Just a Kiss

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Just a Kiss

Just a Kiss – Originaltitel: A Fond Kiss – Regie: Ken Loach – Drehbuch: Paul Laverty – Kamera: Barry Ackroyd – Schnitt: Jonathan Morris – Musik: George Fenton – Darsteller: Atta Yaqub, Eva Birthistle, Shabana Bakhsh, Shamshad Akhtar, Ghizala Avan, Pasha Bocarie u.a. – 2004; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Casim ist der einzige Sohn einer aus Pakistan stammenden muslimischen Familie in Glasgow. Seine Eltern haben bereits eine Braut für ihn ausgesucht, eine ihm unbekannte Cousine, und in neun Wochen soll die Hochzeit stattfinden. Da begegnet Casim der blonden Irin Roisin, die an einer katholischen Schule in Glasgow Musik unterrichtet. Die beiden verlieben sich, und Casim würde gern mit Roisin zusammenleben, aber er weiß, was er seiner Familie damit antun würde ...
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Kritik

In "Just A Kiss" geht um den Konflikt zwischen der Wertschätzung des Individuums in der westlichen und der Bedeutung der Familie in der muslimischen Gesellschaft. Der Film von Ken Loach ist ein ernstes und zugleich heiteres Plädoyer für Toleranz.
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Als die indische Kronkolonie 1947 selbstständig und geteilt wurde, floh der achtjährige Tariq Khan (Ahmad Riaz) mit seiner muslimischen Familie aus den vorwiegend von Hindus bewohnten Gebieten nach Pakistan. Jetzt, gut fünfzig Jahre später, lebt er mit seiner Ehefrau Sadia (Shamshad Akhtar) und den drei Kindern Rukhsana, Casim und Tahara (Ghizala Avan, Atta Yaqub, Shabana Akhtar Bakhsh) in Glasgow, wo er einen Kolonialwarenladen betreibt. Um die Hunde davon abzuhalten, gegen seinen Zeitungsständer zu pinkeln, setzt er ihn unter Strom. Eine der Schlagzeilen können wir erkennen: „The Church Says No“.

Als Tahara Khan in ihrer Schulklasse einen Vortrag hält, verwahrt sie sich dagegen, dass alle Muslime in einen Topf geworfen werden und betont stolz ihre multikulturelle Identität: Tochter einer pakistanischen Familie, in Schottland aufgewachsene Muslimin, Schülerin einer katholischen Schule und Fan des Fußballklubs „Glasgow Rangers“. Nach dem Unterricht wird Tahara von katholischen Mitschülern angepöbelt. Zornig rennt sie ihnen nach, und ihr Bruder Casim, der sie mit dem Auto abholen wollte, folgt ihr ins Schulgebäude.

Auf diese Weise lernt er Taharas irische Musiklehrerin Roisin Hanlon (Eva Birthistle) kennen. Die junge Frau hatte viel zu früh geheiratet, mit neunzehn, aber ihre Ehe zerbrach und wurde geschieden. Sie geht mit Casim aus, und die beiden verlieben sich. Einmal, als sie in einer Diskothek an der Bar stehen, sehen sie Tahara mit zwei Freundinnen hereinkommen. Casim schickt seine jüngere Schwester wieder hinaus: Die Freiheit, in eine Diskothek zu gehen, billigt die Familie nur den männlichen Mitgliedern zu. Casim ist sogar DJ und träumt davon, eine eigene Diskothek zu eröffnen.

Das Sonderangebot eines Reisebüros bringt Roisin dazu, spontan ein langes Wochenende in Spanien zu buchen. Um sie begleiten zu können, lügt Casim seiner Mutter vor, er müsse für drei Tage zu Verhandlungen mit einem potenziellen Geldgeber für seine Diskothek nach London.

In Spanien gesteht Casim seiner Geliebten, dass seine Eltern längst eine Braut für ihn ausgesucht haben: seine ihm unbekannte Cousine Jasmine (Sunna Mirza), die in Kürze mit ihren Eltern nach Glasgow kommen wird, denn in neun Wochen soll die Hochzeit stattfinden. Sein Vater lässt gerade einen Anbau für das zukünftige Ehepaar errichten. Roisin reagiert entsetzt und frustriert: Sie war überzeugt, in Casim die Liebe ihres Lebens gefunden zu haben.

Um Roisin nicht zu verlieren, nimmt Casim sich vor, die geplante Eheschließung zu verweigern, doch als er wieder nach Hause kommt und erfährt, dass inzwischen die Hochzeit seiner älteren Schwester Rukhsana mit einem Pakistani namens Amar (Pasha Bocarie) beschlossen worden ist, bringt er es nicht fertig, seinen Eltern die Wahrheit zu sagen, denn er weiß, dass er damit Schande über die Familie brächte und Amars Eltern (Foqia Hayee, Abdul Hayee) daraufhin eine Verbindung ihres Sohnes mit Rukhsana absagen würden.

Hamid (Shy Ramsan) versteht das Dilemma seines Freundes Casim nicht: Er könne doch nicht wegen einer Ungläubigen die Familie zerstören. Wieso er nicht einfach wie geplant heirate. Das werde ihn doch nicht daran hindern, mit anderen Frauen herumzuvögeln.

Tahara hat sich heimlich um einen Studienplatz in Edinburgh beworben. Doch als sie zu Hause stolz erzählt, dass sie angenommen wurde, löst sie einen Familienstreit aus. Ihr Vater, der durch das eigenmächtige Handeln seiner jüngsten Tochter schwer gekränkt ist, verbietet Tahara kategorisch, sich an der Universität in Edinburgh zu immatrikulieren. Tahara schluchzt enttäuscht und ist darüber verärgert, dass Casim sie in dem Streit nicht unterstützte: „Heuchler!“, schimpft sie ihn, denn sie weiß, dass er eine Beziehung mit ihrer Musiklehrerin hat.

Was Tahara gemeint habe, fragt Sadia ihren Sohn. Da sagt er ihr, er könne seine Cousine nicht heiraten, weil er eine andere Frau liebe.

Der Schulrektor (John Yule) bietet Roisin eine Vollzeitstelle an. Weil es sich um eine konfessionelle Schule handelt, benötigt sie dafür eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Gemeindepriesters (Gerard Kelly). Roisin hält das für eine Formsache, aber der Geistliche weigert sich, das Papier zu unterschreiben: Er akzeptiert keine Ehescheidung, hält das Zusammenleben Geschiedener mit anderen Partnern deshalb für sündhaft und unterstellt Roisin, es mit wechselnden Partnern zu treiben, womöglich sogar mit einem „Ali“. Obwohl der Priester die Bescheinigung verweigert, stellt der Rektor Roisin fest ein. Bald darauf muss er ihr jedoch zu seinem Bedauern mitteilen, dass die Schulbehörde ihre sofortige Versetzung an eine konfessionslose Schule angeordnet hat.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Von Casim hat Roisin nichts mehr hören wollen – bis Tahara ihr mitteilt, dass ihr Bruder die Hochzeit abgesagt und sein Elternhaus verlassen habe. Daraufhin trifft sie sich wieder mit ihm, und sie ziehen zusammen.

Rukhsana verabredet sich mit Roisin in einem Café, klagt, dass ihre Hochzeit mit Amar abgesagt wurde und drängt Roisin, auf Casim zu verzichten. Dazu ist die blonde Irin jedoch nicht bereit.

Casim wird von seinem Vater eingeladen, den fertiggestellten und eingerichteten Anbau zu besichtigen. Während Casim vor seinem Elternhaus steht, taucht für ihn unerwartet seine Verlobte Jasmine mit ihrer Mutter (Balquees Hassan) auf. Und zur gleichen Zeit hält Rukhsana ein paar Meter entfernt mit Roisin im Auto und deutet auf Casim und Jasmine. Roisin, die annehmen muss, dass Casim sie hintergangen hat, läuft aufgebracht fort.

Zu spät macht Tahara ihren Bruder darauf aufmerksam, dass Roisin alles mit angesehen hat. Da lässt er alles stehen und läuft ihr nach. Zornig zertrümmert Tariq Khan die Fensterscheiben des Anbaus: Die Intrige ist gescheitert.

Kurze Zeit später eröffnet Tahara ihrem Vater entschlossen, sie lasse sich nicht davon abhalten, in Edinburgh zu studieren und Journalistin zu werden.

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In „Just A Kiss“ erzählen Ken Loach (Regie) und Paul Laverty (Drehbuch) eine Art Romeo-und-Julia-Geschichte von einer blonden Katholikin und einem Pakistani, für den seine muslimische Familie bereits eine Braut ausgesucht hat. Vor dem Hintergrund des culture clash geraten sowohl die Liebe der beiden als auch die Familie in eine Zerreißprobe. Es geht um den Konflikt zwischen der Wertschätzung des Individuums in der westlichen und der Bedeutung der Familie in der muslimischen Gesellschaft. Auch wenn Ken Loach die Geschichte ohne erhobenen Zeigefinger erzählt, handelt es sich bei „Just A Kiss“ um ein Plädoyer für Toleranz zwischen Personen, Kulturen und Religionen. Allerdings ist es Paul Laverty und Ken Loach nicht gelungen, dem Thema eine überraschende Facette abzugewinnen: Die Konflikte sind alle vorhersehbar. Es fehlt deshalb an Spannung, aber „Just A Kiss“ ist romantisch und tragisch, ernst und heiter.

Als Originaltitel – „Ae Fond Kiss“ – verwendete Ken Loach ein Lied des schottischen Dichters Robert Burns (1759 – 1796), in dem es um den Verzicht auf eine unstandesgemäße Liebesbeziehung geht: „noch ein Kuss, dann sei geschieden“.

„Just A Kiss“ ist nach „Mein Name ist Joe“ (1998) und „Sweet Sixteen“ (2002) der dritte Film von Ken Loach, der in Glasgow spielt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007

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