Die schwarze Dahlie

Die schwarze Dahlie

Die schwarze Dahlie

Die schwarze Dahlie – Originaltitel: The Black Dahlia – Regie: Brian De Palma – Drehbuch: Josh Friedman, nach dem Roman "Die schwarze Dahlie" von James Ellroy – Kamera: Vilmos Zsigmond – Schnitt: Bill Pankow – Musik: Mark Isham – Darsteller: Josh Hartnett, Aaron Eckhart, Scarlett Johansson, Hilary Swank, Mia Kirshner, Mike Starr, Fiona Shaw u.a. – 2006; 115 Minuten

Inhaltsangabe

Bucky Bleichert und Lee Blanchard vom L. A. Police Department ermitteln 1947 in einem Mordfall. Bei der verstümmelten Toten handelt es sich um das 22-jährige Starlet Elizabeth Short, "die schwarze Dahlie". Bucky, der mit Lee und dessen Lebensgefährtin Kay Lake eng befreundet ist, stößt bei seinen Nachforschungen auf eine geheimnisvolle Schöne, Madeleine Linscott, Tochter einer ebenso reichen und einflussreichen wie verrückten Familie. Obwohl sie möglicherweise mit dem Mord zu tun hatte, beginnt Bucky eine Affäre mit ihr ...
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Kritik

Bei "Die schwarze Dahlie" handelt es sich zwar um eine spannende, sehenswerte Verfilmung des gleichnamigen Romans von James Ellroy, aber das Drehbuch ist überladen und die Charaktere sind zu undifferenziert.
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Die zweiundzwanzigjährige Elizabeth („Betty“) Ann Short (Mia Kirshner), eine schöne, aber unbegabte Filmschauspielerin, die wegen ihrer Haarfarbe und der bevorzugten Farbe ihrer Kleidung den Beinamen „schwarze Dahlie“ trug, wird am 15. Januar 1947 auf einem unbebauten Grundstück in Los Angeles tot aufgefunden. Man hat die Frau offenbar erschlagen, die Leiche ausgezogen und entsetzlich verstümmelt: Das Gesicht ist eine scheinbar grinsende Fratze, weil die Mundwinkel bis zu den Ohren aufgeschnitten wurden, und aus dem in Höhe des Nabels zerteilten Körper hat jemand die inneren Organe entfernt.

Officer Dwight („Bucky“) Bleichert (Josh Hartnett) und Sergeant Leland („Lee“) Blanchard (Aaron Eckhart) sollen den Mordfall aufklären.

Die beiden, die unter den Namen „Ice“ und „Fire“ erfolgreiche Boxer gewesen waren, bevor sie beim L. A. Police Department anfingen, sind nicht nur Partner, sondern auch eng befreundet. Lee lebt mit Kay Lake (Scarlett Johansson) zusammen, und Bucky gehört gewissermaßen zur Familie. Die drei sind unzertrennlich. Weil Bucky auf keinen Fall seinen Freund betrügen will, der ihm während eines Einsatzes das Leben rettete, verdrängt er, dass sich zwischen ihm und Kay mehr als rein freundschaftliche Gefühle entwickeln. Dabei hilft es ihm, dass er bei seinen Nachforschungen in einem Lesben-Klub Madeleine Linscott (Hilary Swank) kennen lernt und mit der lasziven schwarzhaarigen Schönheit eine Affäre anfängt, obwohl sie die Tochter einer der reichsten und einflussreichsten Familien in der Stadt ist und in den Mordfall verwickelt sein könnte: Betty sah ihr ähnlich; sie kannten sich, und Madeleine gibt zu, einmal mit Betty geschlafen zu haben.

Als Madeleines Vater Emmett Linscott (John Kavanagh) erfährt, dass es sich bei dem neuen Freund seiner Tochter um „Mr Ice“ handelt, fordert er sie auf, ihn zum Essen mitzubringen. Emmett Linscott ist ein seltsamer älterer Mann. Beispielsweise erschoss er seinen Hund, als er seine erste Million gemacht hatte. Das ausgestopfte Tier steht nun mit einer Zeitung von damals im Maul in der Halle seines Hauses und erinnert ihn an diesen Meilenstein seiner Karriere. Seine hochnäsige, verrückte Ehefrau Ramona (Fiona Shaw) erträgt es kaum, mit einem gewöhnlichen Polizisten am Tisch sitzen zu müssen. Und Madeleines jüngere Schwester Martha (Rachel Miner) besteht darauf, den Gast zu zeichnen.

Lee steigert sich so in den Mordfall hinein, dass er an nichts anderes mehr denken kann. Mit Benzedrin hält er sich wach. Kay hat zwar Verständnis für ihn, denn sie weiß, dass seine Schwester im Alter von fünfzehn Jahren ermordet und der Täter nie gefasst wurde, aber sie hält es nicht mehr aus, und er zieht schließlich allein in die leer stehende Wohnung von Buckys Vater Dolph (James Otis), der kürzlich in ein Pflegeheim aufgenommen wurde.

Bei Bettys sechzehnjähriger Freundin Lorna Mertz (Jemima Rooper) findet Bucky einen Sexfilm, in dem sie und Betty ein lesbisches Paar spielten. Im Nachspann heißt es „Special Thanks to Emmett Linscott“.

Lee erschießt im Dienst den Bankräuber Baxter Fitch (John Solari) auf frischer Tat.

Bobby DeWitt (Richard Brake) wird aus der Haft entlassen, ein Bankräuber, dessen Geliebte Kay Lake gewesen war, bevor sie mit Lee zusammenkam und dieser dafür sorgte, dass der Gangster verurteilt wurde. DeWitt hatte Kay schwer misshandelt und ihr über der Hüfte seine Initialen eingebrannt. Als Bucky von Kay erfährt, dass Lee auf der Suche nach DeWitt ist, befürchtet er das Schlimmste und eilt ihm nach. Tatsächlich entdeckt er DeWitt und stellt ihn im Treppenhaus eines öffentlichen Gebäudes, doch er kann nicht verhindern, dass Lee den Verbrecher tötet. Als Lee danach von einem der oberen Stockwerke über die Brüstung herunterschaut, bemerkt Bucky, wie sich jemand Lee von hinten nähert. Sein Warnruf kommt zu spät: Der Unbekannte hat bereits einen Strick um Lees Hals geworfen und versucht nun, ihn zu erdrosseln. Bevor Lee tot ist, taucht eine weitere Person auf, schneidet Lee die Kehle durch und stürzt die beiden Männer in die Tiefe.

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überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Bucky kümmert sich um Kay. Beim Abendessen sitzen sie sich appetitlos gegenüber. Bucky wirft sich vor, den Tod seines Freundes nicht verhindert zu haben. Kay steht auf, um ihn zu trösten und küsst ihn. Da reißt Bucky plötzlich das Tischtuch samt dem Geschirr herunter, drückt Kay auf die leergeräumte Platte und dringt in sie ein.

Nach der ersten gemeinsamen Nacht mit ihr entdeckt er im Bad unter den Bodenfliesen einen Hohlraum, in dem bündelweise Banknoten mit den Banderolen der von DeWitt und Fitch ausgeraubten Banken liegen. Lee nahm Teile der Beute an sich und ermordete die beiden Bankräuber, um Mitwisser zu beseitigen. Weil Bucky überzeugt ist, dass Kay wusste, woher Lee das Geld für ihren luxuriösen Lebensstil hatte, verlässt er sie angewidert und fährt zu Madeleine.

Bei der Durchsuchung einer Emmett Linscott gehörenden Bauruine („Hollywood Land“) unterhalb des berühmten Hollywood-Schriftzugs entdeckt Bucky die Kulissen des Sexfilms mit Betty Short und Lorna Mertz. Kurz darauf dringt er in Linscotts Villa ein. Er verdächtigt Emmett Linscott, Betty Short ermordet zu haben. Der Unternehmer und seine Tochter lenken den Verdacht auf George Tilden (William Finley), einen alten Freund Linscotts. Die beiden aus Schottland stammenden Männer hatten sich beim Militär kennen gelernt, waren 1920 nach Hollywood übersiedelt und hatten dort als Arbeiter bei Filmproduktionen angefangen. Während George Beleuchter blieb, stieg Emmett ins Immobiliengeschäft ein. Nachdem er seine erste Million gemacht und seinen Hund erschossen hatte, ließ er den Kadaver von George ausstopfen. George habe „die schwarze Dahlie“ ermordet, behaupten Emmett und Madeleine, doch da taucht Ramona auf und fordert sie auf, endlich die Wahrheit zu sagen. George sei ihr Geliebter und Madeleines Vater gewesen, gesteht sie. Als ihr Ehemann das herausfand, zerschnitt er seinem Freund das Gesicht. Bei den Dreharbeiten zu dem Sexfilm mit Elizabeth Short und Lorna Mertz verguckte sich der wegen seines entstellten Gesichts verklemmte George in „die schwarze Dahlie“, und Linscott bezahlte sie dafür, dass sie sich mit George traf. Ramona, die das Telefonat zwischen ihrem Mann und Betty Short belauscht hatte, lockte die schöne junge Frau während des Rendezvous ins Freie, erschlug sie aus Eifersucht mit einem Baseballschläger und schnitt ihr die Mundwinkel auf, sodass die Tote zu grinsen schien. Der irre George verstümmelte dann die Leiche der Frau, mit der er zusammen sein wollte. – Nach dem Geständnis hält Ramona Linscott sich die Mündung eines Revolvers in den Mund und drückt ab.

Lee hatte herausgefunden, dass die Linscotts in den viel beachteten Mordfall verwickelt waren und erpresste Emmett Linscott. Deshalb ermordete Madeleine den korrupten Polizisten und stürzte ihn zusammen mit George, der ihn erdrosseln wollte, in die Tiefe. Bucky rächt den Tod seines Freundes, indem er Madeleine erschießt.

Dann sucht er bei Kay Zuflucht.

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Mit „Die schwarze Dahlie“ („The Black Dahlia“) begann James Ellroy 1987 sein „L. A. Quartett“, eine aus den Romanen „Die schwarze Dahlie“, „Blutschatten“, „L. A. Confidential. Stadt der Teufel“ und „White Jazz“ bestehende Tetralogie. (Die deutsche Übersetzung von Jürgen Behrens erschien 1988 im Ullstein Verlag.)

An die Ermordung der zweiundzwanzigjährigen Elizabeth Short im Januar 1947, die den Ausgangspunkt der Romanhandlung bildet, hatten zuvor bereits Robert W. Lenski (Drehbuch) und Joseph Pevney (Regie) in dem Fernsehfilm „Who is the Black Dahlia“ angeknüpft.

Originaltitel: Who Is the Black Dahlia? – Regie: Joseph Pevney – Drehbuch: Robert W. Lenski – Kamera: Al Francis – Schnitt: Carroll Sax – Musik: Dominic Frontiere – Darsteller: Efrem Zimbalist Jr., Ronny Cox, Macdonald Carey, Lucie Arnaz, Tom Bosley, Linden Chiles, Gloria DeHaven, John Fiedler, Rick Jason, Henry Jones, June Lockhart, Mercedes McCambridge, Donna Mills, Brooke Adams, Ted Gehring, Frank Maxwell, Don Keefer u.a. – 1975; 100 Minuten

Seit Ende der Neunzigerjahre plante der Filmproduzent Art Linson eine Verfilmung des Romans „Die schwarze Dahlie“. David Fincher sollte zunächst Regie führen. Aber das Projekt zog sich hin. Schließlich schrieb Josh Friedman das Drehbuch, und Brian De Palma übernahm die Inszenierung. Am 4. April 2005 begannen die Dreharbeiten.

„Die schwarze Dahlie“ zeigt am Beispiel von Los Angeles, wie sich hinter glitzernden Fassaden menschliche Abgründe auftun. Wie in den anderen Romanen des „L. A. Quartetts“ auch, spielt die Handlung in einem Geflecht aus Sex and Crime, Verbrechen, Korruption und moralischer Verkommenheit. Keiner der Charaktere ist ohne Schuld.

Das Ganze beginnt sich zu einer klassischen Noir-Geschichte zu entwickeln, das Erbe von Sam Spade und Jake Gittes aus „Chinatown“ wird beschworen, die superreichen Emporkömmlinge, die die Grundstücksspekulationen der Gründerjahre hervorgebracht haben, ziehen die Fäden in der Stadt, und ihre schönen Töchter sind zwar besser erzogen als sie selbst, aber ausgesprochen sündig. (Susan Vahabzadeh, Süddeutsche Zeitung, 30. August 2006)

Während es Brian Helgeland (Drehbuch) und Curtis Hanson (Regie, Drehbuch) gelungen war, den Roman „L. A. Confidential“ kongenial fürs Kino zu adaptieren („L. A. Confidential“), kann man das über die Verfilmung des Romans „Die schwarze Dahlie“ nicht uneingeschränkt sagen. Bei der Fülle der Handlungselemente, die Josh Friedman aus der literarischen Vorlage übernahm, hätte der Film eine halbe Stunde länger werden müssen. Dass die Figuren im Drehbuch zu platt und undifferenziert angelegt sind, hindert Hilary Swank und Scarlett Johansson daran, ihr schauspielerisches Können zu beweisen. Josh Hartnett und Aaron Eckhart passen nicht zu ihren Rollen, und es gelingt ihnen denn auch nicht, die widersprüchlichen Hard-Boiled-Charaktere der Romanvorlage von James Ellroy auch nur annähernd darzustellen. Ärgerlich sind darüber hinaus die zahlreichen Fehler in der Continuity und Ausstattung. Beispielsweise sitzen Lee, Kay und Bucky in einem Kino auf Plätzen, die 1947 für Afroamerikaner vorgesehen waren; und statt der üblichen zwei Projektoren gibt es in dem Kino offenbar nur einen einzigen Apparat. Die in „Die schwarze Dahlie“ zu sehenden Stoppschilder mit weißer Schrift auf rotem Grund wurden erst ab 1954 aufgestellt; 1947 waren die Farben auf dem Verkehrszeichen schwarz und gelb. Handschellentaschen wurden beim LAPD 1960 eingeführt; bis dahin trugen die Polizisten die Handschellen am Gürtel. Der auf einem Umzugskarton zu erkennende UPC-Strichcode kam erst 1973 auf. – Trotz dieser Schwächen handelt es sich bei „Die schwarze Dahlie“ um einen sehenswerten, spannenden Thriller.

Vilmos Zsigmond, der für einen „Oscar“ nominiert wurde, filmte die Szenen fast nur zweifarbig in einem nostalgischen Sepia-Ton. In klassischem Schwarz-Weiß gehalten sind die eingeschobenen Probeaufnahmen von Elizabeth Short und die Szenen aus dem Sexfilm mit ihr und Lorna Mertz.

Bei dem Schwarz-Weiß-Film, den Lee, Kay und Bucky anschauen, handelt es sich um „Der Mann, der lachte“.

Originaltitel: The Man Who Laughs – Regie: Paul Leni – Drehbuch: J. Grubb Alexander, nach dem Roman „Der Mann, der lachte“ von Victor Hugo – Kamera: Gilbert Warrenton – Schnitt: Edward L. Cahn – Musik: William Axt, Sam Perry, Erno Rapee – Darsteller: Mary Philbin, Conrad Veidt, Julius Molnar Jr., Olga Baclanova, Brandon Hurst, Cesare Gravina, Stuart Holmes, Sam De Grasse, George Siegmann, Josephine Crowell, Charles Puffy u.a. – 1928; 110 Minuten

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2008

Elizabeth Short (Kurzbiografie)
James Ellroy (Kurzbiografie)

Brian De Palma (kurze Biografie / Filmografie)
Brian De Palma: Die Schwestern des Bösen
Brian De Palma: Schwarzer Engel
Brian De Palma: Carrie
Brian De Palma: Dressed to Kill
Brian De Palma: Blow Out. Der Tod löscht alle Spuren
Brian De Palma: Scarface. Toni, das Narbengesicht
Brian De Palma: The Untouchables. Die Unbestechlichen
Brian De Palma: Fegefeuer der Eitelkeiten
Brian De Palma: Carlito’s Way
Brian De Palma: Mission Impossible
Brian De Palma: Spiel auf Zeit
Brian De Palma: Femme Fatale
Brian De Palma: Passion. Geld. Macht. Verführung

Alan Isler - Op. non cit.
Alan Isler erzählt die geschickt mit Abschweifungen und Verschachtelungen konstruierten Novellen gelassen und ironisch: "Op. non cit."
Op. non cit.