Music Box

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Music Box. Die ganze Wahrheit – Originaltitel: Music Box – Regie: Costa-Gavras – Drehbuch: Joe Eszterhas – Kamera: Patrick Blossier – Schnitt: Joële Van Effenterre – Musik: Philippe Sarde – Darsteller: Jessica Lange, Armin Mueller-Stahl, Frederic Forrest, Donald Moffat, Lukas Haas, Cheryl Lynn Bruce, Mari Töröcsik, J. S. Block, Sol Frieder, Michael Rooker, Elzbieta Czyzewska, Magda Szekely Marburg, Felix Shuman, Michael Shillo, George Pusep, Mitchell Litrofsky, Albert Hall, Ned Schmidtke u.a. – 1989; 125 Minuten

Inhaltsangabe

Der Amerikaner Mike Laszlo stammt aus Ungarn. 37 Jahre nach seiner Immigration wird er beschuldigt, im Zweiten Weltkrieg Mitglied einer Todesschwadron der Pfeilkreuzler gewesen zu sein und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Seine als Anwältin tätige Tochter Ann Talbot, die davon überzeugt ist, dass es sich um eine Verwechslung handelt, verteidigt ihn ...
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Kritik

"Music Box. Die ganze Wahrheit" ist eine packende Mischung aus Familiendrama und Politthriller, ein engagiertes Plädoyer dafür, dass die Aufklärung von Kriegsverbrechen weitergeht, auch wenn es in Einzelfällen Jahrzehnte dauert.
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Michael („Mike“) J. Laszlo (Armin Mueller-Stahl) stammt aus Ungarn. 1945 floh er nach Westen und lernte in einem österreichischen Flüchtlingslager seine Frau kennen. Das Paar wanderte in die USA aus, nahm die amerikanische Staatsbürgerschaft an und bekam zwei Kinder: Karchy (Michael Rooker) war im Vietnam-Krieg, Ann (Jessica Lange) wurde Rechtsanwältin. Mike selbst arbeitete in einem Hüttenwerk und lebt im Wohlstand. Seine Frau starb inzwischen. Ann hat sich von ihrem Ehemann Dean Talbot (Ned Schmidtke) getrennt und erzieht ihren elfjährigen Sohn Mikey (Lukas Haas) allein. Mike besucht seine Tochter und seinen Enkel häufig, denn er liebt sie über alles.

Siebenunddreißig Jahre nach seiner Immigration wird Mike Laszlo von dem Staatsanwalt Jack Burke (Frederic Forrest) beschuldigt, während des Zweiten Weltkriegs Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen und bei der Einbürgerung in den USA falsche Angaben gemacht zu haben. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm die Aberkennung der Staatsbürgerschaft, die Abschiebung nach Ungarn und ein Kriegsverbrecher-Prozess.

Ann ist überzeugt, dass es sich um eine Verwechslung handelt. Ihr Vater hat ihr erzählt, er sei damals in Ungarn Bauer gewesen. Als sie ihn nun noch einmal befragt, räumt er zwar ein, gegen Ende des Krieges Gendarm geworden zu sein, beteuert jedoch, nichts Schlimmes getan zu haben. Er sei bei der Gendarmerie nur als Schreiber tätig gewesen, versichert er. Nachweisen könne er allerdings nichts, denn seine Papiere seien nach einem Bombenangriff der Amerikaner verbrannt.

Ann Talbot übernimmt die rechtliche Vertretung ihres Vaters.

Als bekannt wird, dass der jüdische Richter Irvin W. Silver (J. S. Block) die Gerichtsverhandlung leiten wird, rät der erfahrene Jurist Harry Talbot (Donald Moffat) seiner früheren Schwiegertochter, ihn wegen Befangenheit abzulehnen. Ann hält Silver jedoch für fair und unternimmt nichts gegen ihn.

Bei der Verteidigung ihres Vaters wird Ann Talbot von ihrer afroamerikanischen Assistentin Georgine Wheeler (Cheryl Lynn Bruce) unterstützt.

Vor Gericht will Jack Burke nachweisen, dass Michael J. Laszlo im Winter 1944/45 in Budapest als Mitglied einer Todesschwadron der Pfeilkreuzler – der faschistischen Partei, die im Oktober 1944 die Macht in Ungarn übernommen hatte – Kriegsverbrechen beging. Zunächst legt er die Kopie eines Mitgliedsausweises auf den Namen Mischka Laszlo vor, und der Sachverständige James Nathanson (Felix Shuman) erklärt im Zeugenstand, dass die Unterschrift mit der auf dem Einwanderungsantrag von Michael J. Laszlo mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit identisch sei.

Die aus Ungarn angereisten Zeugen Judit Hollo (Magda Szekely Marburg), Istvan Boday (Sol Frieder), Geza Vamos (Michael Shillo) und Melinda Kalman (Elzbieta Czyzewska) beschuldigen den Angeklagten grausamer, willkürlicher Verbrechen. Übereinstimmend bezeichnen sie Mischka Laszlo aus Anführer einer vierköpfigen Todesschwadron. Einer seiner Kumpane habe eine auffällige Narbe im Gesicht gehabt, heißt es.

Obwohl es Ann durch gründliche Recherchen und smarte Fragen gelingt, die Glaubwürdigkeit einiger Zeugen zu erschüttern, sieht es so aus, als könne sie eine Verurteilung ihres Vaters nicht verhindern. In ihrer Not wendet sie sich an ihren Schwiegervater. Harry Talbot, der seinem Enkel kürzlich erklärt haben soll, dass es den Holocaust gar nicht gab, unterrichtet sie über die „Operation Harlekin“.

Aufgrund der Hinweise benennt Ann den übergelaufenen KGB-Offizier Vladimir Kostav (George Pusep) als Zeugen. Kostav schildert dem Gericht, wie im Rahmen der „Operation Harlekin“ politische Gegner im Ausland durch perfekt gefälschte Dokumente zu Fall gebracht wurden. Die vom KGB entwickelten Methoden seien auch an den ungarischen Geheimdienst weitergegeben worden, erklärt Kostav.

Um den im Krankenhaus liegenden Zeugen Pal Horvath (Tibor Kenderesi) zu befragen, fliegt das Gericht nach Budapest. Am Abend vor der Vernehmung erhält Ann im Hotel Dokumente zugespielt, aus denen hervorgeht, dass Horvath bereits zum dritten Mal behauptet, den Kriegsverbrecher Mischka Laszlo identifiziert zu haben. In den beiden früheren Fällen stellte sich heraus, dass er sich geirrt hatte. Mit den Belegen über die früheren beeidigten Aussagen kann Ann den Richter davon überzeugen, dass die Aussage dieses Zeugen nicht glaubwürdig ist.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Bei ihrer Vorbereitung auf den Prozess war Ann nicht nur auf Irma Kiss (Margo Winkler) gestoßen, eine ihr bis dahin unbekannte Geliebte ihres Vaters, sondern auch auf den Namen Tibor Zoldan. Ihr Vater behauptete, Zoldan sei ein Freund aus dem Flüchtlingslager in Österreich gewesen, dem er nach dessen Immigration in die USA finanzielle Starthilfe gegeben habe, der jedoch später bei einem Verkehrsunfall umgekommen sei. Georgine Wheeler äußerte den Verdacht, dass Mike Laszlo von Tibor Zoldan erpresst wurde, denn sie fand heraus, dass Zoldan bis zu seinem Tod jeden Monat 1000 Dollar von Laszlo bekam. Ann wollte davon nichts hören, aber ihren Aufenthalt in Budapest nutzt sie dazu, Tibor Zoldans Schwester aufzusuchen. Magda Zoldan (Mari Töröcsik) erzählt Ann, ihr Bruder sei nach Amerika ausgewandert, nachdem er in der Zeitung das Bild eines reich gewordenen Freundes entdeckt habe. Bei seinem Tod hinterließ er ihr einen Pfandschein. Weil Magda damit in Budapest nichts anfangen kann, gibt sie ihn Ann mit. Auf einem Foto von Tibor Zoldan fällt Ann seine Gesichtsnarbe auf.

Das Gericht spricht Mike frei, und Ann wird wegen ihrer erfolgreichen Verteidigung gefeiert.

Als sie den Pfandschein einlöst, erhält sie eine alte Spieluhr – „Music Box“ – und findet darin Fotos, die beweisen, dass die Belastungszeugen vor Gericht die Wahrheit sagten: Mischka Laszlo und Tibor Zoldan waren Kriegsverbrecher.

Ann konfrontiert ihren Vater damit, aber er leugnet nach wie vor. Sie liebe ihn, erklärt Ann schluchzend, wolle ihn jedoch nie wieder sehen und werde ihm auch den Kontakt mit ihrem Sohn verwehren.

Die Fotos schickt sie mit einem Anschreiben an Jack Burke. Kurz darauf werden die Bilder in Zeitungen veröffentlicht. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Michael J. Laszlo wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt wird.

Ann versucht, Mickey alles zu erklären.

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Der Fall John Demjanjuk soll Joe Eszterhas (Drehbuch) und Costa-Gavras (Regie) zu dem Film angeregt haben.

„Music Box. Die ganze Wahrheit“ ist eine Mischung aus Familiendrama und Politthriller. Der Film stellt ein engagiertes Plädoyer dafür dar, dass die Aufklärung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit weitergeht, auch wenn es in Einzelfällen Jahrzehnte dauert.

Für den heutigen Geschmack ist der Grundton ein wenig zu pathetisch, aber „Music Box. Die ganze Wahrheit“ fesselt die Zuschauer bis zum Schluss. Dafür sorgen das durchdachte Drehbuch von Joe Eszterhas und die packende Inszenierung von Costa-Gavras. Der Darsteller Armin Mueller-Stahl überzeugt ebenso wie Jessica Lange, die für ihre Rolle eine „Oscar“-Nominierung erhielt. „Music Box. Die ganze Wahrheit“ wurde bei den Filmfestspielen 1990 in Berlin mit einem „Goldenen Bären“ ausgezeichnet.

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Inhaltsangabe und Filmkritik: © Dieter Wunderlich 2009

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