Shandurai und der Klavierspieler

Shandurai und der Klavierspieler

Shandurai und der Klavierspieler

Shandurai und der Klavierspieler – Originaltitel: Besieged / L'Assedio – Regie: Bernardo Bertolucci – Drehbuch: Bernardo Bertolucci und Clare Peploe, nach der Erzählung "Die Belagerung" von James Lasdun – Kamera: Fabio Cianchetti – Schnitt: Jacopo Quadri – Musik: Alessio Vlad – Darsteller: Thandie Newton, David Thewlis, Claudio Santamaria, John C. Ojwang, Cyril Nri, Massimo De Rossi, Paul Osul, Veronica Lazar, Gian Franco Mazzoni u.a. - 1998; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Die afrikanische Medizinstudentin Shandurai arbeitet als Haushälterin für den britischen Klavierspieler Jason Kinsky, der einen Palazzo in Rom bewohnt. Als er ihr einen Heiratsantrag macht, sagt sie ihm, sie habe ihren Ehemann in Afrika zurücklassen müssen, nachdem er aus politischen Gründen verhaftet worden war. Jason begreift, dass er Shandurai die Möglichkeit geben muss, sich zwischen zwei freien Männern zu entscheiden ...
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Kritik

"Shandurai" – die Verfilmung der Erzählung "Die Belagerung" von James Lasdun durch Bernardo Bertolucci – ist eine märchenhaft versponnene, sehr ästhetisch fotografierte Romanze.
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In einem nicht genannten afrikanischen Staat übernimmt ein Diktator die Macht. Shandurai (Thandie Newton) arbeitet als Pflegerin in einer Klinik für Kinder, die bei militärischen Auseinandersetzungen von Rebellen und Regierungstruppen verstümmelt wurden. Hilflos muss sie mit ansehen, wie ihr Mann Winston, ein Lehrer, wegen seiner politischen Ansichten aus der Schulklasse heraus festgenommen und verschleppt wird.

Daraufhin setzt Shandurai sich ins Ausland ab, beginnt in Rom ein Medizinstudium und verdient sich das erforderliche Geld als Haushälterin des britischen Sonderlings Jason Kinsky (David Thewlis), der von seiner verstorbenen Tante einen Palazzo geerbt hat und den ganzen Tag lang Klavier spielt, hin und wieder mit Musikschülern, meistens zu seinem eigenen Vergnügen. Er geht kaum aus und empfängt auch keinen Besuch.

Mit den barocken und klassischen Stücken, die Kinsky spielt, kann Shandurai nichts anfangen. Beim Bügeln schaltet sie ihr Transistorradio ein und bewegt sich im Rhythmus afrikanischer Popmusik.

Kinsky umwirbt Shandurai mit Blumen und schenkt ihr eines Tages einen Ring seiner Tante. Den weist sie jedoch zurück, und als er ihr unbeholfen seine Liebe gesteht und ihr einen Heiratsantrag macht, erklärt sie ihm verärgert, sie sei bereits verheiratet. Wenn er etwas für sie tun wolle, könne er dafür sorgen, dass ihr Ehemann aus dem Gefängnis freikommt.

Bald darauf beobachtet Shandurai, dass Kinsky Kunstgegenstände, Gemälde, Möbel und Wandteppiche verkauft. Je leerer der Palazzo wird, desto unbeschwerter wirkt Kinsky – und Shandurais Nervosität nimmt zu. Einmal trifft Kinsky sich mit einem afrikanischen Priester (Cyril Nri), und in einem Papierkorb findet Shandurai ein aus ihrem Heimatstaat abgeschicktes, an Kinsky adressiertes Briefkuvert. Auf den Briefmarken ist der Diktator abgebildet.

Dann erhält Shandurai selbst ein Schreiben aus Afrika, in dem ihr mitgeteilt wird, dass man ihren Mann aus dem Militärgefängnis in eine zivile Haftanstalt verlegt und ein ordentliches Gerichtsverfahren angesetzt hat. Glücklich liest sie die Nachricht ein zweites Mal.

Kinsky hat eigens ein rhythmisches Stück für sie komponiert. Es ist das letzte, was er auf seinem Flügel spielt, denn er hat auch das Musikinstrument verkauft.

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Einige Zeit später erhält Shandurai Post von ihrem Ehemann. Er ist frei und wird am nächsten Morgen in Rom eintreffen. Shandurai, die gerade ihr Examen bestanden hat, weiß nicht, wie sie darauf reagieren soll. Sie erzählt es Kinsky, der mit keinem Wort erwähnt, dass er mit viel Geld und mit Hilfe eines schwarzen Priesters dafür gesorgt hatte, dass Winston einen fairen Prozess bekam. Zur Begrüßung ihres Mannes kauft Shandurai Champagner, doch am Abend trinkt sie die Flasche leer. Dann geht sie zu Kinsky, der sich mit dem Priester zusammen betrunken hat und benommen auf seinem Bett liegt. Sie zieht ihm die Schuhe aus und legt sich neben ihn.

Am Morgen klingelt Winston. Ohne ein Wort zu wechseln, sind Kinsky und Shandurai sich einig: Sie stehen nicht auf, öffnen ihm nicht die Tür und warten, bis er wieder geht.

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Bei „Shandurai“ („Besieged“) handelt es sich um die Verfilmung der Erzählung „Die Belagerung“ von James Lasdun durch Bernardo Bertolucci (James Lasdun: Die Belagerung. 12 Erzählungen, übersetzt von Gerald Jung und Sky Nonhoff, dtv, München 2001, 269 Seiten, ISBN 3-423-12927-1). Der Film entstand bereits 1998, kam jedoch erst am 3. März 2005 in die deutschen Kinos.

„Shandurai“ ist eine märchenhaft versponnene, sehr ästhetisch fotografierte Romanze. Bernardo Bertolucci erzählt die kammerspielartige Geschichte wie ein unbeteiligter Beobachter und kommt dabei mit wenig Worten aus. Die nonverbale Kommunikation über Blicke und Gesten ist dafür um so wichtiger.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006

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