Joseph Süß Oppenheimer


Joseph Ben Issachar Süßkind Oppenheimer wurde im Frühjahr 1698 als jüdischer Kaufmannssohn in Heidelberg geboren. Nachdem Joseph Süß Oppenheimer 1713 bis 1717 einige Reisen unternommen hatte – nach Amsterdam, Wien und Prag –, ließ er sich als Privatfinanzier in der Pfalz nieder und vergab beispielsweise Kredite an Herren, die mehr ausgaben als sie einnahmen und keine Bankdarlehen mehr bekamen. Dadurch vergrößerte er nicht nur seinen Wohlstand, sondern stieg auch gesellschaftlich auf.

1732 berief ihn Karl Alexander, der Neffe des Herzogs Eberhard Ludwig von Württemberg, als Hof- und Kriegsfaktor, und als Karl Alexander nach dem Tod seines Onkels am 31. Oktober 1733 selbst Herzog von Württemberg wurde, hielt er an Joseph Süß Oppenheimer fest, erweiterte sogar dessen Befugnisse und ernannte ihn 1736 zum Geheimen Finanzrat.

Den Landständen Württembergs missfiel es, dass die protestantische Bevölkerung von einem katholischen Herzog absolutistisch regiert wurde, der sich von einem Juden beraten ließ, zumal dieser seinen Einfluss nutzte, um seinen persönlichen Reichtum zu mehren. Joseph Süß Oppenheimer gründete die erste Bank in Württemberg, pachtete die staatliche Münze, und handelte sowohl mit Edelsteinen als auch -metallen. Man missgönnte dem Mann, der als Jude nicht einmal volle Bürgerrechte besaß, den Erfolg, aber solange Herzog Karl Alexander die Hand über ihn hielt, konnte ihm niemand etwas anhaben.

Das änderte sich schlagartig mit Karl Alexanders überraschendem Tod am 12. März 1737: Noch am selben Tag nahm Major von Röder, der Kommandant der Bürgerwehr, Joseph Süß Oppenheimer fest. Man verhaftete außerdem sein Personal, beschlagnahmte Unterlagen und konfiszierte sein Vermögen. Am 30. März brachte man ihn zur Burg Hohenneuffen, und am 30. Mai wurde er auf der Festung Hohenasperg eingesperrt.

Zu den ebenfalls Inhaftierten gehörte Luciana Fischer, die aus einer angesehenen christlichen Familie stammte. Nachdem sie am 14. September 1737 im Zuchthaus in Ludwigsburg einen Sohn geboren hatte, gestand die 19-Jährige, die Lebens­gefährtin des doppelt so alten Juden gewesen zu sein. (Der Säugling überlebte den Winter im Zuchthaus nicht.)

607 Personen folgten dem öffentlichen Aufruf zur Denunziation Joseph Süß Oppenheimers. Er wurde u. a. wegen Hochverrats, Beraubung staatlicher Kassen, Korruption und Schändung der protestantischen Religion angeklagt. Der Hofgerichts­advokat Andreas Michael Mögling verteidigte ihn, aber das unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagende Gericht ignorierte dessen Argumente, ließ die Verteidigungsschrift aus den Prozessakten entfernen und verurteilte Joseph Süß Oppenheimer am 9. Januar 1738 zum Tod. Herzog Carl Rudolf, der Vormund von Karl Alexanders neunjährigem Sohn Karl Eugen, zeichnete das Todesurteil am 25. Januar 1738 ab.

Es wurde am 4. Februar 1738 auf dem Galgenberg vor den Stuttgarter Stadttoren an einem 1596 errichteten zwölf Meter hohen Galgen aus Eisen vollstreckt, und den Erdrosselten stellte man in einem eigens angefertigten, rot lackierten Käfig sechs Jahre lang zur Schau.


Albert Dulk brachte die 1827 veröffentlichte Novelle „Jud Süß“ von Wilhelm Hauff 1848 unter dem Titel „Lea“ auf die Bühne. Lion Feuchtwanger schrieb zunächst das Theaterstück „Jud Süß“ (1918) und arbeitete es dann zum Roman „Jud Süß“ (1925) um. Den verfilmte Lothar Mendes mit Conrad Veidt in der Titelrolle: „Jew Süss“ / „Jud Süß“ (1934). Eugen Ortner und Karl Otto Schilling griffen hingegen auf Wilhelm Hauffs Novelle zurück, als sie aus dem Stoff ein Bühnenstück (1933) bzw. eine Radio-Oper (1937) machten. Wilhelm Hauffs Novelle diente dann auch als Vorlage für den von Veit Harlan mit Ferdinand Marian in der Titelrolle inszenierten nationalsozialistischen Propaganda-Kinofilm „Jud Süß“ (1940).

Neuere Bearbeitungen der Geschichte Joseph Süß Oppenheimers – die Oper „Joseph Süß“ (1999) und das Theaterstück „Der Kaufmann von Stuttgart“ (2013) – stammen von Detlev Glanert (Musik), Werner Fritsch und Uta Ackermann (Libretto) sowie dem israelischen Dramatiker Jehoschua Sobol.

Über die Entstehung des Films „Jud Süß“ drehte Oskar Roehler den Film „Jud Süß. Film ohne Gewissen“.

© Dieter Wunderlich 2016

Veit Harlan (kurze Biografie)
Ferdinand Marian (kurze Biografie)

Veit Harlan: Jud Süß
Oskar Roehler: Jud Süß. Film ohne Gewissen

Bruno Ernst - Der Zauberspiegel des M. C. Escher
"Escher ist kein Surrealist, der uns in Traumwelten entführt. Er ist ein Konstrukteur unmöglicher Welten, der das real Unmögliche in seinen Bildern streng und gesetzmäßig darstellt."
Der Zauberspiegel des M. C. Escher

 

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.