Außer Kontrolle

Außer Kontrolle

Außer Kontrolle

Originaltitel: Außer Kontrolle - Regie: Christian Görlitz - Drehbuch: Christian Görlitz und Bernd Sülzer - Kamera: Johannes Geyer - Schnitt: Klaus Dudenhöfer - Musik: Stefan Will - Darsteller: Christiane Paul, Josef Bierbichler, Jürgen Vogel, Suzanne von Borsody, Eva Hosemann, Christian Redl, Michael Wittenborn, Tina Engel, Rolf Becker, Roland Schäfer u.a. - 2004; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Der 53 Jahre alte Jörg Broichenbaumer ist mit dem 37-jährigen Journalisten Dieter Newer befreundet. Auch ihre Frauen kennen sich: Die Restauratorin Sylvia Newer und die Popsängerin Lisa Korff, die mit 29 Jahren die Jüngste von ihnen ist. Obwohl Dieter sie umwirbt und ihr Jörgs Selbsthass und Trunksucht zu schaffen machen, hält Lisa zu ihrem Mann – bis er sie eines Tages schlägt. Da gerät das Beziehungsgeflecht der beiden Paare "außer Kontrolle" ...
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Kritik

Statt spektakulärer Szenen fesseln in der erschütternden Tragödie "Außer Kontrolle" die widersprüchlichen Figuren und die pointierten Dialoge. Wie bei einem Bühnenstück konzentriert sich das Geschehen auf einige wenige – in diesem Fall: vier – Figuren, die von ausgezeichneten Schauspielern verkörpert werden.
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Hamburg. Der dreiundfünfzig Jahre alte Romanistikprofessor Jörg Broichenbaumer (Josef Bierbichler) ist mit dem siebenunddreißigjährigen Journalisten Dieter Newer (Jürgen Vogel) befreundet. Auch ihre Frauen kennen sich: Sylvia Newer (Suzanne von Borsody) ist um ein paar Jahre älter als ihr Mann und als Restauratorin in einem Museum beschäftigt. Lisa Korff (Christiane Paul) will zwar ihre und Jörgs kleine, asthmakranke Tochter Charlotte nicht vernachlässigen, nimmt aber – von Dieter dazu ermutigt – mit neunundzwanzig ihre viel versprechende Karriere als Popsängerin wieder auf.

Dieter liebt Lisa, doch sie steht zu ihrem Mann, obwohl ihr der zynische Egozentriker mit seinem Selbsthass und seiner Trunksucht zu schaffen macht: „Du hast Sylvia, ich hab‘ Jörg. Basta.“ Dieters Gefühle bleiben Jörg nicht verborgen, und er warnt seinen Freund vor dem Versuch, ihm Lisa wegzunehmen. Er will selbst bestimmen, wann Schluss ist.

Im Tonstudio erhält Sylvia einen Anruf aus einem Krankenhaus. Sie eilt zur Notaufnahme, wohin Charlotte wegen eines heftigen Asthmaanfalls gebracht wurde. Jörg hatte versprochen, während Lisas Abwesenheit auf das Kind aufzupassen, war dann aber weggegangen, um einen Brief einzuwerfen und hatte unterwegs Dieter getroffen. Lisa gerät außer sich und lässt sich von Jörg nur schwer besänftigen.

Ihr erstes Live-Konzert wird ein großer Erfolg. Aber danach fragt Jörg: „Bist du noch meine Frau? Oder bist du nur noch die Mutter meiner Tochter und die Freundin meines Freundes?“ Er will Lisa an sich ziehen, und sie soll ihm beweisen, dass sie noch seine Frau ist, aber sie wehrt sich – und da ohrfeigt er sie.

Daraufhin trifft Lisa sich mit Dieter in dessen Wochenendhaus an der See und lässt sich auf eine Liebesbeziehung mit ihm ein.

Während Lisa eine Woche im Ruhrgebiet ist, um eine CD aufzunehmen, soll ihre Mutter sich um Charlotte kümmern, aber Jörg wirft seine Schwiegermutter gleich wieder hinaus: „Das ist keine Entlastung für mich; damit will Lisa nur ihr Gewissen entlasten.“ Die Mutter berichtet Lisa in einem Telefongespräch, was geschehen ist. Aufgeregt ruft Lisa zu Hause an, aber Jörg hebt nicht ab, weil er sich gerade um seine hustende Tochter kümmert. Voller Sorgen setzt Lisa sich in ihr Auto und hetzt nach Hamburg.

Verzweifelt über die Untreue ihres Mannes, rief Sylvia Jörg an und klärte ihn über das Verhältnis von Lisa und Dieter auf. Während Lisas Rückfahrt kommt der Journalist zu Jörg ins Haus, um mit ihm ein Interview zum Thema „Selbstmord“ zu führen. Jörg stellt ihn zur Rede: „Wo schläfst du mit meiner Frau? Und seit wann schläfst du mit ihr?“ Als Charlotte in ihrem Zimmer zu husten beginnt, versucht Jörg, ihr ein Medikament zu geben, aber er ist so betrunken, dass er schwankt und einen Löffel Tropfen verschüttet, statt sie seiner Tochter einzuflößen. Ohne sich weiter um Charlotte zu kümmern, geht er wieder ins Wohnzimmer und setzt dort seinem Nebenbuhler weiter zu. Der hört, wie das Husten Charlottes in Keuchen übergeht, macht Jörg mehrmals darauf aufmerksam, wagt jedoch nicht, selbst aufzustehen, weil er sich vor dem Jähzorn des Betrunkenen fürchtet. Jörg kippt ein Glas nach dem anderen hinunter und redet auch noch über verschiedene Möglichkeiten, sich das Leben zu nehmen. Dann sinkt er um und schläft auf der Couch ein. Dieter eilt aus dem Haus, ohne nach dem Kind zu sehen.

Lisa wird aufgrund einer Aussage Sylvias festgenommen. Ihre Tochter ist erstickt, und ihr Mann stürzte vom Balkon. Er liegt im Koma.

Vor Gericht schildert Lisa, wie sie nach Hause kam, Jörg betrunken auf der Couch liegen sah und ihre Tochter tot im Bett vorfand. Daraufhin sei sie ohnmächtig geworden. Lisas Verteidigerin versucht, den Richter davon zu überzeugen, dass Jörg Broichenbaumer durch einen Entsetzensschrei Lisas aufgewacht sei, begriffen habe, was geschehen war und sich deshalb vom Balkon gestürzt habe. Der Staatsanwalt weist darauf hin, dass auf der Tonbandaufnahme des Interviews zu hören ist, wie Broichenbaumer jeden Selbstmord ablehnt, bei dem der Körper verletzt wird, aber die Verteidigerin argumentiert, Broichenbaumer habe verstanden, dass für einen „literarischen Suizid“ keine Zeit mehr war.

Vergeblich versucht Sylvia, ihr Elend im Alkohol zu ertränken. Sie bietet Dieter an, ihre Aussage vor Gericht zurückzuziehen, wenn er sich schriftlich verpflichte, bei ihr zu bleiben. Unwillig geht er auf ihre Forderung ein. Trotzdem wiederholt sie im Zeugenstand ihre Aussage, derzufolge sie sich Sorgen um ihren Mann machte, deshalb drei Stunden nach ihm ebenfalls zu Jörgs Haus fuhr und dort sah, wie Lisa ihren Mann vom Balkon stieß. Der Staatsanwalt legt dem Gericht auch noch den von Dieter geschriebenen Zettel vor, der den Verdacht erweckt, er habe seine Frau zu einer Falschaussage überreden wollen, um seine Geliebte vor einer Verurteilung wegen Mordes zu bewahren.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Lisa bittet ums Wort, und als der Richter es ihr erteilt, wendet sie sich an Sylvia. Sie könne deren Wut, Hass und Verzweiflung verstehen, aber sie sei durch den Tod ihrer Tochter doch schon schlimm genug bestraft. Da bricht Sylvia zusammen, und als sie ihre Aussage beeiden soll, gibt sie zu, die Beschuldigung erfunden zu haben. Daraufhin wird Lisa freigesprochen.

Einige Stunden später findet Dieter in der Badewanne die Leiche seiner Frau: Sie hat sich die Pulsadern aufgeschnitten.

Jörg überlebt seine Verletzungen, ist jedoch auf einen Rollstuhl angewiesen und wird in einem Heim untergebracht, wo Lisa ihn regelmäßig besucht. Von Dieter will sie nichts mehr wissen.

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Die Tragödie „Außer Kontrolle“ beginnt und endet mit Jörg Broichenbaumer, der nach seinem Selbstmordversuch gelähmt in einem Heim lebt. Auch sonst springt Christian Görlitz mehrmals in der Zeit vor und zurück. Damit erhöht er die Spannung. Statt spektakulärer Szenen fesseln in „Außer Kontrolle“ die widersprüchlichen Charaktere und die pointierten Dialoge. Wie bei einem Bühnenstück konzentriert sich das Geschehen auf einige wenige – in diesem Fall: vier – Figuren, die von Josef Bierbichler, Christiane Paul, Suzanne von Borsody und Jürgen Vogel eindrucksvoll verkörpert werden. „Außer Kontrolle“ ist ein grandioses, erschütterndes Fernsehspiel ohne bombastischen Aufwand.

Christiane Paul singt die Songs „Sincere“, „The Miracle of You“, „Open Wide“ und „My Imaginary Girlfriend“. Die Texte sind von Timo Blunck, der auch mit Ausnahme des von Ralf Denker komponierten Songs „Open Wide“ die Musik dazu schrieb.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005

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