Intimacy

Intimacy

Intimacy

Originaltitel: Intimacy - Regie: Patrice Chéreau - Drehbuch: Anne-Louise Trividic und Patrice Chéreau, nach der Erzählung "Nachtlicht" von Hanif Kureishi - Kamera: Eric Gautier - Schnitt: François Gédigier - Musik: Eric Neveux - Darsteller: Mark Rylance, Kerry Fox, Timothy Spall, Alastair Galbraith, Marianne Faithfull, Philippe Calvario, Susannah Harker, Frazer Ayres, Rebecca Palmer, Paola Dionisotti, Marcello Walton u.a. - 2000; 115 Minuten

Inhaltsangabe

Jay findet keine Nähe zu anderen Menschen mehr – außer die rein sexuelle Berührung mit einer Unbekannten, die keine Fragen oder Forderungen stellt und auch nichts von sich erzählt. Als er beginnt, sich für ihre Person zu interessieren, zerstört er alles.

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Kritik

Patrice Chéreau erzählt die trostlose Geschichte in Bildern, die so karg, spröd und nüchtern sind, dass selbst die Sexszenen beinahe dokumentarisch wirken. Kein Humor mildert in "Intimacy" die Hoffnungslosigkeit.
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Vor einem Jahr hat Jay (Mark Rylance) seine Frau Susan (Susannah Harker) und seine beiden Söhne verlassen, ohne ein Wort zu sagen. Bis dahin war er Musiker; jetzt verdient er seinen Lebensunterhalt als Barkeeper in London und wohnt in einem vernachlässigten Reihenhaus.

Vor ein paar Wochen begegnete er einer jungen Frau (Kerry Fox). Ohne weitere Verabredung steht sie seither jeden Mittwoch gegen 14 Uhr vor der Tür. Er kennt ihren Namen nicht, weiß nichts von ihr, und sie reden kaum mehr als ein paar Worte. Sobald sie im Zimmer ist, entkleiden sie sich und fallen übereinander her.

Eines Mittwochs fährt kein Taxi vor. Drei Stunden lang steht er in Morgenmantel und Pantoffeln am Fenster und kommt sich in der ersten Stunde wie Casanova vor, in der zweiten wie ein Kind, das auf seine Mutter wartet, und in der dritten wie ein alter Mann. (Hanif Kureishi)

Als er einmal vergeblich auf sie wartet, wird er neugierig darauf, wer sie ist. Nach dem nächsten Koitus steht er vorsichtig auf, setzt sich in einen Sessel und betrachtet die erschöpfte nackte Frau auf dem Bett. Sie öffnet die Augen, erschrickt, dreht ihm den Rücken zu und zieht sich hastig an. Heimlich folgt er ihr und findet heraus, dass sie in einem Kellertheater auftritt. Sie heißt Claire, spielt die Laura in Tennessee Williams‘ „Glasmenagerie“, ist mit einem dicken Taxifahrer namens Andy (Timothy Spall) verheiratet und hat einen Sohn.

Von Andy erfragt Jay mehr über Claire, ihre erfolglosen schauspielerischen Ambitionen und ihr bürgerliches Leben. Das Wissen führt ihn und Claire nicht zusammen; im Gegenteil: Es macht die unverbindliche, nur auf Sexualität gründende Beziehung unmöglich. Doch obwohl Claire ihren Mann nicht liebt, will sie bei ihm bleiben.

Jay drückt Claire gegen eine Wand und schiebt ihr den Rock hoch, um sie rasch im Stehen zu nehmen. Die beiden haben sich bereits wieder voneinander entfernt und gehen endgültig auseinander.

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Zwei Großstadtmenschen suchen verzweifelt nach einer Beziehung: Jay hat seine Frau und seine Kinder verlassen und wirkt emotional wie ausgetrocknet; Claire ist eine sensible, unglücklich verheiratete Frau, die aber bei ihrer Familie bleibt und die bürgerliche Fassade notdürftig aufrecht erhält. Ihr einfältiger, lethargischer Mann Andy hat sich damit abgefunden, dass sie ihn nicht liebt und immer wieder aus dem tristen Alltag flieht – sei es als Schauspielerin auf die Bühne oder in die Arme eines Liebhabers. „Haupt­sache, sie kommt anschließend nach Hause“, meint er resigniert.

Jay findet keine Nähe zu anderen Menschen mehr – außer die rein sexuelle Berührung mit einer Unbekannten, die keine Fragen oder Forderungen stellt und auch nichts von sich erzählt. Als er beginnt, sich für ihre Person zu interessieren und in ihre Welt eindringt, endet das unverbindliche Miteinander. Er stellt Forderungen, will sich darauf verlassen, dass sie regelmäßig zu ihm kommt und schließlich, dass sie sich von ihrem Mann trennt. Damit zerstört er alles.

Patrice Chéreau erzählt die trostlose Geschichte in Bildern, die so karg, spröd und nüchtern sind, dass selbst die Sexszenen beinahe dokumentarisch wirken. Kein Humor mildert in „Intimacy“ die Hoffnungslosigkeit.

Bei der Berlinale 2001 wurde „Intimacy“ mit einem „Goldenen Bären“ prämiert.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003

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