Thomas Mann : Buddenbrooks

Buddenbrooks
Manuskript: 1897 - 1900 Erstausgabe: S. Fischer Verlag, Berlin 1901
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Von 1835 bis 1877, über vier Generationen hinweg, verfolgt Thomas Mann in diesem Roman den Niedergang der fiktiven Lübecker Kaufmannsfamilie Buddenbrook. Der praktisch veranlagte Johann Buddenbrook führt das angesehene Familienunternehmen auf den Höhepunkt. Mit dem frühen Tod seines kränklichen, Musik liebenden Urenkels Hanno sterben die Buddenbrooks aus.
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Kritik

"Man merkt, dass man nicht gerecht werden kann gegenüber einem Buch, das einen solchen Reichtum an Motiven, solch eine Vielzahl von Aspekten birgt." (Siegfried Lenz über "Buddenbrooks")
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Die Buddenbrooks in Lübeck können ihren Stammbaum bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Am 7. Juli 1768 gründete Johan Buddenbrook das Familienunternehmen. Ein fast gleichnamiger Nachfahre, Johann Buddenbrook, heiratete 1795 im Alter von dreißig Jahren eine Kaufmannstochter aus Bremen, die im Jahr darauf bei der Geburt des Sohnes Gotthold starb. 1799 vermählte sich Johann Buddenbrook ein zweites Mal und zeugte mit seiner Frau Antoinette eine Tochter und einen Sohn, der ebenfalls auf den Namen „Johann“ getauft wurde. Als Johann Buddenbrook junior Mitte zwanzig war, verehelichte er sich mit der etwa drei Jahre jüngeren Lübecker Patriziertochter Elisabeth („Bethsy“) Kröger.

Der Roman beginnt im Herbst 1835, kurz nachdem der Firmenchef Johann Buddenbrook senior ein repräsentatives Anwesen in der Lübecker Mengstraße erwarb, um das Prosperieren des Getreidehandelsunternehmens zu demonstrieren.

Nach der Einweihungsfeier für die neue Villa übergibt Johann Buddenbrook junior seinem Vater einen Brief seines Stiefbruders Gotthold, der sich bitter darüber beschwert, im Vergleich zu den beiden Kindern aus der zweiten Ehe seines Vaters zu kurz gekommen zu sein. Aber da gibt es für das Familienoberhaupt keine Diskussion, denn Gotthold heiratete gegen seinen Willen eine nicht standesgemäße Frau, die lediglich eine Leinenhandlung in der Breiten Straße – Siegmund Stüwing & Comp. – mit in die Ehe brachte, und Johann Buddenbrook schrieb seinem Sohn aus erster Ehe schon damals:

Mon très cher fils, du heiratest deinen Laden, Punktum. Ich enterbe dich nicht, ich mache kein spectacle, aber mit unserer Freundschaft ist es zu Ende. Hier hast du 100 000 als Mitgift, ich vermache dir andere 100 000 im Testamente, aber damit basta.

Johann Buddenbrook senior zweifelt nicht daran, dass die seit Generationen aufgebaute Firma weiterhin erfolgreich sein wird. Er verkörpert die Kaufmannsideale Fleiß und Pflichterfüllung, vermeidet jede Verschwendung, ist praktisch veranlagt und denkt ans Nützliche.

Er war kein beschränkter Kopf. Er hatte ein Stück von der Welt gesehen, war Anno 13 vierspännig nach Süddeutschland gefahren, um als Heereslieferant für Preußen Getreide aufzukaufen, war in Amsterdam und in Paris gewesen und hielt, ein aufgeklärter Mann, bei Gott nicht alles für verurteilungswürdig, was außerhalb der Tore seiner giebeligen Vaterstadt lag. Abgesehen vom geschäftlichen Verkehr aber, in gesellschaftlicher Beziehung, war er mehr als sein Sohn, der Konsul, geneigt, strenge Grenzen zu ziehen und Fremden ablehnend zu begegnen.

Über seinen gleichnamigen Sohn, der sich von einem pietistischen Ethos leiten lässt, wundert er sich:

Was seid ihr eigentlich für eine Kompanei, ihr jungen Leute, – wie? Den Kopf voll christlicher und phantastischer Flausen … und … Idealismus! und wir Alten sind die herzlosen Spötter …

Am 14. April 1838 wird Bethsy Buddenbrook von ihrem vierten Kind entbunden, einer Tochter, die auf den Namen Clara getauft wird. Claras Bruder Thomas ist zwölf Jahre alt, ihre Schwester Antonie („Tony“) elf und ihr Bruder Christian zehn.

Im Januar 1842 stirbt Antoinette Buddenbrook, und ihr Mann, Johann Buddenbrook senior, folgt ihr zwei Monate später in die Familiengruft.

Ihr Enkel Thomas verlässt im Alter von sechzehn Jahren die Schule und tritt in das Familienunternehmen ein. Im Gegensatz zu dem ernsthaften Jugendlichen gilt der Gymnasiast Christian als albern und launenhaft. Einmal besucht er eine „Wilhelm-Tell“-Aufführung im Stadttheater, und weil ihm eine junge Schauspielerin gut gefällt, kauft er in der Pause ein Blumenbukett und überreicht es ihr in der Garderobe. Konsul Peter Döhlmann, der Geliebte der Aktrice, lacht sich darüber krank und erzählt es anschließend überall herum. Konsul Buddenbrook ist entsetzt über die Blamage der Familie.

Im Juni 1845 wirbt Bendix Grünlich, ein Geschäftspartner Johann Buddenbrooks aus Hamburg, um die achtzehnjährige Tony. Bethsy ist entzückt über die Umgangsformen des Bewerbers, Johann schätzt ihn als „christlich, tüchtig, tätig und feingebildet“. Nur Tony mag ihn nicht; sein affektiertes Benehmen ist ihr zuwider, und als ihr die Eltern eröffnen, dass Grünlich um ihre Hand angehalten hat, stöhnt sie:

Was will dieser Mensch von mir – ! Was habe ich ihm getan – ?!

Aber die Mutter redet auf sie ein:

Liebe Tony, wozu dies Echauffement! Du kannst sicher sein, nicht wahr, dass deine Eltern nur dein Bestes im Auge haben, und dass sie dir nicht raten können, die Lebensstellung auszuschlagen, die man dir anbietet. Siehst du, ich nehme an, dass du noch keine entscheidenden Empfindungen für Herrn Grünlich hegst, aber das kommt, ich versichere dich, das kommt mit der Zeit … Einem so jungen Dinge, wie du, ist es niemals klar, was es eigentlich will … Im Kopfe sieht es so wirr aus wie im Herzen …

Kurz darauf trifft Grünlich seine Auserkorene allein an und schwärmt von dem „würdigen Leben“ an seiner Seite, das er ihr bieten könne. Da schreit Tony verzweifelt:

Nein … nein! Ich habe ja nein gesagt! Ich gebe Ihnen einen Korb, verstehen Sie das denn nicht, Gott im Himmel?!

Sie ist froh, als ihr der Vater vorschlägt, die Ferien in der Familie des Lotsenkommandeurs Diederich Schwarzkopf in Travemünde zu verbringen. Thomas bringt sie hin. Auch Diederich Schwarzkopfs Sohn Morten, der in Göttingen Medizin studiert, ist während der Semesterferien zu Hause. Bei Spaziergängen am Strand erzählt er ihr von seinen liberalen Ansichten und dass er heimlich Mitglied einer Burschenschaft sei. Begeistert schreibt Tony ihrem Vater, sie habe sich in Morten Schwarzkopf verliebt. Er werde um ihre Hand anhalten, sobald er Arzt geworden sei. Einige Tage später erscheint Bendix Grünlich bei Diederich Schwarzkopf und beschwert sich:

Ich höre, dass Ihr Sohn, der Herr studiosus medicinae, es sich … unwissentlich zwar … gestattet hat, in meine Rechte einzugreifen, ich höre, dass er die hiesige Anwesenheit des Fräuleins dazu benutzt hat, ihr gewisse Versprechungen abzugewinnen …

Der knorrige Lotsenkommandeur ruft seinen Sohn zur Ordnung und schickt ihn unverzüglich nach Göttingen.

Tony schreibt nach ihrer Rückkehr in das Stammbuch der Familie: „… verlobte sich am 22. September 1845 mit Herrn Bendix Grünlich, Kaufmann zu Hamburg“.

Anfang 1846 findet die Hochzeit statt, und im Oktober wird Tony von einer Tochter entbunden. Sie wird Erika heißen.

Um seiner Verantwortung für die Familie gerecht zu werden, trennt Thomas Buddenbrook sich von seiner Geliebten, dem Blumenmädchen Anna, und geht für einige Zeit im Auftrag der Firma nach Amsterdam. Christian wird zur weiteren Ausbildung bei einem Geschäftspartner nach London geschickt.

Trina, eine Köchin der Familie Buddenbrook, gilt als treu und bieder. Doch sie gerät offenbar unter den Einfluss ihres Liebhabers, eines politisch engagierten Schlachtergesellen, denn als Elisabeth Buddenbrook sie wegen einer missratenen Sauce tadelt, stemmt sie die nackten Arme in die Hüften und keift:

Warten Sie man bloß, Frau Konsulin, dat duert nu nich mehr lang, denn kommt ’ne annere Ordnung in de Saak …

Im Oktober 1848 wird auch Lübeck von der revolutionären Bewegung in Deutschland erfasst. Johann Buddenbrook gelingt es, von den Stufen des Rathauses aus beruhigend auf die erregte Menge einzureden.

Bendix Grünlich wirft seiner Frau vor, sich zu wenig um die Tochter Erika zu kümmern. Im Januar 1850 kommt es darüber zum Streit. Als Tony eine Erzieherin für das Kind verlangt, wirft er ihr vor, sie ruiniere ihn mit ihrer Verschwendung. Bankier Kesselmeyer, der hinzukommt, lacht, als Antonie Grünlich ihm von dem Vorwurf erzählt. Er zieht sich mit ihrem Mann in ein Nebenzimmer zurück. Dort wirft er ihm vor:

Sie haben sich Kapital ergaunert […]. Sie haben Ihre ganze Ehrlichkeit über Bord geworfen, ohne den geringsten Nutzen davon zu haben. Sie haben ein Gewissen wie ein Schlachterhund und sind doch ein Pechvogel, ein Tropf, ein armer Narr!

Am Nachmittag trifft Johann Buddenbrook ein und spricht mit seiner Tochter, während Grünlich und Kesselmeyer noch nebenan konferieren. Tony erfährt, dass Bendix Grünlich zahlungsunfähig ist. Der Vater fragt, ob sie sich inzwischen an ihren Mann gewöhnt, ihn inzwischen vielleicht sogar lieb gewonnen habe. In diesem Fall würde er den Bankrott durch Gelder aus dem Familienunternehmen verhindern.

Ich zögere nicht, dir zu bekennen, dass ich den Schritt, der mir vor vier Jahren als klug und heilsam erschien, in dieser Stunde bereue … aufrichtig bereue. Ich glaube, vor Gott nicht schuldig zu sein. Ich glaube, mit Pflicht getan zu haben, indem ich mich bemühte, dir eine deiner Herkunft angemessene Existenz zu schaffen … Der Himmel hat es anders gewollt …

Antonie Grünlich antwortet:

Ach … was fragst du, Papa! … Ich habe ihn niemals geliebt … er war mir immer widerlich … weiß du das denn nicht …?

In diesem Augenblick kommen Grünlich und Kesselmeyer herein. Ohne Umschweife stellt Johann Buddenbrook klar, dass von ihm keine weitere Hilfe zu erwarten sei. Der Bankier verrät, Bendix Grünlich sei bereits vor vier Jahren pleite gewesen und habe sich nur durch die Mitgift seiner Frau retten können.

Man legt dem rettenden Herrn Papa recht hübsche Bücher vor, allerliebste, reinliche Bücher, in denen alles aufs Beste bestellt ist … nur dass sie mit der rauen Wirklichkeit nicht völlig übereinstimmen …

Johann Buddenbrook wundert sich über die Eröffnungen Kesselmeyers, denn er habe sich damals eingehend über den Bräutigam seiner Tochter erkundigt. Da lacht der Bankier und klärt ihn darüber auf, dass die befragten Geschäftsleute Geld in Grünlichs Unternehmen investiert hatten und hofften, aufgrund der Eheschließung ihr eingesetztes Kapital nicht zu verlieren.

Tony kehrt ins Elternhaus nach Lübeck zurück. Ihre Ehe wird im Februar 1850 geschieden.

Im Jahr darauf segelt Christian Buddenbrook, von dem es aus London heißt, er habe sich mehr um die Zerstreuungen in der Großstadt als um das Geschäft gekümmert, in die chilenische Hafenstadt Valparaiso.

Konsul Johann Buddenbrook stirbt im Spätsommer 1855. Sein neunundzwanzigjähriger Sohn Thomas übernimmt das Unternehmen. Ihm steht Friedrich Wilhelm Marcus zur Seite, der langjährige Prokurist, der als Kompagnon mit einsteigt.

Im Februar 1856 kehrt Christian Buddenbrook nach achtjähriger Abwesenheit in seine Heimatstadt zurück. Thomas nimmt ihn als Prokuristen in die Firma auf, vertraut ihm die englischsprachige Korrespondenz an und ermahnt ihn, für die Angestellten im Kontor ein gutes Vorbild zu sein. Doch der jüngere Bruder schwadroniert lieber in einem Klub, in dem sich vorwiegend unverheiratete Kaufleute herumtreiben, über seine Reisen und Affären.

Gotthold Buddenbrook stirbt im Mai 1856 bei einem Herzanfall. Das Amt und der Titel des Königlich Niederländischen Konsuls geht von ihm auf seinen Neffen Thomas über.

Am 20. Juli 1856 schreibt Thomas, der sich geschäftlich in Amsterdam aufhält, seiner Mutter und kündigt seine Vermählung mit Gerda Arnoldsen an, einer Freundin seiner Schwester Tony. Es handelt sich um die Tochter eines Amsterdamer Kaufmanns, der auch hervorragend Geige spielt.

Seit dem Tod ihres Mannes hält Bethsy Buddenbrook in der Villa in der Mengstraße sogenannte „Jerusalemabende“ ab, wöchentliche Andachten, an deren Ende jeweils unter den Teilnehmern für Missionszwecke gesammelt wird. Bei so einer Veranstaltung lernen sich die achtzehnjährige Clara Buddenbrook und Pastor Sievert Tiburtius aus Riga kennen. Sie heiraten im Dezember 1856.

Im März 1857 beziehen Thomas und Gerda Buddenbrook ein eigenes Haus in der Breiten Straße.

Tony, die einer Einladung ihrer in München mit einem Brauereidirektor namens Niederpaur verheirateten Freundin Eva (Ewers) gefolgt war, kehrt Ende April zu ihrer Mutter in das Anwesen in der Mengstraße zurück, wo auch das Kontor der Firma verblieben ist. Bald darauf erscheint der vierzig Jahre alte Münchner Hopfenhändler Alois Permaneder, den Tony während ihres Besuchs bei Eva Niederpaur kennen gelernt hat. Er verwirrt Bethsy mit seiner unverwüstlich guten Laune, seinem ungeschliffenen Benehmen und seiner ihr kaum verständlichen Mundart („Es ist halt a Kreiz!“). In der für Alois Permaneder fremden Umgebung geniert die noch immer recht naive Tony sich für ihn, aber sie ist bereit, ihm als Ehefrau nach München zu folgen. Thomas Buddenbrook zieht Erkundigungen über Permaneders Firma X. Noppe & Comp. ein und ist zufrieden, als sich herausstellt, dass es sich um eine zwar kleine, aber solide Firma mit hübschen Gewinnen handelt. Zusammen mit der Mitgift Tonys wird es für ein gutbürgerliches Leben ohne Luxus reichen.

Im Herbst feiert Tony ihre zweite Vermählung. In Briefen berichtet sie ihrer Mutter von den sprachlichen Schwierigkeiten. Sie habe das Hausmädchen entlassen, weil es immer gleich grob geworden sei. Vielleicht habe sie das auch falsch eingeschätzt, „denn man weiß hier nicht recht, ob die Leute eigentlich grob oder freundlich reden“. Das neue Hausmädchen heiße Babette – bzw. Bábett, wie man in München sage.

Sobald Tonys Mitgift eintrifft, beschließt Alois Permaneder, sein Kapital aus der Firma zu nehmen und sich zur Ruhe zu setzen: „Von morgen ab mach‘ i Schluss und werd‘ Privatier!“ Tony ist bestürzt darüber, es kommt zum Streit, aber sie kann ihren Mann nicht umstimmen.

In der Nacht vom 24./25. November 1859 ertappt sie ihn mit Bábett in flagranti. Unverzüglich reist sie nach Lübeck zurück. Ihr Bruder Thomas wirft ihr vor, durch ihr Verhalten aus einer Bagatelle einen Skandal zu machen. Schließlich wisse niemand von dem Vorfall. Zornig entgegnet Tony:

Wie? ist nur das Schande und Skandal im Leben, was laut wird und unter die Leute kommt? Ach nein! Der heimliche Skandal, der im Stillen an einem zehrt und die Selbstachtung wegfrisst, der ist viel schlimmer! Sind wir Buddenbrooks Leute, die nach außen hin „tipptopp“ sein wollen, wie ihr hier immer sagt, und zwischen unseren vier Wänden dafür Demütigungen hinunterwürgen?

Der Rechtsanwalt Dr. Gieseke klärt sie darüber auf, dass der Vorfall als Scheidungsgrund nicht ausreiche. Doch Alois Permaneder willigt in die erbetene Scheidung ein und gibt auch die Mitgift freiwillig zurück.

Missbilligend beobachtete Thomas Buddenbrook die Eskapaden seines Bruders Christian. Nachdem dieser im Frühjahr 1857 in einer Gesellschaft die Meinung geäußert hatte, eigentlich handele es sich bei jedem Geschäftsmann um einen Gauner, stellte er ihn zur Rede. Weil Christian klagte, ihm fehle es an Selbstständigkeit, einigte man sich auf seinen Einstieg bei der Firma H. C. F. Burmeester & Comp. in Hamburg. Anfang Juni 1857 reiste er dorthin. Aber Christian verbraucht mehr Geld, als die schlechten Geschäfte abwerfen. Mit Aline Puvogel, die bereits zwei Kinder von anderen Männern hat, zeugt er eine Tochter, die 1859 geboren wird. Zwei Jahre später begleicht Christian mit Hilfe der Mutter seine Schulden in Hamburg und tritt erneut eine Stelle in London an.

Am 15. April 1861 können Gerda und Thomas Buddenbrook endlich die Geburt eines Stammhalters feiern: Justus Johann Kaspar („Hanno“).

Nach dem Tod des Lübecker Senators James Möllendorpf setzt Thomas Buddenbrook sich bei der Wahl des Nachfolgers im Februar 1862 gegen seinen Rivalen Hermann Hagenström durch. Daraufhin plant er ein neues Haus in der Fischergrube, mit dessen Bau im Jahr darauf begonnen wird.

Clara Tiburtius stirbt im Juli 1864 in Riga an Gehirntuberkulose. Ohne sich mit ihrem Sohn darüber abzustimmen, überlässt Elisabeth Buddenbrook dem Witwer das Erbe, das ihrer Tochter zugestanden hätte. Thomas ist entsetzt über die Eigenmächtigkeit, die bedeutet, dass dem Familienunternehmen beträchtliches Kapital entzogen wird.

Tonys im Internat erzogene Tochter Erika ist zwanzig, als der fast doppelt so alte Direktor der Städtischen Feuerversicherungsgesellschaft im Januar 1867 um ihre Hand anhält. Hugo Weinschenk stammt aus Schlesien und trägt kleinbürgerliche, nicht immer ganz reinliche Kleidung. Die Hochzeit findet im April statt. Tony zieht ebenfalls bei Hugo Weinschenk ein, um ihrer unerfahrenen Tochter im Haushalt zur Seite zu stehen. Neun Monate nach der Eheschließung wird Erika von einer Tochter entbunden (Elisabeth).

Hanno bereitet seinen Eltern Sorgen, weil er erschreckend langsam geht und spricht. Die Ärzte sprechen von einer „Gehirnaffektion“.

Das Getreidehandelsunternehmen Buddenbrook musste vor allem 1866 einige schwere Verluste verkraften. Die Existenz stand allerdings zu keinem Zeitpunkt ernsthaft in Frage. Im Frühjahr 1868 drängt Tony ihren Bruder Thomas, dem Ehemann einer Freundin zu helfen. Ralf von Maiboom, der Gutsherr von Pöppenrade bei Rostock, hat Spielschulden und wird von seinen Gläubigern bedrängt. Um rasch Geld aufzutreiben, bietet er die diesjährige Ernte bereits jetzt („auf dem Halm“) zum Verkauf an. Senator Buddenbrook will zunächst nichts von dem Vorschlag wissen; dann überlegt er, dass er mit einem erfolgreichen Coup dieser Art einen neuen Aufschwung einleiten könnte. Am 30. Mai reist er nach Pöppenrade und schließt das riskante Geschäft ab.

Während der 100-Jahr-Feier des Unternehmens am 7. Juli 1868 erfährt er durch eine Depesche, dass die gesamte Ernte in Pöppenrade durch einen Hagelsturm vernichtet wurde.

Gerda Buddenbrook, die das musikalische Talent ihres Vaters geerbt hat, musiziert häufig zusammen mit Edmund Pfühl, dem Organisten der St.-Marien-Kirche, und als sie merkt, wie aufmerksam Hanno der Musik lauscht, beauftragt sie Edmund Pfühl, ihm Klavierunterricht zu erteilen.

Einmal legt sie Klavierauszüge aus Richard Wagners Oper „Tristan und Isolde“ auf. Nach fünfundzwanzig Takten springt Pfühl auf und eilt „mit allen Anzeichen des äußeren Ekels zwischen Erker und Flügel hin und wider“.

Ich spiele dies nicht, gnädige Frau, ich bin Ihr ergebener Diener, aber ich spiele dies nicht! Das ist keine Musik … glauben Sie mir doch … ich habe mir immer eingebildet, ein wenig von Musik zu verstehen! Dies ist das Chaos! Dies ist Demagogie, Blasphemie und Wahnwitz! Dies ist das Ende aller Moral in der Kunst! Ich spiele es nicht!

An seinem achten Geburtstag trägt Hanno zusammen mit seiner Mutter im Familienkreis eine eigene kleine Komposition vor.

Thomas Buddenbrook war in seinem Herzen nicht einverstanden mit dem Wesen und der Entwicklung des kleinen Johann.

Die Musik steht als „feindliche Macht“ zwischen ihm und seinem Sohn.

Eines Tages blättert Hanno im Familienstammbuch und findet als Letztes den Eintrag über seine Geburt. Darunter zieht er mit dem Federhalter seiner Mutter einen „schönen, sauberen Doppelstrich“, wie er es in der Schule gelernt hat. Vom Vater zur Rede gestellt, stammelt er: „Ich glaubte … ich glaubte … es käme nichts mehr …“

Hugo Weinschenk wird im Januar 1871 zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, obwohl das Geschäftsgebahren, für das er bestraft wird, unter den meisten Kaufleuten als „Usance“ gilt.

Im Herbst erliegt Elisabeth Buddenbrook einer Lungenentzündung. Während ihre Leiche in einem Zimmer der Villa in der Mengstraße aufgebahrt ist, streiten sich nebenan Thomas und Christian im Beisein Tonys. Christian Buddenbrook will Aline, die Mutter seiner Tochter Gisela, heiraten: „Ich sehne mich nach einem Heim, nach Ruhe und Frieden.“ Der Senator droht ihm, den Rest des Erbes für ihn zu verwalten und ihm nur einen monatlichen Betrag zukommen zu lassen. Eine Adoption bzw. Legitimation der drei Kinder von Aline Puvogel werde er zu verhindern wissen. Auf keinen Fall dürfe dadurch ein Teil des Familienerbes verloren gehen.

Das Anwesen in der Mengstraße, das zu je einem Viertel an Thomas, Christian, Tony und Pastor Sievert Tiburtius in Riga fällt, wird von dem Makler Sigismund Gosch erworben und ausgerechnet dem Großhändler und Königlich Portugiesischen Konsul Hermann Hagenström weiterverkauft, der – wie sein Großvater und sein Vater – zu den gefährlichsten Konkurrenten der Getreidefirma Buddenbrook zählt.

Thomas Buddenbrooks Dasein war kein anderes mehr als das eines Schauspielers, eines solchen aber, dessen ganzes Leben bis auf die geringste und alltäglichste Kleinigkeit zu einer einzigen Produktion geworden ist, einer Produktion, die mit Ausnahme einiger weniger und kurzer Stunden des Alleinseins und der Abspannung beständig alle Kräfte in Anspruch nimmt und verzehrt.

Thomas Buddenbrook bereut inzwischen, dass er schon mit sechzehn die Schule verließ und in das Familienunternehmen eintrat. Doch Hanno will er das Gymnasium ersparen, denn der Junge schafft in der Schule nur mit Mühe die Versetzung.

Weil Hanno an Anämie leidet, fährt Gerda jeden Sommer mit ihm nach Travemünde an die See.

Aufgrund eines Gnadengesuches kommt Hugo Weinschenk bereits ein halbes Jahr vor dem Ablauf seiner regulären Haftzeit frei. Erika und Tony, die sich inzwischen ohne ihn eingerichtet haben, nehmen die Nachricht emotionslos hin. Weinschenk ist ein gebrochener Mann. Allein reist er nach London und schreibt von dort, er werde sich wieder melden, wenn er seiner Ehefrau und seiner Schwiegermutter eine angemessene Existenz bieten könne. Sie hören nie wieder von ihm.

Über Gerda Buddenbrook wird getuschelt. Häufig ist René Maria von Throta bei ihr zu Besuch, ein Infanterieleutnant, der in der Garnison als Einzelgänger gilt, nicht zuletzt wegen seiner Musikbegeisterung. Wenn Senator Buddenbrook die beiden musizieren hört, sorgt er sich vor dem heimlichen und dem öffentlichen Skandal, aber er unternimmt nichts.

Christian Buddenbrook klagt bereits seit Jahrzehnten über verschiedene Schmerzen. Sein Gesundheitszustand zwingt ihn schließlich, auch seine Champagner- und Cognac-Agentur aufzugeben. Es war seine letzte kaufmännische Tätigkeit.

Auch sein älterer Bruder fühlt sich in letzter Zeit nicht wohl. Er leidet unter Schlaflosigkeit, mitunter auch Schwindel und Schüttelfrost. Im Januar 1875 sucht er einen Zahnarzt auf, der ihm beim Versuch einer Zahnextraktion die Krone abbricht und die im Kiefer verbliebenen vier Wurzeln erst in den nächsten Tagen ziehen will. Auf dem Heimweg stürzt Senator Thomas Buddenbrook und schlägt sich das Gesicht auf. Man bringt ihn nach Hause, wo er stirbt.

Seine frühere Geliebte Anna, die inzwischen mit ihrem Mann Iwersen selbst einen Blumenladen führt, liefert mehrmals am Tag Blumen und erhascht dabei auch einen Blick auf die aufgebahrte Leiche.

In seinem Testament hat Thomas Buddenbrook angeordnet, das Familienunternehmen aufzulösen. Aufgrund von überstürzten und unvorteilhaften Verkäufen bleiben die Erlöse weit unter den Erwartungen.

Ein Jahr nach dem Tod seines Bruders zieht Christian Buddenbrook nach Hamburg und heiratet Aline Puvogel. In einem gehässigen Brief schreibt Tony ihrer Schwägerin, sie werde sie und ihre Kinder niemals als Familienangehörige anerkennen.

Auch das von Thomas Buddenbrook gebaute Haus wird weit unter Wert verkauft. Gerda, die nach dem Tod ihres Mannes mit Hanno zu ihrem Vater nach Amsterdam ziehen wollte, aber von Tony zurückgehalten wurde, bezieht im Herbst 1876 eine kleine Villa vor dem Burgtor.

Nach mehr als vierzig Jahren in den Diensten der Familie Buddenbrook gibt es für die Hausangestellte Ida Jungmann nichts mehr zu tun. Sie kehrt in ihre westpreußische Heimat zurück, um ihren Lebensabend bei Verwandten zu verbringen.

Christian Buddenbrook wird mit Wahnideen und Zwangsvorstellungen in eine Anstalt eingewiesen.

Im Alter von sechzehn Jahren stirbt Hanno an Typhus.

Ein halbes Jahr später kehrt Gerda Buddenbrook nach Amsterdam zurück.

Tony bleibt mit ihrer Tochter Erika allein in Lübeck zurück.

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In seinem umfangreichen Roman „Buddenbrooks“ beschreibt Thomas Mann den Niedergang einer angesehenen Lübecker Kaufmannsfamilie. Johann Buddenbrook, der das Familienunternehmen auf den Höhepunkt geführt hat, ist ein nüchterner, praktisch veranlagter Geschäftsmann, der nicht daran zweifelt, dass die Firma weiterhin erfolgreich sein wird. Der Erfolg ist für ihn selbstverständlich. Sein gleichnamiger Sohn wirkt im Vergleich zu ihm intellektuell verfeinert, und dass er im Gegensatz zu seinem Vater religiös ist, soll wohl als Anzeichen einer Verunsicherung und Gefährdung aufgefasst werden. Von Generation zu Generation nimmt die Nachdenklichkeit zu. Thomas Buddenbrook ist ein Ästhet, der nicht, wie üblich, eine Kaufmannstochter aus Lübeck, Bremen oder Hamburg heiratet, sondern eine attraktive Amsterdamerin, die ihre Begabung und Begeisterung für Musik auf den kränklichen Sohn Hanno überträgt, den letzten männlichen Erben der Familie Buddenbrook, der bereits mit sechzehn stirbt.

Parallel dazu steigt die rivalisierende Familie Hagenström auf, die ihr Geschäft auch mit unfairen Mitteln fördert.

In dieser Geschichte spiegelt sich die Entwicklung des deutschen Bürgertums. Die Hagenströms stehen dabei für das Aufkommen des kapitalistischen Unternehmertums. Die „Dekadenz“ der letzten Buddenbrooks, die Herausbildung künstlerischer Fähigkeiten stellt dagegen im kulturellen Sinn einen Fortschritt dar. Der Preis dafür ist die Lebensuntüchtigkeit. Dieser Konflikt zwischen Kunst und Leben nimmt in Thomas Manns Denken einen zentralen Platz ein.

Man merkt, dass man nicht gerecht werden kann gegenüber einem Buch, das einen solchen Reichtum an Motiven, solch eine Vielzahl von Aspekten birgt. […] es ist wohl schon so, dass man dieses welthaltige Erzählwerk als Leser nur annäherungweise ausmessen kann. (Siegfried Lenz)

Marcel Reich-Ranicki schrieb 1976:

Für ihn, Thomas Mann, war die Darstellung des Menschlichen stets ungleich wichtiger als die Teilnahme am Menschlichen. […] Um es überspitzt auszudrücken: Er hat fast nichts erlebt und fast alles beschrieben.

In die Geschichte der Buddenbrooks hat Thomas Manns offensichtlich Züge der eigenen Familiengeschichte eingearbeitet. Deshalb wurde das Buch zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch als Schlüsselroman aufgefasst, und Friedrich Mann, ein Onkel des Schriftstellers, distanzierte sich von dem „traurigen Vogel, der sein Nest beschmutzt“.

„Buddenbrooks“ wurde viermal verfilmt: 1923 von Gerhard Lamprecht, 1959 von Alfred Weidenmann („Buddenbrooks“), 1979 von Franz Peter Wirth, 2008 von Heinrich Breloer („Buddenbrooks“).

1929 erhielt Thomas Mann den Nobelpreis für Literatur.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002
Textauszüge: © S. Fischer Verlag

Alfred Weidenmann: Buddenbrooks
Heinrich Breloer: Buddenbrooks

Thomas Mann: Wälsungenblut
Thomas Mann: Der Tod in Venedig
Thomas Mann: Der Zauberberg
Thomas Mann: Mario und der Zauberer
Thomas Mann: Lotte in Weimar
Thomas Mann: Doktor Faustus

Heinrich Breloer: Die Manns. Ein Jahrhundertroman

Giulia Caminito - Das Wasser des Sees ist niemals süß
Zwischen der Ich-Erzählerin und der Autorin gibt es Parallelen, aber Giulia Caminito hat mit "Das Wasser des Sees ist niemals süß" keine Autobiografie geschrieben, sondern einen auf die Verhältnisse in Italien gemünzten gesellschaftskritischen Adoleszenz-Roman. Die Darstellung ist spröd, dafür aber auch realitätsnah, fernab von Klischees, Kitsch und Romantik.
Das Wasser des Sees ist niemals süß

 

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.