The Ides of March. Tage des Verrats
The Ides of March. Tage des Verrats
Inhaltsangabe
Kritik
Gouverneur Mike Morris (George Clooney) kämpft darum, von den Demokraten in den Vorwahlen zum Präsidentschaftskandidaten erkoren zu werden. Beraten wird er von dem erprobten Wahlkampfmanager Paul Zara (Philip Seymour Hoffman) und Stephen Meyers (Ryan Gosling), einem 30-jährigen smarten Idealisten, der Mike nicht nur für aufrichtig, sondern auch für einen Hoffnungsträger hält, weil dieser nach der Ablösung der Republikaner im höchsten Amt des Staates einen Neuanfang verspricht. Mike will sich für eine Umverteilung der Einkommen und Vermögen von unten nach oben einsetzen, Religion und Staat getrennt halten, die Entscheidung über eine Abtreibung der Mutter überlassen, innerhalb von zehn Jahren Verbrennungsmotoren aus dem Straßenverkehr verbannen, durch die Minimierung des Ölverbrauchs die Abhängigkeit von arabischen Ländern beseitigen und keine Kriege mehr führen. „Ich bin kein Christ. Ich bin kein Atheist. Ich bin nicht jüdisch. Meine Religion ist die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika“, erklärt er in einer seiner Wahlkampfreden.
Stephen bewundert den Gouverneur, und obwohl es ihm bei seinem Einsatz darum geht, den Mann ins Amt des Präsidenten zu bringen, der seine Ideale vertritt, schreckt er nicht vor kleinen Finessen zurück. So behauptet er beispielsweise bei der Vorbereitung einer Rede des Kandidaten, dieser benötige ein Podest hinter dem Rednerpult, um trotz seiner Weitsichtigkeit die Notizen lesen zu können. In Wirklichkeit will er ihn einfach größer wirken lassen. Und er empfiehlt Mike, ins Wahlprogramm die Verpflichtung aller 18-Jährigen zu zwei Jahren Dienst am Vaterland beim Militär oder im sozialen Bereich aufzunehmen. Wer über 18 sei, erklärt Stephen, werde das gut finden, und die Betroffenen dürften noch nicht wählen.
Mike Morris und sein Konkurrent Senator Pullman (Michael Mantell) haben sich bisher ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. Wer von ihnen sich bei den Vorwahlen durchsetzt und als demokratischer Kandidat antritt, hat die Präsidentschaftswahlen so gut wie gewonnen, denn die Republikaner sind so zerstritten, dass sie nur einen chancenlosen Kompromisskandidaten ins Rennen schicken konnten.
Die nächsten Vorwahlen der Demokraten stehen in Ohio an. Paul Zara ist zuversichtlich, dass Mike gewinnt und außerdem den ebenso zwielichtigen wie einflussreichen Senator Thompson (Jeffrey Wright) auf seine Seite kann. Wenn beides gelingt, ist Mike wohl nicht mehr zu schlagen.
Während Paul sich mit Thompson trifft, erhält Stephen im Wahlkampfbüro in Cincinnati überraschend einen Anruf von Tom Duffy (Paul Giamatti). Pullmans Wahlkampfmanager lädt ihn zu einem „persönlichen“ Gespräch ein. Zunächst lehnt Stephen ab, aber dann kann er der Versuchung nicht widerstehen und fährt zu dem Treffen unter vier Augen.
Tom Duffy ist ein erfahrener Profi wie Paul Zara. Die beiden Gegner kennen sich gut. Duffy erklärt Stephen, Mike Morris werde die Vorwahlen nicht gewinnen und nennt ihm zwei Gründe: In Ohio dürfen nicht nur Mitglieder der Demokratischen Partei abstimmen, und das werden Republikaner nutzen, um für den schwächeren der beiden demokratischen Bewerber zu stimmen, den ihr eigener Kandidat am Ende leichter schlagen kann. Mit einer Kampagne im Internet sorgt Duffy dafür, dass möglichst viele Republikaner die Chance erkennen. Außerdem werden die 35 auf Thompson hörenden Wahlmänner und -frauen Pullman unterstützen, denn dem Senator wurde für den Fall eines Wahlsiegs das Außenministerium versprochen. Vor diesem Hintergrund rät Duffy seinem Gesprächspartner, das Wahlkampfteam des Gouverneurs zu verlassen und die Seiten zu wechseln. Stephen ist entsetzt über das Ansinnen, aber was er erfahren hat, gibt ihm zu denken. Er ist verunsichert.
Zur gleichen Zeit lässt er sich von der in seinem Wahlkampfteam mitwirkenden Praktikantin Holly Stearns (Evan Rachel Wood) den Kopf verdrehen. Die 20-jährige Blondine macht sich im Büro einen Spaß daraus, seine Beteuerung, er könne sich an eine frühere Zusammenarbeit mit ihr erinnern, zu konterkarieren. Am Ende verabredet sie sich mit ihm für den Abend, und danach fährt sie mit ihm zu seinem Hotel und geht mit ihm ins Bett.
Am nächsten Tag gesteht Stephen Paul, dass er sich mit Tom Duffy getroffen habe und berichtet ihm von dem Gespräch. Paul, der ohnehin frustriert ist, weil Senator Thompson ihn abblitzen ließ, reagiert verärgert. Aber zunächst sorgt er dafür, dass Mike mit ihm und Stephen die neue Lage bespricht.
Auch diese Nacht verbringen Stephen und Holly zusammen im Bett. Um 2.30 Uhr klingelt Hollys Telefon. Weil sie schläft und Stephen zunächst glaubt, es handele sich um sein eigenes Handy, nimmt er das Gespräch an. Allerdings bricht der Anrufer die Verbindung sofort ab, als er merkt, dass nicht Holly am Apparat ist. Sie wacht auf. Vergeblich versucht sie Stephen davon abzuhalten, die gespeicherte Nummer des nächtlichen Anrufers zu wählen. Dass es sich um den Gouverneur handelt, hätte er nicht gedacht. Schluchzend gesteht Holly ihm, dass sie Mike Morris am Abend um einen Rückruf bat. Als sie ihm vor einigen Wochen Unterlagen ins Hotel gebracht hatte, zog er sie ins Zimmer und aufs Bett, obwohl er mit Cindy Morris (Jennifer Ehle) verheiratet ist und zwei Töchter hat (Hayley Meyers, Talia Akiva). Dabei wurde sie schwanger. Und nun benötigt sie das Geld für eine Abtreibung.
Am nächsten Morgen besorgt Stephen sich im Wahlkampfbüro ein paar hundert Dollar und hebt auch von seinem eigenen Konto Geld ab, um Holly helfen zu können. Nachdem sie einen Termin in einer Abtreibungsklinik vereinbart hat, fährt er sie hin und verspricht, sie anschließend auch wieder abzuholen. Allerdings könne sie im Wahlkampfteam nicht länger mitmachen.
Während Holly in der Klinik ist, droht die Journalistin Ida Horowicz (Marisa Tomei) Stephen mit einer Enthüllungsstory. Offenbar hat sie von seinem heimlichen Gespräch mit Tom Duffy erfahren.
Von einer Telefonzelle aus ruft er den gegnerischen Wahlkampfmanager an und beschimpft ihn wegen des vermeintlichen Vertrauensbruchs, aber Duffy beteuert, er habe mit niemandem über das Treffen gesprochen. Als Stephen Paul über den angekündigten Zeitungsartikel unterrichtet und mit ihm zusammen überlegen möchte, wie der Abdruck verhindert werden könnte, gibt Paul ungerührt zu, dass er Ida Horowicz über das Gespräch Stephens mit Duffy informierte. Stephen habe sich illoyal verhalten, sagte er, und das werde er nicht hinnehmen. Seine Entlassung sei bereits mit dem Gouverneur abgesprochen.
In dem Gefühlschaos geht Stephen nicht ans Telefon und versäumt es, Holly aus der Klinik abzuholen. Als er hinkommt, ist sie bereits fort. Er fährt zu ihr ins Hotel. Ihre Zimmertüre steht offen. Ein Hotelangestellter beugt sich gerade über die am Boden liegende Frau. Sie ist tot. Offenbar hat sie sich mit einer Überdosis der Schmerz- und Schlafmittel, die ihr der Arzt mitgab, das Leben genommen [Suizid]. (Als Zuschauer wissen wir, dass Ben Harpen (Max Minghella) ihr kurz zuvor erzählte, er sei im Wahlkampfteam auf den Platz des entlassenen Beraters Stephen Meyers vorgerückt.) Stephen gelingt es, unbemerkt Hollys Handy einzustecken.
Als Nächstes wendet er sich an Duffy. Nun will er die Seite wechseln, aber Duffy hält es nicht für opportun, einen von der Gegenseite entlassenen Berater zu engagieren. Während der Unterredung begreift Stephen, dass Duffys Angebot ein Danaergeschenk war: Wäre Stephen darauf eingegangen, hätte Duffy einen intelligenten und einfallsreichen Berater aus Morris‘ Wahlkampfteam herausgebrochen. Aber er ging davon aus, dass Stephen das Angebot ablehnen und über kurz oder lang Paul von dem heimlichen Treffen erzählen würde. Weil er weiß, wie wichtig Loyalität für Paul ist, rechnete er von Anfang an mit Stephens Entlassung.
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Stephen sinnt auf Rache. Während einer Pressekonferenz, in der Mike Morris den Eltern der toten Wahlkampfhelferin sein Beileid ausspricht, wählt er mit Hollys Handy die Nummer des Gouverneurs. Mike blickt irritiert auf das Display, schaut sich dann im Raum um und stellt fest, dass Stephen demonstrativ ein Telefon ans Ohr hält. Kurz darauf fordert Stephen Mike zu einem Treffen unter vier Augen auf, verlangt Pauls Entlassung und dass er selbst zum Wahlkampfmanager ernannt wird. Andernfalls, so droht er, werde er die Medien wissen lassen, dass der Gouverneur eine Praktikantin schwängerte. „Du kannst einen Krieg beginnen, dein Land in den Ruin treiben, du kannst alles mögliche tun, nur eines nicht: du darfst keine deiner Praktikantinnen ficken.“ Mike meint zunächst, man könne ihm nichts nachweisen und nach der Abtreibung sei auch kein DNA-Vergleich mehr möglich, aber Stephen behauptet, er besitze Hollys Abschiedsbrief mit entsprechenden Anschuldigungen gegen den Gouverneur. Mike bezweifelt, dass Stephen wirklich etwas gegen ihn in der Hand hat, will jedoch kein Risiko eingehen und ersetzt deshalb Paul durch Stephen.
Der bringt Mike auch noch dazu, den auf seinen eigenen Vorteil bedachten Senator Thompson mit der Zusage des Außenministeriums auf seine Seite zu ziehen. Damit zeichnet sich ab, dass der nächste Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika Mike Morris heißen wird.
Die Medien fragen Stephen, wodurch es zu dem Umschwung gekommen sei. Aber er schweigt.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Der Politthriller „The Ides of March. Tage des Verrats“ basiert auf dem Theaterstück „Farragut North“ von Beau Willimon aus dem Jahr 2008, dessen Handlung wiederum Parallelen zum Vorwahlkampf des Demokraten Howard Dean 2003/04 aufweist. Der zog allerdings am 18. Februar 2004 seine Kandidatur zurück und unterstützte von da an John Kerry, zu dem auch sein Wahlkampfmanager Steve Grossman wechselte. George Clooney, ein politisch engagierter Liberaler, wollte das Bühnenstück „Farragut North“ von Anfang an verfilmen, aber als Barack Obama zum US-Präsidenten gewählt wurde, am 20. Januar 2009 sein Amt antrat und einen Neuanfang versprach, verschob Clooney das Projekt, bis die Amerikaner wieder desillusioniert waren.
„The Ides of March. Tage des Verrats“ veranschaulicht die Mechanismen der Politik, das Wechselspiel von Manipulation, Finten und Intrigen, Verrat, Korruption und Erpressung. Der Film dreht sich um Macht, Medien und Moral. Es geht um Loyalität und Verrat. Wer ehrlich bleiben möchte, hat in diesem Ränkespiel mit seiner verlogenen Rhetorik keine Chance. So wandelt sich auch der Protagonist vom idealistischen Weltverbesserer zum skrupellosen Zyniker. Einen Lösungsansatz bietet „The Ides of March. Tage des Verrats“ nicht. Wen sollen wir wählen, wenn wir George Clooney glauben, dass erfolgreiche Politiker gar nicht anders können als zu lügen? Auch die Frage, ob gelogen werden darf, um „richtige“ politische Überzeugungen durchzusetzen, wird nicht gestellt.
Allerdings ist „The Ides of March. Tage des Verrats“ auch keine trockene politische Analyse, sondern ein überaus spannendes und unterhaltsames Drama. George Clooney entwickelt die komplexe Handlung ruhig und stringent, realistisch und überzeugend. Auf Effekthascherei verzichtet er ebenso wie auf verspielte stilistische Gimmicks. Es sind vor allem Dialoge, die das Intrigengeflecht immer dichter und bedrohlicher werden lassen. Hervorragend wie das Drehbuch und die Regie sind auch die schauspielerischen Leistungen in „The Ides of March. Tage des Verrats“. Ryan Gosling, George Clooney, Philip Seymour Hoffman und Paul Giamatti tragen maßgeblich dazu bei, dass die Figuren farbig sind und sich rasch einprägen. Auch Gregory Itzin sei erwähnt: Er glänzt als Jack Stearns in einer Trauerrede.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012
George Clooney (kurze Biografie / Filmografie)
George Clooney: Geständnisse. Confessions of a Dangerous Mind
George Clooney: Good Night, and Good Luck
George Clooney: Monuments Men. Ungewöhnliche Helden