Eine dunkle Begierde

Eine dunkle Begierde

Eine dunkle Begierde

Eine dunkle Begierde – Originaltitel: A Dangerous Method – Regie: David Cronenberg – Drehbuch: Christopher Hampton, nach dem Buch "A Most Dangerous Method" von John Kerr und dem Theaterstück "The Talking Cure" von Christopher Hampton – Kamera: Peter Suschitzky – Schnitt: Ronald Sanders – Musik: Howard Shore – Darsteller: Viggo Mortensen, Keira Knightley, Michael Fassbender, Vincent Cassel, Sarah Gadon, André Hennicke, Arndt Schwering-Sohnrey u.a. – 2011; 95 Minuten

Inhaltsangabe

1904 wird Sabina Spielrein gewaltsam ins Sanatorium Burghölzli am Zürcher See eingeliefert. Der Oberarzt Carl Gustav Jung probiert bei ihr die von Sigmund Freud entwickelte Sprechtherapie aus. Sabina Spielrein erzählt ihm, sie halte sich für verdorben, weil es sie erregt, wenn sie geschlagen wird. Unter dem Einfluss von Gesprächen mit dem anarchischen Psychiater Otto Gross lässt Jung sich auf eine Liebesbeziehung mit seiner Patientin ein, obwohl dies ein schwer wiegender Kunstfehler ist ...
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Kritik

Wie bei einem Bühnenstück konzentrieren Christopher Hampton und David Cronenberg sich in "Eine dunkle Begierde" auf die von drei brillanten Schauspielern verkörperten Hauptfiguren und deren Dialoge. Dabei kommt jedoch das Filmische zu kurz.
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Wegen ihrer hysterischen Anfälle wird die jüdische Russin Sabina Spielrein (Keira Knightley) am 17. August 1904 auf Veranlassung ihrer Eltern gewaltsam in das von Eugen Bleuler (André Hennicke) geleitete Sanatorium Burghölzli am Zürcher See eingeliefert. Der aufstrebende Psychiater Carl Gustav Jung (Michael Fassbender), der hier als Oberarzt beschäftigt ist, möchte bei der Patientin die von Sigmund Freud (Viggo Mortensen) in Wien entwickelte Sprechtherapie ausprobieren.

Kurz nach dem Beginn der Behandlung muss Jung vorübergehend zum Militär. Als er zurückkommt, lässt er Sabina Spielrein bei seinen Experimenten assistieren.

In der Therapie erzählt die sensible und intelligente Patientin, ihr Vater habe sie häufig geschlagen. Schon beim ersten Mal – da war sie vier Jahre alt – empfand sie das als erregend, und es erregte sie später auch, wenn sie in der Schule gedemütigt wurde. Deshalb hält sie sich für verdorben.

Im April 1906 beginnen Sigmund Freud und Carl Gustav Jung mit einem Briefwechsel, und im Februar 1907 fährt der Schweizer Psychiater mit seiner Ehefrau Emma (Sarah Gadon) nach Wien, um den Erfinder der Psychoanalyse zu besuchen. Nach einem zwölfstündigen Gespräch glaubt Sigmund Freud, in dem 19 Jahre jüngeren Kollegen den Mann gefunden zu haben, der sein Werk fortführen wird. Dabei lässt er sich auch von dem Motiv leiten, die Psychoanalyse von dem Ruf zu befreien, eine jüdische Wissenschaft zu sein.

Am 6. Mai 1908 kommt der 31-jährige österreichische Psychiater Otto Gross (Vincent Cassel) ins Burghölzli, um sich wegen seiner Drogenabhängigkeit einer Entziehungskur zu unterziehen. Als er herausfindet, dass Jung sich zu Sabina Spielrein hingezogen fühlt, diese Gefühle jedoch unterdrückt, weil eine persönliche Beziehung von Therapeut und Patientin als schwer wiegender Kunstfehler gilt und ihm die Mechanismen der so genannten Übertragung geläufig sind, reagiert der wegen seiner Ausschweifungen berüchtigte Anarchist verständnislos, denn er würde seinem Begehren bedenkenlos folgen.

Kurz darauf küsst Sabina Spielrein ihren Psychiater, während sie mit ihm auf einer Anlagenbank sitzt und fordert ihn auf, die Initiative zu ergreifen. Jung besucht sie in der Wohnung, die sie inzwischen bezogen hat und lässt sich auf eine heimliche Liebesbeziehung mit ihr ein. Er erfüllt ihr auch den masochistischen Wunsch, geschlagen zu werden.

Seine inzwischen zum dritten Mal schwangere Ehefrau, die über ein größeres Vermögen verfügt, schenkt ihm ein Boot, wie er es sich wünschte. Von Schuldgefühlen geplagt, drängt Carl Gustav Jung daraufhin seine Geliebte, die Beziehung zu beenden. Aber davon will Sabina Spielrein nichts wissen. Die beiden lieben sich sogar auf dem Boot.

Im März 1909 fährt Jung erneut mit Emma nach Wien und besucht seinen Mentor ein zweites Mal. Sigmund Freud sagt warnend, es werde darüber getuschelt, dass Jung eine Affäre mit einer Patientin habe. Erschrocken erklärt der Schweizer Psychiater Sabina Spielrein sofort nach seiner Rückkehr, er werde sich nur noch in seiner Funktion als Arzt mit ihr treffen.

Noch im selben Jahr reisen Jung, Freud und dessen 36-jähriger Schüler Sándor Ferenczi (Arndt Schwering-Sohnrey) auf einem Dampfer in die USA, um dort für die Psychoanalyse zu werben.

Wegen Meinungsverschiedenheiten mit Eugen Bleuler kündigt Jung im Sanatorium Burghölzli und eröffnet in seiner Villa in Küsnacht eine Privatpraxis. 1910 wird er Präsident der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung.

Sabina Spielrein, die seit April 1905 an der Universität Zürich Medizin studiert, schickt Carl Gustav Jung ihre Dissertation und sucht ihn am 25. September 1910 auf, um sie mit ihm zu besprechen. Er kann ihr nicht widerstehen, nimmt die Liebesbeziehung wieder auf, und als sie ihm ankündigt, sie werde die Schweiz nach der Promotion verlassen, umschlingt er schluchzend ihre Beine.

Am 17. April 1912 besucht Sabina Spielrein Sigmund Freud in Wien. Er bietet ihr an, Patienten von ihm zu übernehmen.

Sie versucht ihn zu überreden, sich mit Jung zu versöhnen, denn die beiden Psychiater haben sich über die Frage zerstritten, ob Mystik und Parapsychologie helfen könnten, die Psychoanalyse weiter auszubauen. Freud hält davon nichts und will den zahlreichen Gegnern keine zusätzlichen Argumente liefern. Er erklärt seiner Besucherin, er habe sich in Jung getäuscht, werde ihn zwar weiterhin höflich behandeln, könne ihn jedoch nicht mehr als seinen wissenschaftlichen Erben fördern.

Bei einem Treffen von Psychoanalytikern im November 1912 in München diskutieren Freud und Jung darüber, warum Echnaton den Namen seines Vaters Amenophis III. von Stelen entfernen ließ, und sie vergleichen die Beziehung der beiden ägyptischen Pharaonen mit ihrer eigenen. Plötzlich sinkt Freud um. Jung legt ihn auf eine Couch, wo Freud wieder zu sich kommt.

Am 16. Juli 1913 besucht Sabina Spielrein, die seit gut einem Jahr in Berlin mit dem Arzt Dr. Pawel Naumowitsch Scheftel verheiratet ist und ihr erstes Kind erwartet, Emma und Carl Gustav in Küsnacht. Emma macht sich Sorgen, weil ihr Mann wegen des Zerwürfnisses mit Freud depressiv und verstört ist.

Er sitzt allein am Seeufer. Sabina geht zu ihm, und er gesteht ihr, wieder eine Geliebte zu haben. Die 25-jährige Antonia Anna („Toni“) Wolff ist Halbjüdin, war seine Patientin, ist seit dem Vorjahr seine Mitarbeiterin und will ebenfalls Psychiaterin werden. Sie erinnere ihn an Sabina, sagt Jung.

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In dem Drama „Eine dunkle Begierde“ geht es ebenso um die Anfänge der Psychoanalyse und Carl Gustav Jungs Beziehungen zu Sigmund Freud und Sabina Spielrein. Es wird deutlich, dass die Psychoanalyse eine für Therapeuten und Patienten gleichermaßen riskante Methode ist, weil dabei emotionale Verstrickungen entstehen können. „A Most Dangerous Method“ lautet denn auch der Titel eines 1993 von John Kerr veröffentlichten, auf historischen Fakten basierenden Romans, der Christopher Hampton zu dem Theaterstück „The Talking Cure“ anregte, das wiederum dem Film „A Dangerous Method“ / „Eine dunkle Begierde“ von David Cronenberg zu Grunde liegt, für den Christopher Hampton das Drehbuch schrieb.

Wie bei einem Bühnenstück konzentrieren Christopher Hampton und David Cronenberg sich in „Eine dunkle Begierde“ auf die von drei brillanten Schauspielern verkörperten Hauptfiguren und deren Dialoge. Dabei kommt jedoch das Filmische zu kurz.

Die Dreharbeiten fanden im Sommer 2010 in Konstanz, Überlingen und Allensbach statt, also am Bodensee. Als Kulisse für das Sanatorium Burghölzli am Zürcher See diente das Humboldt-Gymnasium in Konstanz. Die Villa der Familie Jung in Küsnacht wurde in Allensbach nachgebaut. Zu sehen ist auch der 1913 vom Stapel gelaufene, 1962 ausgemustete und 1988 restaurierte Schaufelraddampfer „Hohentwiel“, das älteste, noch immer verkehrende Passagierschiff auf dem Bodensee. Weitere Außenaufnahmen entstanden im ehemaligen Augustinerchorfrauenstift in Inzigkofen sowie in der Gartenanlage des Schlosses Belvedere und in der Mölker Bastei in Wien.

Deutsche Synchronstimmen (Buch: Alexander Löwe, Dialogregie: Axel Malzacher): Jacques Breuer (Sigmund Freud), Norman Matt (Carl Gustav Jung), Dascha Lehmann (Sabina Spielrein), David Nathan (Otto Groß) u.a.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012

Sabina Spielrein (kurze Biografie)
Sigmund Freud (kurze Biografie)

David Cronenberg (kurze Biografie / Filmografie)
David Cronenberg: Naked Lunch
David Cronenberg: Spider
David Cronenberg: A History of Violence
David Cronenberg: Tödliche Versprechen. Eastern Promises

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