Lost in Translation

Lost in Translation

Lost in Translation

Lost in Translation - Originaltitel: Lost in Translation - Regie: Sofia Coppola - Drehbuch: Sofia Coppola - Kamera: Lance Acord - Schnitt: Sarah Flack - Musik: Kevin Shields - Darsteller: Bill Murray, Scarlett Johansson, Giovanni Ribisi, Anna Faris, Catherine Lambert, Yutaka Tadokoro, Akiko Takeshita u.a. - 2003; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Ein alternder Hollywood-Schauspieler und eine Frau Mitte zwanzig fragen sich in der Einsamkeit ihrer Hotelzimmer in Tokio, was ihrem Leben fehlt. Sie begegnen sich, hören einander zu und entwickeln Sympathie füreinander – aber es handelt sich um eine Freundschaft, die in der gewohnten Umgebung gar nicht erst entstanden wäre und sich auch nicht in den Alltag mitnehmen lässt.

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Kritik

Sofia Coppola erzählt die oberflächlich komische, im Grunde jedoch traurige Geschichte über die Bedeutung der Kommunikation eher beiläufig. Sie versucht nicht, die Erfahrung der beiden Hauptfiguren aufzupumpen und beschränkt sich auf Blicke, Gesten und Andeutungen: "Lost in Translation".
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Inhaltangabe:

Bob Harris (Bill Murray), ein älterer Hollywood-Schauspieler, fliegt für einige Tage nach Tokio, um einen Werbespot für eine Whiskey-Marke zu drehen. Im „Park Hyatt Tokyo“ wird er von Mitarbeitern der Auftraggeber empfangen, die ihm alle ihre Geschäftskarten in die Hand drücken. Höfliche Hotelangestellte heißen ihn willkommen und führen ihn zu seinem Zimmer. Endlich lassen sie ihn allein. Auf dem Rand des Hotelbetts sitzend, zappt er lustlos durch die unverständlichen Fernsehprogramme. Mitten in der Nacht rattert plötzlich das Faxgerät in seinem Zimmer: Seine Frau, die gerade das Haus renovieren lässt, schickt ihm Skizzen von Schränken und fragt ihn nach seiner Meinung. (Zwei Tage später erhält er ein Kurierpaket mit Teppichmustern zur Auswahl.) Im Morgengrauen werden die Vorhänge mit einem leisen Rauschen automatisch aufgezogen. Eine Stunde später drückt Bob müde den Knopf für den Aufzug. In der Kabine steht er wie ein Riese unter lauter Japanerinnen und Japanern. Die Gruppe, die am Abend zuvor als Empfangskomitee fungierte, holt ihn ab und bringt ihn zu einer Limousine, mit der er ins Studio gefahren wird.

Nachdem der energiegeladene japanische Regisseur minutenlang auf Bob eingeredet hat, übersetzt die Dolmetscherin: „Drehen Sie bitte den Kopf langsam in die Kamera.“ Bob wartet und fragt dann ungläubig: „Mehr hat er nicht gesagt?“ – Lost in translation? – Seine Frage, ob er den Kopf von links nach rechts oder in der umgekehrten Richtung drehen soll, löst einen Wortschwall der Dolmetscherin und eine ebenso lange Antwort des Regisseurs aus. Die Übersetzung lautet: „Nach rechts.“

Weil Bob wegen des Jetlags nicht schlafen kann, sitzt er nachts an der Hotelbar. Dort lernt er die halb so alte Amerikanerin Charlotte (Scarlett Johansson) kennen, die seit zwei Jahren mit einem viel gefragten Fotografen verheiratet ist (Giovanni Ribisi), der gerade einen Auftrag in Tokio ausführt. Weil sie nach dem kürzlich abgeschlossenen Philosophiestudium noch nicht weiß, was sie tun soll, ist sie mit nach Tokio gekommen und schlendert tagsüber allein durch die Stadt, um sich die Zeit zu vertreiben. Ihr Mann fällt abends todmüde ins Bett, aber ihr geht es wie Bob: Sie kann nicht schlafen. Weil sie sich einsam fühlt, ruft sie ihre Mutter in den USA an, aber die merkt nicht, dass Charlotte weint und antwortet nur mit Floskeln: „Du kannst mich jederzeit anrufen.“

Die beiden einsamen Menschen, die sich zufällig in der Hotelbar getroffen haben, hören einander zu und entwickeln Sympathie füreinander. Gemeinsam streifen sie in den folgenden Nächten durch die von Leuchtreklamen erhellten Straßenschluchten Tokios. Obwohl sie selten mehr als über Banalitäten reden, findet Bob in dem Gedankenaustausch mit Charlotte etwas, das er in den Telefongesprächen mit seiner Frau nach fünfundzwanzig Ehejahren vermisst: Zuwendung und Verständnis.

Die ungewöhnliche Freundschaft bleibt platonisch. Bob reist als Erster ab. Der Abschied fällt den beiden schwer. Als Bob bei der Fahrt zum Flughafen von der Limousine aus Charlotte im Fußgängergewimmel entdeckt, lässt er den Chauffeur noch einmal halten, läuft ihr nach, schließt sie wortlos in die Arme und küsst sie dann zart auf den Mund, bevor er wieder zum Auto zurückkehrt.

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„Lost in Translation“ ist ein Großstadtmärchen und ein Hotelfilm über die Unfähigkeit zur Kommunikation. Das ist sehr komisch, wenn es sich um höfliche Japanerinnen und Japaner handelt, mit denen sich ein Amerikaner nur rudimentär verständigen kann. Traurig ist es, wenn Bob nach fünfundzwanzig Ehejahren trotz Handy, Fax und Kurierdienst die Entfremdung von seiner Frau spürt. Oder wenn Charlotte, die vor zwei Jahren einen viel gefragten Fotografen geheiratet hat, keine Gelegenheit findet, mit ihm ein Gespräch zu führen, weil er ständig auf dem Sprung ist und abends todmüde von der Arbeit kommt.

Ein Mann in der Midlife Crisis und eine orientierungslose Frau Mitte zwanzig, die zufällig einige Tage im selben Hotel in Tokio verbringen, sich einsam fühlen und wegen des Jetlags nicht schlafen können, spüren, dass ihnen etwas Wesentliches fehlt und fragen sich, was sie mit ihrem Leben anfangen sollen. Sie begegnen sich nachts in der Hotelbar, hören einander zu und entwickeln Sympathie füreinander – aber ihre zarte, romantische Freundschaft hat keine Zukunft. Es handelt sich um eine Beziehung, die in der gewohnten Umgebung gar nicht erst entstanden wäre und sich auch nicht in den Alltag mitnehmen lässt, eine flüchtige Begegnung, an die beide sich jedoch für den Rest ihres Lebens erinnern werden.

Sofia Coppola erzählt die traurige Geschichte eher beiläufig; sie lässt sich dabei treiben und nimmt sich Zeit für belanglose Kleinigkeiten. (Einige Szenen in „Lost in Translation“ halte ich auch für überflüssig bzw. missraten.) Sie versucht nicht, die Erfahrung der beiden Hauptfiguren aufzupumpen und beschränkt sich auf Andeutungen: Ein leeres, zerwühltes Hotelbett steht für Einsamkeit, Schlaflosigkeit und Ruhelosigkeit. Blicke und kleine Gesten offenbaren die Zuneigung, die Bob und Charlotte füreinander empfinden. Eine der besten Szenen von „Lost in Translation“ ist auf dem Filmplakat zu sehen: Nachdem der alternde Hollywood-Schauspieler durch die Straßenschluchten Tokios gefahren wurde, die Geschäftskarten des japanischen Empfangskomitees eingesammelt und sich für die höflichen Willkommensgrüße des Hotelpersonals bedankt hat, sitzt er endlich allein in seinem Zimmer auf der Kante des Hotelbetts: fremd, einsam und verloren.

Coppola hat ein großes Talent, die traurigsten Momente komisch zu brechen, die witzigsten mit einem Unterton von Melancholie zu inszenieren. (Susan Vahabzadeh in „Süddeutsche Zeitung“, 7. Januar 2004)

„Lost in Translation“ ist ein komischer, trauriger Film und sträubt sich hartnäckig gegen das Regelwrk der modernen Liebesgeschichte, in dem festgeschrieben scheint, dass alle Beziehungen handfest sein müssen; diese hier scheint zu schweben, leicht und bittersüß, aber ganz intensiv. Eine Sinfonie der kleinen Gesten … (Susan Vahabzadah in „Süddeutsche Zeitung“, 21. Februar 2006)

„Lost in Translation“ wurde mit drei „Golden Globes“ ausgezeichnet (Film, Drehbuch, Hauptdarsteller) und für vier „Oscars“ nominiert.

Sofia Coppola (*1971), die Tochter von Francis Ford Coppola, wurde bereits als Säugling in einer Taufszene in „Der Pate“ vor die Kamera gehalten. Auch in „Der Pate II“ bekam sie eine kleine Rolle, und in „Der Pate III“ sprang sie für die erkrankte Winona Ryder ein. Sie studierte Kunst, wechselte dann von der Malerei zur Fotografie, moderierte vorübergehend eine Fernsehshow und gründete mit ihrer Schulfreundin Stephanie Hayman eine Modefirma („MilkFed“). Im Alter von siebenundzwanzig Jahren versuchte sie sich mit dem Kurzfilm „Lick the Star“. 1999 drehte sie ihren ersten abendfüllenden Film: die Adaptation des Romans „The Virgin Suicides“ („Die Selbstmord-Schwestern“) von Jeffrey Eugenides. „Lost in Translation“ ist ihr zweiter Spielfilm.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004

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