Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks – Originaltitel: La fiesta del chivo – Regie: Luis Llosa – Drehbuch: Augusto Cabada, Zachary Sklar und Luis Llosa, nach dem Roman "Das Fest des Ziegenbocks" von Mario Vargas Llosa – Kamera: Javier G. Salmones – Schnitt: Alejandro Lázaro – Musik: José Antonio Molina – Darsteller: Tomas Milian, Isabella Rossellini, Paul Freeman, Juan Diego Botto, Stephanie Leonidas, Shawn Elliott, Murphy Guyer, David Zayas, Steven Bauer, Eileen Atkins u.a. – 2005; 125 Minuten

Inhaltsangabe

1992 reist Urania Cabral in ihre Heimat, die Dominikanische Republik, und besucht dort ihren inzwischen gelähmten Vater Agustín Cabral, mit dem sie seit 31 Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Sie hasst ihn, weil er sie damals dem Diktator auslieferte, bei dem er in Ungnade gefallen war. Erst am letzten Tag erzählt sie ihrer Tante, die Agustín pflegt, warum sie 1961 das Land ohne Abschied und Erklärung verließ. Der Tyrann wurde übrigens kurz nach ihrer Abreise von Verschwörern getötet ...
mehr erfahren

Kritik

Bei der Verfilmung des Romans "Das Fest des Ziegenbocks" von Mario Vargas Llosa hat Luis Llosa den Akzent vom Politthriller zur tragischen Vater-Tochter-Geschichte verschoben, die er multiperspektivisch in vier Handlungssträngen entwickelt.
mehr erfahren

Der Diktator Dr. Rafael Leónidas Trujillo y Molina (Tomas Milian) führt die Dominikanische Republik mit Hilfe von Günstlingen, die er gnadenlos fallen lässt, wenn er den Eindruck gewinnt, dass sie ihm nicht mehr ergeben sind.

1956 lässt er den Hochschullehrer Galindez (Gary Piquer) wegen regimekritischer Äußerungen in New York entführen, in die Dominikanische Republik verschleppen und hier zu Tode foltern. Als er erfährt, dass Galindez die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besaß und die New York Times in dem Fall recherchiert, befiehlt er, auch den Piloten der Entführungsmaschine zu töten, damit dieser nichts verraten kann. Seine Häscher täuschen einen Suizid vor, aber Antonio de la Maza (David Zayas) ist überzeugt, dass sein Bruder auf Befehl des Diktators ermordet wurde. Das bleibt dem „Chef“, wie er sich nennen lässt, nicht verborgen. Er bestellt Antonio in den Palast, beteuert, nichts mit dem Tod des Bruders zu tun zu haben und überträgt ihm ein lukratives Bauvorhaben. Antonio hat zwar eigens eine Pistole eingesteckt, bringt es jedoch nicht fertig, den Diktator zu erschießen, als er sich mit ihm allein im Büro befindet.

Trujillo zwingt seine Geliebte Magnolia Viñas (Catherine Bliss), in seinem Beisein ihren Ehemann Juan José Viñas (Steven Bauer) anzurufen, der zu seinen Günstlingen gehört, und ihn nach seiner Meinung über den „Chef“ zu fragen. Auf diese Weise erfährt er, dass ihn Juan José inzwischen für zu alt hält, um das Land weiter erfolgreich führen zu können. Bei der nächsten Gelegenheit demütigt der Diktator den Offizier, indem er Magnolias sexuelle Fertigkeiten rühmt. Dann wirft er ihn hinaus.

Leutnant Amadito García Guerrero (Juan Diego Botto) hält um die Hand seiner Freundin Luisa (Sharlene Taulé) an und wird von ihrer Familie herzlich aufgenommen. Kurz darauf lässt ihn der Diktator rufen und erklärt ihm, er habe exzellente Karrierechancen, die er sich nicht durch die Eheschließung mit der Schwester des Kommunisten Rene (Frank Perozo) verbauen solle. Schweren Herzens trennt Amadito sich von Luisa. Ein paar Tage später fordern ihn andere Offiziere auf, einen Gefangenen zu erschießen, über dessen Kopf sie einen Sack gestülpt haben. Damit könne er dem „Chef“ seine Loyalität beweisen. Als der Sack weggezogen wird, findet Amadito seine Befürchtung bestätigt, dass es sich bei dem Toten um Rene handelt.

Aufgrund dieser Erlebnisse beabsichtigen Antonio de la Maza, Juan José Viñas, Amadito García Guerrero und einige andere Männer, den Tyrannen zu töten. Die Verschwörer tun sich 1961 zusammen und bereiten das Attentat vor.

Währenddessen fällt der Senator Agustín Cabral (Paul Freeman) in Ungnade, weil er dem Diktator widersprach. Der Witwer, der seine Ämter und alle Privilegien verliert, muss befürchten, dass ihm auch das Haus und der Besitz weggenommen werden. Die Konten sind bereits eingefroren. In seiner Verzweiflung hört er auf einen Freund namens Manuel (Richard Bekins), der nur einen Ausweg sieht: Agustín müsse dem „Chef“, der wegen seiner obsessiven Vorliebe für junge Mädchen hinter vorgehaltener Hand „chivo“ (Ziegenbock) genannt wird, seine 14-jährige Tochter Uranita (Stephanie Leonidas) anbieten. Agustín lässt sich davon überzeugen, dass dies auch für sie das Beste ist.

Der Diktator, dem schon vor einiger Zeit auffiel, wie hübsch die einzige Tochter des Senators geworden ist, will Uranita auf seiner Hazienda empfangen. Manuel holt das Mädchen ab, das zunächst annimmt, es handele sich um eine Party mit dem Tyrannen und ein Vorzeichen der Wiederaufnahme ihres Vaters in den Kreis der Günstlinge. Aber sie ist mit Trujillo allein. Er führt sie ins Schlafzimmer und entkleidet sie. Weil die Erektion ausbleibt, misslingt sein Versuch, in sie einzudringen. Frustriert und zornig defloriert er Uranita deshalb mit den Fingern.

Zwei Wochen später will er sich auf seiner Hazienda mit einer 16-Jährigen namens Jolanda vergnügen. Die Attentäter wissen das und lauern ihm auf der Straße zwischen dem Palast und der Ranch auf. Sie erschießen ihn im Fond seiner Limousine.

31 Jahre später, 1992, kommt Urania Cabral (jetzt: Isabella Rossellini) erstmals wieder in die Dominikanische Republik und besucht ihren Vater, den sie seither nicht mehr gesehen hat. Aufgrund eines Schlaganfalls sitzt der 80-Jährige im Rollstuhl, kann nicht mehr sprechen und wird von seiner verwitweten Schwester Adelina (Eileen Atkins) gepflegt.

Urania, die sich nach ihrer grausamen Entjungferung vom Chauffeur nicht nach Hause, sondern zu Klosterschwestern bringen ließ, verließ die Dominikanische Republik, ohne sich von ihrem Vater oder anderen Verwandten zu verabschieden. Sie arbeitet als Rechtsanwältin in New York. Weil männliches Begehren sie aufgrund des Traumas in Panik versetzt, blieb sie unverheiratet und kinderlos.

Nun konfrontiert sie ihren Vater mit dem Vorwurf, sie dem Diktator ausgeliefert zu haben, aber der gelähmte Greis kann nicht darauf antworten.

Am Abend vor ihrer Abreise erzählt Urania ihrer Tante Adelina, deren Töchtern Lucindita und Manolita sowie Manolitas Tochter Marianita, was vor 31 Jahren geschah.

nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)

Bei der Verfilmung des Romans „Das Fest des Ziegenbocks“ seines Cousins Mario Vargas Llosa hält der peruanische Regisseur Luis Llosa (* 1951) sich zwar eng an die literarische Vorlage, dünnt jedoch den Handlungsstrang über den Tyrannenmord aus und verschiebt den Akzent vom Politthriller zur tragischen Vater-Tochter-Geschichte.

„Der Tod einer Bestie“ (DVD) bzw. „Das Fest des Ziegenbocks“ (TV) beginnt damit, dass die gerade erst in der Dominikanischen Republik eingetroffene Rechtsanwältin Urania Cabral aus dem Hotel tritt und in ein Taxi steigt, mit dem sie zu ihrem gelähmten Vater fährt. Diese Rahmenhandlung, die auch zwischendurch mehrmals aufgegriffen wird, spielt im Jahr 1992. Uranias Erinnerungen kreisen um ein traumatisches Erlebnis im Jahr 1961. Außerdem sehen wir, wie vier Männer 1961 auf Rafael Leónidas Trujillo y Molina warten, um den Tyrannen zu töten. In weiteren Rückblenden zeigt uns Luis Llosa, warum die Attentäter sich gegen den Diktator verschworen. „Das Fest des Ziegenbocks“ setzt sich also aus vier Teilen zusammen und wird multiperspektivisch erzählt. Das wirkt vielleicht nicht immer glatt und rund, aber es fällt nicht schwer, den Überblick zu bewahren. Der komplexen und sehr viel politischeren Romanvorlage von Mario Vargas Llosa wird Luis Llosa nicht gerecht, aber die Verfilmung ist m. E. längst nicht so missraten, wie es die Verrisse vermuten lassen.

nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)

Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012

Rafael Leónidas Trujillo y Molina (kurze Biografie)

Mario Vargas Llosa: Das Fest des Ziegenbocks

Bernard Ostersiek - In der Kälte des Schattens
Bernard Ostersiek erzählt in seinem Roman "In der Kälte des Schattens" eine erschütternde Geschichte. Aber es fehlt unter anderem an Licht­blicken, die mit den vielen Ungerech­tig­keiten kontrastieren würden.
In der Kälte des Schattens