Bram Stoker : Dracula

Dracula
Bram Stokers Dracula Originalausgabe: Dracula, 1897 Deutsche Erstausgabe: 1908 Übersetzung: Heinz Widtmann Umschlagzeichnung: Helmut Dohle Fischer Taschenbuch, Frankfurt 2016 ISBN 978-3-7335-0295-9, 504 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Ende des 19. Jahrhunderts reist der Londoner Kanzleiangestellte Jonathan Harker nach Transsilvanien zu Graf Dracula, der ein Grundstück in London erwerben möchte. Als Harker merkt, dass er es mit einem Vampir zu tun hat, flieht er, aber Graf Dracula kommt nun selbst nach London. Eine von Professor van Helsing geführte Gruppe von Männern macht sich daran, den Blutsauger zur Strecke zu bringen.
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Kritik

In seinem Schauerroman "Dracula" brachte Bram Stoker die verschiedensten Facetten der Vampirlegenden zusammen. Die (fiktiven) Zitate aus Briefen, Tagebucheintragungen und Protokollen lassen die Geschichte authentisch wirken und vermitteln zugleich das Grauen, das die jeweiligen Autoren verspürten.
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Ende des 19. Jahrhunderts reist der Londoner Kanzleiangestellte Jonathan Harker nach Transsilvanien (auch: Transsylvanien; Siebenbürgen). Graf Dracula, der dort einsam in einem Schloss haust, hat ihn bestellt, um mit ihm über den Ankauf eines Grundstücks in London zu verhandeln. Harker wundert sich, dass der Schöngeist nur nachts zu sprechen ist. Schaudernd stellt er fest, dass Dracula tagsüber in einem Sarg ruht, Sonnenstrahlen meidet und in einem Rasierspiegel nicht zu sehen ist. Ein Vampir! Bevor Harker ein Leid geschieht, flieht er aus dem Schloss des Grafen Dracula und reist überstürzt zurück.

Graf Dracula kommt deshalb selbst nach London. Als er Jonathan Harkers Braut Mina sieht, erinnert sie ihn an Elisabeth, seine große Liebe, die im 15. Jahrhundert aus dem Leben geschieden war, weil sie seinen Tod im Krieg befürchtet hatte.

Dr. Seward, dem Leiter einer Irrenanstalt in London, fallen bald merkwürdige Veränderungen bei Patienten auf, und er beobachtet mit Sorge, dass Minas Freundin Lucy Westenra an einer Anämie erkrankt und von Tag zu Tag blasser wird. Ratlos wendet er sich an seinen früheren Lehrer, Professor van Helsing. Der erfahrene und belesene Theologe, Mediziner und Anthropologe reist aus den Niederlanden an, um sich selbst ein Bild von den unerklärlichen Vorgängen zu machen, und er kommt bald zu dem Schluss, dass ein Vampir die Ursache ist. Der Untote ernährt sich von menschlichem Blut, und wer von ihm in die Halsschlagader gebissen wird, mutiert selbst zu einem Blutsauger.

Professor van Helsing verbündet sich mit Dr. Seward, Jonathan Harker, Lucy Westenras Verlobtem, Lord Godalming, und dessen amerikanischem Freund Quincey Morris gegen den Vampir und erweist sich dabei als herrischer, keinen Widerspruch duldender Führer. In die von Dracula tagsüber als Ruhestätten benutzten Särge legen die Verschworenen geweihte Hostien, und sie hängen Knoblauchknollen auf, die Vampire ebenso wie Kreuze abhalten. Lucy ist schon nicht mehr zu retten: Um sie von ihrem schrecklichen Dasein als Untote zu erlösen, wird ihr ein Pfahl durchs Herz getrieben.

Eilig kehrt Graf Dracula nach Transsilvanien zurück, um seinen Verfolgern zu entgehen. Aber die beherzten Männer stellen ihn vor seinem Schloss und pfählen ihn. Sein Ende empfindet Graf Dracula als Erlösung von einem Fluch, der ihn vierhundert Jahre lang am Sterben hinderte.

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Die Legenden um den Vampir Graf Dracula gehen auf den rumänischen Fürsten Vlad III. Tepes Dráculea („der Pfähler“) zurück, der 1458 ein türkisches Heer schlug und angeblich zehntausend Feinde pfählen ließ. Sein Beiname „Dráculea“ bezog sich auf einen Kampfbund gegen die Türken, die „Societas Draconis“ (Drachenorden).

Mit dem 1819 veröffentlichten Roman „The Vampyre“ schuf John William Polidori (1795 – 1821) das Genre des Vampirromans. Bram Stoker ließ sich vor allem von Joseph Sheridan Le Fanus (1814 – 1873) Erzählung „Carmilla“ (1872; deutsch: „Carmilla, der weibliche Vampir“, 1979) zu seinem Roman „Dracula“ anregen, in dem er die verschiedensten Facetten der Vampirlegenden zusammenbrachte. Die (fiktiven) Zitate aus Briefen, Tagebucheintragungen und Protokollen lassen die Geschichte authentisch wirken und vermitteln zugleich das Grauen, das die jeweiligen Autoren verspürten. In dem Schauerroman kontrastiert Bram Stoker den optimistischen Glauben an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt mit dem Übernatürlichen. Immer wieder wurde der Vampirismus auch mit einer todbringenden Erotik in Verbindung gebracht.

Eine Neuübersetzung des Romans „Dracula“ von Ulrich Bossier wird im April 2012 in der Reclam Bibliothek erscheinen (608 Seiten, ISBN: 978-3-15-010800-0).

Ein frühes Meisterwerk des Vampirfilms schuf Friedrich Wilhelm Murnau 1922 unter dem Titel „Nosferatu. Eine Symphonie des Grauens“ mit Max Schreck in der Titelrolle. In Werner Herzogs Remake „Nosferatu. Phantom der Nacht“ (1978) spielt Klaus Kinski die Hauptfigur, die hier als eine unter ihrer Einsamkeit leidende, bedauernswerte Kreatur stilisiert wird. Als Klassiker gilt auch „Dracula“ (1931) von Tod Browning mit Béla Lugosi in der Titelrolle. Terence Fisher hebt in seiner Adaptation – „Dracula“ (1958) – mehr auf das Gruselige der Geschichte ab. In den Neunzigerjahren haben Francis Ford Coppola („Bram Stoker’s Dracula“, 1992) und Neil Jordan („Interview mit einem Vampir“, 1994) den Stoff wieder aufgegriffen. Nach Motiven des Romans „Dracula“ drehte Stephen Sommers 2004 den Film „Van Helsing“. Die beste Persiflage schuf wohl Roman Polanski 1967 mit „Tanz der Vampire“.

„Dracula“ (1931) – Regie: Tod Browning – Drehbuch: John L. Balderston, Hamilton Deane, Garrett Fort u.a. – Kamera: Karl Freund – Schnitt: Milton Carruth und Maurice Pivar – Musik: Philip Glass (Filmversion von 1999) – Darsteller: Bela Lugosi (Graf Dracula), Helen Chandler (Mina Seward), David Manners (Jonathan Harker), Dwight Frye (Renfield), Edward Van Sloan (Prof. Abraham Van Helsing), Herbert Bunston (Dr. Jack Seward), Frances Dade (Lucy Weston), Joan Standing (Krankenschwester Briggs), Charles K. Gerrard (Martin), u.a. – 75 Minuten)

„Dracula“ (1958) – Regie: Terence Fisher – Drehbuch: Garrett Fort – Kamera: Karl Freund – Schnitt: Bill Lenny und James Needs – Musik: James Bernard – Darsteller: Peter Cushing (Dr. Van Helsing), Christopher Lee (Graf Dracula), Michael Gough (Arthur Holmwood), Melissa Stribling (Mina Holmwood), Carol Marsh (Lucy), Olga Dickie (Gerda), John Van Eyssen (Jonathan Harker), Valerie Gaunt (Vampir), Janina Faye (Tania), Barbara Archer (Inga), Charles Lloyd Pack (Dr. Seward) u. a. – 80 Minuten)

Abraham („Bram“) Stoker wurde am 8. November 1847 in Dublin geboren. In seinen ersten sieben Lebensjahren fesselte ihn eine Kinderlähmung ans Bett. Nach seinem Studium am Trinity College in Dublin (Geschichte, Mathematik, Philosophie) begann er 1870 eine Beamtenlaufbahn und schrieb nebenbei Theaterkritiken, für die er allerdings keine Honorare bekam. 1878 wurde Bram Stoker für siebenundzwanzig Jahre Sekretär und Manager des Shakespeare-Darstellers Henry Irving. In seiner Freizeit schrieb er Artikel, Kurzgeschichten und sechzehn Romane, von denen jedoch nur einer in die Literaturgeschichte einging: „Dracula“ (1897). Am 20. April 1912 starb Bram Stoker in London.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005 / 2012

Francis Ford Coppola: Bram Stoker’s Dracula
Werner Herzog: Nosferatu. Phantom einer Nacht
Neil Jordan: Interview mit einem Vampir
Friedrich Wilhelm Murnau: Nosferatu. Eine Symphonie des Grauens
Roman Polanski: Tanz der Vampire
Ken Russell: Der Biss der Schlangenfrau
Stephen Sommers: Van Helsing

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