John Grisham : Die Kammer

Die Kammer
Originalausgabe: The Chamber Doubleday, New York 1994 Die Kammer Übersetzung: Christel Wiemken Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1995 ISBN: 3-455-02494-7, 608 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Sam Cayhall, Ku-Klux-Klan-Mitglied in vierter Generation, wird wegen seiner Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag im Jahr 1967 in zwei Gerichtsverfahren freigesprochen, 1981 dann allerdings zum Tod verurteilt. Nach mehreren Aufschüben wird die Vollstreckung in der Gaskammer für 8. August 1990 angesetzt. Vier Wochen vorher übernimmt Sams überraschend aufgetauchter Enkel Adam Hull, der seinen Großvater bis dahin noch nie gesehen hat, die Verteidigung und versucht, die Hinrichtung zu verhindern ...
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Kritik

Mit seinem Justizroman "Die Kammer" veranschaulicht John Grisham die Fragwürdigkeit und Grausamkeit der Todesstrafe. Ein Verzicht auf redundante Passagen, überflüssige Handlungsstränge und belanglose Details hätte dem Buch allerdings gut getan.
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Weil Ruth Kramer am Morgen des 21. April 1967 mit Fieber aufwacht und deshalb im Bett liegen bleibt, nimmt ihr Ehemann, der in der Bürgerrechtsbewegung engagierte jüdische Rechtsanwalt Marvin Kramer, die fünf Jahre alten Zwillingssöhne Josh und John mit in die Kanzlei in Greenville/Mississippi. Dort will er schon etwas arbeiten, bevor der Kindergarten öffnet und er die beiden Jungen hinbringen kann. Sie sind noch keine halbe Stunde in dem Gebäude, als eine Bombe explodiert, die Zwillinge zerfetzt und Marvin beide Unterschenkel abreißt.

Die Sprengladung wurde in der Nacht deponiert. Den Auftrag hatte Jeremiah („Jerry“) Dogan erteilt, der Imperial Wizard des Ku-Klux-Klan in Mississippi. Bei dem Sprengstoffexperten handelte es sich um ein Klan-Mitglied von außerhalb; der 22-Jährige nannte sich Rollie Wedge, aber das war nicht sein richtiger Name. Sam Cayhall, der das von Dogan besorgte Auto fuhr, gegen 4 Uhr morgens beim Einbruch half und Schmiere stand, gehörte zu Dogans Männern. Nachdem er Wedge nach Cleveland gebracht hatte, kehrte er nach Greenville zurück, denn er wunderte sich darüber, dass die Explosion nicht, wie üblich, eine Viertelstunde nach dem Legen der Sprengladung erfolgt war. War etwas defekt oder hatte der Fremde statt einer Zündschnur einen Zeitzünder angebracht?

Sam Cayhall wird von herumfliegenden Trümmern getroffen. Blutüberströmt springt er ins Auto und rast davon, bis er der Besatzung eines Streifenwagens auffällt und festgenommen wird.

Der 46-Jährige stammt aus Clanton/Mississippi. Untersuchungen im FBI-Laboratorium bestätigen den Verdacht, dass die Glassplitter von der Vorderfront des explodierten Bürogebäudes stammen. Bald gilt Sam Cayhall als einer der mutmaßlichen Attentäter.

Jerry Dogan schickt ihm den ebenfalls zum Ku-Klux-Klan gehörenden Rechtsanwalt Clovis Brazelton. Obwohl Sam Cayhall die Aussage verweigert, werden er und Dogan am 5. Mai 1967 wegen Mordes angeklagt. Aufgrund einer Eingabe des Verteidigers beginnt die Gerichtsverhandlung am 4. September nicht in Greenville, sondern in Nettles County. Brazelton erreicht außerdem, dass der Jury nur Weiße angehören. Dennoch sträuben sich bis zuletzt zwei Geschworene gegen den von den anderen Jury-Mitgliedern geforderten Freispruch, und der Prozess endet deshalb ergebnislos. Nach fünf Monaten kann Sam das Gefängnis erst einmal verlassen.

Ein halbes Jahr später findet ein neues Verfahren in Wilson County statt. Dort können die Geschworenen sich ebensowenig einigen. Dieses Mal ist es eine Frau, die auf „schuldig“ besteht. Sam Cayhall und Jerry Dogan bleiben auf freiem Fuß.

Ruth und Marvin Kramer, die über den Tod ihrer Zwillinge nicht hinwegkommen, lassen sich 1970 scheiden. Im Jahr darauf verübt der beinamputierte Rechtsanwalt Selbstmord.

1979 wird der 27-jährige Jurist David McAllister Staatsanwalt in Greenville. Einige Monate später droht Jerry Dogan nicht nur eine Klage wegen Steuerhinterziehung, sondern auch die Versteigerung seines gesamten Besitzes. Unter diesem Druck ist er zu einem Deal bereit und stellt sich als Belastungszeuge gegen Sam zur Verfügung. Der wird im Sommer 1980 erneut festgenommen und angeklagt. Im Oktober heißt es, Dogans in der Armee dienender Sohn habe sich in Deutschland unerlaubt von der Truppe entfernt und es fehle jede Spur von ihm.

Am 12. Februar 1981 wird Sam Cayhall aufgrund von Indizien und vor allem der Aussage Jerry Dogans eines vorsätzlichen Doppelmordes und eines Mordversuchs für schuldig befunden. Das Todesurteil des Bezirksgerichts von Washington County folgt zwei Tage später, und Sam wird in das Mississippi State Penitentiary in Parchman gebracht.

Auf den Tag genau ein Jahr nach Jerry Dogans Zeugenaussage gegen Sam Cayhall sterben er und seine Frau bei der Explosion ihres Hauses. Ursache war angeblich unbemerkt ausgeströmtes Propangas.

Das Gericht des Staates Mississippi bestätigt das Urteil gegen Sam Cayhall am 23. Juli 1982, und am 21. September 1983 entscheidet auch das Oberste Bundesgericht, dass die Verurteilung zu Recht erfolgt sei. 1984 verabschiedet das Parlament des Staates Mississippi ein Gesetz, das zum Tod Verurteilten eine Wahlmöglichkeit zwischen Gas und Injektion ermöglicht. Doch für Sam kommt die neue Regelung nicht zum Tragen, denn sie gilt erst für nach dem 1. Juli 1984 verhängte Todesurteile.

Sams Anwalt Benjamin Keyes wird von der Kanzlei Kravitz & Bane in Chicago abgelöst. Jahrelang kümmern sich zunächst Wallace Tyner und dann E. Garner Goodman pro bono um den Fall. (Kostenlose Vertretungen übernimmt die Kanzlei nicht aus Altruismus, sondern um ihr Image aufzupolieren.) Aber im Lauf der Zeit werden alle Eingaben abgewiesen. Am 9. Juli 1990, wenige Tage nachdem Sam der jüdischen Kanzlei Kravitz & Bane durch ein gerichtliches Verfahren das Mandat entzogen hat, annulliert das Oberste Bundesgericht den am 14. Mai 1989 gewährten Aufschub der Hinrichtung, und noch am selben Tag setzt das Gericht des Staates Mississippi den 8. August als neuen Termin in der Gaskammer des Mississippi State Penitentiary in Parchman fest.

Vier Wochen vor der geplanten Hinrichtung wendet sich der Anwalt Adam Hall, der vor einem dreiviertel Jahr frisch von der Universität zu Kravitz & Bane kam, an die beiden einflussreichen Partner Emmitt Wycoff und E. Garner Goodman. Er möchte Sam Cayhall pro bono Rechtsbeistand anbieten und glaubt, dass der Verurteilte damit einverstanden wäre, obwohl er ihn nie zuvor gesehen hat, denn es handelt sich um seinen Großvater.

Adam Hull wurde am 12. Mai 1964 in Clanton/Mississippi geboren und hieß zunächst Alan Cayhall. Als er drei Jahre alt war, zog sein Vater Eddie Cayhall mit der Mutter, ihm und seiner drei Jahre jüngeren Schwester Carmen fort und änderte die Namen. Einen Monat nach dem Todesurteil gegen seinen Vater erschoss sich Eddie im Alter von 38 Jahren, und Adam fand den blutüberströmten Toten. Das geschah ein paar Wochen vor seinem 17. Geburtstag.

Adams Mutter ist inzwischen wieder verheiratet und lebt in Portland. Seine Schwester Carmen studiert Psychologie in Berkeley. Während Adam versuchen will, die Hinrichtung seines Großvater zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern, wohnt er bei seiner Tante Lee Booth in Memphis. Sie ist Sams Tochter. Verheiratet ist sie mit dem Bankier Phelps Booth, aber das Ehepaar hat sich vor Jahren einvernehmlich getrennt. Eine Scheidung käme für die konservative, zum Geldadel von Memphis zählende Familie Booth nicht in Frage. Der Sohn Walt lebt mit seinem Lebensgefährten in Amsterdam.

Lee erzählt ihrem Neffen, als Kind sei ihr Bruder Eddie mit Quince Lincoln, dem gleichaltrigen Sohn der afroamerikanischen Nachbarn, befreundet gewesen. 1950 saß sie unbemerkt in einem Baum und erlebte mit, wie die Väter der beiden Jungen in Streit gerieten und Joe Lincoln dann von Sam Cayhall kaltblütig erschossen wurde. Der Sheriff half Sam nach der Bluttat, die Witwe des Ermordeten zusammen mit den Kindern zu vertreiben.

Wie erwartet, erklärt Sam sich mit der rechtlichen Vertretung durch seinen überraschend aufgetauchten Enkel einverstanden. Allerdings stellt er Bedingungen. Adam muss sich verpflichten, keine Interviews zu geben. Noch wichtiger ist es Sam, dass ein Gnadengesuch beim Gouverneur ausgeschlossen wird, denn ausgerechnet David McAllister, der Staatsanwalt, der die Anklage gegen ihn vertreten hatte, wurde 1989 zum Gouverneur von Mississippi gewählt, und Sam ist überzeugt, dass der Karrierist nur daran interessiert wäre, sich auf seine Kosten medienwirksam zu profilieren.

Adam findet heraus, dass bereits Sams Urgroßvater Colonel Jocob Clayhall Mitglied des Ku-Klux-Klan war. Die Tradition setzte sich über vier Generationen fort. Sam wurde schon als Kind von seinem Vater zu einem Lynchmord mitgenommen, und als 15-Jähriger gehörte er zu einer Gruppe von Jugendlichen, die sich vor einem gelynchten Afroamerikaner fotografieren ließen. Als der Vater Nathaniel Lucas Cayhall 1952 von zwei Männern ermordet wurde, rächten ihn seine vier Söhne. – Eddie war der erste Cayhall, der dem Ku-Klux-Klan fernblieb.

Sam gibt zu, auch am Sprengstoffanschlag auf die Familie Pinder in Vicksburg und gegen den Hirsch Temple in Jackson beteiligt gewesen zu sein. Dabei sei es immer nur darum gegangen, jüdische Unterstützer der Bürgerrechtsbewegung einzuschüchtern, sagt er. Niemand sollte verletzt oder gar getötet werden. Auch bei dem Anschlag gegen Marvin Kramer um 4 Uhr früh habe er nicht erwartet, dass sich zum Zeitpunkt der Explosion jemand in dem Gebäude aufhalten würde. Während der 13 Jahre zwischen dem ersten und dem dritten Gerichtsverfahren, in denen Sam nicht eingesperrt war, ließ er sich nichts zu Schulden kommen.

Obwohl Sam beteuert, er habe die Bombe am 21. April 1967 allein gelegt, glaubt Adam ihm nicht, denn Zeugen wie der LKW-Fahrer Tommy Farris wollen Sam damals mit einem anderen, deutlich jüngeren Mann zusammen gesehen haben. Außerdem fand die Polizei bei der Hausdurchsuchung keinerlei Spuren von Sprengstoff oder Material für Zündsätze. Adam nimmt Kontakt mit dem damaligen FBI-Agenten Wyn Lettner auf, der die Ermittlungen 1967 leitete und ebenfalls davon überzeugt ist, dass es einen Komplizen gab.

Vor dem Mississippi State Penitentiary in Parchman beginnen Ku-Klux-Klan-Mitglieder mit einer Mahnwache für den zum Tod Verurteilten.

Es dauert nicht lang, bis die Medien herausfinden, dass es sich bei Sam Cayhalls neuem Anwalt um seinen Enkel handelt. Zum Entsetzen der Familie Booth machen die Zeitungen und das Fernsehen auch publik, dass Lee Booth die Tochter des zum Tod Verurteilten ist.

Lee, die ihrem Neffen bereits gestanden hat, dass sie alkoholkrank ist, beginnt wieder zu trinken und wird festgenommen, als sie betrunken Auto fährt. Als Phelps Booth zum Polizeirevier kommt, ist sie bereits fort. Jemand hat die Kaution bezahlt und sie abgeholt. Lee kehrt jedoch nicht in ihre Wohnung zurück.

Adam versucht, die Hinrichtung in der Gaskammer für verfassungswidrig erklären zu lassen. Dabei argumentiert er mit der Grausamkeit der Tötungsmethode. Weil es immer wieder qualvolle Todeskämpfe auf dem elektrischen Stuhl gegeben hatte, war 1954 in Mississippi die Gaskammer eingeführt worden. Inzwischen kam es jedoch bei der Vergasung von Verurteilten ebenfalls zu schweren Zwischenfällen, und nun gilt die Hinrichtung durch die Giftspritze für „humaner“.

Weil der aus dem Libanon stammende, 63 Jahre alte Gefängnisdirektor Philip Naifeh einen Herzanfall erleidet, übernimmt sein Stellvertreter George Nugent die Leitung des Mississippi State Penitentiary, und der ehemalige Colonel, der es mit Vorschriften sehr genau nimmt, ordnet eine sorgfältige Vorbereitung der für den 8. August angesetzten Hinrichtung an.

Der zum Tod Verurteilte muss sich in der gasdichten Kammer auf einen Stuhl setzen und wird festgeschnallt. Von außen leitet man Schwefelsäure durch eine Röhre in eine Wanne unter dem Stuhl, während ein Behälter mit Kaliumcyanid-Granulat darüber entleert wird. Das aus der Verbindung der beiden Chemikalien entstehende Cyanwasserstoffgas (Blausäure) steigt auf und tötet schließlich den auf dem Stuhl festgeschnallten Menschen. Bevor die Leiche dann entfernt werden kann, muss die Kammer gelüftet und entgiftet werden. Diese Prozedur ist nicht unproblematisch, denn schon die Berührung der Haut oder der Kleidung des Toten ist lebensgefährlich.

George Nugent lässt die geplante Hinrichtung simulieren und dabei ein Kaninchen vergasen.

Während Adam weitere Klagen und Eingaben formuliert, mietet E. Garner Goodman in Jackson Büroräume für zwei Monate, alles ohne Vertrag und gegen Barbezahlung. Dann wirbt er Studenten an, die unter falschen Namen die Hotline des Gouverneurs mit Anrufen bombardieren und sich gegen die Hinrichtung von Sam Cayhall aussprechen. Mit dieser Maßnahme versucht der Anwalt, den Eindruck zu erwecken, eine Mehrheit der Bevölkerung lehne diese Hinrichtung ab.

Außerdem bezahlt die Kanzlei Kravitz & Bane den Psychiater Dr. Anson Swinn für ein Gutachten, in dem er behauptet, Sam Cayhall sei inzwischen so dement geworden, dass er den Sinn der Bestrafung nicht mehr begreife.

Der erfolgreiche Buchautor Wendall Sherman möchte über Sam Cayhall schreiben und erreicht, dass sein Verlag dem Häftling im Todestrakt 150 000 Dollar Vorschuss anbietet. Sam weigert sich jedoch, mit Sherman zu sprechen.

Rollie Wedge, der sich jetzt Roland Forchin nennt, verfolgt die Berichterstattung in den Medien, sitzt bei gerichtlichen Anhörungen im Publikum, besorgt sich einen Schlüssel zu Lee Booths Apartment und besucht sogar seinen früheren Komplizen im Todestrakt.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Am Sonntag vor der für Mittwoch, kurz nach 0.00 Uhr, geplanten Hinrichtung sind nur noch zwei von Adams Eingaben offen: Das Fünfte Berufungsgericht muss noch über die Klage wegen unzulänglicher Rechtsberatung des Angeklagten durch Benjamin Keyes entscheiden, und beim Bezirksgericht ist noch eine Klage wegen der angeblichen Unzurechnungsfähigkeit des zum Tod Verurteilten anhängig. Sam hat inzwischen resigniert. Er will keinen weiteren Aufschub der Hinrichtung, denn er empfindet vor allem das Warten und Hoffen als qualvoll. Das möchte er kein weiteres Mal durchmachen.

Von seinem jüngeren, in Durham/North Carolina lebenden Bruder Daniel („Donnie“), der noch einmal zu Besuch nach Parchman gekommen ist, lässt Sam sich ein Hemd und eine Hose für die Hinrichtung kaufen, um nicht in der orangefarbenen Häftlingskleidung sterben zu müssen.

Begraben möchte er neben seiner im September 1977 verstorbenen Ehefrau Anna Gates Cayhall werden.

Sam übergibt Adam eine Reihe von Briefen, in denen er Menschen um Verzeihung bittet. Gegenüber seinem Enkel und Ralph Griffin, dem neuen Gefängnisgeistlichen, beichtet er seine Verbrechen einschließlich eines Lynchmordes, an dem er sich als 18-Jähriger beteiligte. Aber er beteuert nochmals, dass er Marvin Kramer nur habe einschüchtern wollen. Erst jetzt, unmittelbar vor dem Tod, bestätigt er Adams Verdacht, dass die Bombe in Marvin Kramers Kanzlei nicht von ihm, sondern von einem Komplizen gelegt wurde. Der verwendete ohne Sams Wissen statt der von Jerry Dogan ins Auto gelegten Zündschnur einen Zeitzünder und stellte ihn so ein, dass die Explosion erst zu den Bürostunden erfolgte.

Nachdem sich das Berufungsgericht eine Woche Zeit gelassen hat, weist es die Klage wegen unzulänglicher Rechtsberatung am 6. August aus verfahrensrechtlichen Gründen ab, ohne sich mit dem Inhalt auseinandergesetzt zu haben. Der Bundesrichter F. Flynn Slattery setzt für Montagabend eine Anhörung an und lehnt dann am Dienstagmittag die Klage wegen Unzurechnungsfähigkeit des Verurteilten ab. Kurz darauf, wenige Stunden vor der für kurz nach Mitternacht geplanten Hinrichtung, verwirft das Oberste Bundesgericht Adams letzte Beschwerden. David McAllister, der Adam Hull und E. Garner Goodman immer wieder drängte, ein Gnadengesuch zu stellen, tritt vor die Presse und erklärt, er vertraue auf die Weisheit der Gerichte und werde deshalb nichts unternehmen, um den Lauf der Dinge aufzuhalten.

Auf ausdrücklichen Wunsch seines Großvaters verlässt Adam das Gefängnis kurz vor Mitternacht. Aufgewühlt fährt er zum Grab seiner Großmutter Anna Gates Cayhall. Während er dort steht, taucht überraschend Lee auf. Sie sei in Behandlung gewesen, sagt sie. Am Dienstagabend habe sie ihren Vater besuchen wollen, aber das sei ihr verwehrt worden. Inzwischen kaufte sie das Elternhaus und brannte es nieder.

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Mit seinem Justizroman „Die Kammer“ veranschaulicht John Grisham die Fragwürdigkeit und Grausamkeit der Todesstrafe. Ob jemand zum Tod verurteilt und dann auch hingerichtet wird, hängt von vielen Faktoren ab. Da spielen Zufälle eine Rolle, und mit Gerechtigkeit haben die Vorgänge ohnehin nur am Rande zu tun.

Auch wenn John Grisham die psychischen Vorgänge noch heller hätte ausleuchten können, wird bei der Lektüre von „Die Kammer“ deutlich, wie unerträglich die letzten Wochen und Tage im Todestrakt sind und wie barbarisch die Vollstreckung der Todesstrafe ist.

Nebenbei streift John Grisham in „Die Kammer“ auch das Thema Rassismus in den USA.

John Grisham beginnt „Die Kammer“ mit einem (fiktiven) Ku-Klux-Klan-Attentat im Jahr 1967. Mit dem vierten Kapitel springt er ins Jahr 1990. Während nun der junge Rechtsanwalt Adam Hull versucht, die bevorstehende Hinrichtung seines Großvaters Sam Cayhall wegen des Anschlags vor 23 Jahren zu verhindern oder wenigstens zu verzögern, führen immer wieder Rückblenden in die Vorgeschichte.

Der Autor lässt sich viel Zeit, die Zusammenhänge und vor allem die juristischen Abläufe zu schildern. „Die Kammer“ ist mit Einzelheiten überfrachtet. Auf wenigstens 100 der mehr als 600 Seiten hätte John Grisham gut verzichten können, zumal einige Passagen redundant sind und sich eine Reihe von Handlungsfäden am Ende als überflüssig erweist, weil er sie ohnehin nach einer Weile einfach fallen lässt.

James Foley verfilmte den Roman „Die Kammer“ von John Grisham mit Gene Hackman als Sam Cayhall, Chris O’Donnell als Adam Hall und Faye Dunaway als Lee Cayhall Bowen. John Grisham soll allerdings über den Film entsetzt gewesen sein.

Die Kammer – Originaltitel: The Chamber – Regie: James Foley – Drehbuch: William Goldman, Chris Reese, nach dem Roman „Die Kammer“ von John Grisham – Kamera: Ian Baker – Schnitt: Mark Warner – Musik: Carter Burwell – Darsteller: Chris O’Donnell, Gene Hackman, Faye Dunaway, Robert Prosky, Raymond J. Barry, Lela Rochon u.a. – 1996; 110 Minuten

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2015
Textauszüge: © Hoffmann und Campe Verlag und Wilhelm Heyne Verlag

John Grisham (kurze Biografie / Bibliografie)

John Grisham: Die Firma
John Grisham: Der Klient (Verfilmung)
John Grisham: Der Verrat
John Grisham: Das Urteil (Verfilmung)
John Grisham: Das Fest
John Grisham: Die Schuld
John Grisham: Der Anwalt
John Grisham: Das Geständnis
John Grisham: Das Komplott
John Grisham: Die Erbin
John Grisham: Der Gerechte
John Grisham: Bestechung
John Grisham: Das Original
John Grisham: Das Bekenntnis
John Grisham: Die Wächter
John Grisham: Das Manuskript
John Grisham: Der Verdächtige

Robert Menasse - Die Hauptstadt
In "Die Hauptstadt" skizziert Robert Menasse ein kenntnisreiches und zugleich überspitztes Bild von der Brüsseler EU-Bürokratie. Er hat den satirischen, tragikomischen Roman überfrachtet, auch wenn es ihm ge­lun­gen ist, die zahlreichen Themen, Akteure und Handlungsstränge wie in einem Ensemble-Film zu ver­knüpfen.
Die Hauptstadt