Der letzte Kaiser
Der letzte Kaiser
Inhaltsangabe
Kritik
1908 befiehlt die Witwe des Kaisers, Pu Yi in die Verbotene Stadt zu bringen. Neugierig läuft das zweijährige Kind im Palast herum, bis es schließlich müde wird und fragt: „Gehen wir jetzt nach Hause?“ Aber der angesprochene Mann wirft sich nur wortlos auf die Knie. Pu Yi wird zum Kaiser von China gekrönt.
Die Palastanlage darf Pu Yi nicht verlassen. Ein Tross von Bediensteten läuft hinter dem Kind her und achtet respektvoll auf sein Wohl – wenn nicht überhaupt Tausende angetreten sind, um ihm zu huldigen. Allein ist der einsame und von der Welt abgeschirmte Junge nie. Wenn er etwas tut, was sich nicht gehört, werden Diener an seiner Stelle bestraft. Was Liebe und Zuneigung sind, erlebt er nicht.
Erst durch einen Besuch seines jüngeren Bruders Pu Jie erfährt er 1912, dass außerhalb der Verbotenen Stadt eine Revolution stattgefunden hat und nicht mehr der Kaiser, sondern ein Präsident der oberste Repräsentant des chinesischen Staates ist. Pu Yi will es zuerst nicht glauben, und um seine Macht zu beweisen, befiehlt er einem Diener, sein Tintenfass auszutrinken. Weil aber die Verbotene Stadt auch den Revolutionären heilig ist, bleibt innerhalb der Mauern alles beim Alten: 1500 Mitglieder des Hofstaates stehen dem abgedankten Kaiser weiterhin zur Verfügung.
Im Alter von 11 Jahren bekommt Pu Yi den aus Schottland stammenden Lehrer Reginald Johnston (Peter O’Toole), der ihm zum Beispiel ein Fahrrad schenkt und dafür sorgt, dass eine Brille für ihn angefertigt wird – beides sehr zum Missfallen der Hofschranzen. Einige Jahre später werden ihm eine Frau und eine Nebenfrau zugeteilt. Er schneidet sich den Zopf ab und beschließt Reformen. Beim Hofstaat handelt es sich gewissermaßen um eine Theateraufführung ohne Publikum; nur die Schauspieler sind geblieben, um die Ausstattung zu stehlen. Pu Yi und seinem neuen Oberhofmarschall gelingt es jedoch nicht, die Korruption aufzuklären, weil die Eunuchen vor der angeordneten Inventur die Schatz- und Lagerhäuser niederbrennen. Daraufhin jagt der Kaiser die Eunuchen aus der Verbotenen Stadt. Nur die Tonkrüge, in denen sie ihre Hoden aufbewahren, dürfen sie mitnehmen.
1924 wird das chinesische Parlament aufgelöst, der Staatspräsident flieht, Soldaten dringen in die Verbotene Stadt ein. Im Alter von 18 Jahren betritt Pu Yi (John Lone) erstmals die Außenwelt. In der japanischen Botschaft sucht er mit seinen Frauen und einigen Bediensteten Zuflucht.
Drei Jahre später zieht er nach Tientsin in der Mandschurei und führt dort das Leben eines Dandys. Quick Step tanzen er und seine beiden Frauen in einem für Hunde und Chinesen verbotenen britischen Club. Heimlich träumt Pu Yi davon, in Oxford zu studieren. Er sei nicht mehr Kaiser und könne deshalb nur noch eine Ehefrau haben, behauptet seine Nebenfrau, und als er nicht in die Scheidung einwilligt, läuft sie fort.
Das von Unruhen und Bürgerkriegen geschwächte China ist unfähig, 1931 die Besetzung der mandschurischen Provinzen durch die Japaner zu verhindern. Im Jahr darauf stellt sich Pu Yi als Regent des japanischen Satellitenstaates Mandschukuo zur Verfügung, und 1934 wird er erneut zum Kaiser gekrönt. Bei einer Feier stopft sich seine Frau verzweifelt Orchideenblüten in den Mund, weil sie – anders als ihr Mann – durchschaut, dass er nur eine Marionette in der Hand der Japaner darstellt. Während er sich 1935 zu einem Staatsbesuch in Tokio aufhält, wird seine Leibwache entwaffnet. In einer Rede behauptet Pu Yi, er und der Tenno betrachteten sich als gleichberechtigt. Da verlassen die japanischen Zuhörer den Saal.
Um einen Erben vorweisen zu können, obwohl er impotent ist, lässt Pu Yi zu, dass ein Chauffeur die Kaiserin schwängert. Doch er vermag die Japaner nicht zu täuschen. Unmittelbar nach der Geburt tötet ein Arzt den Säugling mit einer Injektion. Dem Kaiser sagt man, es habe sich um eine Totgeburt gehandelt, und die Mutter bringe man gerade „in eine wärmere Gegend“.
Bevor Pu Yi nach Tokio entkommt, wo er sich den Amerikanern ergeben will, gerät er 1945 in sowjetische Kriegsgefangenschaft.
Nach fünf Jahren in Sibirien wird er zusammen mit anderen chinesischen Kriegsverbrechern an die Volksrepublik China ausgeliefert. Pu Yi schließt sich in der Toilette ein und schneidet sich die Pulsadern auf, wird aber rechtzeitig entdeckt. Man wirft ihm vor, China an die Japaner verraten zu haben. Der ehemalige Kaiser, der in den harten Verhören nur als „981“ angesprochen wird, muss seine Lebensgeschichte aufschreiben und dabei seine Verbrechen gestehen. Auf dieser Grundlage beginnt die „Umerziehung“.
1959 wird Pu Yi aus der Haft entlassen. Von da an bis zu seinem Tod am 17. Oktober 1967 arbeitet er demütig als Gärtner. (So der Film. Tatsächlich wurde er Archivar an der Universität.)
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Die tragische Geschichte des letzten chinesischen Kaisers aus der Mandschu-Dynastie böte mehr als genug Material für eine psychologische Studie oder die Darstellung einer historischen Entwicklung. Aber Bernardo Bertolucci ging es offenbar um etwas anderes: um einen durch seine opulenten Bilder überwältigenden Monumentalfilm. Als erster Ausländer durfte er drei Tage lang in der Verbotenen Stadt drehen, und er füllte den großen Hof mit bis zu 19 000 Komparsen in historischen chinesischen Kostümen. Für das Ergebnis – „Der letzte Kaiser“ – gab es 1988 neun „Oscars“ (Film, Regie, Drehbuch, Musik, Kamera, Kostüme, Ton, Ausstattung, Schnitt).
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002
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