zu erkundigen und gerade erst erfuhr, dass er ermordet wurde. Weil sie weiß, dass Gillespie mit der Aufklärung des Mordfalls überfordert ist, wendet sie sich an Bürgermeister Webb Schubert (William Schallert) und verlangt von ihm, den offensichtlich klugen und erfahrenen afroamerikanischen Detective in die Ermittlungen mit einzubeziehen. Schubert, der befürchtet, die Witwe könne den Bau der geplanten Fabrik in Sparta absagen, drängt Gillespie, den „Neger“ mitmachen zu lassen und legt dem Polizeichef nahe, ihn zu erschießen – „in Notwehr selbstverständlich“.

Ein abgebrochener Osmunda-Zweig (Königsfarn), den Tibbs im Auto des Ermordeten findet, bringt ihn auf die Spur des reichen Baumwollplantagen-Besitzers Eric Endicott (Larry Gates), dessen Hobby die Orchideenzucht ist. Der Butler Henry (Jester Hairston) führt Tibbs und Gillespie ins Gewächshaus. Als Endicott begreift, dass er mit dem Mord in Verbindung gebracht wird, ohrfeigt er Tibbs. Der schlägt zurück. Dafür wäre ein „Nigger“ wie er früher erschossen worden, knurrt Endicott.

Vier Rassisten verfolgen Tibbs in eine leere Fabrikhalle und drohen ihn mit Stangen und Ketten totzuschlagen. Gillespie kommt dazu und schickt die Angreifer weg.

Der Detective möchte, dass Sam Wood die Fahrt in der Mordnacht minutiös rekonstruiert. Tibbs und Gillespie setzen sich in den Fond des Streifenwagens. Wood hält bei dem kleinen Café von Ralph Henshaw (Anthony James). Der kann den Officer nicht leiden und weigert sich, einen Afroamerikaner zu bedienen. Die Polizisten fahren weiter. Bevor Wood die Leiche entdeckte, war er eine Weile vor dem Haus stehen geblieben, in dem Delores Purdy (Quentin Dean) wohnt. Wie üblich war sie nackt, hatte Licht an und die Vorhänge nicht zugezogen. Bei der Rekonstruktion der Fahrt biegt Wood jedoch vor dem Haus ab. Tibbs, der bereits herausgefunden hat, dass der Streifenpolizist Delores regelmäßig begafft, konstatiert, dass Wood die Fahrt nicht korrekt wiederholt und steigt aufgebracht aus.

Das Verhalten seines Untergebenen macht Gillespie misstrauisch. Ohne rechtliche Grundlage lässt er sich von dem Bankmanager Henderson (Kermit Murdock) Woods Kontoauszug zeigen. Dass Wood am Tag nach dem Mord 632 Dollar einzahlte, ist für den Polizeichef der Beweis dafür, dass er Colbert umgebracht hat.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Nachdem Gillespie nun erneut glaubt, den Fall aufgeklärt zu haben und nicht länger auf die Hilfe des afroamerikanischen Kollegen angewiesen zu sein, fordert er ihn auf, die Stadt mit dem nächsten Zug zu verlassen.

In diesem Augenblick kommt Purdy (James Patterson) mit seiner jüngeren Schwester Delores aufs Polizeirevier und behauptet aufgeregt, Offizier Wood habe sie geschwängert und zur Hure gemacht.

Tibbs sucht daraufhin die Engelmacherin Mrs Bellamy (Beah Richards) auf, die lieber als Mama Caleba angesprochen wird. Sie erwartet Delores gerade zur Abtreibung. Während Tibbs noch mit Mama Caleba spricht, taucht Delores auf. Tibbs packt sie, aber vor dem Haus der Engelmacherin rotten sich Rassisten mit ihren Schusswaffen zusammen. Sie wollen den Schwarzen töten. Unter ihnen ist auch Delores‘ Bruder. Tibbs ruft ihm zu, seine Schwester sei nicht von Sam Wood, sondern von Ralph Henshaw geschwängert worden. Henshaw habe Delores 100 Dollar für eine Abtreibung mitgegeben. Tatsächlich findet Purdy in der Handtasche seiner Schwester einen 100-Dollar-Schein. Zornig hebt er sein Gewehr, doch bevor er abdrücken kann, erschießt Henshaw ihn mit seinem Revolver. Während Delores sich schluchzend über ihren toten Bruder wirft, weichen die Männer zurück.

Ralph Henshaw wird festgenommen. Auf dem Polizeirevier legt er ein Geständnis ab: Er bewarb sich bei Colbert um eine Stelle in der geplanten Fabrik, und der Unternehmer zeigte ihm das Baugelände. Dort ermordete er ihn. Die Leiche brachte er in die Stadt zurück.

Nach der Aufklärung des Mordfalls begleitet Gillespie seinen Kollegen aus Philadelphia persönlich zum Bahnhof und trägt ihm den Koffer.

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Der Film von Stirling Silliphat (Drehbuch) und Norman Jewison (Regie) basiert auf dem 1965 von John Ball (1911 – 1988) veröffentlichten Roman „In the Heat of the Night“ („In der Hitze der Nacht“, Übersetzung: Mechthild Sandberg, Ullstein 1984; Neuübersetzung: Beate Felten, DuMont 1997). Im Film wird zwar statt eines Dirigenten ein Unternehmer umgebracht, und Virgil Tibbs kommt nicht aus Kalifornien, sondern aus Pennsylvania, aber in den Grundzügen folgt das Drehbuch der Romanvorlage.

„In der Hitze der Nacht“ ist eine packende Mischung aus Thriller, Drama und Milieustudie. Ein kluger, gebildeter, kultivierter und etwas arroganter Afroamerikaner aus der Großstadt trifft in einer rassistischen Kleinstadt im Süden der USA auf einen ungehobelten, reaktionären Polizeichef, der in seinem Denken keine Zwischentöne, sondern nur Schwarz und Weiß kennt. Die Entwicklung der konfliktreichen Beziehung dieser beiden Männer steht im Mittelpunkt des Dramas.

Stirling Silliphat und Norman Jewison erzählen die Geschichte nüchtern und unaufgeregt, auch mit ein wenig Humor und Ironie. Das Drehbuch weist Lücken auf, und die Inszenierung von „In der Hitze der Nacht“ wirkt inzwischen altmodisch, aber der von den beiden Hauptdarstellern Sidney Poitier und Rod Steiger getragene Film ist immer noch sehenswert.

Bemerkenswert sind der Soundtrack von Quincy Jones und der von Ray Charles gesungene Titelsong „In the Heat of the Night“.

„In der Hitze der Nacht“ wurde mit fünf „Oscars“ ausgezeichnet, und zwar in den Kategorien Bester Film, Bestes Drehbuch: Stirling Silliphat, Bester Hauptdarsteller: Rod Steiger, Bester Schnitt: Hal Ashby, Bester Ton. Nominiert hatte man auch Norman Jewison für die Regie und James A. Richard für die Toneffekte.

Aufgrund des Erfolgs wurden zwei Sequels gedreht: „Zehn Stunden Zeit für Virgil Tibbs“ und „Die Organisation“.

Originaltitel: They Call Me MISTER Tibbs! – Regie: Gordon Douglas – Drehbuch: Alan Trustman, James R. Webb, Alan Trustman, nach Charakteren von John Ball – Kamera: Gerald Perry Finnerman – Schnitt: Bud Molin – Musik: Quincy Jones – Darsteller: Sidney Poitier, Martin Landau, Barbara McNair, Anthony Zerbe, Edward Asner, Jeff Corey, Norma Crane, Juano Hernandez, David Sheiner, Beverly Todd, Ted Gehring, Linda Towne, Garry Walberg, George Spell, Wanda Spell u.a. – 1970; 105 Minuten

Originaltitel: The Organization – Regie: Don Medford – Drehbuch: James R. Webb, nach Figuren von John Ball – Kamera: Joseph F. Biroc– Schnitt: Ferris Webster – Musik: Gil Melle – Darsteller: Sidney Poitier, Barbara McNair, Gerald S. O’Loughlin, Sheree North, Fred Beir, Allen Garfield, Bernie Hamilton, Graham Jarvis, Raul Julia, Ron O’Neal, James A. Watson jr., Charles H. Gray, Jarion Monroe, Daniel J. Travanti, Billy Green Bush u.a. – 1971; 105 Minuten

1988 wurde die erste von sieben Staffeln der Fernsehserie „In der Hitze der Nacht“ ausgestrahlt (mit Carroll O’Connor als Bill Gillespie und Howard Rollins als Virgil Tibbs).

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Inhaltsangabe und Filmkritik: © Dieter Wunderlich 2009

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