Maarten 't Hart : Die schwarzen Vögel
Inhaltsangabe
Kritik
Der Pharmakologe Thomas Kuyper ist seit zwölf Jahren verheiratet. Seine Frau Leonie ist deprimiert, weil sie nicht Mutter geworden ist, und Thomas quält es, dass sie nicht mehr aus Leidenschaft mit ihm schläft, sondern nur in der verzweifelten Hoffnung, doch noch ein Kind von ihm zu empfangen. Als sie für eine Woche zu ihrer behinderten Mutter fährt, um in ihrem Geburtsort noch einmal einen Gynäkologen zu konsultieren, zieht Thomas beinahe jeden Abend mit der jungen Bibliothekarin Jenny Fortuyn durch die Kneipen. Ausgerechnet in der letzten Nacht vor Leonies Rückkehr geraten Thomas und Jenny nach dem Verlassen des Cafés Pardoeza in Streit, weil Jenny sich weigert, mit ihm in seine Wohnung zu kommen.
Vier Tage später tauchen in dem Medizinisch-Biologischen Labor, in dem Thomas beschäftigt ist, zwei Kriminalbeamte auf – Kommissar Jozef („Joost“) Lambert und sein Assistent Krijn Meuldijk – und fragen Thomas, ob er wisse, wo Jenny zu finden sei. Sie wurde als vermisst gemeldet, und aufgrund der bisherigen Ermittlungen nimmt die Polizei an, Thomas habe sie als Letzter gesehen. Durch Zeugen wissen Lambert und Meuldijk auch von dem Streit.
Auf der Suche nach einem neuartigen Rattenbekämpfungsmittel führt Thomas gerade eine Versuchsreihe durch, bei dem zweihundert Ratten ohne Nahrung eingesperrt werden, bis sie übereinander herfallen und sich gegenseitig auffressen. Als Lambert das hört, schließt er daraus, dass der Forscher Jenny umgebracht und die Leiche den ausgehungerten Ratten vorgeworfen haben könnte. Möglicherweise wollte er durch den Mord verhindern, dass Jenny seiner Frau etwas erzählte. Thomas wird also in Untersuchungshaft genommen.
In einem Briefwechsel mit Leonie gibt Thomas zu, dass er sich in die Bibliothekarin Jenny verliebte, genauer gesagt: in deren Spiegelbild. Eines Abends fragte sie ihn, ob er im Medizinisch-Biologischen Labor angestellt sei, weil sie ihn vor dem Eingang gesehen hatte, und sie bat ihn, ihr einmal die Einrichtung zu zeigen. Noch am selben Abend führte er Jenny in dem Labor und in dem angeschlossenen Museum herum. Vor den Gläsern mit Föten erzählte sie ihm, dass sie zweimal hatte abtreiben lassen. Danach gingen sie ins Café De Twee Spiegels. Sie wohnte in einer Dachkammer im Bibliotheksgebäude. Dort traf Thomas einmal auf einen anderen Mann, einen Rechtsanwalt mit dem Vornamen Robert, der angeblich gekommen war, um sich vor seiner Auswanderung nach Südamerika von Jenny zu verabschieden.
Um die Unschuld ihres Mannes zu beweisen – und mehr noch, um herauszufinden, ob er mit Jenny schlief –, beginnt Leonie mit Nachforschungen. Von Wirten und Kneipengästen erfährt sie, dass Jenny Drogen konsumierte und für ihre Promiskuität bekannt war. Arianne, die lesbische Nachbarin Jennys, meint allerdings, Thomas sei überhaupt nicht Jennys Typ gewesen.
„Sie wollte etwas von deinem Mann. Was, weiß ich nicht. Sie wollte ihn für irgendetwas benutzen […] Er hatte etwas, das für sie wichtig war. (Seite 147)
Robert habe ihr anvertraut, dass Jenny ihm mit ihrem dauernden Verlangen nach Sex zu anstrengend geworden sei und er sich deshalb von ihr trennen wolle, behauptet Arianne. Leonie sucht auch die vierundachtzigjährige Nachbarin von Robert und dessen Ehefrau auf. Die etwas verwirrte Frau erzählt Leonie, das Ehepaar sei fortgezogen.
Beinahe wäre Thomas aus Mangel an Beweisen aus der Haft frei gekommen, doch da werden im Spülkasten einer unbenützten Toilette des Labors Jennys Kleider gefunden. Das erhärtet den Verdacht gegen ihn.
Leonie erinnert sich an einen von Thomas selbst gedrehten Film, den er einmal bei einer Party vorführte: „Mord im Labor“. Ein Student stößt in einem Laboratorium auf einen großen Glasbehälter, in dem er eine Leiche zu sehen glaubt und rennt geschockt zur Polizei, aber es stellt sich heraus, dass es sich bei dem Präparat um eine Seekuh (Dugong dugong) handelt. Das bringt Leonie auf einen Gedanken. Um ihn zu überprüfen, geht sie in das zum Medizinisch-Biologischen Labor gehörende Museum und stößt in einem von drei großen Glasbehältern, in denen Präparate von Seekühen aufbewahrt werden, auf die Leiche einer Frau. Also ist Thomas doch der Mörder!
Vier Monate nach Jennys Verschwinden beginnt der Prozess gegen Thomas. Als Leonie während der Verhandlung zum ersten Mal hört, dass aus dem Medizinisch-Biologischen Labor pharmazeutische Substanzen im Wert von 250 000 Gulden gestohlen wurden, überlegt sie, ob Jenny hinter dem Diebstahl steckte und Thomas sie ermordete, als er begriff, dass sie ihn missbraucht hatte, um ihr Vorhaben verwirklichen zu können. Der Zeuge Manchermensch, der gegenüber dem Laborgebäude wohnt und unter Schlaflosigkeit leidet, sagt aus, er habe Thomas in der fraglichen Nacht mit einer Frau ins Labor hineingehen und ihn zwei Stunden später allein herauskommen sehen. Dann sei er um eine Hausecke gegangen und mit einem Auto weggefahren. Er habe genau erkennen können, dass Thomas allein im Wagen saß. Als der Verteidiger darauf hinweist, dass sein Mandant weder ein Fahrzeug noch einen Führerschein besitzt, wird der Zeuge unsicher.
Zwei Wochen später kommt Thomas nach der Urteilsverkündung frei. Entsetzt ist er, als er merkt, dass Leonie glaubt, er habe Jenny ermordet und behauptet, deren Leiche sei im Museum. Thomas besteht darauf, mit ihr zusammen nachzusehen. Unterwegs erzählt er Leonie, er habe damals beobachtet, wie Jenny mit einer schweren Tasche über eine Feuerleiter am Laborgebäude herunterkletterte, zu Robert ins Auto stieg und mit ihm wegfuhr. Dabei trug sie andere Kleidung als zuvor, als sie mit ihm das Café Pardoeza verlassen hatte. Als Thomas die Glasgefäße im Museum anschaut und die Leiche entdeckt, übergibt er sich. In diesem Augenblick taucht Kommissar Lambert auf, der Thomas seit dem Verlassen des Gefängnisses beschattete. Aber Thomas versichert, dass es sich bei der Toten nicht um Jenny handelt, und Lambert sieht das auch.
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überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.
Leonie ahnt, um wen es sich handelt. Während Lambert den konservierten Körper in die Gerichtsmedizin bringen lässt, fährt sie noch einmal zu Roberts alter Nachbarin und nimmt sie mit, damit sie die Tote identifiziert. Wie von Leonie vermutet, handelt es sich um Roberts Frau. Dessen Äußerung gegenüber Arianne war offenbar ein Täuschungsversuch. Er war Jenny nicht leid; im Gegenteil: Während Jenny sich an Thomas heranmachte, einen Nachschlüssel des Labors anfertigen ließ, die Drogen stahl und sie auf dem Schwarzmarkt verkaufte, brachte Robert seine Frau um und setzte sich dann mit Jenny und dem Geld nach Südamerika ab. Übrigens missbrauchte Jenny nicht nur Thomas für ihre Zwecke, sondern auch Joost Lambert, denn der gehörte eigentlich zum Rauschgiftdezernat und wusste, ob man gegen sie ermittelte. Sie hatte beiden Männern den Kopf verdreht.
Maarten ΄t Hart hat die Geschichte durchgängig in der Ich-Form geschrieben, im dritten Kapitel jedoch den Erzähler gewechselt: Anfangs erzählt Thomas Kuyper, das zweite Kapitel besteht aus einem kurzen Briefwechsel, und vom dritten Kapitel an erleben wir das Geschehen aus der Sicht Leonie Kuypers. „Die schwarzen Vögel“ ist ein spannender Kriminalroman mit Horror-Elementen.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005
Textauszüge: © Arche Verlag
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