Das Urteil. Jeder ist käuflich

Das Urteil. Jeder ist käuflich

Das Urteil. Jeder ist käuflich

Das Urteil. Jeder ist käuflich – Originaltitel: Runaway Jury – Regie: Gary Fleder – Drehbuch: Brian Koppelman, David Levien, Rick Cleveland, Matthew Chapman, nach dem Roman "Das Urteil" von John Grisham – Kamera: Robert Elswit – Schnitt: William Steinkamp, Jeff Williams – Musik: Christopher Young – Darsteller: John Cusack, Gene Hackman, Dustin Hoffman, Rachel Weisz, Bruce Davison, Bruce McGill, Jeremy Piven, Nick Searcy, Stanley Anderson, Cliff Curtis, Nestor Serrano, Leland Orser, Jennifer Beals, Gerry Bamman, Joanna Going, Bill Nunn u.a. - 2003; 130 Minuten

Inhaltsangabe

Zwei Jahre nachdem ein Amokläufer in New Orleans elf Menschen erschossen hat, beginnt ein Gerichtsverfahren gegen den Konzern, der die Tatwaffe hergestellt hatte: Die von einem integren Anwalt vertretene Witwe eines der Opfer klagt auf Schadenersatz. Die Waffenindustrie, die im Fall eines für sie ungünstigen Urteils mit einer Prozesslawine rechnet, schaltet einen skrupellosen Berater ein, der mit allen Mitteln versucht, die Geschworenen entsprechend zu manipulieren, doch einer von ihnen verfolgt offenbar seine eigenen Ziele ...
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Kritik

Dass Gary Fleder bei der Verfilmung des Romans "Das Urteil" von John Grisham mehr auf Action und Effekthascherei als auf eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema setzt, entspricht zwar der Vorlage, lässt jedoch am moralischen Anspruch des durchaus spannenden Films zweifeln.
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New Orleans. Ein Amokläufer dringt in die Räume des Unternehmens ein, das ihm gekündigt hat, erschießt elf Menschen und am Ende sich selbst.

Celeste Wood (Joanna Going), die Witwe des dabei getöteten Börsenmaklers Jacob Wood (Dylan McDermott), verklagt den Waffenkonzern, der das Gewehr des Amokläufers hergestellt hatte, auf Schadenersatz.

Zwei Jahre nach der Bluttat beginnt der Prozess unter dem Vorsitz des Richters Harkin (Bruce McGill). Rechtsanwalt Wendell Rohr (Dustin Hoffman) vertritt die Klägerin. Obwohl Rohr den Prozess mit fairen Mitteln gewinnen will, trägt er bewusst keine Designer-Kleidung, sondern einen „volksnahen“ Anzug, weil er damit rechnet, damit auf die meisten der Anwesenden einen günstigeren Eindruck zu machen. Diese Manipulation steht jedoch in keinem Verhältnis zu den Machenschaften der Gegenseite, die im Gerichtssaal von Durwood Cable (Bruce Davison) vertreten wird. Cable führt in Wahrheit nur die Anordnungen aus, die er heimlich über einen versteckten Knopf im Ohr aus einer mit Computern und Monitoren ausgestatteten Kommandozentrale bekommt, in der ein von der Waffenindustrie bezahlter Berater – Rankin Fitch (Gene Hackman) – ein ganzes Heer von Mitarbeitern dirigiert. Die Waffenindustrie will das Verfahren unter keinen Umständen verlieren, denn ein solcher Präzedenzfall könnte eine Welle von Schadenersatzklagen auslösen. Der Prozess gehört für die Beklagten in die Kategorie, von der Rankin Fitch zynisch meint: „Manche Gerichtsurteile sind zu wichtig, um sie den Geschworenen zu überlassen.“ Er hat deshalb seine Leute bereits vor Prozessbeginn ausschwärmen lassen, um Informationen über potenzielle Kandidaten für die Jury zu sammeln. Während jede der beiden Parteien im Gerichtssaal die Gelegenheit hat, die einzeln aufgerufenen Kandidaten zu akzeptieren oder abzulehnen, entscheidet Fitch im Kontrollzentrum aufgrund der vorhandenen Daten, der mit im Gerichtssaal versteckten Kameras und Mikrofonen übertragenen Aufnahmen und seiner Menschenkenntnis, ob Cable „ja“ oder „nein“ sagen soll. Fitch versucht, die Haltung der potenziellen Geschworenen zu prognostizieren und die Zusammensetzung der Jury so zu beeinflussen, dass sich eine Mehrheit ergibt, die gegen eine Verurteilung des Waffenkonzerns stimmen wird.

Fitch lässt jedes Jurymitglied überprüfen und rund um die Uhr observieren, um „Schwachstellen“ herauszufinden, die es erleichtern, sie durch passende Versprechungen und Einschüchterungen unter Druck zu setzen.

Kurz nach Prozessbeginn erhalten sowohl Fitch als auch Rohr von einer jungen Frau namens Marlee (Rachel Weisz) ein telefonisches Angebot: Für 10 Millionen Dollar garantiert sie ein Gerichtsurteil nach Wunsch. Um ihre Möglichkeiten zu demonstrieren, kündigt Marlee an, am nächsten Tag für die Entlassung einer oder eines Geschworenen zu sorgen.

Bei der nächsten Zusammenkunft der Geschworenen richtet Nicholas („Nick“) Easter (John Cusack) es so ein, dass die Schnapsflasche der Alkoholikerin Stella Hulic (Nora Dunn) unter dem Tisch hervorrollt und der Richter die Geschworene deshalb ersetzt.

Fitch beauftragt einen seiner Leute, in der Wohnung von Nick Easter einzubrechen, um mehr über den Geschworenen herauszufinden, der angegeben hatte, Verkäufer in einem Elektronikladen zu sein. Erst bei einem zweiten Einbruch wird ein unter den Fußbodenbrettern versteckter MP3-Player mit verschlüsselten Daten gefunden, und es stellt sich heraus, dass Nick vor einiger Zeit in Cincinnati, Ohio, vergeblich versucht hatte, unter dem Namen David Lancaster Geschworener in einem Prozess gegen einen Waffenhersteller zu werden.

Als das Gericht erfährt, dass Nick Easters Wohnung nach einem Einbruch in Brand gesteckt wurde und die Geschworene Rikki Coleman (Rhoda Griffis) versuchte, sich mit Schlaftabletten umzubringen, weil offenbar Druck auf sie ausgeübt wurde, ordnet Richter Harkin die Abschottung der Jury von der Außenwelt an.

Für Fitch ist das ein schwerer Schlag, denn nun kommen seine Leute nicht mehr an die Geschworenen heran. Deshalb erklärt er sich zu einem persönlichen Treffen mit Marlee bereit. Er bietet ihr 500 000 Dollar an, aber sie geht nicht von der Millionen-Forderung ab.

Marlee wird in ihrer Wohnung von einem Mann überfallen, aber es gelingt ihr, den Angreifer in einem heftigen Kampf zu überwältigen. Danach ruft sie Fitch an und erhöht ihre Forderung auf 15 Millionen Dollar. Fitch bleibt nichts anderes übrig, als den Betrag auf das angegebene Konto bei einer Bank auf den Cayman Islands zu überweisen.

Kurze Zeit später setzt Marlee sich in einem Straßencafé zu Rohr. Der will keinen einzigen Dollar bezahlen, denn er vertraut auf seinen Hauptzeugen. Marlee warnt ihn: „Jeder ist käuflich!“ Aber Rohr hört nicht auf sie.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Als der Belastungszeuge aufgerufen wird, stellt sich heraus, dass er nicht gekommen ist. Und Richter Harkin lehnt Rohrs Antrag auf eine Unterbrechung der Verhandlung ab. Ohne den Zeugen sieht Rohr keine Chance, die Geschworenen für einen Schuldspruch zu gewinnen.

Umso verblüffter ist er, als Herman Grimes (Gerry Bamman), der blinde Obmann der Geschworenen, der Gerichtsdienerin ein Blatt Papier mit dem Urteil der Jury übergibt und Richter Harkin den Text vorliest: Der Waffenkonzern wird zu einer Zahlung von 1,1 Millionen Dollar verurteilt.

Was ist geschehen? Nick gelang es, die anderen Geschworenen davon zu überzeugen, dass die Waffenindustrie für die hohe Mordrate in den USA mitverantwortlich ist und die ebenso skrupellosen wie lukrativen Geschäfte der entsprechenden Unternehmen durch Gerichtsurteile sowie Gesetzesänderungen eingeschränkt werden müssen. Nick und Marlee hatten als Gymnasiasten einen Amoklauf in ihrer Schule in Indiana überlebt. Seither versuchen sie, etwas gegen die Waffenindustrie zu unternehmen. Die 15 Millionen auf den Cayman Islands werden sie für ihre Aufklärungsarbeit verwenden.

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Bei der Verfilmung des Romans „Das Urteil“ von John Grisham („The Runaway Jury“, 1996; Übersetzung: Christel Wiemken, Hoffmann & Campe 1997, 573 Seiten. ISBN: 3-453-13641-1) verlegten Gary Fleder und die Drehbuchautoren die Handlung von Biloxi, Mississippi, nach New Orleans und machten aus dem Tabakfabrikanten Pynex einen Waffenkonzern. Aber das Thema ist gleich geblieben: Am Beispiel einer Geschworenen-Jury wird gezeigt, dass es vor Gericht nicht um Gerechtigkeit geht, sondern um ein Tauziehen zwischen den Parteien, bei dem juristische Argumente als Mittel der Manipulation eingesetzt werden und das sich am besten mit den Modellen der Gruppendynamik bzw. Spieltheorie verstehen lässt. „Jeder ist käuflich“ lautet denn auch der Untertitel der deutschen Fassung. „Das Urteil“ beschäftigt sich weniger mit dem Gerichtsverfahren als mit der Beeinflussung der Geschworenen. Viele der Romane von John Grisham funktionieren nach dem Schema: David gegen Goliath. Auch in „Das Urteil“ kämpft ein integrer kleiner Anwalt gegen die übermächtige Waffenindustrie und den mit modernsten Mitteln ausgestatteten Apparat ihres abgebrühten Beraters. Allerdings hat sich John Grisham in diesem Fall eine Dreieckskonstellation ausgedacht: Wendell Rohr – Rankin Fitch – Nick und Marlee.

Das Kontrollzentrum, das Fitch eingerichtet hat, um das Gerichtsverfahren mit versteckten Kameras und Mikrofonen zu verfolgen und die Geschworenen zu kontrollieren, macht „Das Urteil“ gewissermaßen zur Science-Fiction. Aber es passt zu der von Gary Fleder betriebenen Effekthascherei. Statt sich – nach dem Vorbild „Die zwölf Geschworenen“ – auf die Vorgänge im Gericht bzw. in der Geschworenen-Jury zu konzentrieren, setzte Gary Fleder auf Action und rasante Schnittfolgen. Beispielsweise zeigt er, wie eine Wohnung mit dem Vorschlaghammer demoliert und dann abgefackelt wird. Das macht den moralischen Anspruch des durchaus spannenden Films zweifelhaft.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006

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