Stieg Larsson : Verdammnis
Inhaltsangabe
Kritik
Was bisher geschah: Verblendung
Lisbeth Salander ärgert sich darüber, dass sie sich in Carl Mikael Blomkvist verliebte und durch ihre Gefühle verletzlich wurde. Die Fünfundzwanzigjährige will den achtzehn Jahre älteren Journalisten nie wieder sehen und verlässt Schweden Anfang 2004.
In der Nähe von Genua lässt sie sich von der Schönheitschirurgin Alessandra Perrini Brüste machen, denn seit sie sich im November 2003 für ihre finanziellen Transaktionen in Zürich verkleidete und ihr Spiegelbild mit den künstlichen Rundungen sah, möchte sie nicht mehr flach wie ein Brett sein. Die Kosten spielen ohnehin keine Rolle, denn durch den Coup in der Schweiz brachte sie sich in den Besitz von 260 Millionen Dollar, die der kriminelle Investor Hans-Erik Wennerström bei der Bank of Kronenfeld auf den Cayman Islands versteckt hatte.
Von Italien reist Lisbeth nach Israel und Thailand. Dann sonnt sie sich monatelang auf wechselnden Karibik-Inseln, zuletzt auf Grenada. Im Keys Hotel am Grand Anse Beach südlich der Hauptstadt Saint George’s beschäftigt sie sich mit sphärischer Astronomie und denkt über den Großen Fermat’schen Satz nach, eine mathematische Gesetzmäßigkeit, die Pierre de Fermat im 17. Jahrhundert bewiesen haben wollte.
Als in der Nacht vom 16./17. Dezember 2004 ein tropischer Wirbelsturm auf Grenada zu toben beginnt und die Hotelgäste in den Keller gebeten werden, rennt Lisbeth los, um ihren Liebhaber, den sechzehnjährigen Schüler George Bland, aus seiner Hütte zu holen und mit in den Schutzraum zu nehmen. Als die beiden das sichere Gebäude fast erreicht haben, sehen sie zwei Hotelgäste aus Austin, Texas, am Strand: Dr. Richard Forbes und seine Ehefrau Geraldine. Lisbeth hörte die beiden häufig streiten und fand heraus, dass Geraldine Forbes vor zwei Jahren 40 Millionen Dollar von ihrem Vater geerbt hatte. Offenbar will Richard Forbes seine Frau während des Sturms umbringen, um das Vermögen an sich zu bringen, denn er prügelt mit einem Eisenrohr auf sie ein. Dabei entgeht es ihm, dass Lisbeth angerannt kommt. Sie schlägt ihm ein abgebrochenes Stuhlbein auf den Hinterkopf. Während Lisbeth und George die ohnmächtige Amerikanerin zum Hotel schleppen, wird Richard Forbes von einer Welle ins Meer gespült. Bei der polizeilichen Vernehmung gibt Lisbeth nach Absprache mit George nur an, dass die Verletzte am Strand gelegen habe. Den beobachteten Mordversuch verschweigt sie, denn aufgrund schlechter Erfahrungen arbeitet sie grundsätzlich nicht mit Behörden zusammen.
Mitte Januar 2005 kehrt Lisbeth Salander nach Stockholm zurück, aber nicht in ihr altes Apartment, sondern in eine 350 Quadratmeter große, 25 Millionen Kronen teure Wohnung im Stadtteil Mosebacke, die sie von Jeremy MacMillan, ihrem Rechtsanwalt in Gibraltar, für das von ihr gegründete Unternehmen „Wasp Enterprises“ kaufen ließ. Drei der sechzehn Zimmer richtet sie mit Ikea-Möbeln notdürftig ein, den Rest lässt sie leer stehen, denn es geht ihr nicht um Luxus, sondern darum, nicht von Mikael Blomkvist gefunden zu werden. Offenbar kreisen ihre Gedanken weiter um ihn, denn aufs Türschild schreibt sie „V. Kulla“. Astrid Lindgrens Romanheldin Pippi Langstrumpf wohnte in der Villa Villekulla, und Lisbeth nannte Mikael spaßeshalber „Kalle Blomkvist“, nach dem Detektiv in drei Kinderbüchern der schwedischen Schriftstellerin.
Dass sie sich von ihrer vier Jahre älteren Freundin Miriam („Mimmi“) Wu nicht verabschiedet hatte, bevor sie ein Jahr lang herumreiste, bedauert Lisbeth inzwischen. Miriams Mutter stammt aus Hongkong, der Vater aus Boden; sie leben in Paris. Miriam studiert Soziologie in Stockholm, ist Teilhaberin eines Sexladens und tritt nebenbei in erotischen Live-Performances auf. Anders als Miriam ist Lisbeth nicht dediziert lesbisch, aber sie erinnert sich gern an ihre sexuellen Erlebnisse mit ihr. Um die Beziehung wieder aufleben zu lassen, setzt Lisbeth sich mit Miriam in Verbindung, und als sie nach einer Weile merkt, dass Miriam ihr nichts nachträgt, kommt sie auf eine Idee: Sie bietet ihr die nicht mehr benutzte Wohnung an, die um einiges komfortabler als Miriams derzeitige Behausung ist. Begeistert geht die Studentin darauf ein, wird für den symbolischen Preis von einer Krone zur Miteigentümerin und übernimmt die Aufgabe, Post für Lisbeth aufzuheben. Ihre neue Adresse gibt Lisbeth allerdings nicht preis.
Etwa zur gleichen Zeit bietet der freie Journalist Dag Svensson der Zeitschrift „Millennium“ und dem erst 2003 gegründeten gleichnamigen Verlag eine Enthüllungsgeschichte und ein Buch über Zwangsprostitution an. Seit vier Jahren recherchiert er dafür, und das Buch ist fast fertig. Seine Freundin Mia Bergman, eine Kriminologin, promoviert über das gleiche Thema. Während Mia betroffene Prostituierte befragte, beschaffte Dag Informationen über siebenunddreißig Freier, Zuhälter und Mädchenhändler. Unter den Freiern sind Richter, leitende Polizeibeamte und hochrangige Regierungsvertreter. Die Chefredakteurin Erika Berger und Mikael Blomkvist, der verantwortliche Herausgeber der Zeitschrift „Millennium“, legen besonderen Wert darauf, dass alle Angaben belegt werden können. Mikael verbüßte nämlich von März bis Mai 2003 eine Haftstrafe, weil er Anschuldigungen gegen den Investor Hans-Erik Wennerström nicht beweisen konnte. Dags Artikel soll im nächsten Heft erscheinen und das Buch wenige Tage später.
Erika Berger und Mikael Blomkvist werden in diesem Jahr beide fünfundvierzig. Seit ihrer Studentenzeit schlafen sie in unregelmäßigen Abständen miteinander. Ihr Verhältnis war nur etwa ein Jahr lang unterbrochen, nachdem sie beide andere Partner geheiratet hatten. Mikaels Ehefrau Monica ließ sich 1991 – nicht zuletzt wegen Erika – scheiden. Erikas Ehemann, der Künstler Greger Beckman, möchte seine Ehe nicht aufs Spiel setzen und zieht deshalb eine ménage à trois vor.
Obwohl Mikael es zu verheimlichen versucht, bleibt es Erika nicht verborgen, dass er auch mit der Konzernchefin Harriet Vanger ins Bett geht, immer wenn sie als Vertreterin ihres Großonkels Henrik zu einer Besprechung der vier „Millennium“-Teilhaber nach Stockholm kommt. Erika weiß auch, dass Mikael mit Lisbeth Salander eine Affäre hatte, während er 2003 mit ihr zusammenarbeitete. Eifersüchtig ist Erika allerdings nicht, denn sie beansprucht Mikael nicht für sich allein.
Im Februar besucht Lisbeth ihren früheren Arbeitgeber bei Milton Security, Dragan Armanskij. Von ihm erfährt sie zu ihrer Überraschung, dass Holger Palmgren noch lebt. Der Rechtsanwalt war ihr rechtlicher Betreuer, bis er im Dezember 2002 einen Schlaganfall erlitt. Sie fand ihn hilflos am Boden liegend vor, brachte ihn ins Krankenhaus und besuchte ihn jeden Tag, bis die Ärzte ihr erklärten, dass er voraussichtlich nicht mehr aus dem Koma erwachen werde. Nun fährt sie sofort zur Reha-Klinik Erstaviken in Älta, wo er seit vierzehn Monaten behandelt wird. Lisbeth besucht ihn täglich und spielt mit ihm Schach. Als sie von Dr. Anders Sivarnandan erfährt, dass eine persönliche Trainierin für Holger Palmgren wünschenswert wäre, aber von der Klinik nicht bezahlt werden kann, beauftragt sie ihren Anwalt Jeremy MacMillan, eine Stiftung einzurichten, damit der Arzt Johanna Karolina Oskarsson einstellen kann.
Holger Palmgren wurde nach seinem Schlaganfall von dem Anwalt Nils Erik Bjurman als Lisbeths Betreuer abgelöst. Während Palmgren sich für Lisbeth engagiert hatte, nutzte Bjurman das Abhängigkeitsverhältnis aus, um Lisbeth zu vergewaltigen. Statt ihn anzuzeigen, filmte Lisbeth eine weitere Vergewaltigung und erpresste ihn dann mit dem Film dazu, sie in Ruhe zu lassen und dennoch ordnungsgemäß Monatsberichte ans Sozialamt zu schicken. Außerdem tätowierte sie ihm „ICH BIN EIN SADISTISCHES SCHWEIN, EIN WIDERLING UND EIN VERGEWALTIGER“ über Brust und Bauch.
Zufällig entdeckt Lisbeth den fünfundfünfzigjährigen Rechtsanwalt im Café Hedon am Sveavägen. Er sitzt dort mit einem auffällig großen und athletisch gebauten Blonden zusammen. Weil Lisbeth das verdächtig findet, folgt sie dem Unbekannten, der mit der U-Bahn nach Skanstull fährt und sich dort in einem anderen Café mit einem Biker trifft, bevor er mit dem weißen Lieferwagen einer Mietauto-Firma wegfährt. Der Biker, auf dessen Lederjacke „Svavelsjö MC“ steht, setzt sich gleich darauf in einem Schnellrestaurant zu einem weiteren Unbekannten. Als Lisbeth das Schlagwort Svavelsjö in eine Suchmaschine eingibt, findet sie mit Hilfe von Fotos heraus, dass es sich bei dem Biker um Carl-Magnus („Magge“) Lundin handelt, den sechsunddreißigjährigen Präsidenten des Svavelsjö MC. Sonny Nieminen, der Mann, mit dem er sich im Schnellrestaurant traf, ist ein Jahr älter und gilt als Nummer 2 in der Hierarchie des Motorradklubs. Beide Männer wurden mehrmals wegen verschiedener Gesetzesverstöße verurteilt und saßen bis 1995 bzw. 1999 im Gefängnis. Wer der blonde Hüne ist, erfährt Lisbeth allerdings nicht. Immerhin merkt sie sich das Kfz-Kennzeichen und den Namen des Leihwagen-Unternehmens.
Was hat Bjurman vor? Um ihn zu überprüfen, dringt Lisbeth nachts, während er schläft, in seine Wohnung ein und durchsucht sein Arbeitszimmer. In einer Schublade seines Schreibtisches findet sie eine Pistole, die bei ihrem letzten heimlichen Besuch noch nicht da war. Ansonsten fällt ihr nichts Verdächtiges auf.
Bjurman, der weiß, dass Lisbeth Schlüssel zu seiner Wohnung besitzt, ist vorsichtig genug, Hinweise auf seine Pläne weder hier noch in der Kanzlei, sondern in seinem Sommerhaus bei Stallarholmen aufzubewahren. Seit Lisbeth ihn mit dem Video unter Druck setzt, arbeitet Bjurman kaum noch in der Kanzlei. Inzwischen zog er Erkundigungen über ihre Kindheit ein. Im Januar wandte er sich telefonisch an einen Mann, auf dessen Namen er dabei gestoßen war und bat ihn, Lisbeth gegen Bezahlung zu entführen. Der große Blonde, der Komplize des Gangsters, mit dem Bjurman gesprochen hatte, gab den Auftrag trotz seiner Bedenken an Carl-Magnus Lundin weiter, als er ihm wieder einmal eine größere Menge Methamphetamin verkaufte. Lundin soll Lisbeth in eine Lagerhalle südöstlich des Yngern-Sees bringen.
Ohne zu ahnen, dass Lundin auf sie angesetzt wurde, hackt Lisbeth sich wieder einmal in Mikaels Computer. So erfährt sie von dem geplanten Zeitschriften-Artikel sowie dem Buch und der Dissertation über Zwangsprostitution. In dem Computer der „Millennium“-Redaktion, der Dag Svensson für seine Arbeit zur Verfügung gestellt wurde, interessiert Lisbeth sich vor allem für einen Folder mit dem Namen „Zala“, aber er enthält nur wenige Dateien. Laut Svensson tauchte der Name bzw. Deckname erstmals 1996 im Zusammenhang mit einem Raubüberfall auf einen Geldtransport in Örkelljunga auf. Von den acht damals Festgenommenen redete einer bei den Vernehmungen: Der neunzehnjährige Birger Nordman sagte aus, die Bande habe die bei dem Überfall benutzten Waffen von Sonny Nieminen bekommen, dessen Lieferant ein gewisser Zala gewesen sei. (Zwei Jahre später wurde Nordmans Leiche in einer Sandgrube in Värmland gefunden. Man hatte ihn während eines Hafturlaubs ermordet.) Der Name Zala wird mit acht weiteren Kriminalfällen in Verbindung gebracht, bei denen es um Waffen, Prostitution und Rauschgift ging. Vermutlich ließ er auch die zweiundzwanzigjährige Zwangsprostituierte Irina P. aus St. Petersburg ermorden, die 1999 nach Schweden gekommen war. Ihre Leiche wurde im Södertälje-Kanal gefunden. Lisbeth fragt sich, was Dag vielleicht sonst noch über Zala herausgefunden haben könnte und nimmt sich vor, ihn zu fragen.
Mikael kann Lisbeth nicht vergessen und versteht nicht, warum sie sich Ende 2003 abrupt von ihm trennte. Immer wieder wählt er ihre Telefonnummer oder schaut bei ihrer Adresse vorbei. Doch erst im März 2005 sieht er sie wieder. Sie geht von dem Haus, in dem sich ihre Wohnung befindet, zu einem in der Straße geparkten Auto. Als ein Mann (es handelt sich um Carl-Magnus Lundin) sie zu packen versucht, benutzt sie ihren Schlüsselbund wie einen Schlagring, taucht blitzschnell ab, kommt auf der anderen Seite des Wagens wieder hoch und flüchtet. Mikael rennt ihr und ihrem Verfolger nach, bis er von dem ihm Unbekannten einen Faustschlag ins Gesicht bekommt. Lisbeth versteckt sich, und der Angreifer steigt zu einem Komplizen ins Auto. Mikael kehrt zu dem Fahrzeug zurück, das Lisbeth gerade aufschließen wollte und hebt sowohl ihren Schlüsselbund als auch ihre Handtasche auf. Seltsamerweise passt keiner der Schlüssel an der Haustüre. Weil Lisbeth verschwunden bleibt, nimmt Mikael ihre Sachen mit.
Am 23. März ist Mikael bei seiner Schwester Annika und ihrem italienischen Ehemann Enrico Giannini eingeladen. Annika feiert ihren 42. Geburtstag. Sie ist Rechtsanwältin und engagiert sich besonders für Frauen. Enrico leitet die schwedische Filiale eines internationalen Biotechnologie-Unternehmens. Die beiden haben zwei gemeinsame Töchter, die dreizehnjährige Monica und die drei Jahre jüngere Jeannie. Zur Familie gehört außerdem Enricos sechzehnjähriger Sohn Antonio aus seiner ersten Ehe. – Während der Geburtstagsfeier erhält Mikael einen Anruf von Dag Svensson, der Christer Malm, dem Chef der „Millennium“-Bildredaktion, versprochen hatte, am nächsten Tag – dem Gründonnerstag – Fotos für den Artikel über Zwangsprostitution zu bringen. Nun will Dag jedoch am nächsten Morgen mit Mia über Ostern zu ihren Eltern fahren und fragt deshalb Mikael, was er tun solle. Mikael bietet ihm an, das Bildmaterial nach der Geburtstagsparty bei ihm abzuholen. Dags Adresse liege in etwa auf dem Weg, erklärt er.
Annika fährt ihren Bruder. Im Stadtteil Enskede steigt Mikael aus, um rasch die Fotos zu holen. Er meint noch, er werde gleich wieder zurück sein. Vor Dags Wohnung stehen aufgeregte Nachbarn. Sie hörten gerade zwei Schüsse. Die Türe ist unverschlossen. Mikael geht hinein – und stößt auf die Leichen von Dag und Mia. Beide wurden mit Kopfschüssen getötet. Mikael alarmiert sofort die Polizei. Beim Hinuntergehen bemerkt er, dass auf der Kellertreppe eine Pistole liegt.
Die Waffe wird von Kommissar Oswald Mårtensson sichergestellt.
Staatsanwalt Richard Ekström übernimmt den Fall und beauftragt Kriminalinspektor Jan Bublanski mit der Leitung der Ermittlungen. Der zweiundfünfzigjährige jüdische Kriminalinspektor macht sich mit Sonja Modig, Hans Faste, Curt Svensson und Jerker Holmberg an die Arbeit.
Am nächsten Morgen setzt Mikael, der wegen der Vernehmung bei der Polizei nicht ins Bett kam, an Dag Svenssons Bürocomputer und sortiert alle Dateien aus, die Rückschlüsse auf Quellen zulassen, die er unbedingt schützen will, auch vor der Polizei, weil „Millennium“ auf das Vertrauen von Informanten angewiesen ist. In der Redaktion wird das weitere Vorgehen besprochen. Man will Dags Artikel und Buch zwar veröffentlichen, aber die Termine verschieben, damit Mikael sich noch besser in die Belege einarbeiten kann. Anstelle der im Buch noch fehlenden Kapitel will Mikael in einem Nachwort zusammenfassen, was Dag seines Wissens nach schreiben wollte.
Der Mörder scheint nur Dags Laptop mitgenommen zu haben. Bei der Untersuchung der auf der Kellertreppe gefundenen Pistole stellt sich heraus, dass es sich um die Tatwaffe handelt. Sie ist auf den Namen des dem Schützenverein der Polizei angehörenden Rechtsanwalts Nils Erik Bjurman eingetragen. Auf dem Metall werden Fingerabdrücke des Besitzers und von einer Frau gefunden, die 1995 nach einer Festnahme wegen Körperverletzung erkennungsdienstlich behandelt worden war: Lisbeth Salander. Erste Nachforschungen ergeben, dass die arbeitslose Frau, die am 30. April siebenundzwanzig Jahre alt wird, als Kind zwei Jahre lang in der geschlossenen Abteilung der psychiatrischen Klinik St. Stefans in Uppsala war, mit achtzehn von einem Gericht für geschäftsunfähig erklärt wurde, offenbar schwer verhaltensgestört ist und das Jahr 2004 im Ausland verbrachte. Auf ihrem Türschild steht „Salander – Wu“. Es ist niemand da.
In Bjurmans Kanzlei trifft die Polizei auch niemanden an, und das Telefon wird nicht abgenommen. Sonja Modig wundert sich, dass die Tür seiner Privatwohnung unverschlossen ist. Obwohl sie dazu nicht berechtigt ist, geht sie hinein. Der Anwalt kniet nackt vor dem Bett. Er ist tot. Jemand hat ihn in den Kopf geschossen, und zwar mit derselben Waffe, mit der auch Dag Svensson und Mia Bergman ermordet wurden. Als die Leiche abtransportiert wird, fällt die Tätowierung auf: „ICH BIN EIN SADISTISCHES SCHWEIN, EIN WIDERLING UND EIN VERGEWALTIGER“. Auf seinem Computer werden sadomasochistische Pornofotos gefunden.
Der Besitzer eines Tabakladens in der Nähe von Dag Svenssons Wohnung sagt aus, ungefähr zur Tatzeit habe eine Frau, die er anhand eines Fotos als Lisbeth Salander identifiziert, Zigaretten gekauft.
Jan Bublanski lässt sie offiziell zur Fahndung ausschreiben.
Hans Faste und Curt Svensson verschaffen sich Zutritt zu Lisbeths Wohnung. Bei der Durchsuchung finden sie Kleidungsstücke und Gegenstände, die den Verdacht nahelegen, dass es sich bei der Bewohnerin um eine Prostituierte handelt. Offenbar stammen sie jedoch nicht von der Gesuchten, sondern von der lesbischen Studentin Miriam Wu. Lisbeth Salander scheint nicht hier zu wohnen, hat sich jedoch auch nicht umgemeldet. Plante sie die drei Morde von längerer Hand und tauchte deshalb unter? Vielleicht arbeiten beide Frauen als Prostituierte. Immerhin ist aus den Akten bekannt, dass die Mordverdächtige mit siebzehn in den Verdacht geraten war, sich prostituiert zu haben. Kann es sein, dass sich Dag Svensson oder Mia Bergman bei ihren Recherchen über Zwangsprostitution auch an Lisbeth Salanders Betreuer Nils Bjurman wandten und die verhaltensgestörte Frau sich dadurch so provoziert fühlte, dass sie drei Morde verübte?
In den Reportagen über die Hetzjagd auf die Mordverdächtige stellen die Medien Lisbeth als gemeingefährliche Psychopathin dar.
Mikael erfährt erst bei einer weiteren Vernehmung durch Jan Bublanski, dass sie als Kind psychiatrisch behandelt wurde und unter rechtlicher Betreuung steht. Er kann sich das ebenso wenig vorstellen wie Dragan Armanskij, der Geschäftsführer von Milton Security. Beide versichern Bublanski, Lisbeth sei eine zwar extrem eigenwillige und reizbare, jedoch auch überaus intelligente und zielstrebige Mitarbeiterin gewesen.
Bevor Mikael Lisbeths Tasche der Polizei übergibt, nimmt er den Hammer und den Tränengasspray heraus. Er ist überzeugt, dass Lisbeth zu Unrecht verdächtigt wird, und weil er davon ausgeht, dass die Polizei voreingenommen ist, will er versuchen, die Morde aufzuklären und Lisbeths Unschuld zu beweisen. Er ahnt, dass die Hackerin hin und wieder die Dateien seines Computers überprüft und speichert deshalb auf seiner Festplatte eine Nachricht für sie.
Lisbeth antwortet mit einem einzigen Wort: „Zala“. Also nimmt Mikael sich noch einmal die Dateien vor, die Dag in dem entsprechenden Ordner abgespeichert hatte. Aber schlau wird er daraus nicht.
Gunnar Björck, einen der von Dag identifizierten Freier von Zwangsprostituierten, spürt Mikael in dessen Sommerhaus in Smådalarö auf. Er konfrontiert den stellvertretenden Leiter der Auslandsabteilung der schwedischen Sicherheitspolizei, der wegen eines Bandscheibenvorfalls krankgeschrieben ist, mit Fotos der sechzehnjährigen Lidia Komarova aus Minsk, der neunzehnjährigen Jelena Barasowa aus Tallinn und der fünfundzwanzigjährigen Thailänderin Myan So Chin alias Jo-Jo. Als Mikael nach Zala fragt, sieht Björck eine Chance, der Katastrophe einer öffentlichen Bloßstellung zu entgehen: Er bietet dem Journalisten Informationen über Zala an und verlangt im Gegenzug, dass dieser das Material über ihn geheim hält. Sie verabreden ein zweites Treffen.
Als Miriam Wu nach einer Woche von einem Besuch ihrer Eltern aus Paris zurückkehrt, wird sie sofort von der Polizei zur Vernehmung mitgenommen. Weil Hans Faste sich offenbar von ihrer lesbischen Aufmachung provoziert fühlt, kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen ihm und seiner Kollegin Sonja Modig, die ihn schließlich ohrfeigt. Miriam weiß nicht, wo Lisbeth wohnt.
Der Journalist Tony Scala bekommt aus dem Kreis der Ermittler einen Tip und klingelt mit einem Pressefotografen bei Miriam. Als sie vom Blitzlicht geblendet wird, wirft sie die Türe sofort wieder zu, kann aber einen groß aufgemachten Sensationsartikel nicht verhindern. Sie wird als freizügige Lesbe verunglimpft, und die Zeitung druckt dazu ein Foto, auf dem sie „oben ohne“ auf einer Bühne zu sehen ist. Weil nach der Veröffentlichung auch andere Reporter ihre Wohnung stürmen, flüchtet Miriam zu ihrer Freundin Viktoria Viktorsson.
Lisbeth verfolgt in ihrem Versteck, was die Medien über sie und Miriam berichten. Eine ihrer ehemaligen Lehrerinnen, die von Reportern befragt wird, beschreibt sie als extrem aggressiv, und frühere Mitschüler bestätigen dies, darunter auch David Gustavsson. Lisbeth erinnert sich an ihn. Er mobbte sie fortwährend. Als er sie tätlich angriff, prügelte sie sich mit ihm, obwohl sie keine Chance gegen ihn hatte, weil er sehr viel kräftiger war. Er schlug sie so oft nieder, dass es den anderen Schülern langweilig wurde, dabei zuzusehen. Zwei Tage später versetzte Lisbeth ihm mit einem Baseballschläger einen Schlag. Daraufhin wurde sie zum Rektor gebracht.
Der Hacker Plague verschafft Lisbeth Zugang zum Privatcomputer des Staatanwalts Richard Ekström. Wie erwartet, findet sie dort Dateien aus dem Polizeicomputer, die er überspielte, um zu Hause weiterarbeiten zu können. Sie verschafft sich einen Überblick über den Stand der Ermittlungen gegen sie und wundert sich, dass die Polizei zwar ihren Werdegang seit dem Aufenthalt in St. Stefans in Uppsala rekonstruierte, nicht jedoch, warum sie mit zwölf Jahren in die psychiatrische Klinik gebracht worden war. Offenbar ist der Polizei nichts darüber bekannt. Hatte Bjurman keine Unterlagen darüber?
Lisbeth geht zu seiner Wohnung, durchtrennt das Polizeisiegel und sperrt auf. Statt einer entsprechenden Akte findet sie Versicherungspapiere für ein Sommerhaus bei Stallarholmen. Hat er die Dokumente dort vor ihr versteckt?
Bevor sie im Ferienhaus nachschaut, lauert sie erst noch in Solna dem Journalisten Per-Åke Sandström auf, den Dag Svensson als einen der Freier minderjähriger Zwangsprostituierter identifiziert hatte. Sobald er das Treppenhaus betritt, setzt sie den Siebenundvierzigjährigen mit einer Elektroschockpistole außer Gefecht. In seiner Wohnung kommt er gefesselt und mit zugeklebtem Mund wieder zu sich. Um seinen Hals spürt er die Schlinge eines Seils, das zu dem Haken hinaufreicht, an dem bisher die Deckenleuchte hing. Lisbeth zwingt ihn aufzustehen und strafft das Seil. Dann erklärt sie Sandström, sie werde ihm nun einige Fragen stellen. Sollte er sie nicht zu ihrer Zufriedenheit beantworten, werde sie ihm noch einen elektrischen Schlag versetzen und dann einfach fortgehen. Der Journalist, der die Frau von den Medienberichten her kennt, weiß, dass er sich nach einem weiteren Elektroschock nicht auf den Beinen halten könnte und erdrosseln würde. Deshalb bemüht er sich, Lisbeth Salander nicht zu reizen.
Sie fragt ihn nach Zala. Er gesteht, eine Minute lang mit ihm telefoniert zu haben. Sandström erledigte Aufträge für die aus Finnland stammenden Brüder Harry und Atho Ranta und ließ sich dafür mit Sex und Drogen bezahlen. Nachdem er bei der Rückreise von einer Reportage in Estland anabole Steroide für den Drogenhändler Harry Ranta eingeschmuggelt hatte, bot ihm dessen jüngerer Bruder Atho, der sein Geld vorwiegend durch Prostituierte verdient, im Januar 2003 das damals sechzehnjährige Mädchen Ines Hammujärvi an. Atho Ranta fesselte die Betrunkene mit gespreizten Beinen aufs Bett und forderte Per-Åke Sandström dann zu einem Wettficken heraus. Einige Zeit später wurden dem Journalisten die kriminellen Machenschaften zu viel, und als er Amphetamine von Tallinn nach Schweden schmuggeln sollte, weigerte er sich. Da fuhren ihn die Brüder Ranta mit einer Tüte über dem Kopf zu einer Lagerhalle. Dort lag ein offenbar gefolterter Mann. Dem zerquetschte ein blonder Hüne mit bloßen Händen vor Sandströms Augen das Genick, und ein Mann namens Magge Lundin zerstückelte den Toten mit einer Kettensäge. Dann wählte Atho Ranta eine Nummer und gab ihm das Handy. Am anderen Ende der Verbindung war Zala. Sandström versprach ihm, auch weiterhin Kurierdienste zu erledigen. Auch Dag Svensson habe ihn nach Zala gefragt, sagt er.
Als Lisbeth merkt, dass Sandström nicht mehr über Zala weiß, lockert sie das Seil und legt ein Küchenmesser in seine Reichweite, damit er sich befreien kann. Dann verlässt sie die Wohnung.
Sobald Sandström dazu in der Lage ist, ruft er abwechselnd Harry und Atho Ranta an, bis er von Athos Freundin Silvia erfährt, dass sich die beiden bereits nach Estland abgesetzt haben.
Ungefähr zur gleichen Zeit kommt der Boxer Paolo Roberto von einem einmonatigen Aufenthalt in New York nach Stockholm zurück. Als er die Schlagzeilen über die mutmaßliche Dreifach-Mörderin liest, ist er entsetzt. Vor knapp zwanzig Jahren hatte er als Sondertrainer für Junioren gearbeitet und damals auch Lisbeth Salander trainiert. Paolo erinnert sich, dass sie ungewöhnlich flink war, aber aufgrund ihrer Schmächtigkeit keine wirklich kräftigen Schläge austeilen konnte. Er kann sich nicht vorstellen, dass Lisbeth eine Mörderin ist und spricht darüber Anfang April mit Erika Berger, die er ebenfalls kennt. Die „Millennium“-Chefredakteurin verweist ihn an Mikael Blomkvist. Der versucht schon seit einiger Zeit, mit Miriam Wu in Kontakt zu kommen, und weil er weiß, dass sie aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen mit Reportern vor einem Journalisten wie ihm davonlaufen würde, bittet er den bekannten Boxer, sich bei ihrer Wohnung auf die Lauer zu legen.
Es dauert einige Zeit, bis Paolo die Gesuchte im Rückspiegel seines vor dem Haus geparkten Wagens entdeckt. Doch bevor er mit ihr reden kann, wird sie von einem blonden Hünen gepackt und in einen Lieferwagen geschleudert. Paolo folgt dem Fahrzeug. Es geht Richtung Södertälje und Strängnäs. Hinter Nykvarn biegt der Lieferwagen ab, und Paolo, der Abstand hielt, um nicht aufzufallen, verliert ihn aus den Augen. Spätestens jetzt sollte er die Polizei alarmieren, aber der Akku seines Handys ist leer. Also sieht er sich um, entdeckt den Entführer mit Miriam in einer Lagerhalle und hört, wie dieser sie fragt, wo Lisbeth zu finden sei. Als sie beteuert, es nicht zu wissen, bückt sich der Blonde, um eine Kettensäge einzuschalten. In diesem Augenblick greift der erfolgreiche Boxer ihn an. Zu Paolos Verblüffung zeigt der Gegner trotz einiger Treffer keine Wirkung. Es kommt zu einem Kampf auf Leben und Tod. Erst als Paolo den Riesen mit einem Holzbalken am Kopf trifft, taumelt dieser ein paar Sekunden lang. Die Gelegenheit nutzt Paolo, um mit Miriam zu fliehen. Er bringt sie ins Söder-Krankenhaus. Sie hat eine Gehirnerschütterung und gebrochene Rippen.
Als Inspektor Bublanski erfährt, was geschehen ist, beginnt er daran zu zweifeln, dass Lisbeth die gesuchte Dreifach-Mörderin ist. Sofort schickt er Jerker Holmberg zu der von Paolo Roberto beschriebenen Lagerhalle bei Nykvarn und bittet Kollegen aus Södertälje, sich dort umzusehen. Als sie hinkommen, steht das Gebäude in Flammen. Es brennt bis auf die Grundmauern nieder. Zwei geleerte Benzinkanister deuten auf Brandstiftung hin. Sobald die Feuerwehr ihre Arbeit getan hat, durchsucht die Polizei die Trümmer mit einem Leichenspürhund. Der schlägt erst an, als der Hundeführer in einer Pause mit ihm in der Nähe herumläuft. An den verbellten Stellen werden zwei Leichen ausgegraben. Eine Frau, die erst noch identifiziert werden muss, und der Kleinganove Kenneth Gustafsson.
Währenddessen fährt Lisbeth mit der Bahn nach Stallarholmen und durchsucht Bjurmans Ferienhaus. Auf dem Dachboden findet sie fünf Ordner, die der Rechtsanwalt über sie anlegte. Dabei ist auch ein Ermittlungsbericht vom 12. März 1991, den kein gewöhnlicher Polizist verfasste, sondern Gunnar Björck von der schwedischen Sicherheitspolizei. Die Akte trägt den Stempel „Geheim“. Kopien der Korrespondenz zwischen Björck und Dr. Peter Teleborian, dem Chefarzt der psychiatrischen Kinderklinik St. Stefans in Uppsala, legen den Schluss nahe, dass die Sicherheitspolizei einen Weg suchte, die damals Zwölfjährige wegzusperren und in dem Psychiater einen willigen Helfer fand.
Gerade als Lisbeth aus der Türe des Sommerhauses tritt, nähern sich zwei Biker: Carl-Magnus Lundin und Sonny Nieminen. Nachdem der blonde Hüne die Lagerhalle bei Nykvarn angezündet hatte, um Spuren zu beseitigen, fiel ihm ein, dass Unterlagen in Bjurmans Sommerhaus Hinweise auf seinen Komplizen Zala enthalten könnten, und er beauftragte deshalb Lundin, das Gebäude in Brand zu stecken. – Der Drogendealer erkennt Lisbeth sofort und meint:
„Ich glaub, die Lesbe muss mal richtig durchgefickt werden.“ (Seite 609)
Als er sie angreift, sprüht sie ihm Tränengas in die Augen, dann tritt sie ihm in die Hoden, und als er stöhnend auf die Knie fällt, ins Gesicht. Bevor Nieminen seine Pistole aus der Lederjacke ziehen kann, springt sie ihm in die Hüfte. Er kippt samt seiner Harley Davidson um. Lisbeth drückt ihm eine Elektroschockpistole in den Schritt und setzt ihn außer Gefecht. Mit seiner Waffe rächt sich für den Machospruch, indem sie Lundin in den Fuß schießt.
Der Einsatzbus aus Strängnäs erreichte Bjurmans Ferienhäuschen um 15 Uhr 44. In der Auffahrt stieß er buchstäblich mit einem Mann zusammen, der in Schlangenlinien versuchte, sich mit einer Harley Davidson zu entfernen. Leider steuerte er sie mit lautem Krachen frontal gegen den Polizeibus. Die Polizisten stiegen aus dem Bus und identifizierten Sonny Nieminen, 37 Jahre alt, schon Mitte der 90er ein bekannter Totschläger. Nieminen schien in äußerst schlechter Verfassung zu sein und bekam erst einmal Handschellen verpasst […]
Dann setzten sie ihre Fahrt fort und erreichten ungefähr zweihundert Meter weiter das Ferienhäuschen. Dort stießen sie auf einen pensionierten Hafenarbeiter namens Öberg, der gerade einen Stützverband am Fuß von Carl-Magnus Lundin, 36 Jahre alt und Präsident des berüchtigen Svavelsjö MC, anlegte.
Der Leiter der Einsatztruppe war Polizeiinspektor Nils-Henrik Johansson […] Er begann mit dem klassischen Polizeispruch:
„Was ist denn hier los?“ (Seite 617f)
Fazit: Zwei Biker, aber nur ein Motorrad, eine Schussverletzung, aber keine Waffe.
Die zweiundsiebzigjährige Anna Viktoria Hansson, die in der Nähe wohnt, sagt aus, sie habe eine junge Frau zu Fuß kommen und mit einer Harley Davidson wegfahren sehen. Lisbeth Salander! Versteckte sie sich die ganze Zeit über in Bjurmans Sommerhaus?
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.
Am 6. April trifft Mikael sich ein weiteres Mal mit Gunnar Björck. Der jetzt Zweiundsechzigjährige fing mit einundzwanzig als Streifenpolizist an, studierte dann Jura und kam zur Geheimpolizei. Von 1985 bis 1988 war er bei der schwedischen Botschaft in Washington, und seit 1996 ist er stellvertretender Leiter der Auslandsabteilung der schwedischen Sicherheitspolizei. Zala begegnete er 1976 zum ersten Mal.
Alexander Zalatschenko – so der volle Name – wurde 1940 in der Ukraine geboren. Seine Eltern starben im Krieg, und er wuchs in einem von der Roten Armee finanzierten Kinderheim im Ural auf. Mit fünfzehn kam er in eine Militärschule in Nowosibirsk. 1958 begann er in Minsk eine Spezialausbildung bei der GRU (Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije), dem militärischen Nachrichtendienst der UdSSR. Nach zwei Jahren auf Kuba wurde Zalatschenko zunächst in osteuropäischen Staaten eingesetzt und 1965 zum Leutnant befördert. 1966 schickte man den Geheimagenten nach Rom, im Jahr darauf nach London. Bis 1975 stieg er zum Oberstleutnant auf, obwohl die Vorgesetzten wussten, dass der korrupt war, leichtsinnige Affären mit Frauen hatte und zu viel trank [Alkoholkrankheit]. Nachdem Zalatschenko 1976 einen Auftrag in Spanien verpatzt hatte, rief die GRU ihn nach Russland zurück. Er ignorierte den Befehl jedoch, und den Mitarbeiter der sowjetischen Botschaft in Madrid, der ihn zur Rede stellte, tötete er im Streit. Danach tauchte er unter. Am 19. September 1976 meldete er sich bei der Polizeiwache in Stockholm-Norrmalm. Weil wegen der Wahlen zum schwedischen Reichstag niemand sonst da war, fuhr Gunnar Björck hin und nahm seinen sieben Jahre jüngeren Kollegen Nils Erik Bjurman mit, der damals als juristischer Sachbearbeiter bei der Sicherheitspolizei tätig war. Erst während des Gesprächs mit Alexander Zalatschenko begriff Björck, dass ein sowjetischer Topagent als Überläufer vor ihm saß.
Zalatschenko beantragte politisches Asyl. Nach und nach trug er dazu bei, GRU-Agenten in Brüssel, Rom und Berlin zu entlarven. Er erhielt eine neue Identität. Bis 1985 kümmerte sich Björck um den Überläufer, der immer wieder Probleme machte, weil er sich betrank und prügelte. Als der Ostblock zusammenbrach, wurde Zalatschenko für die schwedische Sicherheitspolizei uninteressant, und er setzte sich ins Ausland ab. Offenbar kam er unlängst wieder zurück und betätigt sich jetzt im Handel mit Drogen, Waffen und jungen Osteuropäerinnen, die mit Versprechungen nach Schweden gelockt und hier zur Prostitution gezwungen werden.
Es sei ein Fehler gewesen, Bjurman mit zur Polizeiwache in Stockholm-Norrmalm zu nehmen, meint Björck, aber er habe ja nicht ahnen können, wer dort auf sie wartete. Nils Erik Bjurman hatte von 1970 bis 1976 Jura studiert und dann bei der Sicherheitspolizei angefangen. Um ihn wieder loszuwerden, verschaffte man ihm 1978 einen Job in der Anwaltskanzlei Klang & Reine. 1989 eröffnete Bjurman eine eigene Kanzlei.
Was Björck nicht erzählt: Es war kein Zufall, dass Bjurman als Nachfolger von Holger Palmgren die rechtliche Vertretung Lisbeths übernahm. Und als der Rechtsanwalt Material über Lisbeth Salander sammelte, verschaffte ihm der stellvertretende Leiter der Auslandsabteilung der schwedischen Sicherheitspolizei im Herbst 2004 eine Kopie seines Ermittlungsberichtes vom 12. März 1991, obwohl das Papier noch immer als geheim eingestuft ist.
Aufgrund der Ausführungen nimmt Mikael an, dass Alexander Zalatschenko Dag Svensson, Mia Bergman und Nils Erik Bjurman ermordete. Aber da lacht Björck und klärt ihn darüber auf, dass Zala inzwischen nicht nur fünfundsechzig Jahre alt sei, sondern auch wegen eines amputierten Fußes kaum gehen könne.
Nach der Unterredung mit Björck schaut Mikael bei Holger Palmgren in der Reha-Klinik Erstaviken in Älta vorbei – und erfährt, dass es sich bei Alexander Zalatschenko um Lisbeths Vater handelt.
1977 lernte Alexander Zalatschenko die damals siebzehnjährige Agneta Sofia Sjölander kennen und zeugte mit ihr die Zwillinge Lisbeth und Camilla, die am 30. April 1978 geboren wurden. Die naive junge Frau änderte ihren Namen in den ihrer Mutter, weil Salander phonetisch ähnlich wie Zalatschenko anfängt. Eine Heirat kam für den Vater der Zwillinge nicht in Frage. Er kam und ging, wie er wollte. Wenn er auftauchte, durften Lisbeth und Camilla ihr Zimmer nicht verlassen. Zalatschenko ging mit Agneta ins Bett und verprügelte sie danach. Das war sowohl Sadismus als auch Psychoterror. Wegen der Verletzungen musste Agneta mehrmals ärztlich behandelt werden. Während ihrer Krankenhausaufenthalte wurden die Kinder vom Sozialamt betreut, aber sobald Agneta wieder genesen war, begann alles von vorne. Offenbar wurden die Vorfälle auf Druck von oben vertuscht.
Lisbeth war zwölf, als Zalatschenko ihre Mutter wieder einmal zusammenschlug und sie daraufhin fünfmal mit einem Küchenmesser auf ihren Vater einstach. Er musste ins Krankenhaus, aber auch in diesem Fall gab es keine polizeilichen Ermittlungen.
Im März 1991 kam Lisbeth von der Schule nach Hause und fand ihre Mutter bewusstlos auf dem Fußboden liegend vor. Ihr Vater stieg ins Auto und wollte wegfahren. Die Zwölfjährige schleuderte eine mit Benzin gefüllte Milchtüte durchs Seitenfenster, und als diese im Wageninneren zerplatzte, warf Lisbeth ein brennendes Streichholz hinterher. Lisbeth schrie um Hilfe für ihre Mutter, aber erst einmal kümmerten sich alle um Zalatschenko, der wie eine Fackel brennend aus dem Fahrzeug gesprungen war. Mit schweren Brandwunden wurde er ins Krankenhaus gebracht. Die Ärzte mussten ihm einen Fuß abnehmen. Agneta Sofia Salander hatte eine Gehirnblutung erlitten und wurde nie mehr gesund. Sie starb 2003 im Alter von dreiundvierzig Jahren im Krankenhaus von Äppelvik in Upplands-Väsby.
Camilla Salander kam im März 1991 zu einer Pflegefamilie; ihre Zwillingsschwester wurde in die geschlossene Abteilung der psychiatrischen Klinik St. Stefans in Uppsala gebracht. Der Chefarzt Dr. Peter Teleborian, der dort für Lisbeth zuständig war, verordnete ihr Psychopharmaka. Sie weigerte sich, sie zu nehmen, weil sie ihr das Denken erschwerten, aber sie wurden ihr mit Gewalt verabreicht. Daraufhin steckte sich Lisbeth einen Finger in den Hals und erbrach sich, und als man ihr die Arme festband, lernte sie, sich auch ohne Hilfsmittel zu übergeben. Die Hälfte der Zeit ließ Dr. Teleborian sie gefesselt in einem „stimulationsfreien“ Raum liegen.
Er hatte sie mit Lederriemen auf einer schmalen, stählernen Pritsche gefesselt. Ein straff gespannter Riemen verlief über ihren Brustkorb. Sie lag auf dem Rücken. Die Hände hatte er zu beiden Seiten auf Hüfthöhe an das Stahlgestell gebunden.
Den Versuch, sich loszumachen, hatte sie schon lange aufgegeben. obwohl sie wach war, hielt sie die Augen geschlossen, denn um sie herum war es dunkel […]
Heute war der dreiundvierzigste Tag ihrer Gefangenschaft.
[…] Durch die völlige Isolation steigerte sich jeder geringfügige Reiz, den sie sonst kaum wahrgenommen hätte, um ein Vielfaches […]
In dieser Nacht wurde sie 13 Jahre alt. (Seite 5ff)
Mit fünfzehn kam Lisbeth zu einer Pflegefamilie in Stockholm. Holger Palmgren wurde ihr rechtlicher Betreuer. Zunächst hielt es keine der Pflegefamilien mit Lisbeth aus; erst als Palmgren ihr vor Augen führte, dass sie riskiere, von einem Gericht in ein Heim gesperrt zu werden, blieb sie längere Zeit bei den vierten Pflegeeltern, einem älteren Paar: Fredrik und Monika Gullberg. Mit siebzehn wurde sie 1995 viermal von der Polizei aufgegriffen, betrunken, unter Drogen, wegen des Verdachts auf Prostitution und schließlich wegen Körperverletzung. Die vierte Festnahme erfolgte, nachdem Lisbeth in der U-Bahn Karl Evert Blomgren, einen arbeitslosen zweiundfünfzig Jahre alten ehemaligen Eishockey-Spieler aus Gävle, ins Gesicht getreten hatte. Nach ihrer Verhaftung schwieg sie, aber eine Zeugin sagte aus, der Verletzte habe die Jugendliche zuvor begrapscht. Aufgrund eines rechtsmedizinischen Gutachtens von Dr. Jesper H. Löderman, der sich vor allem auf Dr. Peter Teleborian berief, weil Lisbeth sich jeder psychiatrischen Untersuchung widersetzte, sollte sie erneut in eine geschlossene psychiatrische Anstalt eingewiesen werden. Palmgren bewahrte sie davor.
Lisbeth macht sich Vorwürfe, weil sie Miriam Wu in die Sache mit hineingezogen hat, und sie kocht vor Wut bei dem Gedanken, wie ihre Freundin zugerichtet wurde. Am 7. April stiehlt Lisbeth eines der Autos vom Milton-Security-Fuhrpark. Damit fährt sie zu der Leihwagenfirma, deren Namen sie auf dem weißen Lieferwagen des blonden Hünen gelesen hatte und zwingt den Angestellten Refik Alba, ihr die Kundendatei auf dem Computer zu öffnen. Als Mieter des Lieferwagens ist Ronald Niedermann eingetragen. Der Kopie des Ausweises zufolge handelt es sich um einen fünfunddreißigjährigen Deutschen mit einer Postfachadresse in Göteborg. Das Fach befindet sich in einem Einkaufszentrum. Lisbeth setzt sich mit einem dicken Buch in die Nähe und wartet, bis jemand Briefe herausnimmt. Sie folgt ihm. Der Unbekannte bringt die Post nach Gosseberga beim Anten-See. „K. A. Bodin“ steht am Briefkasten des Bauernhofs.
Zur gleichen Zeit stößt Mikael durch Zufall noch einmal auf den Schlüsselbund, mit dem Lisbeth sich gegen Carl-Magnus Lundin gewehrt hatte. Er vergaß, ihn mit der Handtasche abzugeben und dachte inzwischen gar nicht mehr daran. Nun fällt ihm auf, dass einer der Schlüssel für ein Postfach ist. Er probiert ihn bei mehreren Postämtern aus, bis er das Fach findet. Unter den zweiundzwanzig Briefen ist auch ein Kaufvertrag für eine Luxuswohnung in Mosebacke. Bei der Türe mit dem Schild „V. Kulla“ passt einer der Schlüssel. Lisbeth hat ihr Versteck jedoch bereits verlassen und offenbar auch nicht vor, zurückzukommen, denn die Festplatte ihres Laptops wurde professionell gelöscht. Als Mikael eine CD mit der Aufschrift „Bjurman“ in den Recorder schiebt, sieht er entsetzt, wie Lisbeth von dem Anwalt vergewaltigt wurde. Auf dem Tisch liegen Kopien eines geheimen Ermittlungsberichts vom 12. März 1991 und des Schriftwechsels von Gunnar Björck und Peter Teleborian. Mikael nimmt die CD und die Unterlagen mit.
Paolo Roberto schickte eine Beschreibung seines außergewöhnlichen Gegners in der Lagerhalle bei Nykvarn per E-Mail an eine Reihe von Boxvereinen. Aus Hamburg erhält er die Nachricht, bei dem blonden Hünen handele es sich vermutlich um Ronald Niedermann, der dort vor einiger Zeit trainierte. Er leidet an einer Analgesie. Dass er keine Schmerzen verspürt, erklärt, warum er bei Paolos Schlägen so wenig Wirkung zeigte.
Aufgrund von Paolos Hinweis sucht Mikael nach Ronald Niedermann. Ein R. Niedermann sitzt im Aufsichtsrat der KAB Import AG in Göteborg. Von dem Unternehmen gibt es nur eine Postfachadresse, aber der Aufsichtsratsvorsitzende Karl Axel Bodin ist in Gosseberga bei Nossebro nordöstlich von Göteborg gemeldet.
Mikael, der befürchtet, dass Lisbeth bereits unterwegs ist, um ihre Angelegenheiten allein zu regeln, versteckt die CD, denn es soll Lisbeth selbst überlassen bleiben, ob sie der Polizei diesen Teil der Geschichte aufdeckt oder nicht. Die schriftlichen Unterlagen, die er in Lisbeths Wohnung fand, bringt er Erika und bittet sie, das Material unverzüglich Jan Bublanski zukommen zu lassen, damit der Ermittler begreift, dass Lisbeth keine Mörderin ist. Er selbst nimmt den nächsten Zug nach Göteborg. Das soll Bublanski erst einmal nicht erfahren, denn Mikael will vermeiden, dass der Kommissar eine Großfahndung auslöst, die Lisbeth in Gefahr bringen könnte.
Inzwischen observiert Lisbeth das Wohnhaus und den Stall. Sie sieht den blonden Riesen und ihren schwerbehinderten Vater. Nach Einbruch der Dunkelheit pirscht sie sich an. Dass die Haustüre unverschlossen ist, wundert sie. Aber es bleibt ihr keine Zeit, darüber nachzudenken, denn sie wird von Niedermann gepackt. Die beiden Männer beobachteten sie die ganze Zeit über auf dem Monitor einer Überwachungskamera mit Nachtsichtgerät.
Alexander Zalatschenko klärt seine Tochter darüber auf, dass Ronald Niedermann ihr Halbbruder ist. Er wurde am 18. Januar 1970 in Hamburg geboren. Lisbeth habe noch mindestens vier weitere Halbbrüder und drei Halbschwestern, prahlt Zalatschenko.
Aus ihrem eigenen Wissen und dem, was ihr Vater erzählt, während Niedermann draußen ein Loch gräbt, rekonstruiert Lisbeth, was am Mittwoch vor Ostern geschah. Nachdem sie auf Dag Svenssons Festplatte Dateien über Zala gefunden hatte, besuchte sie ihn an diesem Abend, aber ihre Hoffnung, er könne mehr über Zala wissen, als er elektronisch abgespeichert hatte, erfüllte sich nicht. Unvorsichtigerweise fragte sie Dag, ob er den Namen Bjurman schon einmal gehört habe. Offenbar witterte der Journalist einen Zusammenhang und rief den Anwalt sofort an, nachdem Lisbeth sich verabschiedet hatte. Zufällig war Niedermann zu diesem Zeitpunkt bei Bjurman in der Wohnung, um ihn nach der gescheiterten Entführung Lisbeths zu beruhigen. Dags Anruf versetzte den Anwalt, der herausgefunden hatte, dass es sich bei Alexander Zalatschenko um Lisbeths Vater handelt und deshalb mit ihm in Verbindung getreten war, in Panik. Er öffnete eine Schublade seines Schreibtisches und nahm eine Pistole heraus. Niedermann hielt es für das Beste, ihn an unüberlegten Schritten zu hindern. Um einen Sexualmord vorzutäuschen, brachte er ihn dazu, sich auszuziehen und ans Bett zu knien. Dann schoss er ihm mit seiner eigenen Waffe in den Kopf. Weil Niedermann Handschuhe trug, hinterließ er keine Fingerabdrücke. Sicherheitshalber fuhr er gleich noch nach Enskede, um Dag Svensson zum Schweigen zu bringen. Mit der Anwesenheit einer Frau rechnete er zwar nicht, aber er erschoss sie kurzerhand ebenfalls. Während er die Treppe hinunterlief, hielt er den Laptop des Ermordeten in einer Hand und versuchte mit der anderen die Autoschlüssel aus der Hosentasche zu nehmen. Dabei ließ er versehentlich die Pistole fallen. Wichtiger als die Waffe schien es ihm, zu verschwinden, bevor die ersten Nachbarn wegen der Schüsse aus ihren Wohnungen kamen. Dass die Polizei auf der Pistole Lisbeths Fingerabdrücke sicherstellen würde, konnte er da noch nicht ahnen.
Niedermann kommt zurück ins Haus. Zalatschenko lässt es sich trotz seiner schweren Gehbehinderung nicht nehmen, bei der Ermordung seiner verhassten Tochter dabei zu sein. Sie gehen zu dritt hinaus. Vor dem ausgehobenen Grab stößt Niedermann seine Halbschwester, aber sie stürzt nicht hinein, sondern fällt nur auf die Knie. Blitzschnell wirft sie ihm eine Handvoll Sand in die Augen und rennt los. Niedermann sieht nichts, aber Zalatschenko hat vorsichtshalber ebenfalls eine Pistole eingesteckt, wenn auch nur eine kleine. Er trifft seine Tochter in der Hüfte, in die linke Schulter und in den Kopf.
Niedermann, der sich inzwischen die Augen ausgerieben hat, schleift die Leblose zum Loch, wirft sie hinein und schaufelt zu.
Lisbeth ist jedoch nicht tot. Sie kommt wieder zu sich, kann allerdings zunächst nur die rechte Hand unter ihrem Gesicht ein klein wenig bewegen. Mühsam arbeitet sie sich aus dem Grab. Sie schleppt sich zum Stall und sucht nach Benzin, um das Wohnhaus anzuzünden. Als ihr Vater ein Geräusch hört und nachschaut, spaltet sie ihm mit einer Axt die rechte Seite seines Gesichts. Mit dem zweiten Schlag zielt sie auf die Stirn, aber ihre Kraft reicht nicht mehr, sie trifft ihn unterhalb des Knies. Niedermann, der kurze Zeit später in den Stall blickt, hält die blut- und erdverkrustete Totgeglaubte für ein Gespenst und rennt erschrocken auf die Straße.
Dort kommt ihm ein Auto entgegen.
Mikael erkennt den blonden Hünen im Scheinwerferlicht. Er hält an und zwingt Ronald Niedermann mit vorgehaltener Pistole, sich auf den Boden zu legen. Nachdem er ihm mit einem Hosengürtel die Arme gefesselt hat, fordert er ihn auf, zu einem nahen Verkehrsschild zu gehen, wo er ihn mit dem Abschleppseil festzurrt.
Im Stall stößt er auf einen Schwerverletzten, den er aufgrund einer Prothese als Alexander Zalatschenko identifiziert. Lisbeth findet er in der Küche.
Die Pistole in ihrer Hand hing schlaff herunter. Langsam ging er auf sie zu und kniete sich neben sie. Ihm fiel wieder ein, wie er Dag und Mia gefunden hatte, und eine Sekunde lang dachte er, dass auch sie tot war. Doch dann nahm er die leichte Bewegung ihres Brustkorbs wahr und hörte einen schwachen, rasselnden Atemzug.
Vorsichtig wollte er ihr die Waffe aus der Hand nehmen. Doch plötzlich umklammerte sie den Kolben, schlug die Augen zu zwei kleinen Schlitzen auf und starrte ihn lange an. Dann hörte er, wie sie ganz leise, sodass er die Worte kaum verstand, zu murmeln begann:
„Kalle Fucking Blomkvist …“
Sie schloss die Augen und ließ die Pistole los. Mikael legte die Waffe auf den Boden, zog sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer der Notrufzentrale. (Seite 750f)
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Fortsetzung: Vergebung
Bei dem Kriminalroman „Verdammnis“ handelt es sich um den zweiten Band der 2300 Seiten dicken „Millennium-Trilogie“ von Stieg Larsson. Die Titel der anderen beiden Bände lauten „Verblendung“ und „Vergebung“.
In „Verdammnis“ geht es vor allem um Lisbeth Salander, eine der beiden Hauptfiguren der Trilogie. Endlich erfahren wir, auf welches Kindheitstrauma ihre Verhaltensstörungen zurückzuführen sind. Stieg Larsson hat „Verdammnis“ und „Vergebung“ vermutlich nur wegen der Seitenzahl in zwei Bücher aufgeteilt, denn die Handlung des zweiten Bandes geht im dritten nahtlos weiter.
Wie in „Verblendung“ fordert Stieg Larsson den Leser in „Verdammnis“ mit einer komplexen Geschichte heraus. Ständig wechselt er zwischen den verschiedenen Handlungssträngen hin und her. Dabei spannt er den Leser immer wieder mit einem Cliffhanger auf die Folter und nutzt die Perspektivenwechsel dazu, einige Episoden aus verschiedenen Blickwinkeln darzustellen. Auch wenn Stieg Larsson auf einige Nebenhandlungen – wie etwa den vereitelten Mordversuch am Grand Anse Beach auf Grenada – verzichtet hätte, wäre noch eine Fülle von Ideen übriggeblieben. Die Handlung entwickelt sich zunächst zwar spannend, aber eher verhalten, bis auf Seite 258 zwei Mordopfer entdeckt werden. Bald darauf überschlagen sich die Ereignisse. Am Ende überzieht Stieg Larsson jedoch und stilisiert die Protagonistin zur Superheldin. Das ist nicht mehr glaubwürdig.
Insgesamt gefällt mir „Verdammnis“ noch besser als „Verblendung“.
Der Originaltitel „Flickan som lekte med elden“ bedeutet übrigens wörtlich übersetzt: Das Mädchen, das mit dem Feuer spielte.
Den Roman „Verdammnis“ von Stieg Larsson gibt es auch als Hörbuch, gelesen von Dietmar Bär (Lesefassung und Regie: Thomas Krüger, Bergisch Gladbach 2009, ISBN 978-3-8371-0041-9).
Daniel Alfredson verfilmte den Roman: „Stieg Larsson. Verdammnis“.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010
Textauszüge: © Heyne
Stieg Larsson (Kurzbiografie / Bibliografie)
Stieg Larsson: Verblendung
Stieg Larsson: Vergebung
Daniel Alfredson: Stieg Larsson. Verdammnis