Andrew Morton : Diana. Ihre wahre Geschichte
Inhaltsangabe
Kritik
Lady Diana (Kurzbiografie)
Am 7. Juni 1992 begann die „Sunday Times“ mit einem Vorabdruck des Buches „Diana. Her True Story“ von Andrew Morton, das neun Tage später in den Buchhandel kam. Die Zeitung soll dafür 250 000 Pfund gezahlt haben. Vergeblich hatte Sir Robert Fellows, der Privatsekretär von Königin Elisabeth II., bei der „Sunday Times“ angerufen, als er über die bevorstehende Veröffentlichung informiert worden war. Während die Boulevard-Zeitungen die Sensation ausschlachteten, beschimpften Kolumnisten seriöser Blätter den Buchautor, den Verleger und Andrew Neil, den Chefredakteur der „Sunday Times“. Die einen behaupteten, Andrew Morton habe alles frei erfunden, andere kritisierten den Eingriff in die Privatsphäre der königlichen Familie.
Die Enthüllungen über die Bulimie der Prinzessin von Wales, ihre Selbstmordversuche und die langjährige Liaison ihres Ehemanns Prinz Charles mit Camilla Parker Bowles schlugen wie eine Bombe ein.
Eine deutsche Übersetzung der Biografie erschien noch im selben Jahr im Cora-Verlag: „Diana. Ihre wahre Geschichte“. Eine vollständig überarbeitete, ergänzte und aktualisierte Ausgabe brachte Droemer Knaur 1997 heraus: „Diana 1961 – 1997. Ihre wahre Geschichte in ihren eigenen Worten“.
Diana hatte beteuert, nicht mit Andrew Morton zusammengearbeitet zu haben, und der Hof hatte erklärt, das Buch sei ohne Mitwirkung der Prinzessin entstanden. Aber das stimmt nicht. Die Darstellung basiert auf von Lady Diana im Sommer und Herbst 1991 im Kensington-Palast besprochenen Tonbändern. Um kein Aufsehen zu erregen, traf Andrew Morton sich nicht selbst mit ihr, sondern übermittelte ihr seine schriftlichen Fragen durch den Arzt Dr. James Colthurst, und Diana sprach die Antworten auf Band. Im Manuskript, das ihr abschnittweise zugespielt wurde, brachte sie handschriftliche Korrekturen an. Als der aus den USA stammende Kleinverleger Michael O’Mara vor der Veröffentlichung Beweise für die Beziehung von Prinz Charles und Camilla Parker Bowls verlangte, stahl Diana im August 1991 Liebesbriefe aus der Aktentasche ihres Ehemanns.
Wir benutzten einen Zwischenträger, der unser beider Vertrauen genoss, damit der Prinzessin die Möglichkeit blieb, die Frage „Hast du dich mit Andrew Morton getroffen?“ aus vollster Überzeugung mit nein zu beantworten. Ich stellte endlose schriftliche Fragen über jeden Aspekt ihres Lebens und
begann dabei natürlich mit ihrer Kindheit. Sie antwortete ihrerseits, so gut sie konnte, indem sie in der Abgeschiedenheit ihres privaten Wohnraums in ein ziemlich antiquiertes Tonbandgerät sprach. Diese Methode war zwar recht unvollkommen, denn es fehlte die Möglichkeit, unmittelbar weiter nachzufragen, doch sehr schnell stellte sich dieses Leben als vollkommen anders dar, als das offiziell vermittelte Bild es wahrhaben wollte. Nachdem ich große Teile meines Lebens damit verbracht hatte, als Autor in einer königlichen Welt zu arbeiten, in der Ausflüchte, Zweideutigkeiten und Geheimniskrämerei an der Tagesordnung waren, war ich zunächst durch Dianas Offenheit regelrecht verblüfft. Die erstaunliche Geschichte, die sie da enthüllte, konnte ich erst überhaupt nicht glauben. Obwohl für die erste Interviewsitzung viele Fragen schriftlich vorbereitet worden waren, brach aus ihr, als das Tonband eingeschaltet war, ein wahrer Redeschwall hervor. Sie sprach fast ohne Unterbrechung und nahm sich kaum Zeit zum Luftholen. (Seite 14)
Dieses Buch war nach Absicht und Zweck praktisch ihre Autobiografie, das persönliche Testament einer Frau, die sich während der Entstehungszeit als sprach- und machtlos erlebte. (Seite 11)
Nach einem ausführlichen Vorwort, in dem Andrew Morton erzählt, wie das Buch zustande kam, lässt er die Prinzessin auf den Seiten 23 bis 63 erst einmal selbst zu Wort kommen. Der Text wurde augenscheinlich direkt von den Tonbändern abgeschrieben und nicht redigiert. Entsprechend holprig und ungehobelt liest er sich.
Gerade war ich noch ein Niemand, im nächsten Augenblick war ich die Prinzessin von Wales, Mutter, Medienspielzeug, Mitglied dieser Familie. (Seite 43)
Ich war von Camilla total besessen. Ich traute ihm [Charles] nicht, glaubte, er würde sie alle fünf Minuten anrufen […] (Seite 40)
Im Hauptteil schildert Andrew Morton chronologisch, was Prinzessin Diana von ihrer Kindheit bis zu ihrem tragischen Tod am 31. August 1997 erlebte. Dabei stellt er sie als Leidende dar:
Zu jener Zeit, da sie mit ansehen musste, wie sich ihre Ehe auflöste, hatte Diana am meisten Angst davor, dass der Kreis ihres Mannes schon in naher Zukunft beginnen würde, sie zu diskreditieren und die Welt davon zu überzeugen, dass sie irrational – und damit als Mutter oder als Repräsentantin der Monarchie ungeeignet – sei.
Doch die Unzufriedenheit, die in ihr schwelte, lag nicht nur im Dahinschwinden ihrer Ehe, sondern genauso sehr im antiquierten königlichen System begründet. Intuitiv spürte sie, dass der Stil der Monarchie überholt war, während ihre eigene Rolle und ihre eigenen Ambitionen ständig eingeschränkt wurden. Die Höflinge, die „Männer in den grauen Anzügen“, wie sie sie nannte, waren glücklich, wenn sie als pflichtbewusste Ehefrau und Mutter, als attraktive Begleiterin an der Seite ihres intellektuellen Gatten dargestellt werden konnte. Gleichzeitig war das System jedoch, soweit sie selbst davon betroffen war, fortlaufend darum bemüht, ihre Position zu beschneiden, um die Popularität von Prinz Charles zu stützen.
Und während sie so aus ihrem einsamen Gefängnis hinausschaute, verging kaum ein Tag ohne das Geräusch einer weiteren zugeschlagenen Zellentür oder eines weiteren Schlüssels, der im Schloss umgedreht wurde: Die Märchenfiktion dieser Ehe im Bewusstsein der Öffentlichkeit, in die sie verstrickt war, wurde ständig weiter ausgeschmückt […] „Sie fühlte sich, als würde der Sarg immer fester verschlossen, in dem sie lag“, erinnerte sich eine Freundin. „Im Gegensatz zu anderen Frauen hatte sie nicht die Freiheit, einfach ihre Kinder zu nehmen und zu gehen.“
Wie eine Gefangene, die für ein Verbrechen büßen musste, das sie gar nicht begangen hatte, verspürte Diana das dringende Bedürfnis, der Welt die Wahrheit über ihr Leben zu sagen, über den Kummer, den sie erlitt, und über die Ambitionen, die sie hegte. Ihr Gefühl, ungerecht behandelt zu werden, war tief verwurzelt. (Seite 12)
Der großformatige Band „Diana 1961 – 1997. Ihre wahre Geschichte in ihren eigenen Worten“ ist reich bebildert, aber ein Anhang fehlt. Es gibt auch kein Register.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010
Textauszüge: © Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf.
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