Capote

Capote

Capote

Originaltitel: Capote - Regie: Bennett Miller - Drehbuch: Dan Futterman, nach dem Buch "Capote. A Biography" von Gerald Clarke - Kamera: Adam Kimmel - Schnitt: Christopher Tellefsen - Musik: Mychael Danna - Darsteller: Philip Seymour Hoffman, Catherine Keener, Clifton Collins jr., Chris Cooper, Bruce Greenwood, Bob Balaban, Amy Ryan, Mark Pellegrino, Allie Mickelson, Marshall Bell, Araby Lockhart, Robert Huculak, R. D. Reid, Rob McLaughlin u.a. - 2005; 115 Minuten

Inhaltsangabe

Nachdem Truman Capote 1959 einen Zeitungsartikel über die Ermordung einer Farmerfamilie in Kansas gelesen hatte und die beiden Täter verhaftet worden waren, sprach er mit den Bewohnern am Ort des Geschehens und mit den Mördern im Gefängnis. Parallel dazu studierte er Vernehmungsprotokolle und Gerichtsakten. Nach jahrelangen Recherchen schrieb er den Tatsachenroman "Kaltblütig".
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Kritik

"Capote" ist eine schillernde, von Philip Seymour Hoffman nuancenreich gespielte Charakterstudie über den egomanischen Schriftsteller Truman Capote.
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Der Schriftsteller Truman Capote (Philip Seymour Hoffman) – der Autor der Erzählung „Frühstück bei Tiffany“ – stellt seine homosexuellen Attitüden auf Partys in New York affektiert zur Schau. Als der egomanische Paradiesvogel in der „New York Times“ vom 16. November 1959 einen Bericht über die Ermordung der vierköpfigen Farmerfamilie Clutter in Holcomb, Kansas, gelesen hat, beschließt er, darüber einen gründlich recherchierten Bericht für das Magazin „The New Yorker“ zu schreiben und überredet den Chefredakteur William Shawn (Bob Balaban), die Reisekosten zu übernehmen.

Seine langjährige Freundin und Kollegin Nelle Harper Lee (Catherine Keener) – die Autorin von „Wer die Nachtigall stört“ (1960) – begleitet ihn nach Kansas. Dort befragen sie die Bewohner von Holcomb. Heimlich öffnet Capote im Leichenschauhaus die Särge und schaut sich die Toten an. Alvin Dewey (Chris Cooper), der Sheriff Walter Sanderson (Harry Nelken) in Garden City untersteht und die Ermittlungen in dem Mordfall leitet, hält den bizarren Schriftsteller zunächst auf Distanz, aber im Lauf der Zeit freunden er und seine Ehefrau Marie (Amy Ryan) sich mit Truman Capote und Nelle Harper Lee an. Die Schülerin Laura Kinney (Allie Mickelson) vertraut den beiden Schriftstellern sogar das Tagebuch der ermordeten sechzehnjährigen Farmertochter an, die ihre beste Freundin war.

Am 30. Dezember werden Richard („Dick“) Eugene Hickock (Mark Pellegrino) und Perry Edward Smith (Clifton Collins jr.) in Las Vegas verhaftet. Sie sollen Herb Clutter (Manfred Maretzki), dessen Ehefrau Bonnie (Miriam Smith), die Tochter Nancy (Kelci Stephenson) und den Sohn Kenyon (Philip Lockwood) ermordet haben.

Truman Capote und Nelle Harper Lee sind am 6. Januar 1960 unter den Neugierigen, die in Garden City am Straßenrand stehen und zuschauen, wie Richard Hickock und Perry Smith gebracht werden. Am 22. März 1960 beginnt die Gerichtsverhandlung, die Capote und seine Freundin ebenfalls verfolgen. Die Geschworenen erklären die beiden Angeklagten des vierfachen Mordes für schuldig. Die beiden werden zum Tod durch den Strang verurteilt und ins Staatsgefängnis von Lansing überführt.

Capote, dem es inzwischen gelungen war, das Vertrauen von Walter Sandersons Ehefrau Dorothy (Araby Lockhart) zu gewinnen, hatte im Büro des Sheriffs in Garden City Gelegenheit, kurz mit Perry Smith zu sprechen. Nun überredet er den Direktor des Gefängnisses in Lansing, ihm eine unbeschränkte Besuchserlaubnis zu erteilen. Um die beiden Häftlinge von seinen guten Absichten zu überzeugen, besorgt er ihnen einen Rechtsanwalt, der Berufung gegen das Todesurteil einlegt und einen Aufschub der für den 13. Mai terminierten Hinrichtung erreicht. Capote atmet auf, denn er plant, den grausamen Vierfachmord in einem Buch zu verarbeiten, und bis Mitte Mai hätte er seine Interviews mit Perry Smith nicht abschließen können, zumal dieser sich dagegen sträubt, über die Mordnacht zu reden. Der Schriftsteller lässt Smith glauben, er sei sein Freund, tue alles, um sein Leben zu retten und wolle mit seinem Buch dafür sorgen, dass die Öffentlichkeit in den Mördern nicht länger Ungeheuer sieht. Smith ahnt nicht, dass Capote ihn belügt und gegenüber Freunden als „Goldmine“ bezeichnet.

Als Jack Dunphy (Bruce Greenwood), der homosexuelle Lebensgefährte des Schriftstellers, für ein Jahr an die Costa Brava zieht, um dort selbst einen Roman zu schreiben, folgt Truman Capote ihm.

Nach seiner Rückkehr besucht Capote die Häftlinge erneut. Perry Smith ist misstrauisch, denn er hat aus der Zeitung von einer Lesung seines vermeintlichen Freundes aus einem geplanten Buch mit dem Titel „Kaltblütig“ erfahren. Capote lügt, die Veranstalter hätten sich den Titel ohne sein Zutun für die Lesung ausgedacht, und es werde nicht der Buchtitel sein. Es gelingt ihm, Smiths Vertrauen zurückzugewinnen, denn der verurteilte Mörder sehnt sich nach einem Menschen, der ihm zuhört, der ihn respektiert und trotz allem gern hat. Endlich erzählt er Capote, was in der Mordnacht im Haus der Familie Clutter in Holcomb geschah.

Die Berufung wird verworfen und der 2. Oktober 1962 als neuer Hinrichtungstermin festgelegt. Nun sorgen jedoch die beiden Anwälte der Verurteilten mit einer Reihe von Anträgen für einen weiteren Aufschub der Hinrichtung. Nachdem Truman Capote von Perry Smith alles erfahren hat, was er wissen muss, um sein Manuskript fertigstellen zu können, belastet ihn die Verzögerung der Hinrichtung, denn er hat kein Interesse an weiteren Besuchen im Gefängnis. Um seine Schuldgefühle gegenüber Smith zu dämpfen, trinkt er noch mehr Alkohol als zuvor. Als sich herausstellt, dass die Anrufung des Obersten Gerichts der USA erfolglos bleibt, fühlt Capote sich erleichtert.

Die Hinrichtung soll am 14. April 1965 erfolgen. Verzweifelt versucht Perry Smith, seinen vermeintlichen Freund anzurufen. Capote will nicht mehr mit ihm reden. Erst im letzten Augenblick, als Perry Smith und Richard Hickock bereits auf den Gang zum Galgen warten, taucht Capote zu einem letzten kurzen Besuch auf. Er bleibt an der Türe stehen, lügt, er habe alles versucht, um die Hinrichtung zu verhindern und weint.

Mit „In Cold Blood“ – „Kaltblütig“ – begründet Truman Capote 1965 das Genre des Tatsachenromans. Aber danach gelingt es dem Alkoholkranken nicht, noch ein anderes Buch fertigzustellen.

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Truman Capotes Arbeit an dem Tatsachenroman „Kaltblütig“ ist ein halbes Jahrhundert später das Thema von zwei Kinofilmen: „Capote“ und „Kaltes Blut. Auf den Spuren von Truman Capote“.

Die ruhig und unaufdringlich inszenierte Charakterstudie „Capote“ basiert auf der 1988 von Gerald Clarke veröffentlichten Biografie „Capote. A Biography“. Dan Futterman (Drehbuch) und Bennett Miller (Regie) zeigen Truman Capote als einen eitlen, affektierten und ehrgeizigen Egomanen, der von Philip Seymour Hoffman nuancenreich dargestellt wird. Ob der Schriftsteller den Mörder Perry Smith liebt oder ihn nur belügt und ausnutzt oder beides, bleibt offen.

Der „Capote“ in Bennett Millers Film ist Philip Seymour Hoffman auf den Leib geschrieben worden, obwohl er ihm gar nicht ähnlich sieht. Er imitiert ihn nicht, er interpretiert ihn – und wenn nichts anderes an diesem Film funktionieren würde, dann wäre dieser Auftritt allein schon faszinierend genug für zwei Stunden: ihm einfach zuschauen, wie er diesen Mann aus kleinen Handbewegungen, Blicken, einer zittrigen Fistelstimme entstehen lässt […] (Susan Vahabzadeh in „Süddeutsche Zeitung“, 1. März 2006)

„Capote“ ist der Debütfilm des Regisseurs Bennett Miller. Philip Seymour Hoffman wurde für die Rolle in „Capote“ mit einem „Oscar“ ausgezeichnet. Nominiert hatte man auch die Nebendarstellerin Catherine Keener, das Drehbuch, die Regie und den Film als solchen.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006 / 2010

Truman Capote (Kurzbiografie)

Truman Capote: Die Grasharfe
Truman Capote: Frühstück bei Tiffany
Truman Capote: Kaltblütig
Truman Capote: Sommerdiebe

Bennett Miller: Foxcatcher

Anna Enquist - Denn es will Abend werden
Der bewegende Roman "Denn es will Abend werden" dreht sich um die Frage, wie Menschen auf ein Trauma reagieren. Wir beobachten zwei Frauen und zwei Männer, die auf vier verschiedene Weisen mit dem gemeinsam Erlebten umzugehen versuchen. Anna Enquist leuchtet die psychologischen Vorgänge in "Denn es will Abend werden" gründlich aus, ohne durch Erläuterungen den Handlungsverlauf zu stören.
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