Die Frau im Mond

Die Frau im Mond

Die Frau im Mond

Die Frau im Mond. Erinnerung an die Liebe – Originaltitel: Mal de pierres – Regie: Nicole Garcia – Drehbuch: Nicole Garcia, Natalie Carter, Jacques Fieschi nach dem Roman "Die Frau im Mond" von Milena Agus – Kamera: Christophe Beaucarne – Schnitt: Simon Jacquet – Musik: Daniel Pemberton – Darsteller: Marion Cotillard, Louis Garrel, Alex Brendemühl, Brigitte Roüan, Victoire Du Bois, Aloïse Sauvage, Daniel Para u.a. – 2017, 120 Minuten

Inhaltsangabe

Die Bauerntochter Gabrielle malt sich Sex mit Männern aus, schreibt ihre Fantasien auf, bedrängt den Dorflehrer damit und zeigt sich Erntearbeitern nackt am Fenster. Die Mutter stellt sie deshalb vor die Wahl, entweder den Saisonarbeiter José zu heiraten oder ins Irrenhaus gesperrt zu werden. Gabrielle zieht die Ehe vor, erklärt José allerdings, dass er weder Liebe noch Sex von ihr erwarten dürfe. Während eines Kuraufenthalts verliebt sie sich in einen schwer­kranken Offizier ...
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Kritik

Bei der Verfilmung des Romans "Die Frau im Mond" von Milena Agus hält sich Nicole Garcia nur an die Grund­linien des Plots. Der Plot­twist ist völlig neu. Sehenswert ist das Melo­dram v. a. wegen eindrucksvoller schauspielerischer Leistungen besonders von Marion Cotillard.
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Die Handlung beginnt Ende der Vierziger-, Anfang der Fünfzigerjahre.

Martin (Daniel Para) besitzt ausgedehnte Lavendelfelder in Südfrankreich. Er und seine Frau Adèle (Brigitte Roüan) haben zwei Töchter: Gabrielle (Marion Cotillard) und Jeannine (Victoire Du Bois). Dass Gabrielle sich nach der Lektüre von „Sturmhöhe“ nicht nur selbst ausmalt, wie es wäre, mit Männern Sex zu haben, sondern ihre Fantasien aufschreibt und dem Dorflehrer bei einem Fest zu lesen aufdrängt, gilt als skandalös. Dazu kommt, dass sie sich den Erntearbeitern nackt am Fenster zeigt.

Die Mutter stellt ihre ältere Tochter vor die Wahl: Entweder sie heiratet den Saisonarbeiter José Rabascal (Alex Brendemühl), mit dem Adèle bereits gesprochen hat, oder sie wird in einer Irrenanstalt weggesperrt. Gabrielle wählt die Ehe, erklärt José jedoch, dass er weder Liebe noch Sex von ihr erwarten dürfe.

Der spanische Maurer, der gegen Franco kämpfte und sein Heimatland deshalb verlassen musste, fügt sich und gründet mit der Mitgift ein kleines Bauunternehmen, in dem Gabrielle Büroarbeiten erledigt. Sexuelle Befriedigung verschafft sich José mit Prostituierten. Eines Abends lässt Gabrielle sich von ihm erklären, was er von diesen Frauen erwartet. Dann schminkt sie sich, benimmt sich wie eine Hure und fordert ihn auf, das Geld auf den Tisch zu legen, bevor er zu ihr ins Bett kommt.

Als sie eine Fehlgeburt erleidet, entdecken die Ärzte bei ihr Nierensteine und raten ihr zu einer Kur. Obwohl Gabrielle sich zunächst sträubt, bringt José sie in ein teures Sanatorium in der Schweiz.

Dort freundet sie sich mit der Bediensteten Agostine (Aloïse Sauvage) an, die eine fünf Jahre alte uneheliche Tochter hat. Gabrielle verliebt sich in den Patienten André Sauvage (Louis Garrel), einen im Indochinakrieg schwer verwundeten französischen Oberleutnant, der nur noch eine Niere hat und unter Urämie leidet. Gegen die Schmerzen geben ihm die Ärzte starke Mittel, und sein asiatischer Bursche Blaise (Jihwan Kim) beschafft ihm Opium. Immer wieder besucht Gabrielle André, sitzt bei dem Schwerkranken und redet mit ihm.

Dass ihr Mann sie besucht, missfällt ihr. José hat sich für eine Nacht in einer nahen Pension ein Zimmer genommen. Am Morgen vor seiner Abreise beobachtet Gabrielle, wie André Sauvage mit einem Krankenwagen abtransportiert wird. Er sagte einmal zynisch, das Sanatorium sorge dafür, dass Sterbende rechtzeitig weggebracht werden. Gabrielle rennt dem Rot-Kreuz-Fahrzeug nach und bricht dann zusammen. Drei Tage lang liegt sie krank im Bett.


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Als sie erstmals wieder aufsteht, begegnet ihr André. Sie kann es kaum glauben. Er sei in Lyon nicht gestorben, sondern mit einer Bluttransfusion behandelt worden, sagt er, und sein Vater, ein soeben aus irgendeinem Krieg zurückgekehrter General, habe ihm hier im Sanatorium eine Suite statt des Krankenzimmers besorgt.

In dieser Nacht schlafen sie miteinander.

Einige Zeit später erklärt der Arzt Gabrielle, die Kur sei beendet und ihr Mann werde sie am nächsten Tag abholen. Als sie zu André geht, sieht sie, dass er ebenfalls gepackt hat. Sie drängt ihn, mit ihr durchzubrennen, aber er erklärt ihr, das sei nicht möglich. Er verspricht ihr, zu schreiben, sobald er wisse, wo sie zusammen leben können.

José hat inzwischen für Gabrielle ein Haus am Meer gebaut und ein Klavier für sie angeschafft. Stoisch nimmt er es hin, dass sie André einen Brief nach dem anderen schreibt. Sie ist schwanger – von André, nimmt sie an. Das schreibt sie auch in einem ihrer Briefe. André lässt nichts von sich hören, und eines Tages händigt der Postbote José einen Packen Briefe aus. Es sind alle, die Gabrielle geschrieben hat, und keines der Kuverts wurde geöffnet. Sie fragt sich, warum André sich weigert, ihre Briefe zu lesen und ihr zu schreiben.

Nach der Geburt ihres Sohnes Marc erfährt sie von ihrer Schwester, dass diese sich von ihrem Ehemann René (Maxime Flourac) scheiden lassen will.

Marc (Ange Black-Bereyziat / Victor Quilichini) wächst heran und erhält Klavierunterricht. Im Alter von 14 Jahren soll er an einem Wettbewerb in Lyon teilnehmen.

José fährt mit ihm und Gabrielle im Auto. Die Nacht vor dem Wettbewerb verbringen sie in einem Hotel. Am nächsten Morgen nehmen sie ein Taxi zum Konservatorium. Als sie an der Straße vorbeikommen, die Gabrielle als Andrés Adresse kennt, springt sie aufgeregt aus dem Wagen. Während Vater und Sohn weiterfahren, eilt sie zu der Hausnummer. Am Türschild liest sie „Sauvage“. Blaise öffnet ihr. Der General sei gestorben, erklärt er, und seine Aufgabe sei es, die Wohnung zu räumen. Nach André gefragt, antwortet er verwundert, der Oberleutnant sei doch kurz nach seinem Abtransport aus dem Sanatorium gestorben. Gabrielle äußert ihre Überzeugung, dass André nach ein paar Tagen zurückgekommen sei, aber Blaise meint, sie müsse sich irren.

Als Gabrielle im Konservatorium eintrifft, wird dort bereits aufgeräumt. José und Marc warten im Hotel auf sie. Der Sohn hat den zweiten Preis bekommen.

Während der Rückfahrt fragt Gabrielle ihren Mann, was er während seines Besuches im Sanatorium gesehen habe, und er erzählt es ihr.

Er rauchte auf der Veranda eine Zigarette und kam dabei ins Gespräch mit dem Oberleutnant, der bereits wusste, dass er am nächsten Tag zum Sterben nach Lyon gebracht werden sollte. André machte José auf Gabrielle aufmerksam, ohne zu wissen, dass er ihren Ehemann vor sich hatte. Diese schöne Frau hätte er lieben können, meinte er.

In der Nacht verließ José seine Pension und schlich sich in Gabrielles Zimmer. Er war es, mit dem sie schlief, und er ist auch Marcs leiblicher Vater.

Zu Hause öffnet Gabrielle den Koffer, in dem sie ein gerahmtes Foto von sich und André aufbewahrt. Als sie es nun herausnimmt, stellt sie fest, dass sie allein auf dem Bild ist. Offenbar hat sie sich die Liebesaffäre eingebildet und ihre Vorstellung mit der Realität verwechselt.

José wusste von Anfang an Bescheid. Warum er sie nicht aufgeklärt habe, fragt Gabrielle. Weil er gewollt habe, dass sie lebt, antwortet er.

Endlich begreift sie, dass José sie liebt und unbeirrbar auf dem Moment gewartet hat, in dem sie ihre Selbsttäuschung durchschaut und sich besinnt.

Im Schlussbild sehen wir, wie die beiden sich einem Dorf nähern. Auf einer Anhöhe fragt Gabrielle ihren Mann, welches sein Haus sei, und er zeigt es ihr.

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Bei der Verfilmung des Romans „Die Frau im Mond“ von Milena Agus verlegte Nicole Garcia die Handlung von Sardinien nach Südfrankreich und in die Fünfzigerjahre. Auch sonst hält sich Nicole Garcia lediglich an die Grundzüge des Plots, und der entscheidende Twist in „Die Frau im Mond. Erinnerung an die Liebe“ ist ebenso neu wie die Rahmenhandlung des Melodrams.

Nicole Garcia beginnt ihren Film mit der Fahrt der Familie Rabascal zum Konservatorium in Lyon. Als Gabrielle aus dem Taxi springt und nach André Sauvage sucht, beginnt die eigentliche Handlung als Flash Back. Die Geschichte entwickelt sich chronologisch, bis sie in die Rahmenhandlung mündet.

Im Mittelpunkt steht die von Marion Cotillard nuancenreich gespielte, in einer Fantasiewelt lebende junge Romantikerin Gabrielle. Durch sie wird „Die Frau im Mond. Erinnerung an die Liebe“ zu einem Plädoyer für Überschwang und Unangepasstheit. Man kann diese Facette des Films auch als Anspielung auf die Traumfabrik Kino verstehen.

Kaum weniger interessant als Gabrielle ist die Figur José Rabascal. Alex Brendemühl verkörpert diesen Mann, der es scheinbar stoisch hinnimmt, dass seine Frau einen anderen liebt, glaubwürdig und eindrucksvoll. Erst nach dem Plottwist lässt uns José erkennen, was er wirklich empfindet, und wir müssen unsere Vorstellung von seinem Charakter revidieren.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2017

Milena Agus: Die Frau im Mond

Nicole Garcia: Place Vendôme. Heiße Diamanten

Richard Ford - Unabhängigkeitstag
Wer liest, um dem Alltag zu entfliehen, wird sich bei der Lektüre des Romans langweilen; zu empfehlen ist "Unabhängigkeitstag" nur für Leser, die genügend Zeit mitbringen.
Unabhängigkeitstag